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10 VerfassungsrechtNorm
B-VG Art139 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
B-VG Art139; Individualantrag auf Aufhebung von Teilen des Flächenwidmungsplanes St. Pölten; Bauverfahren bereits anhängig; keine LegitimationSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
I. 1. Mit Schriftsatz vom 29. Oktober 1983 stellen J und M K an den VfGH "den auf Art139 B-VG gestützten Antrag, den einen Bestandteil des örtlichen Raumordnungsprogrammes bildenden Flächenwidmungsplan St. Pölten, KG Oberradlberg - beschlossen vom Gemeinderat der Stadtgemeinde St. Pölten am 24. 5. 1976, genehmigt mit Bescheid der Nö. Landesregierung vom 7. 7. 1976, GZ II/2-K-462-1976, in Kraft getreten am 9. 8. 1976 - soweit er sich auf die Grundstücke 5, 6, 43, 45/1 (K-Gasse) bezieht, als gesetzwidrig aufzuheben".
Die Antragsteller bringen vor, daß sie Vollerwerbslandwirte seien; auf den im Antrag angeführten, in ihrem Eigentum stehenden Grundstücken befänden sich die Wirtschaftsgebäude ihres landwirtschaftlichen Betriebes.
Die Antragsteller seien anläßlich eines Bauvorhabens zur Erneuerung des Maschinenschuppens und des Schweinestalles im Jahre 1980 mit dem Umstand konfrontiert worden, daß diese Grundstücke zur Gänze im Flächenwidmungsplan als "Bauland - Wohngebiet" ausgewiesen seien.
Eine Änderung dieser Widmung in "Bauland - Agrargebiet" sei, obwohl es auch vom Magistrat der Stadt St. Pölten befürwortet worden sei, vom Gemeinderat nicht vorgenommen worden.
Die Festlegung "Bauland - Wohngebiet" für die angeführten Grundflächen entspreche aber nicht dem Nö. Raumordnungsgesetz 1976, LGBl. 8000-0. Für diese Grundstücke komme, wie für die Liegenschaften von vier anderen Landwirten in der nächsten Umgebung der Antragsteller in Oberradlberg, nur die Widmung "Bauland - Agrargebiet" in Betracht. Die Ausweisung einer anderen Nutzungsart könne nur dann als sachlich gerechtfertigt angesehen werden, wenn die Planunterlagen das Überwiegen eines anderen Raumordnungszieles als jenes der Sicherung der räumlichen Grundlagen der Land- und Forstwirtschaft dartun würden. Davon könne aber im gegenständlichen Fall mangels jeder Grundlagenforschung keine Rede sein. Die auf dem Betriebsstandort der Bf. ausgewiesene Nutzungsart "Bauland - Wohngebiet" entbehre jeder sachlichen, nachprüfbaren Grundlage. Diese Widmung stelle sich "somit als Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz" dar.
Die Festlegung der Nutzungsart "Bauland - Wohngebiet", die die zeitgemäße Entwicklung eines bestehenden land- und forstwirtschaftlichen Betriebes verhindere, bedeute einen Eigentumseingriff, "der zufolge seiner Intensität und der dadurch bewirkten Funktionsentleerung des agrarischen Eigentums als materielle Enteignung mit allen damit verbundenen verfassungsrechtlichen Konsequenzen zu qualifizieren" sei. Demnach liege auch eine Verletzung des Eigentumsrechtes vor.
Durch die dargelegte Gesetzwidrigkeit habe die bekämpfte Verordnungsstelle die Antragsteller in ihren Rechten verletzt, diese Verletzung sei ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung und ohne Erlassung eines Bescheides für sie wirksam geworden.
2. Die Nö. Landesregierung hat in ihrer Äußerung die Auffassung vertreten, daß der Antrag als unzulässig zurückzuweisen sei. In eventu wird die Abweisung des Antrages begehrt.
Der Gemeinderat der Stadtgemeinde St. Pölten stellt in seiner Äußerung das Verlangen, den Antrag der Antragsteller als unbegründet abzuweisen.
II. Der VfGH hat über die Zulässigkeit des Antrages erwogen:
1. Gemäß Art139 Abs1 B-VG erkennt der VfGH über die Gesetzwidrigkeit von V auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Gesetzwidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern die V ohne Fälligkeit einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist. In einem solchen Antrag ist gemäß §57 Abs1 VerfGG auch darzutun, inwieweit die V ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist. Die Antragslegitimation setzt auch voraus, daß für den Rechtsschutz gegen rechtswidrige Normen kein anderer zumutbarer Weg als die Anfechtung beim VfGH zur Verfügung steht (vgl. VfSlg. 9361/1982).
2. Sowohl aus den Ausführungen in der Äußerung der Nö. Landesregierung als auch aus den vorgelegten Verwaltungsakten geht hervor, daß die Antragsteller unter Vorlage der Planunterlagen ein Ansuchen um Erteilung einer Bewilligung zur Errichtung eines Schweinestalles und eines Geräteschuppens auf den in ihrem Eigentum stehenden Grundstücken gestellt haben (vgl. §§92, 93, 96 und 97 Nö. BauO). Über dieses Ansuchen wurde bereits eine Bauverhandlung (§99 Nö. BauO) durchgeführt.
Damit ist bereits ein Bauverfahren anhängig. Die nach dem Erk. VfSlg. 8463/1978 nicht zumutbare Anfertigung von Planunterlagen ist nicht mehr erforderlich, sodaß die wesentliche Voraussetzung für die Legitimation entfallen ist. Es ist den Antragstellern durchaus zumutbar, im Wege einer Beschwerde an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes gegen die im Bauverfahren ergehende letztinstanzliche Entscheidung die von ihnen behauptete Gesetzwidrigkeit des Flächenwidmungsplanes an den VfGH heranzutragen.
Der Antrag ist daher mangels Legitimation als unzulässig zurückzuweisen.
Schlagworte
VfGH / Individualantrag, FlächenwidmungsplanEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1984:V55.1983Dokumentnummer
JFT_10158996_83V00055_00