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90 Straßenverkehrsrecht, KraftfahrrechtNorm
B-VG Art144 Abs1 / Befehls- und Zwangsausübung unmittelbLeitsatz
StVO 1960; Entfernung eines PKW gemäß §89a; Amtshandlung dem Magistrat der Stadt Wien zurechenbar; Beschwerde zulässig; keine Verletzung des Eigentumsrechts; kein Ersatz der von der Bundespolizeidirektion Wien verzeichneten KostenSpruch
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. In der auf Art144 B-VG gestützten Beschwerde wird vorgebracht, Organe der Bundespolizeidirektion Wien hätten am 27. September 1980 den PKW des Bf. mit dem polizeilichen Kennzeichen W ...von dessen Standort vor dem Hause Wien R-Straße, wo der Bf. seinen PKW am 25. September 1980 ordnungsgemäß abgestellt habe, abgeschleppt und den PKW auf den Friedrich-Schmidt-Platz - Ecke Lichtenfelsgasse - gebracht.
Es habe zum Zeitpunkt des Abschleppens keine ordnungsgemäß kundgemachte und beschilderte Halteverbotszone bestanden, welche die Behörde berechtigt hätte, unter Bedachtnahme auf §89a StVO eine Abschleppung zu veranlassen. Darüber hinaus sei in keiner Weise eine Verkehrsbeeinträchtigung gegeben gewesen.
Der Bf. beantragt, der VfGH möge feststellen, daß er durch die faktische Amtshandlung vom 27. September 1980 im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt worden sei.
2. Die Bundespolizeidirektion Wien hat, vertreten durch die Finanzprokuratur, in einer Gegenschrift - nach einer Sachverhaltsdarstellung - darauf hingewiesen, die Entfernung des PKW sei vom Magistrat der Stadt Wien vorgenommen worden (Hinweis auf §94d Z15 StVO), und hat Kosten verzeichnet.
Das Verfahren war daher mit dem Magistrat der Stadt Wien als bel. Beh. zu führen.
3. Der Magistrat der Stadt Wien hat in einer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde begehrt und im wesentlichen ausgeführt:
Angesichts der zum "Tag der offenen Tür" im Rathaus zu erwartenden großen Anzahl von Besuchern seien mit V des Magistrates der Stadt Wien vom 11. September 1980 zur Freihaltung von Verkehrsflächen rund um das Rathausgebäude Fahrverbote sowie Halte- und Parkverbote mit Gültigkeit am 27. September 1980 ab 6 Uhr erlassen worden, darunter auch vor den Häusern R-Straße. Da die R-Straße als Bereitstellungsraum für die Autobusse auch vom ruhenden Verkehr habe freigehalten werden müssen, seien die dort stehenden KFZ, und somit auch der PKW mit dem Kennzeichen W ..., am 27. September 1980 um etwa 8 Uhr 20 vom Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 48, abgeschleppt und in einer Entfernung von etwa 50 m, also in Sichtweite vom früheren Abstellort, am Friedrich-Schmidt-Platz, knapp nach der Kreuzung mit der Lichtenfelsgasse, aufgestellt worden. Die Entfernung jener Fahrzeuge, welche bereits vor Aufstellen der Verkehrszeichen gemäß §52 lita Z13b StVO in diesem Straßenzug abgestellt gestanden seien, sei kostenfrei erfolgt, Anzeigen wegen der Übertretung des §24 Abs1 StVO seien nicht erstattet worden.
Da Maßnahmen gemäß §89a StVO nicht nur dann zu ergreifen seien, wenn eine Verkehrsbeeinträchtigung bereits eingetreten sei, sondern auch dann ergriffen werden könnten, wenn eine solche Beeinträchtigung nach den Erfahrungen des täglichen Lebens vorherzusehen sei, sei die Errichtung einer vorübergehenden Halte- und Parkverbotszone und die Entfernung der in deren Geltungsbereich abgestellten Fahrzeuge zu Recht erfolgt.
II. Der VfGH hat erwogen:
1. Die vom Bf. bekämpfte Entfernung seines PKW von dessen Standort ist ein in Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt ergangener Verwaltungsakt iS des Art144 Abs1 B-VG (vgl. die ständige Rechtsprechung des VfGH, zB VfSlg. 7852/1976).
Da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen vorliegen, ist die Beschwerde zulässig.
2. Das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums würde gemäß der ständigen Rechtsprechung des VfGH nur dann verletzt, wenn die bekämpfte Amtshandlung unter Heranziehung einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage durchgeführt wurde oder wenn sie gesetzlos erfolgte, wobei die denkunmögliche Anwendung des Gesetzes ebenfalls als Gesetzlosigkeit anzusehen ist.
Der Bf. behauptet nicht, daß die von der bel. Beh. angewendeten Rechtsvorschriften, insbesondere die Bestimmung des §89a StVO, verfassungswidrig seien; auch sonst sind im Verfahren keine Bedenken in dieser Richtung entstanden (s. auch hiezu VfSlg. 7852/1976).
Daß die bel. Beh. vertretbarerweise von einer Verkehrsbehinderung durch den PKW des Bf. ausgehen konnte, ergibt sich schon aus der Notwendigkeit der Bereitstellung von Verkehrsflächen für den zu erwartenden Zustrom von Teilnehmern und den Zubringerdienst zu verschiedenen Außenstellen der Veranstaltungen zum "Tag der offenen Tür". Die Beschwerdebehauptung, der PKW sei in denkunmöglicher Anwendung des §89a StVO abgeschleppt worden, trifft somit nicht zu.
Die behauptete Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Unversehrtheit des Eigentums könnte somit auch unter der in der Beschwerde aufgestellten Annahme, daß ein Eigentumseingriff vorliegt, nicht stattgefunden haben. Die Frage, ob im vorliegenden Fall (Abschleppen des PKW lediglich zu einem rund 50 m entfernten, in Sicherheit befindlichen Standort) überhaupt eine - einen Eigentumseingriff beinhaltende (s. VfSlg. 9393/1982) - vorübergehende Beschränkung des Verfügungsrechtes des Bf. über seinen PKW eingetreten ist, kann daher auf sich beruhen.
Ob die Maßnahme der bel. Beh. auch richtig war, hat der VfGH nicht zu beurteilen.
3. Da im Verfahren auch nicht die Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes hervorkam, ist die Beschwerde abzuweisen.
Der von der Finanzprokuratur begehrte Kostenersatz ist nicht zuzusprechen, weil der von ihr vertretenen Bundesbehörde (Bundespolizeidirektion Wien) im vorliegenden Fall nicht die Stellung einer bel. Beh. zukam.
Schlagworte
VfGH / Parteien, Straßenpolizei, Verkehrshindernisse, VfGH / Kosten, Ausübung unmittelbarer Befehls- und ZwangsgewaltEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1984:B565.1980Dokumentnummer
JFT_10158999_80B00565_00