Index
37 Geld-, Währungs-und KreditrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerwaltungsaktLeitsatz
Devisengesetz; Nichterteilung devisenrechtlicher Bewilligungen; Bescheidcharakter eines solchen Schreibens der Österreichischen Nationalbank; keine in die Verfassungssphäre reichenden Mängel in der Bescheidbegründung; keine willkürliche Wertung des Vorhabens als Kapitaltransfer; keine willkürliche Annahme, daß ein solcher nachteilig sei; keine Verletzung des EigentumsrechtesSpruch
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. In der mit 20. Juni 1978 datierten Eingabe an die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) führte der (durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt einschreitende) Bf., ein Deviseninländer, aus, daß ihm aufgrund besonderer persönlicher Beziehungen in Aussicht gestellt worden sei, als Mitglied (Underwriter) bei "Lloyd's of London" zugelassen zu werden. Er legte sodann diese Tätigkeit im einzelnen unter Hinweis auf beigeschlossene Erläuterungen und Statistiken dar und stellte abschließend folgende Anträge:
"a) Herrn Dr. G H die Errichtung eines Akkreditivs für allfällige Risken bei zu maximal 100000 Pfund zu genehmigen,
b) die Bezahlung des Einschreibepauschales von 1900 Pfund und des Jahresbeitrages von 330 Pfund devisenrechtlich zu bewilligen.
Für die Zulassung als Underwriter ist meines Erachtens eine Genehmigung nicht erforderlich. Sollte seitens der Oesterreichischen Nationalbank aber die Auffassung vertreten werden, daß auch hiefür eine Genehmigung erforderlich sein sollte, wird auch die Erteilung dieser Genehmigung im Sinne der obigen Ausführungen beantragt."
Die OeNB erledigte dieses Begehren mit einem - nicht als Bescheid bezeichneten und auch die sonstigen Formerfordernisse eines Bescheides iS des AVG 1950 nicht enthaltenden - Schreiben an den für den Bf. einschreitenden Rechtsanwalt vom 2. August 1978 mit dem Betreff "Mitgliedschaft des Herrn Dr. G H, Wien, als Underwriter bei Lloyd's of London; Errichtung eines Akkreditivs für allfällige Risken bis zu maximal 100000 Pfund" und folgendem weiteren Wortlaut:
"Wir nehmen Bezug auf Ihren o. a. Antrag und teilen Ihnen mit, daß auch bei Würdigung Ihrer Argumente die im Gegenstand erforderlichen Bewilligungen nicht erteilt werden können.
Gemäß den Bestimmungen der Präambel zum Devisengesetz ist die Oesterreichische Nationalbank beauftragt, die vorhandenen und anfallenden Devisen zu erfassen und ihre Verwendung im Interesse der österreichischen Wirtschaft zu kontrollieren und zu lenken. Dies bedeutet, daß insbesondere im Hinblick auf die derzeitige Situation der Zahlungsbilanz Österreichs geprüft werden muß, ob Verfügungen über Devisen für die heimische Wirtschaft als sinnvoll angesehen werden können, zumal die Struktur der österreichischen Wirtschaft sowohl einen bedeutenden Bedarf nach dem Import lebenswichtiger Güter als auch die Notwendigkeit der Abstattung gegenüber dem Ausland eingegangener Kapitalverpflichtungen mit sich bringt und daher die ständige Verfügbarkeit ausreichender Devisenreserven gewährleistet sein muß. Die Erteilung der beantragten Bewilligungen ist nach diesen Überlegungen wegen der mit diesen Transaktionen verbundenen möglichen Belastung der österreichischen Zahlungsbilanz nicht vertretbar, zumal - ungeachtet der vorliegenden Statistiken - Rückschläge im internationalen Versicherungsgeschäft durchaus denkbar sind.
Außerdem halten wir fest, daß eine Kapitalsveranlagung durch einen Inländer im Ausland - um eine solche würde es sich bei dem in Rede stehenden finanziellen Engagement des Herrn Dr. H. letztlich handeln -, abgesehen von den in unserer Kundmachung DE 2/75 unter Abschnitt I, Pkt. A angeführten Fällen, grundsätzlich nicht bewilligt wird. Schließlich wiederholen wir unseren Hinweis, daß ein Abgehen von dieser Haltung weit über den Anlaßfall hinaus gehen und ein Präjudiz mit besonderer Breitenwirkung schaffen würde."
3. Dieses Schreiben ist Gegenstand der vorliegenden VfGH-Beschwerde, in welcher der Bf. eine Verletzung näher bezeichneter verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte geltend macht und die Bescheidaufhebung begehrt.
II. Der VfGH hat über die Beschwerde erwogen:
1. Die Prozeßparteien sind - obgleich die angefochtene Erledigung nicht ausdrücklich als Bescheid bezeichnet ist und auch die sonstigen Formerfordernisse eines Bescheides iS des AVG 1950 fehlen - übereinstimmend der Auffassung, daß das bekämpfte Schreiben als Bescheid iS des Art144 B-VG zu werten ist. Auch der VfGH ist dieser Auffassung und verweist auf sein insoweit einen gleichgelagerten Fall betreffendes Erk. VfSlg. 8761/1980.
2. Bei der gegebenen (und auch vom Bf. nicht in Zweifel gezogenen) verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der Rechtgrundlagen des angefochtenen Bescheides könnte die geltend gemachte Verletzung des Gleichheitsrechtes gemäß der ständigen Rechtsprechung des VfGH (s. zB VfSlg. 9186/1981) nur vorliegen, wenn die bel. Beh. einer angewendeten Rechtsvorschrift fälschlich einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie Willkür geübt hätte. Die in beide Richtungen erhobenen Beschwerdevorwürfe sind jedoch nicht gerechtfertigt.
a) Abschn. I Punkt A der Kundmachung der OeNB DE 5/71 (verlautbart im ABl. zur Wr. Zeitung Nr. 137 vom 17. Juni 1971 betreffend:
"Zahlungsverkehr mit dem Ausland") sieht in seinen (auch den Zahlungsverkehr mit Großbritannien regelnden) Z1 litb und Z2 litb folgendes vor:
"1. Inländern wird die generelle Bewilligung zur Übernahme von Geldverpflichtungen
...
b) aus sonstigen eigenen Schuldverpflichtungen, die nicht zum Zweck von Kapitalübertragungen übernommen werden,
...
gegenüber Ausländern mit Wohnsitz (Sitz) in multilateralen Mitgliedstaaten unter nachstehenden Bedingungen erteilt:
...
2. Inländern wird die generelle Bewilligung zur Leistung von Zahlungen zugunsten ausländischer Endbegünstigter mit Wohnsitz (Sitz) in einem multilateralen Mitgliedstaat
...
b) für die Abstattung von Geldverpflichtungen, deren Übernahme durch Z1 generell bewilligt wurde,
...
unter den Bedingungen erteilt, ...".
Der Bf. meint nun, daß die bel. Beh. diese Vorschriften gleichheitswidrig gehandhabt habe und begründet dies im wesentlichen folgendermaßen:
"Die Übernahme von Risken gegen Prämie ist weder Produktion, noch hat dieser Vertrag den Austausch von Waren zum Gegenstand, noch ist es Zweck der Verträge, Kapital zu übertragen. Es ist kein sachliches Unterscheidungsmerkmal zwischen der beabsichtigten Tätigkeit und den in litb genannten Schuldverpflichtungen, welche vom Verordnungsgeber selbst als Dienstleistungsverträge erläutert werden, zu sehen. Die bel. Beh. unterstellt daher der zitierten Bestimmung offenbar einen gleichheitswidrigen Inhalt, da sie trotz Fehlen eines Unterschiedes im Tatsächlichen (VfSlg. 4392) die vom Bf. beabsichtigte Erwerbstätigkeit nicht unter diese Bestimmung subsumiert."
Der VfGH kann der Ansicht des Bf. jedoch nicht beipflichten. Es ist nicht relevant, welche Gemeinsamkeiten die vom Bf. in Aussicht genommene Erwerbstätigkeit und die zu ihrer Aufnahme in Aussicht genommenen weiteren Handlungen (Akkreditiv, Einschreibepauschale, Jahresbeitrag) mit den bezogenen Verordnungsbestimmungen zu unterstellenden Schuldverpflichtungen haben, sondern ob Schuldverpflichtungen eingegangen werden, die - im Gegensatz zu den in der V umschriebenen - mit einer Kapitalübertragung einhergehen. Dies kann aber beim Eingehen von Verpflichtungen als Mitglied (Underwriter) einer Versicherungsorganisation besonderer Art dann nicht zweifelhaft sein, wenn es sich nicht um das Eingehen von Schuldverpflichtungen als Versicherer gegenüber einem Versicherungsnehmer handelt, sondern um Schuldverpflichtungen, welche die finanzielle Basis für die Aufnahme der Tätigkeit als Versicherer im Ausland schaffen und daher Kapitaltransfer sind. Demnach erweist sich der Beschwerdevorwurf als vom Ansatz her verfehlt, und es erübrigt sich, auf ihn noch weiter einzugehen.
b) Der bel. Beh. lastet der Bf. deshalb an, Willkür geübt zu haben, weil seiner Meinung nach der angefochtene Bescheid die (aus §58 Abs2 AVG iVm. §7 Abs1 NationalbankG erfließende) Pflicht zur Bescheidbegründung gröblich verletze. Der Bf. kritisiert, daß sowohl eine Darstellung des festgestellten Sachverhaltes völlig fehle als auch eine überprüfbare Beurteilung der Rechtsfrage; die Behörde setze sich "weder mit ihren eigenen Durchführungsverordnungen noch mit dem in ihren Statuten und in der Präambel zum Devisengesetz 1946 enthaltenen Gesetzesauftrag auseinander".
Der VfGH findet jedoch auch diesen Beschwerdevorwurf für nicht stichhältig und muß hiebei betonen, daß die vom Bf. aufgeworfenen Fragen im Ergebnis solche der richtigen Gesetzesanwendung sind, über die nicht der VfGH, sondern der (vom Bf. ebenfalls angerufene) VwGH zu erkennen hätte.
Zunächst ist festzuhalten, daß der maßgebende, von der bel. Beh. devisenrechtlich zu beurteilende Sachverhalt vom Bf. in seinem Antrag ausführlich ausgebreitet wurde. Infolge der ausdrücklichen Bezugnahme der bel. Beh. auf den Antrag steht somit der devisenrechtlich zu beurteilende Sachverhalt zumindest im Kernbereich fest, und es kann daher jedenfalls nicht der vom Bf. gezogenen extremen Schlußfolgerung über Mängel in der Darstellung des Sachverhaltes beigetreten werden.
Was den materiell-rechtlichen Teil der Begründung anlangt, ist der vom VfGH in seinem Erk. VfSlg. 7338/1974 eingenommene Standpunkt zu berücksichtigen, muß die Vorgangsweise der OeNB bei der Entscheidung über beantragte devisenbehördliche Bewilligungen durch die Präambel des DevisenG sowie §2 Abs2 bis 4 und §4 NationalbankG inhaltlich bestimmt ist. Die bel. Beh. ist in ihrem Bescheid auch ersichtlich von der Präambel des DevisenG sowie von §2 Abs2 NationalbankG (wonach die OeNB insbesondere die Aufgabe hat, für den Zahlungsausgleich mit dem Ausland Sorge zu tragen) ausgegangen, indem sie die in Aussicht genommene Tätigkeit des Bf. als "Kapitalveranlagung durch einen Inländer im Ausland" beurteilt und ihren grundsätzlichen devisenpolitischen Standpunkt zu einer Kapitalveranlagung im Ausland zur Vornahme von Versicherungsgeschäften dargelegt hat, und zwar sowohl fallbezogen auf den Antrag des Bf. (nämlich daß ungeachtet der von ihm vorgelegten Statistiken Rückschläge im internationalen Versicherungsgeschäft durchaus denkbar seien) als auch allgemein (nämlich wegen der von der OeNB angenommenen Konsequenz, daß bei Bewilligungserteilung an den Bf. gleichartige Anträge zu genehmigen wären). Man mag nun zwar der Meinung sein, daß eine solche Bescheidbegründung nicht den verhältnismäßig strengen Anforderungen des AVG 1950 entspricht. Nach Ansicht des VfGH ist es aber nicht bestreitbar, daß der wesentliche Inhalt der Auffassung, zu welcher die bel. Beh. in materiell-rechtlicher Hinsicht gelangte, der Bescheidbegründung zu entnehmen ist, nämlich die Wertung des Vorhabens als Kapitaltransfer und die grundsätzlich nur devisenpol. begründbare Aussage, daß ein derartiger Kapitaltransfer - auch allgemein gesehen - nachteilig ist. Der VfGH ist sohin der Meinung, daß ein besonders schwerwiegender, in die Verfassungssphäre reichender Fehler (s. dazu zB VfSlg. 9187/1981) nicht vorliegt, welcher die Annahme eines Willküraktes der OeNB erlaubte.
3. Die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums macht der Bf. mit folgenden Argumenten geltend:
"Art5 StGG garantiert die Unverletzlichkeit des Eigentums, wobei dieses Recht durch Satz 2 des genannten Gesetzes Einschränkungen erfährt. Unter diesen Gesetzesvorbehalt fällt auch die Beschränkung von aus dem Eigentum fließenden Berechtigungen (VfSlg. 7091), wie zB die des Rechtes, über sein Vermögen nach Belieben verfügen zu dürfen, durch das Devisengesetz. Die mit der Durchführung dieses Gesetzes betraute bel. Beh. hat mit als Durchführungserlässe bezeichneten Durchführungsverordnungen die Voraussetzungen generell normiert, bei deren Vorliegen die durch das Devisengesetz verfügte Eigentumsbeschränkung nicht stattfindet. Durch Nichtanwendung dieser Durchführungserlässe auf den vorliegenden, tatsächlich bereits liberalisierten Sachverhalt, ist der Bf. in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Eigentumsrecht verletzt."
Bei der - wie schon erwähnt - verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides könnte die der bel. Beh. angelastete Verletzung des Eigentumsrechtes gemäß der ständigen Rechtsprechung des VfGH jedoch nur stattgefunden haben, wenn die Behörde das Gesetz (im materiellen Sinn) in denkunmöglicher Weise angewendet hätte, ein Fall, der nur dann vorläge, wenn die Behörde einen so schweren Fehler begangen hätte, daß dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre (zB VfSlg. 9047/1981).
Einen derartigen Fehler macht der Bf. mit dem eben wiedergegebenen Vorbringen jedoch nicht geltend, und es tun die vorstehenden Ausführungen unter II./2. zugleich dar, daß auch von einer denkunmöglichen Gesetzeshandhabung nicht gesprochen werden kann.
4. Das Beschwerdeverfahren erbrachte auch keinen Anhaltspunkt für die Annahme, daß der Bf. aus nicht von ihm vorgebrachten Gründen in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder infolge Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in einem Recht verletzt worden wäre. Die Beschwerde war sohin abzuweisen.
Schlagworte
Devisenrecht, Nationalbank, BescheidbegründungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1984:B525.1978Dokumentnummer
JFT_10159074_78B00525_00