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L8 Boden- und VerkehrsrechtNorm
B-VG Art18 Abs2Leitsatz
Flächenwidmungsplan der Stadtgemeinde Innsbruck 1982; keine gesetzwidrige Widmung bestimmter Parzellen als Flächen im Freiland; ordnungsgemäße Auflage des EntwurfesSpruch
Dem Antrag wird nicht Folge gegeben.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Der Antragsteller H A ist Eigentümer der GP ... und ..., der Antragsteller J H Eigentümer der GP .../1 und .../2, sämtliche KG Hötting.
Die Antragsteller begehren gemäß Art139 Abs1 letzter Satz B-VG die Aufhebung des Flächenwidmungsplanes der Stadtgemeinde Innsbruck vom 18. November 1982, Teilbereich Hötting-West, hinsichtlich der als "Grünfläche" ausgewiesenen Teile der GP ... wegen Gesetzwidrigkeit.
2. Der Flächenwidmungsplan Hötting-West wurde vom Gemeinderat am 18. November 1982 beschlossen, mit Bescheid der Tir. Landesregierung vom 9. Feber 1983 gemäß §26 Abs4 und 5 des Tir. Raumordnungsgesetzes, LGBl. 10/1972 (TROG), genehmigt und durch Anschlag an der Amtstafel in der Zeit vom 28. Feber bis 22. März 1983 kundgemacht.
II. Der VfGH hat erwogen:
1. Der Antrag ist zulässig (zur Anfechtbarkeit von Flächenwidmungsplänen in Tir. durch den Grundeigentümer s. VfSlg. 9260/1981).
2. a) Die Antragsteller bringen einleitend vor, die bezughabenden, von ihnen als Landwirte derzeit landwirtschaftlich genutzten Grundstücke hätten sich aufgrund des Verbauungsplanes der Gemeinde Innsbruck vom 26. Juli 1951 im Wohngebiet befunden. Sie seien auch in dem am 25. August 1976 in Kraft getretenen Bebauungsplan der Gemeinde Innsbruck als Baugebiet ausgewiesen gewesen. Die Antragsteller hätten es vorgezogen, diese Baugrundstücke nicht zu veräußern - was sie zu angemessenen Preisen durchaus hätten tun können -, sondern für ihre Kinder bereitzuhalten, damit diese darauf Eigenheime errichten könnten. Nunmehr seien im bekämpften Flächenwidmungsplan der östliche Streifen der GP .../1 und .../2 sowie die GP ... und ... als Grünland ausgewiesen.
Im einzelnen bringen die Antragsteller vor, dem Flächenwidmungsplan sei zu entnehmen, daß lediglich schmale, sich über die Liegenschaften der Antragsteller ertreckende Grundflächen als Grünland gewidmet worden seien. Hingegen sei die Widmung sämtlicher Grundflächen bis über 1 km westlich der Grundflächen der Antragsteller und bis über 1 km östlich ihrer Grundflächen als Bauland erfolgt, wobei ein besonderer, logischer, objektivierbarer Grund für die "Ausnahmewidmung" der Grundflächen der Antragsteller nicht einsichtig sei und in keinerlei Weise im Flächenwidmungsplan irgendwie begründet werde. Dem Ziel der örtlichen Raumordnung, die Anordnung des Baulandes bestmöglich vorzunehmen, könne es aber nicht entprechen, mitten im Bauland einen schmalen, durch nichts begründeten und der bisherigen Widmung widersprechenden "Gürtel" festzulegen.
In der vom Gemeinderat der Stadtgemeinde Innsbruck erstatteten Äußerung wird dieses Vorbringen - soweit es die Vorgeschichte und die Lage der Grundstücke betrifft - nicht in Abrede gestellt und dahingehend ergänzt, die bezughabenden Grundstücke gehörten zu dem im Bereich des Bothentalweges verlaufenden Graben. Mit den bekämpften Widmungen sei den Zielsetzungen des Stadtentwicklungskonzeptes aus dem Jahre 1980 und des korrespondierenden und detaillierten Stadtteilentwicklungskonzeptes Hötting-West Rechnung getragen worden. Beide Konzepte, denen eine umfangreiche Bestandsaufnahme vorangegangen sei, betonen die Notwendigkeit des Freihaltens von sogenannten "Ventilationsbahnen" in Gräben und Tälchen, welche senkrecht zum Hang verlaufen und als Kaltluftrinnen und zur Frischluftzufuhr bis in das dicht verbaute Gebiet in der Talebene gedacht seien. Abgesehen davon hätte man bei der Gestaltung des vom angefochtenen Flächenwidmungsplan umfaßten Areals von den vorhandenen erhaltenswerten charakteristischen Elementen der Natur- und Kulturlandschaft ausgehen müssen, sodaß die das Landschaftsbild besonders prägenden Bereiche, Blickpunkte und Strukturelemente - dazu gehöre auch der im Bereich des Bothentalweges verlaufende Graben - von jeder Bebauung unbedingt freizuhalten gewesen seien.
Unter diesen Umständen - die auch aus dem Flächenwidmungsplan, dem vorgelegten Stadtentwicklungskonzept Innsbruck 1980, dem gleichfalls vorgelegten Stadtteilentwicklungskonzept Hötting-West 1981 sowie den Verordnungsakten hervorgehen - kann der VfGH nicht finden, daß die bekämpften Widmungen der Bestimmung des §8 Abs2 lita TROG (wonach ein Ziel der örtlichen Raumordnung in der bestmöglichen Anordnung und Gliederung des Baulandes besteht) widersprechen. Der Verordnungsgeber hat bei Festlegung einer Widmung keineswegs nur eine Komponente zu beachten. Er hat hiebei sicherlich auf die bestmögliche Anordnung und Gliederung des Baulandes zu achten und im Rahmen der Bestandsaufnahme nach §9 Abs1 TROG die bisherige Widmung mit zu berücksichtigen, er darf hiebei aber auch nicht andere Ziele der örtlichen Raumordnung (wie etwa den Schutz des Landschaftsbildes gemäß §8 Abs2 lite TROG) außer Betracht lassen. Ebenso hat der Verordnungsgeber dafür Sorge zu tragen, daß von ihm als Bauland gewidmete Grundflächen sich auch weiterhin (wie etwa hier in gesundheitlicher Hinsicht) zu dieser Widmung eignen.
Wenn der Verordnungsgeber daher, gestützt auf die Grundlagenforschung und in Abwägung der oben aufgezeigten Umstände, die bezughabenden Grundstücke bzw. Grundstücksteile nicht als Bauland gewidmet hat, ist diese Widmung nicht gesetzwidrig.
b) Die Antragsteller erheben auch den Vorwurf, der Flächenwidmungsplan erfülle nicht die Voraussetzungen des §8 Abs4 TROG (wonach Flächenwidmungspläne aus dem Wortlaut und einer zeichnerischen Darstellung samt Planzeichenerläuterung bestehen), da der bei der Stadtgemeinde Innsbruck aufliegende und öffentlich einzusehende Flächenwidmungsplan Hötting-West nur aus einer zeichnerischen Darstellung samt Planzeichenerläuterung bestehe, aber keine Beschreibung enthalte, insbesondere auch keine Beschreibung, warum hinsichtlich der Grundstücke der Antragsteller eine "Ausnahmewidmung" vorgenommen wurde.
Auch dieser Vorwurf der Antragsteller trifft nicht zu. Was immer man unter dem Begriff "Wortlaut" (im Gegensatz zur zeichnerischen Darstellung und Planzeichenerläuterung) verstehen mag, ist aus dem Umstand, daß Flächenwidmungspläne nach dem zweiten Satz des §8 Abs4 TROG ua. aus dem Wortlaut bestehen, keineswegs abzuleiten, daß die Widmung der einzelnen vom Plan umfaßten Flächen im Wortlaut enthalten sein muß. Umso weniger muß der Wortlaut Erwägungen darüber aufweisen, warum eine bestimmte Widmung vorgenommen wurde. Sicherlich kann das Fehlen solcher Erwägungen an sich zu einer (inhaltlichen) Gesetzwidrigkeit eines Flächenwidmungsplanes führen, ebenso die mangelnde Erkennbarkeit derartiger Erwägungen (s. VfSlg. 8280/1978 und die nachfolgende ständige Rechtsprechung des VfGH; eine Prüfung in diese Richtung wurde vom VfGH auch im vorliegenden Fall oben unter Punkt a vorgenommen), doch leitet sich eine deshalb allenfalls gegebene Gesetzwidrigkeit eines Flächenwidmungsplanes keineswegs aus der im TROG vorgesehenen Einteilung von Flächenwidmungsplänen in Wortlaut und zeichnerische Darstellung samt Planzeichenerläuterung ab.
c) Die Antragsteller bringen weiters vor, der bekämpfte Flächenwidmungsplan sei für das von ihm umfaßte Gebiet der erste Flächenwidmungsplan iS des TROG. Die Bekanntmachung in der Tir. Tageszeitung vom 20. August 1982, mit welcher der Stadtmagistrat Innsbruck die Auflage des Entwurfes des Änderungsplanes zum Flächenwidmungsplan bekanntgegeben hat, sei daher gesetzwidrig gewesen.
Es trifft zu, daß in der - gemäß §26 Abs1 TROG erfolgten - Verlautbarung der Auflage des Entwurfes des Flächenwidmungsplanes Hötting-West in der Tir. Tageszeitung vom 20. August 1982 von der "Auflage des Entwurfes des folgenden Änderungsplanes zum Flächenwidmungsplan" die Rede ist. Sodann heißt es in der Verlautbarung: "Flächenwidmungsplan Z VI-2752/1982 Entwurf des Flächenwidmungsplanes Innsbruck, Teilbereich Hötting-West, Plan Nr. HW-F 1".
Da durch diese genauen Angaben klargestellt ist, welcher Planentwurf tatsächlich zur allgemeinen Einsicht aufgelegt wurde, bedeutet die irrtümliche Bezeichnung des Entwurfes als Änderungsplan (noch) keineswegs, daß die V wegen Verstoßes gegen §26 Abs1 TROG gesetzwidrig zustande gekommen ist, zumal auch durch die hier erfolgte Form der Verlautbarung dem Zweck des §26 Abs1 TROG voll Rechnung getragen wurde die Gemeindebürger darüber zu unterrichten, wann und wo sie sich über den Inhalt beabsichtigter Planungsmaßnahmen informieren können.
d) Weiters machen die Antragsteller geltend, daß der von der Landesregierung mit Bescheid vom 9. Feber 1983 genehmigte Flächenwidmungsplan Hötting-West nicht zeitgerecht iS des §27 Abs1 TROG kundgemacht worden sei. Wohl sei eine Kundmachung in der Tir. Tageszeitung vom 25. Feber 1983 enthalten gewesen, der öffentliche Anschlag auf der Ediktstafel des Stadtmagistrates Innsbruck sei aber erst am 28. Feber 1983 erfolgt.
Nach §27 Abs1 TROG ist der Beschluß des Gemeinderates über die Erlassung des Flächenwidmungsplanes binnen zwei Wochen nach Einlangen der Genehmigung der Landesregierung durch öffentlichen Anschlag während zweier Wochen und in sonst üblicher Weise kundzumachen. Den vorgelegten Verwaltungsakten ist zu entnehmen, daß der Genehmigungsbescheid der Landesregierung vom 9. Feber 1983 am 14. Feber 1983 im Stadtmagistrat Innsbruck eingelangt ist. Der Anschlag an der Amtstafel erfolgte in der Zeit vom 28. Feber bis 22. März 1983, also (auch) unter Einhaltung der zweiwöchigen Frist nach Einlangen der Genehmigung der Landesregierung.
Das Beschwerdevorbringen entspricht daher schon nicht dem tatsächlichen Geschehen.
e) Schließlich wird von den Antragstellern beanstandet, nach §10 TROG sei nur die Widmung als Bauland, Freiland und Hauptverkehrsfläche zulässig. Dem Flächenwidmungsplan sei jedoch zu entnehmen, daß die im Eigentum der Antragsteller stehenden Parzellen als "Grünfläche" gewidmet seien, also mit einer Bezeichnung, die im TROG nicht vorgesehen sei.
Auch dieses Vorbringen der Antragsteller trifft schon vom Tatsächlichen her nicht zu. Aus dem Flächenwidmungsplan ist vielmehr zu ersehen, daß dort die Flächen im Freiland (ausgenommen Sonderflächen nach §16 TROG) keineswegs als Grünflächen, sondern als Flächen im Freiland bezeichnet sind.
f) Die behaupteten Gesetzwidrigkeiten liegen somit insgesamt nicht vor.
3. Die Antragsteller bezeichnen einen Teil ihres Schriftsatzes als "Individualbeschwerde gemäß Art144 Bundesverfassungsgesetz" und bringen vor, sie würden durch die Anwendung des gesetzwidrigen Flächenwidmungsplanes auch in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt. Da die Antragsteller aber das Vorliegen eines Bescheides oder die Ausübung verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt iS des Art144 Abs1 B-VG nicht behaupten, ihr Begehren in erster Linie auf Art139 B-VG sowie auf den - sich auf das Verfahren nach Art139 beziehenden - §57 VerfGG stützen und ausdrücklich (sowie ausschließlich) die Aufhebung des Flächenwidmungsplanes wegen Gesetzwidrigkeit beantragen, sieht der VfGH keine Notwendigkeit, den Schriftsatz der Antragsteller auch als - hier im übrigen nicht zulässige - Beschwerde nach Art144 Abs1 B-VG zu werten. Auf die Behauptung, durch die Anwendung des Flächenwidmungsplanes erfolge auch eine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte, ist daher nicht weiter einzugehen.
4. Dem Antrag war somit nicht Folge zu geben.
Schlagworte
Raumordnung, Flächenwidmungsplan, Freiland, VfGH / Kosten, Verordnungserlassung, Verordnung Kundmachung, VfGH / Individualantrag, VfGH / FormerfordernisseEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1984:V22.1983Dokumentnummer
JFT_10158991_83V00022_00