TE Vfgh Erkenntnis 2006/6/24 B362/06

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Veröffentlicht am 24.06.2006
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Index

41 Innere Angelegenheiten
41/02 Staatsbürgerschaft, Paß- und Melderecht, Fremdenrecht

Norm

AsylG 1997 §5, §5a, §19, §36b
BVG-Rassendiskriminierung ArtI Abs1
FremdenpolizeiG 2005 §76 Abs2 Z4, §77
PersFrSchG 1988 Art1 Abs3

Leitsatz

Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander durch Anordnung bzw Aufrechterhaltung der Schubhaft für einen - faktischen Abschiebeschutz genießenden - Asylwerber mangels nachvollziehbarer Begründung über die Notwendigkeit der Haft; verfassungskonforme Auslegung der Ermächtigung des Fremdenpolizeigesetzes 2005 über die Verhängung der Schubhaft bei Annahme der Zurückweisung des Asylantrags mangels Zuständigkeit Österreichs geboten; Verpflichtung der (Fremdenpolizei-)Behörden zur Beachtung des im Bundesverfassungsgesetz über den Schutz der persönlichen Freiheit festgelegten Gebotes der Verhältnismäßigkeit

Spruch

I. Dem Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wird stattgegeben.

II. Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid in dem durch das Bundesverfassungsgesetz BGBl. Nr. 390/1973 verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Der Bund (Bundesministerin für Inneres) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seines Rechtsvertreters die mit € 2.160,-

bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Georgien, reiste illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 19. August 2005 einen Asylantrag. Mit Bescheid vom 16. September 2005 wies das Bundesasylamt den Antrag gemäß §5 Abs1 AsylG 1997 als unzulässig zurück und stellte fest, dass die Slowakei für die Prüfung des Asylantrags zuständig ist. Gleichzeitig wurde der Beschwerdeführer gemäß §5a Abs1 AsylG 1997 aus dem Bundesgebiet ausgewiesen; die Ausweisung gilt gemäß §5a Abs4 AsylG 1997 auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Slowakei. Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wurde mit Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates (im Folgenden: UBAS) vom 3. Februar 2006 abgewiesen.

Gegen den Bescheid des UBAS erhob der Beschwerdeführer Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof, der ihr mit Beschluss vom 14. Februar 2006 die aufschiebende Wirkung zuerkannte.

2. Mit Bescheid vom 10. Jänner 2006 ordnete die Bezirkshauptmannschaft Baden die Verhängung der Schubhaft gemäß §76 Abs2 Z4 Fremdenpolizeigesetz 2005 (im Folgenden: FPG) zur Sicherung der Abschiebung an.

Mit dem angefochtenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich, Außenstelle Wiener Neustadt, (im Folgenden: UVS) vom 22. Februar 2006 wurde der vom Beschwerdeführer eingebrachten Schubhaftbeschwerde gemäß §83 FPG keine Folge gegeben und festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft vorliegen.

Begründend führt die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass dem Beschwerdeführer als Asylwerber keine Aufenthaltsberechtigungskarte gemäß §36b AsylG 1997 ausgehändigt worden sei. Ihm komme demnach kein vorläufiges Aufenthaltsrecht gemäß §19 Abs2 AsylG 1997 zu. §21 Abs1 AsylG 1997 finde keine Anwendung. Der UVS ist im Ergebnis der Rechtsansicht der Bezirkshauptmannschaft Baden gefolgt, dass die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft erforderlich sei.

3.1. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Bewilligung der Verfahrenshilfe beantragt, die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt wird.

Begründend führt der Beschwerdeführer im Wesentlichen Folgendes aus:

3.2. Gemäß Art2 Abs1 Z7 des Bundesverfassungsgesetzes vom 29. November 1988 über den Schutz der persönlichen Freiheit dürfe einem Menschen die persönliche Freiheit entzogen werden, "wenn dies notwendig ist, um eine beabsichtigte Ausweisung oder Auslieferung zu sichern". Dieser Sicherungsbedarf sei im Falle des Beschwerdeführers nicht mehr gegeben, weil seiner gegen den Bescheid des UBAS vom 3. Februar 2006 erhobenen Beschwerde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Februar 2006 die aufschiebende Wirkung insoweit zuerkannt worden sei, als dem Beschwerdeführer "die Rechtsstellung als Asylwerber zukommt, wobei damit im Besonderen jede Zurück- oder Abschiebung (...) aus Österreich für die Dauer des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens unzulässig ist".

Weiters bringt der Beschwerdeführer vor, dass Fremde, die einen Asylantrag gestellt haben, gemäß §19 Abs1 AsylG 1997 bis zur Erlangung der Aufenthaltsberechtigungskarte oder bis zur Erlassung einer durchsetzbaren Entscheidung weder zurückgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben werden können. Gemäß §21 Abs1 AsylG 1997 fänden die fremdenrechtlichen Bestimmungen betreffend die Schubhaft keine Anwendung auf Fremde, die faktischen Abschiebeschutz im Sinne des §19 Abs1 genießen, oder denen als Asylwerber eine Aufenthaltsberechtigungskarte ausgestellt wurde.

Aufgrund des Beschlusses des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Februar 2006 liege keine durchsetzbare Entscheidung im Hinblick auf den Beschwerdeführer vor, sodass die Bestimmungen über die Schubhaft (insbesondere §61 Fremdengesetz 1997) gemäß §19 Abs1 iVm §21 Abs1 AsylG 1997 keine Anwendung auf ihn fänden.

Zudem sei die Anwendung eines gelinderen Mittels gemäß §77 FPG verfassungsrechtlich geboten gewesen.

4. Der UVS legte die Verwaltungsakten vor, nahm von der Erstattung einer Gegenschrift jedoch Abstand.

II. Die im vorliegenden Fall maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar:

1. Die Art1 und 2 des Bundesverfassungsgesetzes vom 29. November 1988 über den Schutz der persönlichen Freiheit, BGBl. Nr. 684/1988, lauten:

"Artikel 1

(1) Jedermann hat das Recht auf Freiheit und Sicherheit (persönliche Freiheit).

(2) Niemand darf aus anderen als den in diesem Bundesverfassungsgesetz genannten Gründen oder auf eine andere als die gesetzlich vorgeschriebene Weise festgenommen oder angehalten werden.

(3) Der Entzug der persönlichen Freiheit darf nur gesetzlich vorgesehen werden, wenn dies nach dem Zweck der Maßnahme notwendig ist; die persönliche Freiheit darf jeweils nur entzogen werden, wenn und soweit dies nicht zum Zweck der Maßnahme außer Verhältnis steht.

(4) Wer festgenommen oder angehalten wird, ist unter Achtung der Menschenwürde und mit möglichster Schonung der Person zu behandeln und darf nur solchen Beschränkungen unterworfen werden, die dem Zweck der Anhaltung angemessen oder zur Wahrung von Sicherheit und Ordnung am Ort seiner Anhaltung notwendig sind."

"Artikel 2

(1) Die persönliche Freiheit darf einem Menschen in folgenden Fällen auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden:

1. bis 6. ...

7. wenn dies notwendig ist, um eine beabsichtigte Ausweisung oder Auslieferung zu sichern.

(2) ..."

2. Die gemäß §73 Abs2 des Bundesgesetzes über die Gewährung von Asyl (Asylgesetz 2005 - AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005, mit Ablauf des 31. Dezember 2005 außer Kraft getretenen §§5, 5a, 19, 21 und 36b des Bundesgesetzes über die Gewährung von Asyl (Asylgesetz 1997 - AsylG), BGBl. I Nr. 76/1997, lauteten:

"Unzulässige Asylanträge wegen vertraglicher Unzuständigkeit

oder wegen Unzuständigkeit auf Grund eines unmittelbar

anwendbaren Rechtsaktes der Europäischen Union

§5. (1) Ein nicht gemäß §4 erledigter Asylantrag ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Verordnung Nr. 343/2003 (EG) des Rates vom 18. Februar 2003 zur Prüfung des Asylantrages zuständig ist. Mit dem Zurückweisungsbescheid hat die Asylbehörde auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist.

(2) Gemäß Abs1 ist auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Verordnung Nr. 343/2003 (EG) des Rates vom 18. Februar 2003 dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages zuständig ist."

"Gemeinsame Bestimmungen für unzulässige Asylanträge

§5a. (1) Die Zurückweisung des Antrages gemäß der §§4, 4a oder 5 ist mit einer Ausweisung zu verbinden.

(2) Können Fremde, deren Asylantrag gemäß der §§4 oder 4a als unzulässig zurückgewiesen wurde, aus faktischen Gründen, die nicht im Verhalten des Fremden begründet sind, binnen zweier Monate nach Erlassung des Bescheides nicht zurückgeschoben oder abgeschoben werden, so tritt dieser außer Kraft. Das Asylverfahren dieser Fremden ist zulässig; ihnen ist eine Aufenthaltsberechtigungskarte (§24a) auszustellen und sie können einer Betreuungseinrichtung zugewiesen werden (§37b).

(3) Können Fremde, deren Asylantrag gemäß §5 als unzulässig zurückgewiesen wurde, aus faktischen Gründen nach Erlassung des Bescheides gemäß der Verordnung Nr. 343/2003 (EG) des Rates vom 18. Februar 2003 nicht zurückgeschoben oder abgeschoben werden, so tritt dieser außer Kraft. Bis zur Entscheidung, ob ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union oder Norwegen oder Island zur Behandlung des Asylantrages zuständig ist, können diese Fremden einer Betreuungseinrichtung zugewiesen werden (§37b).

(4) Eine Ausweisung gemäß Abs1 gilt stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den bezeichneten Staat."

"Aufenthalt im Bundesgebiet während des Asylverfahrens

§19. (1) Fremde, die einen Asylantrag gestellt haben, können bis zur Erlangung der Aufenthaltsberechtigungskarte oder bis zur Erlassung einer durchsetzbaren Entscheidung weder zurückgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben werden (faktischer Abschiebeschutz).

§17 gilt.

(2) Asylwerber, deren Asylverfahren zugelassen ist (§24a), sind bis zum rechtskräftigen Abschluss oder der Einstellung des Verfahrens zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt; dieses Aufenthaltsrecht ist durch das Ausstellen einer Aufenthaltsberechtigungskarte (§36b) zu dokumentieren.

(3) Wird der Berufung eines Fremden, dessen Asylantrag vom Bundesasylamt als unzulässig zurückgewiesen wurde, stattgegeben (§32a), ist dem Fremden an der Grenzübergangsstelle unter Vorlage der Berufungsentscheidung die Wiedereinreise zu gewähren und er ist an das Bundesasylamt zur Ausstellung der Aufenthaltsberechtigungskarte zu verweisen. Der Asylwerber hat sich unverzüglich zur nächstgelegenen Außenstelle des Bundesasylamtes zu begeben."

"Schutz vor Aufenthaltsbeendigung

§21. (1) Auf Fremde, die faktischen Abschiebeschutz im Sinne des §19 Abs1 genießen, oder denen als Asylwerber eine Aufenthaltsberechtigungskarte ausgestellt wurde, finden die §§36 Abs2 Z7 sowie 61 bis 63 FrG keine Anwendung. §61 FrG findet jedoch Anwendung, wenn der Asylantrag von einem Fremden gestellt wird, über den vor Antragstellung die Schubhaft verhängt wurde und diese aufrecht ist.

(2) Fremde gemäß Abs1 dürfen nicht in den Herkunftsstaat zurückgewiesen und überhaupt nicht zurückgeschoben oder abgeschoben werden; die Übermittlung personenbezogener Daten dieser Fremden an den Herkunftsstaat ist nicht zulässig. Daten, die erforderlich sind, um die zur Einreise notwendigen Bewilligungen zu beschaffen, dürfen jedoch übermittelt werden, wenn der Antrag - wenn auch nicht rechtskräftig - abgewiesen oder zurückgewiesen worden ist und das Ergebnis der Prüfung, ob subsidiärer Schutz zu gewähren ist, dem nicht entgegensteht und die Identität des Asylwerbers nicht geklärt ist."

"Aufenthaltsberechtigungskarte

§36b. (1) Asylwerbern, deren Verfahren zugelassen sind, ist eine Aufenthaltsberechtigungskarte auszustellen. Die Gültigkeitsdauer dieser Karte ist bis zur Rechtskraft des Verfahrens befristet.

(2) Die Aufenthaltsberechtigungskarte dient dem Nachweis der Identität und der Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes im Bundesgebiet.

§32 Abs1 und 2 FrG gilt. Nach Beendigung des Verfahrens ist die Aufenthaltsberechtigungskarte vom Fremden dem Bundesasylamt zurückzustellen.

(3) Die nähere Gestaltung der Aufenthaltsberechtigungskarte hat der Bundesminister für Inneres durch Verordnung zu regeln. Die Aufenthaltsberechtigungskarte hat jedenfalls zu enthalten: Die Bezeichnung 'Republik Österreich' und 'Aufenthaltsberechtigungskarte', Namen, Geschlecht, Geburtsdatum, Staatsangehörigkeit, Lichtbild und Unterschrift des Asylwerbers sowie Bezeichnung der Behörde, Datum der Ausstellung und Unterschrift des Genehmigenden."

3. Das gemäß §73 Abs1 mit 1. Jänner 2006 in Kraft getretene Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl (Asylgesetz 2005 - AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005, enthält folgende Übergangsbestimmungen:

"Übergangsbestimmungen

§75. (1) Alle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren sind nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen. §44 AsylG 1997 gilt. Die §§24, 26, 54 bis 57 und 60 dieses Bundesgesetzes sind auf diese Verfahren anzuwenden. §27 ist auf diese Verfahren mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Behörde zur Erlassung einer Ausweisung zuständig ist und der Sachverhalt, der zur Einleitung des Ausweisungsverfahrens führen würde, nach dem 31. Dezember 2005 verwirklicht wurde. §57 Abs5 und 6 ist auf diese Verfahren mit der Maßgabe anzuwenden, dass nur Sachverhalte, die nach dem 31. Dezember 2005 verwirklicht wurden, zur Anwendung dieser Bestimmungen führen.

(2) Ein nach dem Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl - Asylgesetz 1991, BGBl. Nr. 8/1992, eingestelltes Verfahren ist bis zum 31. Dezember 2007 nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1991 fortzusetzen und gilt als anhängiges Verfahren im Sinne des Abs1. Ein nach dem AsylG 1997 eingestelltes Verfahren ist bis zum 31. Dezember 2007 nach den Bestimmungen des AsylG 1997 fortzusetzen und gilt als anhängiges Verfahren im Sinne des Abs1.

(3) Karten nach dem AsylG 1997 behalten ihre Gültigkeit bis zum vorgesehenen Zeitpunkt.

(4) Ab- oder zurückweisende Bescheide auf Grund des Asylgesetzes, BGBl. Nr. 126/1968, des Asylgesetzes 1991, BGBl. Nr. 8/1992, sowie des Asylgesetzes 1997 begründen in derselben Sache in Verfahren nach diesem Bundesgesetz den Zurückweisungstatbestand der entschiedenen Sache (§68 AVG).

(5) Einem Fremden, dem am 31. Dezember 2005 die Flüchtlingseigenschaft zugekommen ist, gilt, soweit es zu keiner Aberkennung oder keinem Verlust der Flüchtlingseigenschaft gekommen ist, der Status des Asylberechtigten als zuerkannt.

(6) Einem Fremden, dem am 31. Dezember 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1991 oder des AsylG 1997 zugekommen ist, gilt der Status des subsidiär Schutzberechtigten als zuerkannt."

4. §61 Fremdengesetz 1997, BGBl. I Nr. 75/1997, lautete bis zum Inkrafttreten des FPG, BGBl. I Nr. 100/2005, wie folgt:

"2. Abschnitt

Entzug der persönlichen Freiheit

Schubhaft

§61. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft nur verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen.

(2) Die Schubhaft ist mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß §57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß §57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(3) Hat der Fremde einen Zustellungsbevollmächtigten, so gilt die Zustellung des Schubhaftbescheides auch in dem Zeitpunkt als vollzogen, in dem eine Ausfertigung dem Fremden tatsächlich zugekommen ist. Die Zustellung einer weiteren Ausfertigung an den Zustellungsbevollmächtigten ist in diesen Fällen unverzüglich zu veranlassen.

(4) Die Verhängung der Schubhaft kann mit Beschwerde gemäß §72 angefochten werden."

5. Die mit 1. Jänner 2006 in Kraft getretenen §§76, 77, 80, 82, 83 und 125 FPG lauten:

"8. Abschnitt

Schubhaft und gelinderes Mittel

Schubhaft

§76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen.

(2) Die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde kann über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß §10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn

1.

gegen ihn eine durchsetzbare - wenn auch nicht rechtskräftige - Ausweisung (§10 AsylG 2005) erlassen wurde;

2.

gegen ihn nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde;

3.

gegen ihn vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Ausweisung (§§53 oder 54) oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot (§60) verhängt worden ist oder

4.

auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.

(3) Die Schubhaft ist mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß §57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß §57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(4) Hat der Fremde einen Zustellungsbevollmächtigten, so gilt die Zustellung des Schubhaftbescheides auch in dem Zeitpunkt als vollzogen, in dem eine Ausfertigung dem Fremden tatsächlich zugekommen ist. Die Zustellung einer weiteren Ausfertigung an den Zustellungsbevollmächtigten ist in diesen Fällen unverzüglich zu veranlassen.

(5) Wird ein Aufenthaltsverbot oder eine Ausweisung durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während der Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrecht erhalten werden. Liegen die Voraussetzungen des Abs2 vor, gilt die Schubhaft als nach Abs2 verhängt. Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Anordnung der Schubhaft gemäß Abs2 ist mit Aktenvermerk festzuhalten.

(7) Die Anordnung der Schubhaft kann mit Beschwerde gemäß §82 angefochten werden."

"Gelinderes Mittel

§77. (1) Die Behörde kann von der Anordnung der Schubhaft Abstand nehmen, wenn sie Grund zur Annahme hat, dass deren Zweck durch Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden kann. Gegen Minderjährige hat die Behörde gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn, sie hätte Grund zur Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann.

(2) Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel ist, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des §99 Abs1 Z1 von Amts wegen erfolgt.

(3) Als gelinderes Mittel kommt insbesondere die Anordnung in Betracht, in von der Behörde bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen oder sich in periodischen Abständen bei dem dem Fremden bekannt gegebenen Polizeikommando zu melden.

(4) Kommt der Fremde seinen Verpflichtungen nach Abs3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zur Behörde, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt §80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird.

(5) Die Anwendung eines gelinderen Mittels steht der für die Durchsetzung der Abschiebung, der Zurückschiebung oder Durchbeförderung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten."

"Dauer der Schubhaft

§80. (1) Die Behörde ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert.

(2) Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann. Sie darf außer in den Fällen des Abs3 und 4 insgesamt nicht länger als zwei Monate dauern.

(3) Darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil über einen Antrag gemäß §51 noch nicht rechtskräftig entschieden ist, kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung, insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden.

(4) Kann oder darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden,

1.

weil die Feststellung seiner Identität und Staatsangehörigkeit nicht möglich ist oder

2.

weil die für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt oder

3.

weil er die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§13) widersetzt,

kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts innerhalb eines Zeitraumes von zwei Jahren nicht länger als sechs Monate aufrechterhalten werden, es sei denn, die Nichtvornahme der Abschiebung ist dem Verhalten des Fremden zuzurechnen. In diesen Fällen darf der Fremde wegen desselben Sachverhalts innerhalb eines Zeitraumes von zwei Jahren nicht länger als zehn Monate in Schubhaft angehalten werden. Ebenso kann die Schubhaft, die gemäß §76 Abs2 verhängt wurde, länger als sechs Monate in zwei Jahren, aber nicht länger als zehn Monate in zwei Jahren aufrecht erhalten werden.

(5) In Fällen, in denen die Schubhaft gemäß §76 Abs2 verhängt wurde, kann diese bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftig negativer Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz aufrecht erhalten werden, es sei denn, es läge auch ein Fall des Abs4 Z1 bis 3 vor. Wird der Berufung gegen eine Ausweisung, die mit einer zurückweisenden Entscheidung verbunden ist, die aufschiebende Wirkung gemäß §37 AsylG 2005 zuerkannt, darf die Schubhaft bis zu[r] Entscheidung des unabhängigen Bundesasylsenates aufrecht erhalten werden. Darüber hinaus darf die Schubhaft nur aufrechterhalten werden, wenn der unabhängige Bundesasylsenat eine zurück- oder abweisende Entscheidung erlässt.

(6) Soll der Fremde länger als sechs Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das sechste Monat überschritten wurde, und danach alle acht Wochen vom örtlich zuständigen unabhängigen Verwaltungssenat von Amts wegen zu überprüfen. Die Behörde hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass den unabhängigen Verwaltungssenaten eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Dabei hat sie darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Der unabhängige Verwaltungssenat hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist.

(7) Die Behörde hat einen Fremden, der ausschließlich aus den Gründen des Abs3 oder 4 in Schubhaft anzuhalten ist, hievon unverzüglich schriftlich in Kenntnis zu setzen."

"9. Hauptstück

Besonderer Rechtsschutz

Beschwerde an den unabhängigen Verwaltungssenat

§82. (1) Der Fremde hat das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen,

1.

wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist;

2.

wenn er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005 angehalten wird oder wurde oder

              3.              wenn gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

(2) Die Beschwerde kann auch bei der Behörde eingebracht werden, der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist. Erfolgt die angefochtene Anhaltung in Vollziehung eines Schubhaftbescheides, kann die Beschwerde auch bei der Behörde eingebracht werden, die den Bescheid erlassen hat.

(3) Wird die Beschwerde bei der Behörde gemäß Abs2 eingebracht, hat diese dafür zu sorgen, dass sie, sofern die Anhaltung des Beschwerdeführers nicht schon vorher geendet hat, dem unabhängigen Verwaltungssenat spätestens zwei Werktage nach dem Einlangen vorliegt. Die Behörde, die den Beschwerdeführer anhält, hat dem unabhängigen Verwaltungssenat das Ende der Anhaltung während des Beschwerdeverfahrens unverzüglich mitzuteilen.

(4) Hat die Anhaltung des Fremden hingegen schon vor Ablauf der Frist des Abs3 geendet, ist die Behörde gemäß Abs2 verpflichtet, die Beschwerde dem unabhängigen Verwaltungssenat ohne unnötigen Aufschub vorzulegen."

"Entscheidung durch den unabhängigen Verwaltungssenat

§83. (1) Zur Entscheidung über die Beschwerde ist der unabhängige Verwaltungssenat zuständig, in dessen Sprengel der Beschwerdeführer festgenommen wurde.

(2) Über die Beschwerde entscheidet der unabhängige Verwaltungssenat durch eines seiner Mitglieder. Im übrigen gelten die §§67c bis 67g sowie 79a AVG mit der Maßgabe, dass

1.

eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, und

2.

die Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates über die Fortsetzung der Schubhaft binnen einer Woche zu ergehen hat, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet.

(3) Hat der unabhängige Verwaltungssenat dem Beschwerdeführer gemäß §13 Abs3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist des Abs2 Z2 bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(4) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden."

"Übergangsbestimmungen

§125. (1) Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung, die bei In-Kraft-Treten dieses Bundesgesetzes anhängig sind, sind nach dessen Bestimmungen weiterzuführen.

(2) Schubhaftbescheide nach dem Fremdengesetz 1997 gelten ab 1. Jänner 2006 als nach diesem Bundesgesetz erlassen. Die Schubhaft eines Fremden, die vor dem 31. Dezember 2005 begonnen hat und ohne Unterbrechung danach fortgesetzt wird, darf insgesamt nicht länger aufrechterhalten werden, als nach diesem Bundesgesetz zulässig ist.

(3) Aufenthaltsverbote, deren Gültigkeitsdauer bei In-Kraft-Treten dieses Bundesgesetzes noch nicht abgelaufen sind, gelten als nach diesem Bundesgesetz erlassene Aufenthaltsverbote mit derselben Gültigkeitsdauer. Besteht gegen einen Fremden, der am 1. Jänner 2006 Asylwerber ist, ein Aufenthaltsverbot, so gilt dieses Aufenthaltsverbot als Rückkehrverbot.

(4) Aufenthaltsverbote, die beim Verwaltungsgerichtshof oder beim Verfassungsgerichtshof angefochten sind, treten mit In-Kraft-Treten dieses Bundesgesetzes außer Kraft, sofern der angefochtene Bescheid nicht auch in den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes eine Grundlage fände. In diesen Fällen ist die Beschwerde als gegenstandslos zu erklären und das Verfahren ohne vorherige Anhörung des Beschwerdeführers einzustellen. Mit dem Beschluss über die Gegenstandslosigkeit der Beschwerde tritt in diesen Fällen auch der Bescheid erster Instanz außer Kraft. Solchen Aufenthaltsverboten darf für Entscheidungen, die nach In-Kraft-Treten dieses Bundesgesetzes getroffen werden sollen, keine nachteilige Wirkung zukommen.

(5) Bescheide, mit denen nach dem Fremdengesetz 1997 die Durchsetzung eines Aufenthaltsverbotes aufgeschoben wurde, behalten ihre Gültigkeit bis zum festgesetzten Zeitpunkt.

(6) Die vor In-Kraft-Treten dieses Bundesgesetzes erteilten Visa behalten ihre Gültigkeit bis zum festgesetzten Zeitpunkt.

(7) Die vor In-Kraft-Treten dieses Bundesgesetzes ausgestellten Ausweise für Träger von Privilegien und Immunitäten, Lichtbildausweise für Fremde und Lichtbildausweise für EWR-Bürger behalten ihre Gültigkeit bis zum festgesetzten Zeitpunkt.

(8) Am 1. Jänner 2006 bestehende Ermächtigungen gemäß §110 Abs2 des Bundesgesetzes über die Einreise und den Aufenthalt und die Niederlassung von Fremden - FrG, BGBl. I Nr. 75/1997 gelten als nach §4 Abs1 erlassene Verordnungen und sind kundzumachen.

(9) Für am 31. Dezember 2005 bei einer Sicherheitsdirektion anhängige Verfahren nach dem Fremdengesetz 1997, für die mit 1. Jänner 2006 gemäß §9 die Zuständigkeit eines unabhängigen Verwaltungssenates begründet wird, beginnt die Frist gemäß §73 AVG am 1. Jänner 2006 neu zu laufen."

III. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Verfahrenshilfe liegen vor; die Verfahrenshilfe war daher zu gewähren.

IV. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Zur Rechtslage:

Mit 1. Jänner 2006 ist das AsylG 2005 - zeitgleich mit dem FPG - in Kraft getreten. §75 Abs1 AsylG 2005 sieht vor, dass alle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des AsylG 1997 zu Ende zu führen sind. Weiters wird angeordnet, dass §44 AsylG 1997 gilt, der seinerseits Übergangsbestimmungen enthält.

Gemäß §125 Abs1 FPG sind Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung, die bei Inkrafttreten des FPG anhängig sind, nach den Bestimmungen des FPG weiterzuführen. In §125 Abs2 FPG hat der Gesetzgeber die Anordnung getroffen, dass alle nach dem Fremdengesetz 1997 erlassenen Schubhaftbescheide ab 1. Jänner 2006 als nach dem FPG erlassen gelten.

Der Bescheid, mit dem die Bezirkshauptmannschaft Baden gemäß §76 Abs2 Z4 FPG die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung angeordnet hat, wurde am 10. Jänner 2006 - sohin nach Inkrafttreten des FPG - erlassen.

Der angefochtene Bescheid wurde daher zu Recht auf §76 Abs2 Z4 FPG gestützt.

2. Zur Verfassungsmäßigkeit des §76 Abs2 Z4 FPG:

2.1. Vorauszuschicken ist, dass Art1 des Bundesverfassungsgesetzes vom 29. November 1988 über den Schutz der persönlichen Freiheit den verfassungsrechtlichen Rahmen vorgibt, in dem der Gesetzgeber - unter Beachtung spezifischer Anforderungen - Freiheitsentziehungen vorsehen kann. Wesentlich dabei ist - neben der Subsumtion unter einen der Tatbestände des Art2 - die Beachtung des in Art1 Abs3 normierten Prinzips der Verhältnismäßigkeit.

Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist - wie auch Kopetzki zutreffend ausführt - insbesondere bei Regelungen über bzw. bei Verfügungen von präventiven Freiheitsentziehungen zu beachten.

Kopetzki führt zu Art1 des Bundesverfassungsgesetzes vom 29. November 1988 über den Schutz der persönlichen Freiheit Folgendes aus (vgl. Kopetzki in Korinek/Holoubek [Hrsg.], Österreichisches Bundesverfassungsrecht, Rz 65):

"Art 1 Abs3 PersFrG richtet sich an Gesetzgebung und Vollziehung, bedient sich dabei aber unterschiedlicher Formulierungen: Der Gesetzgeber darf einen Freiheitsentzug nur vorsehen, wenn dies im Hinblick auf seinen Zweck 'notwendig' ist. Die Prüfung der Notwendigkeit schließt jene Teilelemente der Eignung, Erforderlichkeit und Angemessenheit des Eingriffs ein, die den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ausmachen. Auf diese Weise kann jede gesetzliche Ermächtigung zum Freiheitsentzug daraufhin geprüft werden, ob zum Schutz eines bestimmten Rechtsguts gerade der Einsatz freiheitsentziehender Mittel erforderlich ist."

2.2. Mit der (Neu)Regelung des §76 Abs2 Z4 FPG ermächtigt der Gesetzgeber die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde, über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß §10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung anzuordnen, wenn aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.

Der Wortlaut des §76 Abs2 Z4 FPG stellt also darauf ab, dass die Schubhaft bereits verhängt werden kann, wenn (bloß) "anzunehmen" ist, dass der Antrag des Fremden mangels Zuständigkeit Österreichs zurückgewiesen werden wird; die in Rede stehende Bestimmung erlaubt sohin zum ehest möglichen Zeitpunkt - nämlich unmittelbar nach Stellung des Asylantrags durch den Fremden - dessen Inschubhaftnahme. Dadurch ermöglicht es der Gesetzgeber den zuständigen Behörden, - auf Basis einer ersten Einschätzung - die Konsequenz eines späteren Verfahrensergebnisses (Ausweisung gemäß §10 AsylG 2005 oder Abschiebung) durch die Anordnung der Schubhaft zu sichern.

2.3. In den Erläuternden Bemerkungen zu §76 FPG wird wörtlich Folgendes ausgeführt (vgl. 952 BlgNR, XXII. GP, S 103 f.):

"In dieser Bestimmung werden jene Fälle zusammengefasst, in denen die Verhängung der Schubhaft zulässig ist. Hiebei geht es um den Gesichtspunkt der Sicherung der erforderlichen Maßnahmen. So wie bisher ist die Verhängung der Schubhaft nur mit Bescheid zulässig. In diesem Bescheid hat die Sicherheitsbehörde darzulegen, inwiefern die Haft notwendig ist, um den Sicherungszweck zu erreichen. Sie hat insbesondere darauf Bedacht zu nehmen, dass die Schubhaft im Verfahren zur Erlassung einer Ausweisung jene Maßnahme ist, die den Rückgriff auf das Mandat im 'Hauptverfahren' ausschließt. Der im §57 AVG genannten 'Gefahr im Verzug' ist in Verfahren zum bescheidmäßigen Entzug der Aufenthaltsberechtigung (Ausweisung und Aufenthaltsverbot) durch Verhängung der Schubhaft zu begegnen. Es kommt daher die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung im Mandatsverfahren nicht in Betracht.

Die in den Abs3 und 4 getroffenen Regelungen stellen zwei weitere Parallelen zum gerichtlichen Haftrecht dar. So wie beim richterlichen Haftbefehl, aber auch wie bei dem Beschluss auf Verhängung der Untersuchungshaft soll es bei der Erlassung des Schubhaftbescheides zunächst zu keinem weitwendigen Verfahren kommen. Es wird davon ausgegangen, dass dann, wenn die Voraussetzungen zur Verhängung der Schubhaft als solche gegeben sind, stets auch Gefahr im Verzug im Sinne des §57 AVG vorliegt. Andernfalls wird weder die Notwendigkeit bestehen, ein Verfahren oder auch eine Außerlandesschaffung zu sichern. Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn sich der Betroffene bereits aus anderem Grund in Haft befindet. In diesen Fällen kann ohne weiters ein Ermittlungsverfahren zur Erlassung eines Schubhaftbescheides, dessen zeitliche Geltung mit dem Ende der vorgehenden Haft einsetzt, durchgeführt werden.

(...)

Stellt ein Asylwerber in der Schubhaft einen Asylantrag, so kann diese aufrechterhalten werden, auch wenn die Voraussetzungen von Abs2 nicht vorliegen. Für Zwecke des §80 Abs2 gilt diese Schubhaft nur nach §76 Abs2 verhängt, wenn die Voraussetzungen für die Verhängung der Schubhaft gegen Asylwerber vorliegen; dann gelten die Fristenregeln des §80 Abs2. Die Regel ist unbedingt erforderlich, um einen in Schubhaft angehaltenen Fremden nicht die Möglichkeit zu geben, durch die Asylantragstellung die Aufhebung der Schubhaft zu erzwingen.

Nach Erlassung der Schubhaft - auch wenn sie noch nicht vollzogen wird - richtet sich die Beschwerdemöglichkeit nach §82. Es spricht immer der zuständige unabhängige Verwaltungssenat über die - allenfalls weitere - Zulässigkeit der Schubhaft ab."

3.1. Anders als in §76 Abs1 FPG (arg.: "sofern dies notwendig ist, um das Verfahren [...] zu sichern") hat der Gesetzgeber in Abs2 leg.cit. keine ausdrückliche Regelung darüber getroffen, unter welchen Voraussetzungen die Anordnung der Schubhaft - abgesehen von der Subsumtion unter einen der in Z1 bis 4 geregelten Tatbestände - zulässig ist.

Dennoch ist aus folgenden Gründen davon auszugehen, dass der Gesetzgeber das durch Art1 (iVm Art2 Abs1) des Bundesverfassungsgesetzes vom 29. November 1988 über den Schutz der persönlichen Freiheit verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht, wonach "(n)iemand (...) aus anderen als den in diesem Bundesverfassungsgesetz genannten Gründen (...) festgenommen oder angehalten werden (darf)", bei der Regelung des §76 Abs2 Z4 FPG beachtet hat:

3.1.1. Der Gesetzgeber ist sichtlich davon ausgegangen, dass der in Art1 Abs3 des Bundesverfassungsgesetzes vom 29. November 1988 über den Schutz der persönlichen Freiheit verankerte Grundsatz der Verhältnismäßigkeit unmittelbar und im Einzelfall von den zuständigen Behörden zu berücksichtigen ist. Auch die oben zitierten Erläuternden Bemerkungen zu §76 FPG machen deutlich, dass das Gebot, wonach die Verhängung der Schubhaft notwendig sein muss, um das Verfahren zu sichern, vom Gesetzgeber nicht unterlaufen werden sollte (arg.:

"[...], wenn die Voraussetzungen zur Verhängung der Schubhaft als solche gegeben sind, [...]").

3.1.2. Der Gesetzgeber hat für alle Fälle der Schubhaft durch die Begrenzung der Haftdauer (§80 FPG) sowie das Gebot der Anwendung gelinderer Mittel (§77 FPG) eine klare Wertung iS des Bundesverfassungsgesetzes vom 29. November 1988 über den Schutz der persönlichen Freiheit vorgenommen.

In den Erläuternden Bemerkungen wird dazu im Wesentlichen Folgendes ausgeführt (vgl. 952 BlgNR, XXII. GP, S 104 f.):

"Zu §77:

Durch das Institut des gelinderen Mittels wird die Fremdenpolizeibehörde verpflichtet von der Anordnung der Schubhaft gegen Fremde Abstand zu nehmen, wenn sie Grund zur Annahme hat, dass der ursprüngliche Zweck der Anhaltung in Schubhaft auch auf andere Weise erreicht werden kann. Es wird der Behörde obliegen zu beurteilen, ob (...) der Fremde, gegen den die Schubhaft verhängt wird, dazu verhalten werden kann - so er in von der Behörde bestimmten Räumen Unterkunft nehmen darf - sich dem Verfahren zu stellen und gegebenenfalls dem Behördenauftrag gemäß in bestimmten Abständen zu melden. Ebenso ist bei Jugendlichen die Anwendung des gelinderen Mittels die Regel und die Vollstreckung der Schubhaft in Schubhafträumlichkeiten stellt die Ausnahme dar. (...)

Die Ergänzung der Schubhaft durch das Rechtsinstitut des gelinderen Mittels ist einerseits aus Aspekten der Menschrechte ein positives Signal, weil hiermit - so die Rahmenbedingungen gegeben sind - die Freiheitsbeschränkungen Fremder auf ein Mindestmaß reduziert werden können, und andererseits aus ökonomischen Erwägungen durchaus nicht zu vernachlässigen, weil die Kosten für die Unterbringung Fremder in einer 'zugewiesenen Unterkunft' wesentlich günstiger sind als der Vollzug von Schubhaft.

(...)"

"Zu §80:

In Abs1 wird den Fremdenpolizeibehörden auferlegt, auf eine Minimierung der Schubhaftdauer hinzuwirken und sodann die maximale Haftdauer auf grundsätzlich zwei Monate beschränkt. Jedenfalls ist die Schubhaft unabhängig von ihrer bisherigen Dauer aufzuheben, wenn sie für die Erreichung des Haftzweckes nutzlos geworden ist. Dies wird insbesondere dann der Fall sein, wenn - bereits nach Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung - eine Abschiebung aus faktischen oder rechtlichen Gründung auf Dauer oder auf unbestimmte Zeit nicht möglich ist.

(...)"

3.2. Zusammenfassend ist der Verfassungsgerichtshof daher der Auffassung, dass die in §76 Abs2 Z4 FPG festgelegte Ermächtigung im Lichte des aus dem Bundesverfassungsgesetz vom 29. November 1988 über den Schutz der persönlichen Freiheit erfließenden unmittelbar anwendbaren Gebots der Verhältnismäßigkeit auszulegen ist.

Dass es der Gesetzgeber - im Wissen um die Verpflichtung der Behörden, von der Anordnung der Schubhaft jedenfalls Abstand zu nehmen, wenn sie im Einzelfall nicht notwendig und verhältnismäßig ist (zur entsprechenden Verpflichtung der unabhängigen Verwaltungssenate vgl. auch VfSlg. 14.981/1997 und 17.288/2004, wonach "im Einzelfall eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit der Schubhaft erforderlich ist") - den vollziehenden Behörden (unter der nachprüfenden Kontrolle der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts) überlässt, die verfassungsrechtlich gebotene Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Sicherung des Verfahrens und der Schonung der persönlichen Freiheit des Betroffenen vorzunehmen, belastet die Regelung nicht mit Verfassungswidrigkeit.

3.3. Der Verfassungsgerichtshof hegt daher - mit Blick auf die gebotene verfassungskonforme Interpretation des §76 Abs2 Z4 FPG - keine Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit der in Rede stehenden Bestimmung.

4. Die Beschwerde ist im Ergebnis aber aus einem anderen Grund berechtigt:

4.1. Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander könnte im Hinblick auf die verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsvorschriften nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. zB VfSlg. 14.650/1996 und die dort angeführte Vorjudikatur) nur vorliegen, wenn die belangte Behörde bei Erlassung des angefochtenen Bescheides diesen Vorschriften fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder Willkür geübt hätte.

Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außer-Acht-Lassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg. 15.451/1999, 15.743/2000, 16.354/2001, 16.383/2001).

4.2. Neben dem Vorliegen eines "schwebenden" Ausweisungs- bzw. Auslieferungsverfahrens und der aufgrund bestimmter Tatsachen gerechtfertigten Annahme, "dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird", ist die Verhängung der Schubhaft über einen Asylwerber gemäß §76 Abs2 Z4 FPG nur zulässig, wenn die zuständige Fremdenpolizeibehörde von dem ihr eingeräumten Ermessen (arg.: "kann") im Lichte des in Art1 Abs3 des Bundesverfassungsgesetzes vom 29. November 1988 über den Schutz der persönlichen Freiheit festgelegten Gebots der Verhältnismäßigkeit Gebrauch macht.

Geht man sohin von der Verpflichtung der Behörden aus, von der Ermächtigung des §76 Abs2 Z4 FPG im Lichte des Bundesverfassungsgesetzes vom 29. November 1988 über den Schutz der persönlichen Freiheit Gebrauch zu machen, wäre auch der UVS - als Behörde, die darüber zu entscheiden hat, ob die Festnahme oder Anhaltung eines Fremden rechtmäßig war oder ist - verpflichtet gewesen, zu überprüfen und nachvollziehbar darzulegen, inwiefern die Anordnung und Aufrechterhaltung der Schubhaft über den Beschwerdeführer notwendig war, um den Sicherungszweck zu erreichen sowie Überlegungen darüber anzustellen, ob die Sicherung des Verfahrens auch durch die Anwendung gelinderer Mittel gemäß §77

Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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