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L3 FinanzrechtNorm
B-VG Art144 Abs1 / AnlaßfallLeitsatz
Bgld. Landesabgabenordnung; keine Verletzung von Rechten trotz Anwendung der als verfassungswidrig festgestellten Bestimmung des §153 Abs2 und 3 bei einer Nachtragsvorschreibung von Getränkeabgabe; keine Bedenken gegen die Ausschreibung von Getränkeabgaben durch die Gemeinde Oberdorf gemäß §1 Abs2 Bgld. Getränkeabgabegesetz 1969Spruch
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1.1. Der Bf. betreibt ein Gasthaus in Oberdorf im Bgld.
Bei einer am 12. November 1980 von der Gemeinde Oberdorf durchgeführten Getränke- und Lohnsummensteuerprüfung unterfertigte der Vater des Bf. eine Getränkeabgabe-Nachtragserklärung für die Jahre 1977 bis 1980, die eine Gesamtabgabeschuld von 16397 S auswies. Am 27. November 1980 wurde die Nachtragserklärung jedoch vom Vater des Bf. mündlich am Gemeindeamt widerrufen.
Die Abgabenbehörde erließ hierauf am 7. Mai 1981 einen Bescheid gemäß §153 Abs3 der Bgld. Abgabenordnung über eine Nachtragsvorschreibung in Höhe von 16397 S für die Zeit vom 1. Jänner 1977 bis 30. September 1980 und begründete diesen mit dem Ergebnis der Abgabenkontrolle vom 12. November 1980.
1.2. Die gegen diesen Bescheid eingebrachte Berufung wurde vom Gemeinderat der Gemeinde Oberdorf mit Bescheid vom 14. September 1981 als unbegründet abgewiesen.
1.3. Gegen diese Entscheidung erhob der Bf. Vorstellung an die Bezirkshauptmannschaft Oberwart, welche als Vorstellungsbehörde gemäß §§77 und 79 der Bgld. Gemeindeordnung die Vorstellung mit Bescheid vom 28. September 1982, Z II-L-1/1-1982, als unbegründet abwies.
2.1. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums sowie ein Verstoß gegen Art18 B-VG, nach welcher Verfassungsbestimmung die gesamte staatliche Verwaltung nur aufgrund der Gesetze ausgeübt werden dürfe, geltend gemacht und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.
2.2. Die bel. Beh. hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde begehrt.
3. Der VfGH hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
3.1. Aus Anlaß der vorliegenden und anderer Beschwerden hat der VfGH die Verfassungsmäßigkeit der Abs2 und 3 des §153 der Bgld. Landesabgabenordnung, LGBl. 2/1963, idF vor Inkrafttreten der Nov. vom 26. September 1983, LGBl. 24, (künftig: Bgld. LAO) geprüft und mit Erk. vom 13. Oktober 1983, G37 - 43/83, G63/83, festgestellt, daß diese Gesetzesstellen wegen Verstoßes gegen den Gleichheitssatz verfassungswidrig waren, und weiters ausgesprochen, daß sie nicht mehr anzuwenden sind.
3.2. Der Bf. ist durch die Anwendung der aufgehobenen Vorschriften dennoch nicht in seinen Rechten verletzt worden. Es gilt nämlich für den vorliegenden Fall dasselbe, was der VfGH bereits mit Erk. vom 1. Juli 1983, B379/78, zu einem gleichgelagerten Fall (das vorausgehend zu G28, 44/83 vom VfGH durchgeführte Gesetzesprüfungsverfahren betraf die Abs2 und 3 des §153 der Tir. LAO, die mit den Abs2 und 3 des §153 der Bgld. LAO wortgleich waren) ausgesagt hat:
"§153 TLAO spricht nach Aufhebung der Absätze 2 und 3 (richtig: nach Feststellung, daß die Absätze 2 und 3 des §153 TLAO verfassungswidrig waren) nur aus, daß die Abgabe durch die Einreichung der Erklärung über die zugelassene Selbstbemessung (als) festgesetzt gilt. Daneben ist jedoch auch §150 Abs1 TLAO zu berücksichtigen. Nach dieser Bestimmung hat die Abgabenbehörde die Abgaben durch Abgabenbescheide festzusetzen, soweit die Abgabenvorschriften nichts anderes zulassen. In ihrem Zusammenhalt ergeben diese Vorschriften, daß die Abgabenbehörde die Abgaben durch Bescheid festzusetzen hat, wenn der Abgabepflichtige die zugelassene Selbstbemessung nicht vornimmt und die Einreichung der hiefür erforderlichen Erklärung unterläßt. Daß die unter anderem auch dies ausdrücklich aussprechende (und die Möglichkeit der Bescheiderlassung zugleich unsachlich beschränkende) Bestimmung des §153 Abs3 TLAO aufgehoben wurde (richtig: wie festgestellt wurde, verfassungswidrig war), hat auf die Entscheidung des vorliegenden Beschwerdefalles bei sinnvoller Auslegung des verbleibenden Gesetzestextes keinen Einfluß. Man käme sonst zu dem unhaltbaren Ergebnis, daß die Abgabe endgültig in dem Betrag festgesetzt bliebe, mit der sie der Abgabepflichtige selbst bemessen hat."
Der Bf. ist im Hinblick auf die auch hier zutreffenden Erwägungen des Erk. B379/78 angesichts der wortgleichen Regelungen der Bgld. LAO (insbesondere der §§150 Abs1 und 153 Abs3) ungeachtet der festgestellten Verfassungswidrigkeit der angewendeten Vorschriften durch deren Anwendung somit nicht in seinen Rechten verletzt worden.
3.3. Aber auch der in der Beschwerde erhobene Vorwurf, der angefochtene Bescheid verletze den Bf. im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums, ist unzutreffend, weil die durch den angefochtenen Bescheid erfolgte nachträgliche Vorschreibung von Getränkesteuern für den Zeitraum von Jänner 1977 bis September 1980 auf eine V der Gemeinde Oberdorf vom 5. Dezember 1980 gestützt werde, obwohl in der V eine Rückwirkung gar nicht vorgesehen sei.
Wohl wird im Berufungsbescheid des Gemeinderates der Gemeinde Oberdorf vom 14. September 1981 ausgeführt, daß "die Getränkeabgabe für den Geltungsbereich der Gemeinde Oberdorf ... aufgrund des Getränkeabgabegesetzes vom 16. Juli 1969, LGBl. 38/1969, idF der Gesetze LGBl. 48/1969 und 1/1974 iVm. der Verordnung des Gemeinderates vom 5. Dezember 1980 erhoben" werde. Würde sich die an den Bf. für die Zeit vom 1. Jänner 1977 bis 30. September 1980 ergangene Vorschreibung tatsächlich auf die erst am 5. Dezember 1980 - nicht rückwirkend - erlassene V stützen, dann wäre der Beschwerdevorwurf einer Eigentumsverletzung wohl im Recht, da eine Verletzung dieses Grundrechtes vorliegt, wenn ein in das Eigentum - wie hier - eingreifender Bescheid ohne jede Rechtsgrundlage ergeht oder wenn die Behörde bei Erlassung des Bescheides eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Rechtsgrundlage in denkunmöglicher Weise angewendet hat und die Vorstellungsbehörde einen solchen Fehler der Gemeindebehörden nicht aufgreift.
Im angefochtenen Vorstellungsbescheid wird jedoch zu Recht darauf verwiesen, daß der Gemeinderat der Gemeinde Oberdorf von der ihm gemäß §1 Abs2 Getränkeabgabegesetz 1969 zustehenden Berechtigung, Gemeindeabgaben vom Verbrauch von Getränken auszuschreiben, in jedem Jahr Gebrauch gemacht hat. Aus den vorgelegten Akten ergibt sich, daß dies für 1977 mit V vom 31. Dezember 1976, für 1978 mit V vom 3. Feber 1978, für 1979 mit V vom 18. Dezember 1978 und für 1980 mit V vom 7. Dezember 1970 tatsächlich der Fall war.
Bedenken gegen diese Rechtsgrundlagen wurden weder vorgebracht noch sind solche bei Prüfung des Beschwerdevorwurfes entstanden. Auch von einer denkunmöglichen Anwendung der genannten Vorschrift kann keine Rede sein.
Die behauptete Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums liegt somit nicht vor.
3.4. Die Prüfung der Frage, ob das Gesetz (die V) richtig angewendet wurde, fällt nicht in die Zuständigkeit des VfGH, sondern obliegt allein dem VwGH.
3.5. Das Verfahren hat aber auch sonst nicht ergeben, daß der Bf. in anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde. Angesichts der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen ist es auch ausgeschlossen, daß er in seinen Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt wurde.
Die Beschwerde war daher abzuweisen.
Schlagworte
Finanzverfahren, Selbstbemessung (Finanzverfahren), Gemeinderecht, Wirkungsbereich eigener, Abgaben Gemeinde-, Getränkesteuer Burgenland, VfGH / AnlaßfallEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1984:B545.1982Dokumentnummer
JFT_10158991_82B00545_00