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27 RechtspflegeNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
GJGebG 1962; keine Bedenken gegen §20 Abs2; keine denkunmögliche oder willkürliche Abweisung eines Berichtigungsantrages gegen einen auf §20 Abs2 gestützten Zahlungsauftrag für eine bereits gemäß §57 GBG gelöschte PfandrechtsvormerkungSpruch
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1.1. Am 21. März 1978 erließ das Finanzamt für den 1. Bezirk gemäß §232 BAO einen Sicherstellungsauftrag für Abgabenansprüche gegen den Bf.
Am 5. April 1978 wurde aufgrund dieses Sicherstellungsauftrages die Vormerkung von Pfandrechten im Lastenblatt der dem Bf. gehörenden Liegenschaften EZ ... KG Grinzing als Haupteinlage und EZ ... und ... der gleichen KG als Nebeneinlage eingetragen.
Mit Beschluß des BG Döbling vom 17. Juli 1978 wurde die Löschung dieser Vormerkung gemäß §57 Grundbuchsgesetz (GBG) bewilligt, weil im Range vor der Pfandrechtsvormerkung die Rangordnung der beabsichtigten Veräußerung angemerkt war und ein Liegenschaftskäufer nach der zitierten Gesetzesstelle die Löschung des vorgemerkten Pfandrechtes begehrte.
Da über die vom Bf. gegen den Sicherstellungsauftrag vom 21. März 1978 erhobene Berufung nicht entschieden wurde, erhob dieser am 6. November 1978 Säumnisbeschwerde an den VwGH, worauf er dadurch klaglos gestellt wurde, daß die Finanzbehörde zweiter Instanz seiner Berufung mit Bescheid vom 3. Jänner 1979 stattgab und den angefochtenen Sicherstellungsauftrag aufhob.
1.2. Am 4. Juli 1979 erging an den Bf. vom Kostenbeamten des BG Döbling unter Berufung auf §20 Abs2 GJGebG 1962 ein Zahlungsauftrag für die - bereits gemäß §57 GBG gelöschte - Pfandrechtsvormerkung über eine Einhebungsgebühr von 10 S (§6 Abs1 GEG), eine Eingabengebühr von 400 S (TP1a) und eine Eintragungsgebühr von 8368 S (TP11b).
Dem gegen diesen Zahlungsauftrag erhobenen Berichtigungsantrag des Bf. wurde mit Bescheid des Präsidenten des LG für ZRS Wien vom 31. März 1980, Z Jv 6937-33a/79, keine Folge gegeben.
2.1. Gegen diesen Bescheid richtet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der vom Bf. die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und auf Unversehrtheit des Eigentums geltend gemacht und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.
2.2. Die bel. Beh. hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde begehrt.
3. Der VfGH hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
3.1. Die geltend gemachten Grundrechtsverletzungen werden vom Bf. behauptet, weil die bel. Beh. dem Berichtigungsantrag den Erfolg deshalb versagt habe, weil kein Fall des §75 EO vorliege, was ausschließlich damit begründet worden sei, daß nicht der vom Bf. in Anspruch genommene Einstellungsgrund des §39 Abs1 Z1 EO zur Einstellung des Exekutionsverfahrens geführt habe, sondern die Löschung der Pfandrechtsvormerkung gemäß §57 GBG erfolgt sei. Der Bestimmung des §75 EO, auf den §20 Abs2 GJGebG 1962 verweise, liege der leicht erkennbare Sinn zugrunde, daß ein (letzten Endes) erfolgloser Gläubiger keinen Anspruch auf Ersatz der ihm entstandenen Exekutionskosten haben solle. Wichtig sei also nur, ob ein Fall vorliege, der §75 (hier §39 Abs1 Z1) EO entspreche. Daß ein von dritter Seite gestellter Antrag das Ergebnis vorweggenommen habe, ändere nichts an der grundsätzlichen Anwendbarkeit der Bestimmung des §75 EO; die bel. Beh. habe nicht bedacht, daß dann, wenn das Rechtsschutzziel bereits auf einem anderen Weg erreicht wurde, ein weitergehendes Rechtsschutzinteresse an einer Antragstellung gemäß §39 Abs1 Z1 EO nicht mehr bestehen könne.
Die Behörde messe demnach §20 Abs2 GJGebG 1962 und §75 EO fälschlich einen gleichheitswidrigen Inhalt bei, anderenfalls bestünden verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Bestimmungen.
3.2.1. Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH (zB VfSlg. 8823/1980, 9186/1981) nur vorliegen, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat.
Der in das Eigentum eingreifende angefochtene Bescheid wäre nach der ständigen Judikatur des VfGH (vgl. zB VfSlg. 8776/1980, 9014/1981) dann wegen Verletzung des Eigentumsrechtes verfassungswidrig, wenn der ihn verfügende Bescheid ohne jede Rechtsgrundlage ergangen wäre oder auf einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage beruhte oder wenn die Behörde bei Erlassung des Bescheides eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Rechtsgrundlage in denkunmöglicher Weise angewendet hätte, ein Fall, der nur dann vorläge, wenn die Behörde einen so schweren Fehler begangen hätte, daß dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre.
3.2.2. Der angefochtene Bescheid stützt sich auf §20 Abs2 GJGebG 1962. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Bestimmung bestehen, wie der VfGH in VfSlg. 8137/1977 ausgesprochen hat, nicht. Durch diese Bestimmung wird, wie in dem genannten Erk. ausgeführt wurde, bewirkt, daß eine sachlich nicht zu rechtfertigende unterschiedliche wirtschaftliche Belastung des Verpflichteten bei der Tragung der Kosten des Exekutionsverfahrens je nach dem, ob ein gebührenpflichtiger oder gebührenbefreiter Gläubiger einschreitet, vermieden wird. Da die Regelung so gestaltet ist, daß die verpflichtete Partei zum Ersatz der Gerichtsgebühren, die die gebührenbefreite Partei zu entrichten gehabt hätte, nur verpflichtet ist, soweit sie die Verpflichtung zur Tragung der Kosten des Exekutionsverfahrens trifft und soweit im Rahmen dieses Kostenersatzes der Gebührenbetrag einem nicht gebührenbefreiten betreibenden Gläubiger zu ersetzen wäre, kann der VfGH - heute wie damals - nicht finden, daß sie unsachlich wäre.
3.2.3. Eine Gleichheitsverletzung durch den angefochtenen Bescheid käme somit nur in Frage, wenn die bel. Beh. der Regelung fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt hätte; eine Eigentumsverletzung käme nur im Falle einer denkunmöglichen Gesetzesanwendung in Frage.
Der Bf. erhebt diese Vorwürfe, weil es nicht sachlich zu rechtfertigen wäre, daß der Verpflichtete nur deshalb Gebühren zu zahlen hätte, weil ihm jemand (im Beschwerdefall ein nach §57 GBG Berechtigter) mit einem Einstellungsantrag zuvorgekommen ist.
Die bel. Beh. hält diesem Vorbringen in der Gegenschrift entgegen, daß der Kostenbeamte bei der Gebührenbemessung an formale äußere Tatbestände gebunden sei, an welche das GJGebG 1962 die Gebührenpflicht knüpfe. Sie verweist für ihren Standpunkt des weiteren auf das Erk. des VwGH vom 21. November 1969, Z 880/69. Beides ist jedoch, ungeachtet des Umstandes, daß der Beschwerde letztlich kein Erfolg zukommt, aus folgenden Gründen nicht zielführend:
3.2.4. Die Berufung auf eine streng formale Betrachtung führt zu dem gleichheitskonform zu ermittelnden Inhalt der gesetzlichen Grundlage zurück. Diese gebietet, das Gesetz so zu lesen, daß es nicht in die Hand des Gläubigers gelegt ist, die Gebührenpflicht durch Setzung formaler Schritte zu steuern.
Nach §20 Abs2 GJGebG 1962 muß der Verpflichtete die Gerichtsgebühren, die die gebührenbefreite Partei zu entrichten gehabt hätte, ersetzen, sofern der Antrag des betreibenden Gläubigers nicht abgewiesen wird oder soweit die Gebühren nicht nach §75 EO dem Gläubiger zur Last fallen. Nach §75 EO hat der betreibende Gläubiger keinen Anspruch auf Ersatz der gesamten bis zur Einstellung aufgelaufenen Exekutionskosten, wenn ein Exekutionsverfahren aus einem der in den §§35, 36 und 39 Abs1 Z1 und 9 EO angeführten Gründe eingestellt wird oder ein solches Verfahren aus anderen, dem Gläubiger bei Stellung des Antrages auf Exekutionsbewilligung oder bei Beginn des Exekutionsvollzuges schon bekannten Gründen eingestellt werden mußte.
Auf den zweiten Tatbestand des §75 EO (Einstellung des Exekutionsverfahrens aus anderen Gründen) nimmt denn auch der VwGH in dem von der bel. Beh. zitierten Erk. vom 21. November 1969, Z 880/69, ausdrücklich Bezug, wenn er auch in der genannten Entscheidung das Vorliegen eines solchen Falles verneint. Auch in einem Erk. vom 26. Juni 1975, Z 535/75, hat der VwGH die Frage aufgeworfen, ob trotz einer Einstellung des Exekutionsverfahrens nach §39 Abs1 Z6 EO ein Fall des §75 EO gegeben ist, dies jedoch (nur) deshalb verneint, weil der betreibende Gläubiger der Einstellung nach §39 Abs1 Z6 EO ausdrücklich zugestimmt hatte. Entgegen der Meinung der bel. Beh. genügt es also nicht, sich am formalen äußeren Tatbestand zu orientieren, sondern es muß - wie auch aus den Erk. des VwGH hervorleuchtet - geprüft werden, ob ungeachtet der formellen Erledigung und damit des äußeren Anscheins ein Fall des §75 EO gegeben ist. Anderenfalls wäre es nämlich in die Hand des betreibenden Gläubigers gegeben, im Wege eines Einstellungsantrages gemäß §39 Abs1 Z6 EO einem allenfalls drohenden Einstellungsbegehren des Verpflichteten gemäß §39 Abs1 Z1 oder 9 EO zuvorzukommen und damit die Kostenersatzpflicht des Verpflichteten selbst für den Fall zu fixieren, daß dem betreibenden Gläubiger schon bei der Stellung des Antrages auf Exekutionsbewilligung die Unzulässigkeit seines Vorgehens bekannt war.
3.2.5. Für den Beschwerdefall ergibt sich hieraus folgendes:
Durch die Löschung der Pfandrechtssicherstellung gemäß §57 GBG ist für die verpflichtete Partei nach §75 EO nichts zu gewinnen, weil ja dem betreibenden Gläubiger nie bekannt sein kann, ob die in Frage kommenden Dritten von der Möglichkeit des §57 GBG tatsächlich Gebrauch machen werden. Die Löschung nach §57 GBG ist jedoch einem denkbaren Antrag des Verpflichteten gemäß §39 Abs1 Z1 EO zuvorgekommen, der auf den Wegfall des Sicherstellungsauftrages gestützt hätte werden können, wenn die Löschung nicht bereits nach §57 GBG durchgeführt gewesen wäre. Damit käme insofern das Vorliegen des zweiten Falles nach §75 EO in Betracht.
Dennoch ist die bel. Beh. im Beschwerdefall jedenfalls nicht denkunmöglich oder gleichheitswidrig vorgegangen:
Die Inanspruchnahme des zweiten Tatbestandes des §75 EO setzt nämlich jedenfalls voraus, daß der Verpflichtete einen diesem Tatbestand entsprechenden Sachverhalt der Gebührenbehörde gegenüber behauptet.
Im vorliegenden Fall hat nun wohl die bel. Beh. einen dem zweiten Tatbestand des §75 EO entsprechenden Sachverhalt ungeprüft verneint. In dem vom Bf. gestellten Berichtigungsantrag wurde aber lediglich behauptet und durch Vorlage des Berufungsbescheides bescheinigt, daß der Sicherstellungsauftrag von der Berufungsbehörde mit Bescheid vom 3. Jänner 1979 gemäß §232 BAO aufgehoben wurde; §232 Abs1 zweiter Satz BAO sieht vor, daß der Abgabenpflichtige durch Erlag eines von der Abgabenbehörde zu bestimmenden Betrages erwirken kann, daß (auch) bereits vollzogene Maßnahmen aufzuheben sind. Weder aus dem vorgelegten Berufungsbescheid noch aus den Behauptungen des Bf. ging hervor, daß die Aufhebung des Sicherstellungsauftrages auf Gründen beruht hätte, die dem betreibenden Gläubiger schon bei Stellung des Antrages auf Exekutionsbewilligung bekannt gewesen wären.
Bei Vorliegen eines solchen Sachverhaltes kann aber der bel. Beh. nicht zum Vorwurf gemacht werden, das Gesetz in gleichheitswidriger oder in denkunmöglicher Weise angewandt zu haben; zur Prüfung, ob die Entscheidung auch richtig ist, ist ausschließlich der VwGH berufen.
Die behaupteten Grundrechtsverletzungen liegen somit nicht vor. Ob das Gesetz richtig angewendet wurde, hat der VfGH nicht zu prüfen.
3.3. Das Verfahren hat auch nicht ergeben, daß der Bf. in sonstigen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde. Angesichts der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen ist es auch ausgeschlossen, daß er in seinen Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt wurde.
Die Beschwerde war daher abzuweisen.
Schlagworte
Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren, Exekutionsrecht, GrundbuchEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1984:B267.1980Dokumentnummer
JFT_10159076_80B00267_00