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32 SteuerrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerwaltungsaktLeitsatz
EStG 1972; Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des KFZ-Pauschales gemäß §16 Abs1 Z6 EStG 1972 nicht gegeben; keine Verletzung im Eigentums- und im GleichheitsrechtSpruch
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1.1. Der Bf. ist Schuldirektor; er wohnt neben dem Schulgebäude. Jedenfalls seit dem Kalenderjahr 1974 hat er das KFZ-Pauschale gemäß §16 Abs1 Z6 EStG 1972 in Anspruch genommen.
Mit Bescheid vom 22. August 1979 forderte das Finanzamt für die Jahre 1974 bis 1978 einen Betrag von 11835 S an zuwenig bezahlter Lohnsteuer nach, da die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des KFZ-Pauschales nicht vorgelegen seien.
1.2. Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wurde mit Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, NÖ und Bgld., Z GA5-2245/79, als unbegründet abgewiesen.
2.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die auf Art114 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Unversehrtheit des Eigentums und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz geltend gemacht und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.
2.3. Die bel. Beh. hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde begehrt.
3. Der VfGH hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
3.1. Unter Hinweis auf die Erk. des VfGH VfSlg. 4930/1965 und 4958/1965 hält der Bf. der bel. Beh. entgegen, daß es sich bei den von ihm in Anspruch genommenen Werbungskosten gemäß §16 Abs1 Z6 EStG 1972 um Pauschbeträge handle, bei welchen vom Gesetz in Kauf genommen werde, daß bei vielen Steuerpflichtigen die der Pauschalierung zugrunde liegende Durchschnittsbetrachtung zu einer Überschreitung oder auch Unterschreitung der tatsächlichen Aufwendungen führe. Die Entfernung zwischen der Wohnung und der Arbeitsstätte spiele nach §16 Abs1 Z6 EStG 1972 nur für die Höhe des zustehenden Pauschbetrages bei einer Fahrtstrecke über oder unter 20 km eine Rolle, eine Mindestentfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte werde im Gesetz demgegenüber nicht vorgeschrieben. Es sei daher denkunmöglich, Erwägungen darüber anzustellen, ob die Zurücklegung der Strecke von der Wohnung zur Arbeitsstätte zweckmäßigerweise oder üblicherweise mit einem privaten KFZ erfolge. Der angefochtene Bescheid verletze den Bf. somit im Eigentumsrecht.
Die bel. Beh. habe im angefochtenen Bescheid zusätzlich dem Gesetz einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt. Der Bf. benütze nämlich tatsächlich sein KFZ, um seine Arbeitsstätte zu erreichen, was bei sachlicher, den gesetzlichen Kriterien entsprechender Beurteilung - wie bei jeder anderen Entfernung ohne Rücksicht auf die beim Bf. konkret gegebene Distanz zwischen Wohnung und Arbeitsstätte - als anspruchsbegründend für das KFZ-Pauschale zu werten sei.
3.2.1. Der angefochtene Bescheid greift in das Eigentumsrecht ein. Dieser Eingriff wäre nach der ständigen Judikatur des VfGH (zB VfSlg. 8776/1980, 9014/1981) dann verfassungswidrig, wenn der ihn verfügende Bescheid ohne jede Rechtsgrundlage ergangen wäre oder auf einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage beruhte oder wenn die Behörde bei Erlassung des Bescheides eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Rechtsgrundlage in denkunmöglicher Weise angewendet hätte, ein Fall, der nur dann vorläge, wenn die Behörde einen so schweren Fehler begangen hätte, daß dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre.
Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH (zB VfSlg. 8823/1980, 9186/1981) nur vorliegen, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat.
3.2.2. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die im Beschwerdefall angewendeten Rechtsgrundlagen hat der Bf. nicht vorgebracht; solche Bedenken sind auch nicht entstanden (zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit des §16 Abs1 Z6 EStG 1972 wird auf die Erk. VfSlg. 4930/1965 und 4958/1965 verwiesen, die zu dem als Vorläuferbestimmung zu wertenden §9 Abs1 Z4 EStG 1953 idF BGBl. 69/1957 ergangen sind). Eine Verletzung des Eigentumsrechtes käme daher nur im Falle einer denkunmöglichen Gesetzesanwendung in Frage, eine Verletzung des Gleichheitsrechtes läge nur vor, wenn die Behörde dem Gesetz einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder Willkür geübt hätte. All dies liegt jedoch offensichtlich nicht vor.
3.2.3. Die bel. Beh. verweist im angefochtenen Bescheid auf die Erk. des VwGH vom 29. November 1965, Z 1281/65, und vom 19. Feber 1975, Z 1460/73, in welchen festgestellt worden sei, daß als unabdingbare Voraussetzung für die Gewährung des KFZ-Pauschales überhaupt die Möglichkeit bestehen müsse, das KFZ für die Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu benützen. Hiezu müsse beachtet werden, daß immer nur der kürzest mögliche Weg zwischen Wohnung und Arbeitsstätte für die Begünstigung nach §16 Abs1 Z6 EStG 1972 in Betracht komme. Wende man diese Grundsätze in der Rechtssache des Bf. an, so ergebe sich folgendes Bild:
Das Wohnhaus und das Schulhaus (die Arbeitsstätte des Bf.) seien aneinandergebaut, jedoch durch verschiedene Eingänge zu betreten. Die Garage befinde sich neben dem Wohnhauseingang. Unter diesen Umständen könne wohl nicht ernstlich behauptet werden, daß der Bf. die Strecke zwischen seinem Wohnhaus und seiner Arbeitsstätte mit dem KFZ fahre, obwohl dies wesentlich zeitaufwendiger sei, als zum Schulgebäude zu Fuß zu gehen. Hinzu komme noch, daß ein solches Verhalten auch vom wirtschaftlichen Standpunkt unsinnig wäre, in welchem Zusammenhang auf §22 BAO zu verweisen sei. Demnach liege ein Mißbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten vor, wenn ein nach bürgerlichem Recht ungewöhnlicher Weg zur Erreichung eines bestimmten Zieles gewählt werde, um damit einen abgabenrechtlichen Erfolg zu erreichen, der bei normaler und üblicher Gestaltung nicht verwirklicht worden wäre und dem für die Gestaltung wirtschaftliche oder sonst beachtliche Gründe fehlten, sodaß der beschrittene Weg ohne das Ziel der Abgabenersparnis einfach unverständlich wäre.
3.2.4. Der VfGH kann nicht finden, daß der bel. Beh. wegen dieser Gesetzesauslegung der Vorwurf einer denkunmöglichen Gesetzesanwendung zu machen sei oder daß hiedurch §16 Abs1 Z6 EStG ein gleichheitswidriger Inhalt unterstellt worden wäre. Wenn sich der Bf. mit seinen Vorwürfen auf die Erk. des VfGH VfSlg. 4930/1965 und 4958/1965 beruft, aus welchen hervorgehe, daß ein Pauschale notwendigerweise von einer Durchschnittsbetrachtung ausgehe, sodaß es eine erhebliche Anzahl von Erwerbstätigen geben müsse, für die der Pauschalbetrag mehr als kostendeckend sei, so versteht er die Aussagen des VfGH nicht richtig. Mit den zitierten Erk. wird keineswegs verneint, daß die Inanspruchnahme des KFZ-Pauschales, wie dies der VwGH in der von der bel. Beh. zitierten Judikatur ausspricht, an die Voraussetzung geknüpft wäre, daß überhaupt eine sinnvolle Möglichkeit besteht, das KFZ zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu benützen. Die Vertretbarkeit einer Auslegung, die solches voraussetzt, leitet sich vielmehr ohne Zwang aus dem Wortlaut des §16 Abs1 Z6 EStG 1972 ab, wonach die Pauschbeträge zur Abgeltung der Mehraufwendungen festgesetzt werden, die dadurch entstehen, daß anstelle der Massenbeförderungsmittel ein eigenes KFZ benutzt wird. Der VwGH hat mit Erk. vom 30. Mai 1984, Z 82/13/0243, aus dieser Wortwahl abgeleitet, daß neben dem KFZ-Pauschale auch die fiktiven Aufwandskosten mit einem Massenbeförderungsmittel als Werbungskosten in Betracht kämen, wobei er an das Erk. VwSlg. 4452 F/1972 anknüpft, in dem ausgesagt wird, daß es allerdings Sache des Abgabenpflichtigen ist, die fiktiven Fahrtkosten des Massenbeförderungsmittels im Verwaltungsverfahren darzulegen.
Der VfGH sieht keine Veranlassung, diesen Aussagen aus verfassungsrechtlichen Gründen entgegenzutreten.
Das Verfahren hat auch keinerlei Anhaltspunkte dafür ergeben, daß die bel. Beh. Willkür geübt hätte.
Eine Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Unversehrtheit des Eigentums und auf Gleichbehandlung aller Staatsbürger vor dem Gesetz liegt somit nicht vor.
3.3. Das Verfahren hat auch nicht ergeben, daß der Bf. in sonstigen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde. Angesichts der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen ist es auch ausgeschlossen, daß er in seinen Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt wurde.
Die Beschwerde war daher abzuweisen.
Schlagworte
Einkommensteuer, KFZ-PauschaleEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1984:B429.1980Dokumentnummer
JFT_10159076_80B00429_00