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L6 Land- und ForstwirtschaftNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerwaltungsaktLeitsatz
Oö. GVG; Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung zum Verkauf zweier Grundstücke gemäß §4 Abs1 mangels Gewährleistung ordnungsgemäßer Bewirtschaftung wegen der Entfernung der Kaufgrundstücke; keine denkunmögliche, Willkür indizierende Gesetzeshandhabung; kein Entzug des gesetzlichen Richters durch bloßes Zuwiderhandeln gegen Verfahrensvorschriften; kein Eingriff in die Freiheit der Erwerbsausübung und der BerufswahlSpruch
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Mit dem im Instanzenzug erlassenen Bescheid vom 18. Oktober 1977 versagte die Landesgrundverkehrskommission beim Amt der Oö. Landesregierung dem Bf. als Käufer die grundverkehrsbehördliche Genehmigung zum Erwerb zweier Wiesengrundstücke im Ausmaß von zusammen rund 26000 Quadratmeter in P. Sie begründete diese Entscheidung im wesentlichen folgendermaßen: Auszugehen sei vom Inhalt des Antrages an die Bezirksgrundverkehrskommission um die Genehmigung des Rechtsgeschäftes. In diesem Antrag sei ausgeführt worden, daß der Käufer das "S-Gut" in H gekauft habe und nunmehr selbst bewirtschafte. Das Schwergewicht liege auf einer intensiven Viehhaltung. Zwanzig Großvieheinheiten seien die derzeit mögliche Kapazität. Aus dem Bericht der Bezirksbauernkammer ergebe sich, daß der Käufer das "S-Gut" vor einigen Jahren tatsächlich gekauft habe, daß er aber bisher dieses Gut nicht selbst bewirtschafte. In der Berufung werde dieser Sachverhalt nicht bestritten, sondern ausgeführt, die Bewirtschaftung des "S-Gutes" sei bisher nicht möglich gewesen, weil erst die Umbauarbeiten am Wirtschaftsgebäude beendet sein müßten. In der Zwischenzeit sei zwei Bauern gestattet worden, das Gras abzumähen. Tatsache sei sohin, daß der Käufer, der selbst nicht Landwirt sei, das von ihm in H gekaufte Gut bisher nicht selbst bewirtschaftet habe. Es könne daher derzeit nicht endgültig beurteilt werden, ob er jemals dieses Gut selbst bewirtschaften werde. Die von ihm in der Berufung vorgelegten Urkunden deuteten zwar in diese Richtung, reichten aber nicht aus, um verläßlich schließen zu können, der Käufer werde in Zukunft dieses Gut selbst landwirtschaftlich nutzen. Abgesehen davon sei aber zu berücksichtigen, daß das Kaufobjekt von dem Gut des Käufers in H so weit entfernt ist, daß eine ordnungsgemäße Bewirtschaftung schon aufgrund der Entfernung zwischen H und P nicht gewährleistet erscheine. Das Rechtsgeschäft verstoße daher schon aus diesem Grund gegen das öffentliche Interesse an der Erhaltung landwirtschaftlicher Nutzflächen.
Ein wesentliches Kriterium für die Genehmigung eines Rechtsgeschäftes nach den Vorschriften des Oö. Grundverkehrsgesetzes 1975, LGBl. 53, (im folgenden: Oö. GVG) sei die Selbstbewirtschaftung. Diese scheine im vorliegenden Fall nicht gesichert, weil das Grundstück von dem Betrieb des Käufers in H zu weit entfernt ist, um von dort ordnungsgemäß mitbewirtschaftet zu werden, andererseits habe aber der Käufer in P keine Voraussetzungen, wie etwa eine Hofstelle, um das Kaufobjekt selbständig bewirtschaften zu können. Werde es aber verpachtet, so widerspreche dies dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung und Stärkung eines leistungsfähigen Bauernstandes und auch an der Erhaltung und Schaffung eines wirtschaftlich gesunden mittleren und kleinen landwirtschaftlichen Grundbesitzes.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in welcher der Bf. die Verletzung näher bezeichneter verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte behauptet und die Aufhebung des Bescheides begehrt.
II. Der VfGH hat über die Beschwerde erwogen:
1. Vorweg ist festzuhalten, daß das Beschwerdeverfahren keinen Anhaltspunkt für die Annahme ergab, der angefochtene Bescheid beruhe auf verfassungsrechtlich bedenklichen Rechtsgrundlagen; auch der Bf. machte dies nicht geltend. Demnach könnte eine im verfassungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren wahrzunehmende Rechtswidrigkeit des Bescheides nur im Fall eines in die Verfassungssphäre reichenden Fehlers beim Vollzug der herangezogenen Rechtsvorschriften vorliegen. Die in diese Richtung gehenden Beschwerdebehauptungen sind jedoch nicht stichhältig.
2. §4 Oö. GVG bestimmt in seinem Abs1 ua., daß Rechtsgeschäfte den öffentlichen Interessen an der Erhaltung land- oder forstwirtschaftlicher Nutzflächen entsprechen müssen, und ordnet im Abs4 dieses Paragraphen an, daß Rechtsgeschäfte nicht genehmigt werden dürfen, die (insbesondere) den Voraussetzungen gemäß Abs1 nicht entsprechen. Die Landesgrundverkehrskommission erachtete - wie schon in der Sachverhaltsdarstellung erwähnt wurde - die eben hervorgehobene allgemeine Genehmigungsvoraussetzung des §4 Abs1 bereits wegen der Entfernung der Kaufgrundstücke vom "S-Gut" für nicht gegeben, wozu - unter Zugrundelegung des eigenen Vorbringens des Bf. - anzumerken ist, daß die landwirtschaftliche Nutzfläche des "S-Gutes" 10 ha und die Entfernung der Kaufgrundstücke davon 30 km beträgt. Der VfGH ist nun der Meinung, daß der aus diesen tatsächlichen Verhältnissen von der bel. Beh. gezogene Schluß, die ordnungsgemäße Bewirtschaftung der Grundstücke sei nicht gewährleistet, ebenso denkmöglich ist wie ihre darauf aufbauende Annahme, daß die genannte Genehmigungsvoraussetzung nicht erfüllt sei. Bei dieser Lage des Falles kann nicht davon gesprochen werden, daß die Grundverkehrsbehörde (wie es dagegen eine denkunmögliche Gesetzeshandhabung indizieren würde) willkürlich und damit dem Gleichheitsgebot zuwider vorgegangen wäre (s. dazu im allgemeinen zB VfSlg. 9015/1981). Auch der vom Bf. betonte Umstand, daß die bel. Beh. ihre Schlußfolgerung ohne Einholung eines landwirtschaftlichen Sachverständigengutachtens gezogen hat, kann zu keiner anderen Beurteilung führen, denn es muß der Landesgrundverkehrskommission, der im übrigen von Gesetzes wegen ein landwirtschaftlicher Fachmann angehört (§18 Abs4 lite Oö. GVG), eine aus ihrer Praxis resultierende allgemeine Kenntnis landwirtschaftlicher Verhältnisse zugebilligt werden. Schließlich kann auch nicht gesagt werden, daß die vom Bf. im Verwaltungsverfahren vorgebrachten Argumente die Auffassung der Grundverkehrsbehörde in einer solchen Weise entkräften könnten, daß ihre - vom VfGH nicht auf ihre Richtigkeit zu prüfende - Ansicht als nicht mehr vertretbar zu werten wäre. Der Bf. führte nämlich im Verwaltungsverfahren zur Frage der Entfernung zwischen den Kaufgrundstücken und dem ihm gehörigen "S-Gut" ohne nähere Konkretisierung bloß aus, daß "auch die Entfernung zwischen Kaufobjekt und Hof kein Hindernis für den Erwerber (ist), da die Transportmöglichkeiten ohne weiteres gegeben sind und auch umgekehrt die kaufgegenständlichen Grundflächen auch als Weideland verwendet werden können". Die von ihm nunmehr in der Beschwerde in diesem Zusammenhang vorgebrachten neuen Tatsachenumstände (zB daß "die feldfallenden Früchte an das nächste Lagerhaus verkauft und am Standort der Hofstatt wiederum angekauft werden können (vorausgesetzt, daß ein solches Fruchtanbot überhaupt besteht)") hätten jedoch bereits im Verwaltungsverfahren geltend gemacht werden können und sind sohin nicht geeignet, einen in die Verfassungssphäre reichenden Fehler der bel. Beh. nachzuweisen.
Da auch keine sonstigen Indizien für ein willkürliches Vorgehen der bel. Beh. bestehen, ist festzustellen, daß eine Verletzung des Gleichheitsrechtes nicht stattfand.
3. Der Bf. nimmt weiters ohne nähere Begründung oder Bezugnahme auf die Judikatur des VfGH den Standpunkt ein, daß ein Verstoß gegen Verfahrensvorschriften "in qualifizierter Weise" als Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter zu werten sei. Hiezu genügt es jedoch, ihn auf die ständige Rechtsprechung hinzuweisen, wonach das geltend gemachte Recht durch ein bloßes Zuwiderhandeln gegen Verfahrensvorschriften nicht verletzt wird (zB VfSlg. 7645/1975).
4. Der Bf. macht letztlich noch eine Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Freiheit der Erwerbsbetätigung nach Art6 Abs1 StGG sowie auf Freiheit der Berufswahl nach Art18 StGG geltend, übersieht aber, daß der bekämpfte Bescheid in diese Rechte nicht eingreift; der Bescheid untersagt dem Bf. weder den Antritt oder die Ausübung einer bestimmten Erwerbsbetätigung (s. dazu zB VfSlg. 8492/1979), noch beschränkt er ihn in der Wahl eines bestimmten Berufs (s. zB VfSlg. 5611/1967).
5. Da im Beschwerdeverfahren auch nicht hervorkam, daß der Bf. durch den angefochtenen Bescheid in anderen als den von ihm geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde, war die Beschwerde abzuweisen.
Schlagworte
VfGH / Prüfungsmaßstab, Grundverkehrsrecht, Verwaltungsverfahren, Beweise, Sachverständige, ErwerbsausübungsfreiheitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1984:B191.1978Dokumentnummer
JFT_10159074_78B00191_00