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66 SozialversicherungNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerwaltungsaktBeachte
Anlaßfall zu VfSlg. 10043/1984Leitsatz
GSVG; Ermittlung der Beitragsgrundlage; Verletzung im Gleichheitsrecht infolge Anlaßfallwirkung der Aufhebung der Worte "auf eine vorzeitige Abschreibung" in §25 Abs1 als gleichheitswidrigSpruch
Der Bescheid wird aufgehoben.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Bf. betrieb aufgrund einer ihr ausgestellten Konzession bis 7. Mai 1980 das Platzfuhrwerksgewerbe und war als Mitglied der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Wien gemäß §2 Abs1 Z1 GSVG pflichtversichert.
Im Jahre 1977 nahm sie bei der Veranlagung zur Einkommensteuer von den Anschaffungskosten eines für den Betrieb angeschafften Wirtschaftsgutes des Anlagevermögens (und zwar Ersatz ihres Taxifahrzeuges nach Totalschaden des bisherigen Fahrzeuges) neben der nach §7 EStG 1972 zulässigen AfA eine vorzeitige Abschreibung gemäß §8 Abs1 EStG 1972 in Höhe von 114750 S in Anspruch.
Mit Bescheid der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft vom 25. April 1980 wurde die Höhe der monatlichen Beitragsgrundlage für das Kalenderjahr 1980 gemäß §25 Abs1 GSVG ausgehend von den für die Bemessung der Einkommensteuer herangezogenen Einkünften der Bf. laut Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1977 in Höhe von 10923 S unter Hinzurechnung der im Jahre 1977 vorgenommenen vorzeitigen Abschreibung ermittelt.
Dem von der Bf. gegen diesen Bescheid erhobenen Einspruch wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 29. April 1980 keine Folge gegeben.
2. Gegen diesen Bescheid des Landeshauptmannes von Wien richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz behauptet und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den VwGH beantragt wird.
Die bel. Beh. und die beteiligte Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft haben Gegenschriften erstattet und darin die Abweisung der Beschwerde beantragt.
II. Der Gerichtshof hat aus Anlaß dieser Beschwerde gemäß Art140 Abs1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Worte "auf eine vorzeitige Abschreibung," in §25 Abs1 des Gewerblichen Sozialversicherungsgesetzes (GSVG), BGBl. 560/1978, eingeleitet. Mit Erk. G103/81 vom 30. Juni 1984 hob er diese Worte wegen Verstoßes gegen den auch den Gesetzgeber bindenden Gleichheitsgrundsatz als verfassungswidrig auf.
III. 1. Gemäß Art140 Abs7 B-VG ist ein vom VfGH aufgehobenes Gesetz im Anlaßfall nicht mehr anzuwenden. Der mit der vorliegenden Beschwerde bekämpfte Verwaltungsakt ist sohin anhand der Rechtslage zu beurteilen, wie sie sich ohne Bestand der aufgehobenen Bestimmung darstellt (vgl. zB VfSlg. 8935/1980).
Da der angefochtene Bescheid in Anwendung der als gleichheitswidrig aufgehobenen Bestimmung ergangen ist und sich ausschließlich auf diese Bestimmung zu stützen vermag, verletzt er die Bf. im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz.
Der Bescheid war daher aufzuheben.
Schlagworte
VfGH / Prüfungsmaßstab, VfGH / AnlaßfallEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1984:B240.1980Dokumentnummer
JFT_10159071_80B00240_00