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27 RechtspflegeNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerwaltungsaktLeitsatz
V über die Gebührenbefreiung im Kleinwohnungsbau; Verweigerung der Gebührenbegünstigung gemäß §1 Abs2; keine Verletzung im GleichheitsrechtSpruch
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1.1. Für den Bf. wurde mit Beschluß des BG für ZRS Graz vom 27. Oktober 1977 die Einverleibung des Eigentums an den im Kaufvertrag vom 27. September 1977 erworbenen ideellen Anteilen an der Liegenschaft EZ ..., KG III Geidorf, bewilligt. Der Bf. nahm im Ansuchen um diese Bewilligung gemäß §1 Abs2 der V vom 27. August 1936, DRGBl. I S 702, über die Gebührenbefreiung im Kleinwohnungsbau (künftig: Gebührenbefreiungsverordnung), für Österreich in Kraft gesetzt mit V vom 18. März 1940, DRGBl. I S 543 (sie gehörte zufolge §2 Rechtsüberleitungsgesetz, StGBl. 6/1945, als Rechtsvorschrift im Range eines BG dem Rechtsbestand an (vgl. VfSlg. 5052/1965) und trat mit dem Inkrafttreten des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes vom 30. März 1979, BGBl. 139/1979, außer Wirksamkeit), die Befreiung von der Eintragungsgebühr gemäß TP11 litb Z1 Gerichts- und Justizverwaltungsgebührengesetz 1962 (künftig: GJGebG 1962) in Anspruch.
1.2. Mit Zahlungsauftrag vom 9. Jänner 1980 schrieb der Kostenbeamte des BG für ZRS Graz dem Bf. eine Eintragungsgebühr im Betrage von 9580 S unter Berufung auf TP11 litb Z1 GJGebG 1962 sowie eine Einhebungsgebühr von 10 S gemäß §6 Abs1 GEG vor.
1.3. Dem gegen diesen Zahlungsauftrag eingebrachten Berichtigungsantrag wurde mit Bescheid des Präsidenten des LG für ZRS Graz vom 12. März 1980, Z Jv 218-33/80, unter Hinweis auf §1 Abs1 Gebührenbefreiungsverordnung mit der Begründung nicht stattgegeben, daß das Ansuchen um grundbücherliche Durchführung des Kaufvertrages vor der mit Bescheid vom 23. Mai 1978 erteilten baupolizeilichen Benützungsbewilligung gestellt worden sei, die Gebührenbefreiung jedoch zur Voraussetzung habe, daß die Durchführung des Rechtsgeschäftes binnen vier Jahren nach der baupolizeilichen Erlaubnis zur Ingebrauchnahme vorgenommen werde.
2.1. Gegen diesen Bescheid richtet sich die auf Art144 B-VG gestützte vorliegende Beschwerde, in der die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz geltend gemacht und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.
2.2. Die bel. Beh. hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde begehrt.
3. Der VfGH hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
3.1. §1 Abs2 Gebührenbefreiungsverordnung lautet:
"Bei Geschäften, die die Weiterveräußerung eines bebauten Grundstückes betreffen oder mit der Weiterveräußerung unmittelbar zusammenhängen, ist außer dem Wohnungsunternehmen auch der Erwerber des Grundstückes von der Zahlung der im Abs1 bezeichneten Gebühren befreit, sofern das Wohnungsunternehmen das Grundstück zum Zwecke der Veräußerung bebaut hat und die Geschäfte binnen vier Jahren nach der baupolizeilichen Erlaubnis zur Ingebrauchnahme vorgenommen werden. Eine Veräußerung im Sinne dieser Vorschrift ist auch die Bestellung oder Übertragung eines Erbbaurechts."
3.2. Der Bf. erachtet es für gleichheitswidrig, daß eine Gebührenschuld vom Zeitpunkt der Einbringung einer Grundbuchseingabe abhängig sei. Es sei nicht einzusehen, warum derjenige Käufer, dessen Wohnungseigentum früher im Grundbuch eingetragen werde, zur Zahlung einer Gebühr verpflichtet sei, hingegen diejenigen Käufer, deren Eigentum später eingetragen werde, gebührenbefreit seien, obwohl alle künftigen Wohnungseigentümer in gleicher Weise Vollmachten an den Bauträger erteilt hätten und keiner einen Einfluß auf den Zeitpunkt der Einreichung des ihn betreffenden Grundbuchsgesuches habe. Der Sinn der Befreiungsregelung könne einzig und allein darin gelegen sein, daß die grundbücherliche Durchführung nicht unnötig lange hinausgezogen werde. Die Auffassung der bel. Beh., daß eine grundbücherliche Eintragung vor der Erteilung der Benützungsbewilligung eine Gebührenpflicht nach sich ziehe, stelle eine denkunmögliche Gesetzesanwendung dar. Denn aus dem Gesetz ergebe sich ausschließlich, daß die Gebührenbefreiung zur Voraussetzung habe, daß die grundbücherliche Eintragung spätestens vier Jahre nach Erteilung der Benützungsbewilligung bewilligt worden sei.
3.3. Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH (zB VfSlg. 8823/1980, 9186/1981) nur vorliegen, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat.
Der VfGH hat mit Erk. VfSlg. 8161/1977 den ersten Satz des §1 Abs2 Gebührenbefreiungsverordnung, der die Rechtsgrundlage für die Verweigerung der vom Bf. begehrten Gebührenbegünstigung bildet, nicht als verfassungswidrig aufgehoben. Im Hinblick auf die verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit des ersten Satzes des §1 Abs2 Gebührenbefreiungsverordnung könnte der Bf. im Gleichheitsrecht nur verletzt worden sein, wenn die Behörde der genannten Bestimmung einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie Willkür geübt hätte, wofür eine denkunmögliche Gesetzesanwendung als Indiz zu werten wäre.
Da aus dem Erk. VfSlg. 8161/1977 hervorgeht, daß der erste Satz des §1 Abs2 Gebührenbefreiungsverordnung auch dann nicht verfassungswidrig wäre, wenn er den von der bel. Beh. angenommenen Inhalt hätte, ist der angefochtene Bescheid nicht verfassungswidrig. Die von der bel. Beh. bei Erlassung des angefochtenen Bescheides gewählte Auslegung des ersten Satzes des §1 Abs2 Gebührenbefreiungsverordnung ist - wie sich aus den im Erk. VfSlg. 8161/1977 dargelegten Erwägungen ebenfalls ergibt - mit dem Wortlaut der Bestimmung jedenfalls auch vereinbar und somit denkmöglich. Für Willkür bietet das Verfahren demnach ebensowenig einen Anhaltspunkt.
Die behauptete Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz liegt somit nicht vor.
3.4. Es kam auch sonst keine vom VfGH wahrzunehmende Rechtsverletzung hervor.
Die Beschwerde war daher abzuweisen.
Schlagworte
Gerichts- und JustizverwaltungsgebührenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1984:B237.1980Dokumentnummer
JFT_10159076_80B00237_00