TE Vfgh Beschluss 1984/10/3 B128/84, B501/84

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Veröffentlicht am 03.10.1984
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Index

10 Verfassungsrecht
10/07 Verfassungsgerichtshof, Verwaltungsgerichtshof

Norm

VfGG §15 Abs2
VfGG §18
VfGG §19 Abs3 Z2 litc idF BGBl 353/1981
VfGG §82 Abs3
ZPO §63 Abs1

Leitsatz

VerfGG; Fehlen eines bestimmten Begehrens iS des §15 Abs2; kein verbesserungsfähiger Mangel ZPO; Versäumnis der Frist zur Verbesserung eines Verfahrenshilfeantrages durch Vorlage der bekämpften Erledigung und Angabe des Zustelldatums bzw. nähere Bezeichnung der angefochtenen Verwaltungsakte

Spruch

1. Die zu B128/84 erhobene Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Der zu B501/84 gestellte Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1. In einem an den VfGH gerichteten, nicht durch einen Rechtsanwalt eingebrachten, mit 14. Feber 1984 datierten, zu B128/84 protokollierten Schriftsatz führen die Einschreiter folgendes aus:

"Hiemit erhebe ich S E, österr. Staatsbürger, geb. 20. 12. 1943, sowie

H S, geb. 31. 3. 1943, österr. Staatsbürger, Klage vor dem österr. VfGH/rechtskonform Strafanzeige gegen die Republik Österreich, sowie Klage/Strafanzeige gegen die in der Folge angeführten, mit staatsgewaltlicher Verfügungsmacht ausgestatteten Amtspersonen.

1. Stadthauptmann-Stellvertreter Koat 1070 Wien Kandlgasse, Mag. B/Beteiligung mit Täterschaft an vorsätzlicher Freiheitsberaubung/amtlichen Auftrag zu einem Büro-/Wohnungseinbruch, vorsätzlich fahrlässige Strafvollzugführung.

2. Bezirkshauptmann des Bezirkes Neunkirchen NÖ, (Auftrag zu einer vorsätzlichen Freiheitsberaubung) Strafvollzugsbeamter S als Exekutivorgan.

3. Den verantwortlichen Leiter des Pol. Gefangenenhauses 1090 Wien wegen fahrlässiger zwangsweiser Anhaltung, Haftführung, ohne im Besitz einer schuldausweisenden Aktenlage zu sein, und trotz Beschwerden keine Revision beantragt zu haben.

Verweigerung zur Ausführung zwecks Anzeigenlegung bei der STAA-Wien.

Sachverhaltsdarstellung:

Ich S E/Journalist/H S, Kaufmann, in der Folge wir genannt, verließen am 8. 2. 1984 ca. 5.10 Uhr morgens unser gemeinsames Wohnbüro 1070 Wien, B-Gasse. Um ca. 6.30 Uhr kehrten wir zurück, um ein vergessenes Aktendokument zu holen, zwischen Verlassen des Büros und der Rückkehr war die Eingangstür mit Gewalt aufgebrochen worden, und durch ein Vorhängeschloß versperrt.

Nach Intervention beim Rechtsanwalt, Volksanwalt, sowie Bezirksvorsteher K, kehrten wir zum Büro zurück und entfernten das Vorhängeschloß; während wir bemüht waren, das beschädigte Türschloß zu reparieren, erschienen drei uniformierte Beamte des Koat 1070 und forderten uns auf, auf das Koat 1070 mitzukommen. Einen ordentlichen Vorführbefehl zu einer Behörde oder einen Antritt zu einem Verwaltungsstrafvollzug führten die Beamten nicht mit. Als wir unser Recht geltend machten, über den Grund der Anhaltung aufgeklärt zu werden, drohten die Beamten mit Erschlagen, Abtransport im Blechsarg usw.

Im Koat 1070 Wien, erklärte uns Mag. B, daß gegen uns angeblich sofortvollziehbare Verwaltungsstrafen der Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen vorliegen, jedoch ohne uns die gesetzlichen Formulare zum Antritt der Ersatzarreststrafe auszuhändigen.

Als wir Akteneinsicht begehrten, erklärte mir ein anderer Beamter privat, daß überhaupt keine Akte der BH Neunkirchen im Strafvollzug aufliegen.

Wiederum ohne uns gesetzlich zustehende Aufklärung des Anhaltungsgrundes oder Ausfolgung von Anhaltungsdokumenten wurden wir im Auftrage Mag. B. in das Pol. Gefangenenhaus 1090 Wien, Rossauerlände eingeliefert. Auf die Beschwerde, daß hier der Verdacht der vorsätzlichen Freiheitsberaubung vorliege, reagierte der Anstaltsleiter nicht, und es gelang nur unter Schwierigkeiten eine Ausführung zu einer Strafanzeigenlegung bei der STAA-Wien.

Es liegt somit eindeutig eine Verletzung des österr. Verfassungsrechtes Art7 Freiheitsberaubung durch Personen mit Amtsgewalt vor.

Zusätzlich liegt seitens H/B bereits Wiederholung solcher Taten vor. Es besteht der Verdacht, daß gegen den Journalisten S und seinen Mitarbeiter H S auf politischen Auftrag in Form von strafrechtlichen Taten vorgegangen wird, um beide an WBO-Recherchen in Bez. Neunkirchen zu behindern bzw. diese einzuschüchtern.

Für die formordentliche Einbringung dieser Klage/Strafanzeige ist den Klägern nach §64 ZPO Verfahrenshilfe zu gewähren, das Vermögensbekenntnis hiefür ist an 1140 Wien, A-Gasse, zu senden.

Gleichzeitig mit diesem Klagsantrag stellen wir den

Antrag:

die Vollziehung des restlichen Verwaltungsstrafvollzuges unmittelbar nach Klagsschrifterhalt einzustellen/aufzuschieben bzw. den Vollzugsauftraggeber Bezirkshauptmann Dr. H dazu anzuhalten.

Sämtliche beim Strafvollzug Koat 1070 Wien (Herrn W.) anhängige Verwaltungsstrafakte namentlich S H/S E sind dem Klagsakt zwecks Rechtskräftigkeitsüberprüfung beizubringen."

Gleichzeitig beantragten die beiden Einschreiter, ihnen die Verfahrenshilfe zu gewähren.

Nach Bewilligung der Verfahrenshilfe forderte der VfGH den bestellten Verfahrenshelfer mit Schreiben vom 18. April 1984 auf, binnen sechs Wochen die von den Bf. selbst verfaßte Beschwerde verbessert einzubringen. Auf die für das Verfahren vor dem VfGH geltenden Formvorschriften (§§15 ff. und §§82 ff. VerfGG 1953) wurde hingewiesen.

Der Verfahrenshelfer brachte daraufhin mit Schriftsatz vom 7. Mai 1984 eine offenkundig auf Art144 B-VG gestützte "Beschwerde wegen Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte" ein und führte diese lediglich wie folgt aus:

"Die Sachverhaltsdarstellung ergibt sich bereits aus unserer Beschwerde vom 14. 2. 1984.

Durch die Vorgangsweise der belangten Behördenvertreter wurde das Staatsgrundgesetz über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger uns gegenüber in den Bestimmungen der Artikel 8 (persönliche Freiheit) und 9 (Hausrecht) verletzt, wie auch das Gesetz vom 27. 10. 1982 zum Schutz der persönlichen Freiheit, da unsere Freiheitsbeschränkungen ohne entsprechende richterliche oder sonstige beördlich begründete, uns zur Kenntnis gebrachte Verfügung erfolgte.

Wir beantragen das

Erkenntnis:

Durch die Vorgangsweisen der belangten Behördenvertreter hat eine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte der Beschwerdeführer stattgefunden."

2. Mit einer nicht durch einen Rechtsanwalt eingebrachten fernschriftlichen Eingabe vom 21. Mai 1984 führt S E zu der in der vorstehenden Z1 erwähnten Beschwerde eine "Zusatzbeschwerde wegen Fortsetzung/Wiederholung von versuchter Freiheitsberaubung durch Arrestvollzug eines bereits mit Bescheid der Nö. Landesregierung eingestellten Strafverfahrens (zwanzig Tage Arrest)". In dieser unter B501/84 protokollierten "Zusatzbeschwerde" wird folgendes ausgeführt:

"Sachverhalt:

Mit Straferkenntnis 3-sch-79344/14, verantwortlich Dr. H/F, wurde S E, Journalist, ungerechtfertigt beschuldigt, eine Verwaltungsübertretung nach §64 Abs1 KFG/§134 KFG begangen zu haben.

Mit dem Bescheid des Amtes der Nö. Landesregierung vom 18. 11. 1983, 1-7-st-sch 83166, wurde das angeführte Straferkenntnis gemäß §45 Abs1 lita des Verwaltungsstrafgesetzes eingestellt.

Begründung/Beweismangel

Am 21. 5. 1984 wurde für S E beim Postamt 2824 Seebenstein, NÖ, wo dieser gar nicht seinen ordentlichen Wohnsitz hat, eine Aufforderung zum Antritt zur Arreststrafe von 20 Tagen für das rechtskräftig eingestellte Verfahren 3-sch-79344-14 hinterlegt.

H/F und andere Bezirksverwaltungsbeamte versuchen, wie bereits beschwert, immer wieder den unbequemen Journalisten S mit erfundenen und gestellten Verwaltungsstrafen zu schädigen, mundtot zu machen, und aus dem Bezirk Neunkirchen zu vertreiben.

Diese vorliegende Beschwerde ist rechtsverbunden mit der bereits bestehenden zu führen und zu behandeln.

Aus den angeführten Gründen stelle ich den

Antrag,

den vstg-Akt 3-sch-79344-14 sowie den Akt 3-sch-79344-12 zur verfassungsgerichtshöflichen Revision einzuziehen und bis zur Klärung der bezirkshauptmannschaftlichen Manipulationen eine Verwaltungsstrafvollzugssperre betreffend sämtlicher Akte S H - S E zu verhängen. Gleichzeitig beantrage ich zur rechtsformellen Einbringung dieser Beschwerde die Bestellung einer Verfahrenshilfe nach 64 ZPO, sofern die Angelegenheit nicht ohnehin dem bereits bestellten Verfahrenshelfer Dr. R mitübertragen wird."

Mit Schreiben vom 5. Juli 1984 - zugestellt am 16. Juli 1984 - teilte der VfGH dem Einschreiter mit, daß sein Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe vom 21. Mai 1984 folgende Formmängel aufweist:

"1. Der Antrag ist nicht eigenhändig unterschrieben.

2. Die bekämpfte Erledigungen wurden nicht vorgelegt und nicht näher bezeichnet.

3. Das Zustelldatum der angefochtenen Verwaltungsakte wurde nicht angegeben.

4. Es mangelt an der Vorlage eines nicht mehr als vier Wochen alten, vollständig ausgefüllten Vermögensbekenntnisses (ZPForm 1) und der Bekanntgabe, ob die Beigebung des Rechtsanwaltes nur für die Einbringung der Beschwerde oder für das ganze Verfahren vor dem VfGH beantragt wird."

Der Einschreiter wurde unter Hinweis auf die nach §19 Abs3 Z2 litc VerfGG 1953 vorgesehenen Säumnisfolgen aufgefordert, diese Mängel binnen vier Wochen zu beheben.

Der Einschreiter legt wohl fristgerecht den mit 30. Juli 1984 datierten, eigenhändig unterfertigten Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe und ein Vermögensbekenntnis vor. Diesem Antrag waren mehrere Unterlagen angeschlossen. Es wurde jedoch weder ein in Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt ergangener Verwaltungsakt, dessen Bekämpfung beabsichtigt ist, bezeichnet, noch eine schriftliche Erledigung vorgelegt, die denkbarerweise Beschwerdegegenstand sein soll (etwa eine Aufforderung zum Antritt der Arreststrafe). Mit einer innerhalb der gesetzten vierwöchigen Frist eingebrachten (weiteren) Eingabe legte der Einschreiter lediglich eine Ablichtung der "Aufforderung zum Antritt der Ersatzarreststrafe" der Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen vom 1. August 1984, Z 3-sch-7836/76, vor. Es ist aber ausgeschlossen, daß Gegenstand der "Zusatzbeschwerde" vom 21. Mai 1984 diese Erledigung sein kann.

II. Der VfGH hat erwogen:

1. Zu B128/84

Nach §15 Abs2 VerfGG 1953 hat die Beschwerde ua. ein bestimmtes Begehren zu enthalten.

Das Fehlen solcher Ausführungen in einer Beschwerde bildet einen inhaltlichen Fehler und ist nicht ein verbesserungsfähiger Mangel. Ist die Beschwerde jedoch mit inhaltlichen Fehlern behaftet, führt dies zur Zurückweisung, ohne daß ein Mängelbehebungsauftrag zu ergehen hat (vgl. zB VfSlg. 8733/1980 9798/1983; VfGH 29. September 1976 B272/76).

In der vom Verfahrenshelfer eingebrachten "verbesserten Beschwerde" wird folgendes Erk. beantragt: "Durch die Vorgangsweisen der belangten Behördenvertreter hat eine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte der Beschwerdeführer stattgefunden." Mit der in diesem Begehren enthaltenen Wendung "die Vorgangsweisen der belangten Behördenvertreter" wird auf die dem Antrag vorangehenden Ausführungen verwiesen. Diesem aber ist nicht entnehmbar, welcher konkrete Verwaltungsakt nun überhaupt Beschwerdegegenstand sein soll.

Da demgemäß der VfGH für die Erledigung der vorliegenden Beschwerde nicht zuständig ist, war die Beschwerde zurückzuweisen.

2. Zu B501/84

Der Antragsteller ist innerhalb der ihm gesetzten Frist dem hg. Auftrag vom 5. Juli 1984 zur Verbesserung von Mängeln des Verfahrenshilfeantrages nur zT nachgekommen. Die unter Punkt 2 und 3 bezeichneten Mängel hat er nicht behoben.

Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe war somit wegen nichtbehobenem Mangel eines formellen Erfordernisses zurückzuweisen (vgl. zB VfGH 22. 9. 1983 B372/83).

Schlagworte

VfGH / Formerfordernisse, VfGH / Verfahrenshilfe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1984:B128.1984

Dokumentnummer

JFT_10158997_84B00128_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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