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L9 Sozial- und GesundheitsrechtNorm
B-VG Art83 Abs2Leitsatz
Sbg. Krankenanstaltenordnung; bescheidmäßige Gleichstellung einer nicht von einer Gebietskörperschaft verwalteten Krankenanstalt mit den Landeskrankenanstalten gemäß §43 Abs3; keine Parteistellung der durch den Gleichstellungsbescheid belasteten Sozialversicherungsträger in diesem Verfahren; kein Entzug des gesetzlichen RichtersSpruch
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1. Mit Bescheid der Sbg. Landesregierung vom 27. Mai 1977 wurde festgestellt, daß das von der Kongregation der Barmherzigen Schwestern vom heiligen Vinzenz von Paul betriebene Kardinal Schwarzenberg'sche aö. Krankenhaus Schwarzach i. PG aufgrund seiner Einrichtungen und seiner Funktion gemäß §43 Abs3 der Sbg. Krankenanstaltenordnung 1975, LGBl. 97, (künftig: KAO) als annähernd gleichwertig mit der Funktion und den Einrichtungen der Aö. Landeskrankenanstalten Sbg. anzusehen ist.
2.1. Mit Eingabe an das Amt der Sbg. Landesregierung vom 23. November 1979 machte der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger geltend, daß die durch den Gleichstellungsbescheid belasteten Sozialversicherungsträger weder gehört noch berücksichtigt worden seien. Auch der Hauptverband, dem gemäß §31 Abs2 ASVG die Wahrnehmung der allgemeinen Interessen der Sozialversicherungsträger und die Vertretung der Sozialversicherungsträger in gemeinsamen Angelegenheiten obliege, sei von diesem Verfahren ausgeschlossen gewesen. Er begehrt "die bescheidmäßige Feststellung seiner Parteieigenschaft bzw. der Parteieigenschaft der Sbg. Gebietskrankenkasse für Arbeiter und Angestellte sowie der sonstigen in Betracht kommenden Versicherungsträger".
2.2. Mit Bescheid der Sbg. Landesregierung vom 24. Jänner 1980, Z 3.06-54480/139-1979, wurde dem Feststellungsbegehren nicht stattgegeben und der Antrag vom 23. November 1979 gemäß §8 AVG iVm.
§43 Abs3 und §63 Abs1 KAO idF LGBl. 28/1979 als unbegründet abgewiesen.
3.1. Gegen diesen Bescheid wendet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger, in der die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter geltend gemacht und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.
3.2. Die bel. Beh. hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde begehrt.
4. Der VfGH hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
4.1. Die bel. Beh. verneint die Parteistellung der Bf. im angefochtenen Bescheid mit der Begründung, daß §43 Abs3 KAO nicht einmal ein Anhörungsrecht des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger bzw. der Sbg. Gebietskrankenkasse für Arbeiter und Angestellte und der sonstigen in Betracht kommenden Sozialversicherungsträger vorsehe. Es handle sich ausschließlich um wirtschaftliche Interessen; diesen komme jedoch nur dann ein rechtlicher Schutz zu, wenn das Gesetz einen solchen ausdrücklich einräume. Eine unmittelbare Verpflichtung der Sozialversicherungsträger zur Leistung höherer Pflegegebührenersätze werde durch einen Gleichstellungsbescheid nicht erwirkt, da §63 Abs1 KAO bestimme, daß die Leistung der Pflegegebührenersätze ausschließlich durch privatrechtliche Vereinbarung zu regeln sei. Die Höhe der Pflegegebührenersätze sei im Wege der freien Vereinbarung festzulegen. "Die Bestimmung des §43 Abs3 der Salzburger Krankenanstaltenordnung kommt ... insofern nicht mehr zum Tragen, als in der Fassung LGBl. Nr. 73/1979 normiert ist, daß die kostendeckenden Pflegegebühren nicht überschritten werden dürfen".
Hinsichtlich der Höhe sei auf §63 Abs2 KAO idF LGBl. 28/1979 zu
verweisen, wonach die Pflegegebührenersätze mit jedem 1. Jänner im
prozentuellen Ausmaß der Erhöhung der Beitragseinnahmen aller
Krankenversicherungsträger vom Vorjahr auf das laufende Jahr zu
erhöhen sind. "Wollte man ein rechtliches Interesse am Verfahren
betreffend die Feststellung der annähernden Gleichartigkeit des
Kardinal Schwarzenberg'schen aö. Krankenhauses ... mit der Funktion
und den Einrichtungen der Aö. Landeskrankenanstalten Salzburg
ableiten, müßte (man) konsequenterweise auch jedem selbstzahlenden
Patienten ... der durch die Erhöhung der Pflegegebühren zu höheren
Leistungen verpflichtet wurde, Parteistellung zuerkennen"
4.2. In der Beschwerde wird die Verletzung des Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter behauptet, weil der Bf. im Einvernehmen mit den in Betracht kommenden Krankenversicherungsträgern gemäß §63 Abs1 KAO mit den Rechtsträgern der Krankenanstalten privatrechtliche Verträge abzuschließen habe und hiebei gemäß §63 Abs13 KAO idF LGBl. 28/1979 für die Festsetzung der Pflegegebührenersätze §43 Abs3 KAO sinngemäß gelte. Durch diese Verweisung erlange der Gleichstellungsbescheid unmittelbare rechtliche Wirkung für den Bf. und die in Betracht kommenden Krankenversicherungsträger, da in den abzuschließenden Verträgen keine niedrigeren Pflegegebührenersätze vereinbart werden dürfen, als für die aö. Krankenanstalten in Salzburg vorgesehen werde. Die "für das Jahr 1977 ausgesprochene Gleichstellung" wirke sich wegen der "ab 1978 geltenden Automatik für die weiteren Erhöhungen in einem besonderen Ausmaß aus". Wenn die bel. Beh. vermeine, daß bei Anerkennung eines rechtlichen Interesses des Bf. auch jedem selbstzahlenden Patienten Parteistellung zuerkannt werden müsse, übersehe sie den für Sozialversicherungsträger maßgeblichen §63 Abs1 und 13 leg. cit.; eine gleichartige Regelung bestehe für Patienten nicht. Diese Bestimmung bewirke eine unmittelbare Berührung der Rechtssphäre der Sozialversicherungsträger und begründe deren Parteistellung.
4.3. Das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter wird ua. dann verletzt, wenn eine Behörde in gesetzwidriger Weise ihre Zuständigkeit ablehnt, indem sie eine Sachentscheidung zu Unrecht verweigert (vgl. zB VfSlg. 9105/1981). Dies trifft, wie der VfGH in VfSlg. 9094/1981 ausgesprochen hat, auch auf den Fall zu, daß - wie hier - in einem abgesonderten Bescheid nur über die Parteistellung abgesprochen und diese mit bindender Wirkung für das Hauptverfahren, auf das sich die Parteistellung bezieht, verneint wird, sodaß im Hauptverfahren eine Sachentscheidung daher gar nicht mehr ergehen kann. Hätte die bel. Beh. demnach mit dem angefochtenen Bescheid die Parteistellung des Bf. zu Unrecht verneint, so hätte sie den Bf. im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt.
Die Frage, wer in einem konkreten Verwaltungsverfahren die Rechtsstellung einer Partei besitzt, kann - da sich aus §8 AVG allein noch nichts ergibt - nur aus dem Inhalt der in Betracht kommenden Vorschriften beurteilt werden (vgl. VfSlg. 5648/1967). Dies ist anhand der Rechtslage im Zeitpunkt der Erlassung des Gleichstellungsbescheides vom 27. Mai 1977 und nicht - wie die Parteien des Verfahrens vermeinen - aufgrund der im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides geltenden Rechtslage zu prüfen. Wäre nämlich die begehrte Feststellung durch die Rechtslage im Zeitpunkt der Erlassung des Gleichstellungsbescheides nicht gedeckt, so käme die Inanspruchnahme der Parteistellung durch die Bf. aufgrund einer nachfolgenden Änderung der Rechtslage schon zufolge der bereits eingetretenen Rechtskraft des Gleichstellungsbescheides nicht in Frage; welche Wirkungen mit einer rückwirkenden Änderung der Rechtslage iZm. der hier behandelten Frage verbunden sein könnten, erübrigt sich zu erörtern, da ein solcher Fall nicht vorliegt. Maßgeblich ist - da durch die Nov. LGBl. 40/1976 nur eine für den Beschwerdefall unerhebliche Neuregelung des §53 verfügt wurde - demnach die KAO idF LGBl. 97/1975.
Nach §43 Abs1 KAO sind die Pflege- und Sondergebühren bei öffentlichen Krankenanstalten durch V der Landesregierung festzusetzen.
Nach Abs3 leg. cit. dürfen Pflege- und Sondergebühren einer öffentlichen Krankenanstalt, die nicht von einer Gebietskörperschaft verwaltet wird, nicht niedriger sein als die Pflege- und Sondergebühren der nächstgelegenen, von einer Gebietskörperschaft betriebenen, gleichartigen oder annähernd gleichwertigen öffentlichen Krankenanstalt.
Darüber, ob Gleichartigkeit oder annähernde Gleichwertigkeit vorliegt, hat nach dem für den Beschwerdefall maßgeblichen letzten Satz des §43 Abs3 über Antrag die Landesregierung zu entscheiden. Die Bestimmung enthält jedoch keine Anordnung, wem in einem derartigen Verfahren Parteistellung zukommt. Zu untersuchen ist daher, welche Bedeutung einem Gleichstellungsbescheid für den Bf. zukommt. Dies ist, wie der Bf. richtig erkennt, aus der Regelung des §63 KAO zu erschließen.
Nach §63 Abs1 KAO ist das Ausmaß der von den Trägern der Sozialversicherung an die Rechtsträger der Krankenanstalten zu entrichtenden Pflegegebührenersätze ausschließlich durch privatrechtliche Verträge zu regeln, die gemäß §16 Abs2 Z4 KAO bei sonstiger Rechtsunwirksamkeit der Genehmigung der Landesregierung bedürfen.
Abs3 des §63 leg. cit. bestimmt für den Fall, daß nach Auflösung eines Vertrages ein neuer Vertrag innerhalb von zwei Monaten nicht zustande kommt, daß auf Antrag über die dem Vertragsabschluß entgegenstehenden Streitfälle eine Schiedskommission entscheidet; betrifft die Entscheidung der Schiedskommission die zu vereinbarenden Pflegegebühren, so sind diese so zu bestimmen, daß sie 80 vH der jeweils geltenden, nach §43 festgesetzten Pflegegebühren in der allgemeinen Gebührenklasse der Krankenanstalt nicht übersteigen und 60 vH nicht unterschreiten. Die Entscheidung ist sodann von den Streitteilen dem Vertrag zugrunde zu legen, insoweit darf die Genehmigung von der Landesregierung nicht versagt werden (Abs8). Für die Festsetzung der Pflegegebührenersätze an Rechtsträger öffentlicher Krankenanstalten, die nicht von einer Gebietskörperschaft verwaltet werden, gilt §43 Abs3 KAO sinngemäß (Abs9 des §63 leg. cit.).
Für einen Rechtsstreit über die Gleichartigkeit oder annähernde Gleichwertigkeit von Anstalten bleibt in Verfahren gemäß §63 Abs7 bis 9 KAO im Hinblick auf die - allein maßgebliche - V nach §43 Abs1 KAO über die Pflege- und Sondergebühren somit kein Raum.
Gegen die Entscheidung der Schiedskommission können aber die Streitteile die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts anrufen; in diesem Verfahren steht es den Streitparteien frei, Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit der V geltend zu machen. Eine gleiche Möglichkeit besteht, wenn einer gemäß §63 Abs1 KAO frei abgeschlossenen Vereinbarung von der Landesregierung die Genehmigung nach §16 Abs2 Z4 versagt wird. In einem Verfahren nach Art139 B-VG ist eine Überprüfung der V auch in Richtung auf die durch die Gleichartigkeit von Krankenanstalten bedingte Höhe der Pflegegebühren möglich. Der Gleichstellungsbescheid steht einer solchen Prüfung nicht entgegen.
Das erweist, daß der Gleichstellungsbescheid für die Rechtssphäre des Bf. keine rechtliche Verbindlichkeit besitzt.
Demnach hat die bel. Beh. dem Bf. im Verfahren über die Gleichstellung die Parteistellung zu Recht versagt.
Da der Antrag des Bf. somit zu Recht abgewiesen worden ist, ist der Bf. im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter nicht verletzt. Angesichts der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der die Zurückweisung tragenden Rechtsvorschriften ist es damit auch ausgeschlossen, daß er in anderen Verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt worden wäre (vgl. zB VfSlg. 8741/1980).
4.4. Die Beschwerde war daher abzuweisen.
Schlagworte
Feststellungsbescheid, Bescheiderlassung, Verwaltungsverfahren, Anhörungsrecht (einer Partei), KrankenanstaltenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1984:B91.1980Dokumentnummer
JFT_10159073_80B00091_00