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L0 Verfassungs- und OrganisationsrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
Nö. Landtagswahlordnung 1974; Erfordernis einer bestimmten Anzahl von Unterstützungserklärungen für die Gültigkeit eines Wahlvorschlages in §43 Abs2; kein Verstoß gegen das Verhältniswahlrecht und den Grundsatz des geheimen WahlrechtsSpruch
Der Wahlanfechtung wird nicht stattgegeben.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1. Am 16. Oktober 1983 fand die Nö. Landtagswahl statt. Die "Vereinte Grüne Österreichs (VGÖ)" ist zu dieser Wahl als wahlwerbende Partei aufgetreten und hat in allen vier Wahlkreisen, in die gemäß §2 der Nö. Landtagswahlordnung 1974 (LWO), LGBl. 0300-1, das Land für Zwecke der Landtagswahl eingeteilt ist, Wahlvorschläge erstattet. In den Wahlkreisen 3 und 4 enthielten die Wahlkreisvorschläge jedoch nicht die nach §43 Abs2 LWO erforderliche Zahl von 200 Unterstützungserklärungen, der Wahlvorschlag für den Wahlkreis 3 wies nur 128, der Wahlvorschlag für den Wahlkreis 4 nur 125 Unterstützungsunterschriften auf. Die für die Wahlkreise 3 und 4 von der VGÖ eingebrachten Wahlvorschläge wurden daher von den jeweiligen Kreiswahlbehörden zurückgewiesen, dies hinsichtlich des für den Wahlkreis 4 eingebrachten Wahlvorschlages zusätzlich wegen Verspätung, da er am 20. September 1983 erst 1 Minute und 30 Sekunden nach 13.00 Uhr eingebracht worden war und die gemäß §43 Abs1 LWO vorgesehene Frist zur Vorlage der Wahlvorschläge um 13.00 Uhr geendet hatte. Damit war die VGÖ in den Wahlkreisen 3 und 4 von der Wahlwerbung ausgeschlossen.
Die Ergebnisse der Nö. Landtagswahl wurden am 21. Oktober 1983 gemäß §97 Abs3 LWO verlautbart.
2. Die VGÖ hat am 16. November 1983 beim VfGH durch ihren Zustellungsbevollmächtigten eine auf Art141 B-VG gestützte Anfechtung der Wahl des Nö. Landtages eingebracht, in der sie den Antrag stellt, das Wahlverfahren in den Wahlkreisen 3 und 4 wegen Rechtswidrigkeit des Wahlverfahrens für nichtig zu erklären und eine Wiederholung der Wahl in diesen Wahlkreisen sowie die entsprechende Berücksichtigung eines neuen Wahlergebnisses auch im zweiten Ermittlungsverfahren anzuordnen.
Die Rechtswidrigkeit der Verhinderung der Teilnahme der Anfechtungswerberin an der Wahl in den Wahlkreisen 3 und 4 bestehe einerseits in der Anwendung verfassungswidriger Bestimmungen, die darin erblickt wird, daß §43 Abs2 LWO gegen den Gleichheitsgrundsatz und das Prinzip des geheimen Wahlrechtes verstoße; weiters wird geltend gemacht, daß Unterstützungswillige von der Behörde bei der Abgabe der Unterstützungserklärungen behindert worden seien.
Die Anfechtungswerberin verweist darauf, daß, der Rechtsprechung des VfGH folgend, aus der Zahl der für sie abgegebenen Unterstützungserklärungen nicht geschlossen werden könne, daß sie, wenn sie an der Wahl teilnehmen hätte können, die Wahlzahl nicht erreicht hätte. "Die Rechtswidrigkeit des Wahlverfahrens, wozu auch die Beglaubigung von Unterstützungserklärungen gehört, war (nach Ansicht der VGÖ) demnach auf das Wahlergebnis von Einfluß."
3. Die Landeswahlbehörde für das Land NÖ hat die Wahlakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Wahlanfechtung begehrt.
4. Der VfGH hat über die Wahlanfechtung erwogen:
4.1. Nach §67 Abs2 VerfGG 1953 idF der Novelle BGBl. 18/1958 sind zur Anfechtung der Wahl jene Wählergruppen berechtigt, die bei der Wahlbehörde Wahlvorschläge rechtzeitig vorgelegt haben.
Der VfGH hat seit dem Erk. VfSlg. 4992/1965 in ständiger Rechtsprechung den Standpunkt vertreten, daß die Anfechtungsberechtigung einer Wählergruppe jedenfalls insoweit, als die Frage der Gültigkeit eines eingereichten Wahlvorschlages für das Ergebnis der Wahlanfechtung entscheidend ist, nicht zusätzlich davon abhängt, ob der Wahlvorschlag auch rechtswirksam eingebracht worden ist (so auch VfSlg. 7387/1974).
Da auch die sonstigen Voraussetzungen vorliegen, ist die Anfechtung zulässig.
4.2.1.1. Die behauptete Verfassungswidrigkeit des §43 Abs2 LWO wegen Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz wird von der VGÖ wie folgt begründet:
"Uns ist bekannt, daß der VfGH in ständiger Rechtsprechung (etwa Erk. Slg. 2758, 3653, 6087, 6207, 7387, 7731 und 8694) Unterstützungserklärungen als verfassungsgemäß bezeichnet hat, wobei jedoch seiner Ansicht nach der Grundsatz des Verhältniswahlrechtes gewisse Schranken errichtet. Ohne auf die konkrete Bestimmung dieser Schranken näher einzugehen, verweisen wir dennoch darauf, daß gemäß §45 Abs2 Nationalratswahlordnung im Wahlkreis Niederösterreich für die Nationalratswahl nur 500 Unterstützungserklärungen erforderlich sind, während bei den Landtagswahlen in Niederösterreich in allen vier Wahlkreisen zusammen 800 Unterstützungserklärungen erforderlich sind. Diese Diskrepanz kann mit den sich aus dem Verhältniswahlrecht ergebenden Toleranzgrenzen nicht gerechtfertigt werden; sie verstößt letztlich auch gegen den Gleichheitsgrundsatz."
4.2.1.2. Nach Auffassung der Anfechtungswerberin wird gegen das Gleichheitsgebot dadurch verstoßen, daß Wählergruppen, die bei Landtagswahlen für alle vier Wahlkreise im Land NÖ kandidieren, fast doppelt soviel Unterstützungserklärungen benötigen, als für eine Kandidatur zu den Nationalratswahlen für den Wahlkreis NÖ. Diese Diskrepanz sei auch aus der Sicht des Verhältniswahlrechtes nicht zu rechtfertigen.
Die Regelung des Wahlrechtes zum Landtag ist Landessache, die Regelung des Wahlrechtes zum Nationalrat ist Bundessache. Der VfGH hat bereits in VfSlg. 8700/1979 ausgesprochen, daß eine unterschiedliche Regelung der Wahl zum Nationalrat und zu den Landtagen schon vom Verfassungsgesetzgeber grundgelegt und daher auch in Kauf zu nehmen ist. Die für die Wahlen zum Nationalrat getroffenen Regelungen bilden daher keinen Maßstab für die Ausgestaltung des Systems des Verhältniswahlrechtes durch den Landesgesetzgeber (VfSlg. 8852/1980). Wohl dürfen gemäß Art95 Abs2 B-VG die Landtagswahlordnungen die Bedingungen des aktiven und passiven Wahlrechtes nicht enger ziehen als die Wahlordnung zum Nationalrat; unter solchen Bedingungen sind aber nicht die Voraussetzungen für die Zulässigkeit eines Wahlvorschlages zu verstehen (VfSlg. 8694/1979). Der VfGH hegt daher weder Bedenken, daß die in Frage stehende Regelung gleichheitswidrig ist, noch daß sie gegen Art95 Abs2 B-VG verstößt.
Die nach §43 Abs2 LWO vorgeschriebene Zahl von Unterstützungserklärungen steht aber auch nicht im Widerspruch zum Verhältniswahlrecht. Der VfGH hat wiederholt ausgesprochen (vgl. VfSlg. 3969/1961, 6087/1969, 6207/1970, 8694/1979), daß es grundsätzlich verfassungsrechtlich unbedenklich ist, wenn die einfach-gesetzlichen Wahlordnungen die Zulassung wahlwerbender Gruppen von der Unterstützung durch eine gewisse Zahl Wahlberechtigter abhängig machen. Im Erk. VfSlg. 3969/1961 fand der VfGH die Grundsätze der demokratischen Verhältniswahl dann verletzt, wenn Wahlvorschläge für ihre Gültigkeit eine größere Zahl von Unterstützungserklärungen erfordern, als Stimmen nötig sind, um bei einer Wahlzahl nur durchschnittlicher Höhe ein Mandat zu erlangen. Dies besage aber nicht, daß eine Unterschriftenanzahl, die unter der durchschnittlichen Wahlzahl liegt, jedenfalls dem demokratischen Verhältniswahlrecht entspricht; es müßten gegebenenfalls auch sonstige in Betracht kommende Umstände beobachtet werden. Im Erk. VfSlg. 7821/1976, das eine Gemeindewahl betraf, erachtete der VfGH ein Erfordernis an Unterstützungserklärungen im Ausmaß zwischen 55 und 63 vH der für ein Mandat notwendigen Stimmen für verfassungswidrig. Von einem derartigen Mißverhältnis zwischen der Zahl der nach §43 Abs2 LWO geforderten Unterstützungserklärungen und der Wahlzahl in den nö. Wahlkreisen kann jedoch keine Rede sein (§43 Abs2 LWO fordert 200 Unterstützungserklärungen, die Wahlzahl betrug bei der angefochtenen Wahl im Wahlkreis 314145 Stimmen). Der VfGH sieht sich daher auch im Hinblick auf die Grundsätze des Verhältniswahlrechtes zu verfassungsrechtlichen Bedenken gegen §43 Abs2 LWO nicht veranlaßt.
4.2.2.1. Zur behaupteten Verletzung des geheimen Wahlrechtes wird von der VGÖ vorgebracht:
"Eine Verletzung des Grundsatzes des geheimen Wahlrechts durch das einfachgesetzlich aufgestellte Erfordernis von Unterstützungserklärungen hat der VfGH bis jetzt nicht festgestellt. Er vermeinte, daß der Grundsatz des geheimen Wahlrechts sich nur auf die Stimmenabgabe, nicht jedoch auf die Wahlwerbung, die ihrem Wesen nach öffentlich ist, beziehe; im übrigen sei die Geheimhaltung der Namen jener Personen, die einen Wahlvorschlag unterstützen, nicht nur gesetzlich nicht geboten, sondern praktisch unmöglich (Erk. Slg. 7731 und 8694). Daß die Geheimhaltung der Namen jener Personen, die einen Wahlvorschlag unterstützen, praktisch nicht möglich ist, ist nur dann richtig, wenn die Tatsache, daß ein Wahlberechtigter, der eine Unterstützungserklärung abgegeben hat, in der der öffentlichen Einsicht zugänglichen Wählerevidenz eingetragen wird. Dies ist vom Organisatorischen her durchaus nicht geboten; der Zweck - Verhinderung, daß ein Wahlberechtigter mehrere Unterstützungserklärungen abgibt - könnte durchaus auch erreicht werden, wenn die Personen, die Unterstützungserklärungen abgegeben haben, in ein gesondertes, nicht öffentliches Verzeichnis eingetragen werden.
Zumindest für die Wahlen zum Nö. Landtag ist es jedoch nicht richtig, daß das Erfordernis von 200 Unterstützungserklärungen pro Kreiswahlvorschlag nicht mit dem Grundsatz des geheimen Wahlrechts im Widerspruch steht. Die Parteiliste ist gemäß §43 Abs3 Z2 auf höchstens doppel so viele Bewerber beschränkt wie im Wahlkreis zu wählen sind, das sind (Kundmachung der Nö. Landesregierung vom 12. Juli 1983, LGBl. 0300/4-0, §1) im Viertel oberm Manhartsberg 20, im Viertel unterm Manhartsberg 22 Bewerber. In jedem dieser Wahlkreise sind jedoch 200 Unterstützungserklärungen erforderlich, was bedeutet, daß 178 bzw. 180 jener 200 Personen, die eine Unterstützungserklärung abzugeben verhalten sind, wenn sie ihrer Wahlpartei die Kandidatur ermöglichen wollen, von der Wahlwerbung ausgeschlossen sind! Diese 178 bzw. 180 Wahlberechtigten, die nicht auf die Kandidatenliste gelangen können und daher keine Wahlwerber sind, müssen jedoch ihre Sympathie mit einer bestimmten wahlwerbenden Gruppe in formeller Weise vor der Behörde zum Ausdruck bringen, um der wahlwerbenden Gruppe die Kandidatur überhaupt zu ermöglichen. Zu unterstellen, daß deswegen keine Verletzung des Grundsatzes der geheimen Wahl vorliegt, weil die Abgabe einer Unterstützungserklärung für eine Partei nicht notwendigerweise auch bedeutet, diese Partei zu wählen, geht am realen Leben und der politischen Vernunft vorbei. Die Partei A zu unterstützen und die Partei B zu wählen kann wohl einem klar denkenden politisch interessierten Wähler von vornherein nicht imputiert werden. Da dieser von der Wahlwerbung ausgeschlossene, die Kandidatur einer bestimmten Partei ermöglichen wollende Wähler gezwungen wird, sein Wahlverhalten öffentlich preiszugeben, handelt es sich um eine Verletzung des verfassungsmäßigen Grundsatzes des geheimen Wahlrechts."
4.2.2.2. Die Anfechtungswerberin hält der ständigen Rechtsprechung des VfGH, daß sich der Grundsatz des geheimen Wahlrechtes nur auf die Stimmabgabe bei der Wahl bezieht (vgl. VfSlg. 6087/1969, 6207/1970, 7731/1975), entgegen, daß Unterstützungserklärungen letztlich nur von Personen abgegeben würden, die auch die Absicht haben, die unterstützte Wählergruppe zu wählen, sodaß Unterstützungswillige, wenn der Vorgang nicht geheim bleibt, in Wahrheit gezwungen sind, ihre spätere Wahlentscheidung zu deklarieren. Der Aussage des VfGH, das System der Unterstützungsunterschriften mache ein Verfahren erforderlich, welches eine gewisse Publizität mit sich bringe (vgl. VfSlg. 8994/1979), hält die Anfechtungswerberin entgegen, daß "vom Organisatorischen her durchaus nicht geboten" sei, daß Unterstützungswillige ihre Absicht offenlegen müssen. Dies wäre nur für den Fall zu bejahen, daß eine Eintragung der Unterstützungserklärungen in der Wählerevidenz zu erfolgen hätte.
Der VfGH sieht sich aufgrund der Ausführungen der vorliegenden Wahlanfechtung nicht veranlaßt, seine Rechtsprechung zu revidieren. Es ist evident, daß das Prinzip des geheimen Wahlrechtes dem Wähler Gewißheit geben soll, daß Dritten unbekannt bleibt, wie er gewählt hat. In der Unterstützung einer wahlwerbenden Gruppe liegt wohl auch eine Wahlentscheidung (vgl. VfSlg. 5166/1965), ihr Ziel ist aber nur, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß eine wahlwerbende Gruppe kandidieren darf; Unterstützungserklärungen müssen daher notwendigerweise im Wahlverfahren in Erscheinung treten. Ausgehend hievon kann dem Landesgesetzgeber nicht der Vorwurf gemacht werden, in §43 Abs2 LWO eine sachwidrige Lösung getroffen zu haben. Im Gesetz werden nur solche Anordnungen getroffen, die der Wahlbehörde ermöglichen, ohne Schwierigkeiten zu überprüfen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen, die für Unterstützungsunterschriften gefordert sind, erfüllt wurden (zur Sachlichkeit der Regelung vgl. auch VfGH 20. Juni 1984 B307/83). Eine darüber hinausgehende Publizität, etwa durch Offenlegung der Namen unterstützender Personen in der Wählerevidenz, fordert das Gesetz nicht. Was die geforderte Zahl an Unterstützungserklärungen betrifft, genügt es, auf die Ausführungen unter 4.2.1.2. zu verweisen. Damit können aber gegen die eben zitierte Bestimmung auch keine Bedenken wegen eines Verstoßes gegen das Prinzip des geheimen Wahlrechts erhoben werden. Daran vermag auch nichts zu ändern, daß aus der notwendigen Deklarierung des Unterstützungswillens mit einem gewissen Grad an Wahrscheinlichkeit auf die Stimmabgabe bei der Wahl geschlossen werden kann.
4.3.1. Zum Nachweis einer das Wahlergebnis beeinflussenden Rechtswidrigkeit des Wahlverfahrens wird von der Anfechtungswerberin in der Anfechtungsschrift schließlich mit dem Hinweis, daß sie "diese Fälle nachzuweisen in der Lage" sei, es jedoch "eine große Dunkelziffer" gäbe, "abstrakt" vorgebracht:
"a) Gemäß der Nö. Landtagswahlordnung haben Unterstützungserklärungen innerhalb einer vorgegebenen Frist von 4 Wochen ab dem Stichtag, also im Fall der Landtagswahl 1983, von 19. August bis 16. September 1983, von den Gemeinden bzw. Magistraten unverzüglich beglaubigt zu werden. Jedoch wurden Bürger, welche Unterstützungserklärungen abgeben wollten, bereits ab dem 29. August 1983 mit der Behauptung, die Frist wäre bereits abgelaufen, von den Beamten abgewiesen. Dies geschah nachweisbar in mehreren Gemeinden in den Wahlkreisen 3 und 4.
b) In einer anderen Gemeinde im Wahlkreis 3 wurde Bürgern vom zuständigen Beamten die Beglaubigung der Unterstützungserklärung durch die Behauptung verweigert, der Computer wäre nicht betriebsbereit, eine Begründung, die absolut nicht zutrifft, da die Wählerverzeichnisse überall in gedruckter Form auflagen und eine Einsicht daher jederzeit möglich war. In der gleichen Gemeinde wurden Bürger am Abgeben der Unterstützungserklärung mit der Begründung gehindert, der 'zuständige' Beamte sei nicht zugegen. In all diesen Fällen wurde den Bürgern erklärt, sie mögen ein andermal kommen. Nur wenn jemand besonders hartnäckig war und mehrmals das Gemeindeamt aufsuchte, war es möglich, eine Unterstützungserklärung abzugeben."
Da in der Wahlanfechtung unter Hinweis darauf, daß in zahlreichen Fällen eine Preisgabe des Namens aus Angst vor Repressalien abgelehnt werde, ausgeführt wurde, daß die Anfechtungswerberin "die Namen der betreffenden Personen im Zuge des Verfahrens auf Aufforderung des VfGH bekanntgeben" werde, wurde die VGÖ unter Hinweis auf allfällige Folgen nach §19 Abs3 VerfGG 1953 idF BGBl. 353/1981 befristet zur Nominierung jener Personen aufgefordert, auf die sie sich zum Nachweis der Richtigkeit ihres Vorbringens stütze. Hierauf äußerte sich die Anfechtungswerberin wie folgt:
"Es handelt sich um folgende Personen:
Herbert ST, ...
Elisabeth W, ...
Johann K, ...
Ewald und Erna G, ...
...
Wir erlauben uns, nochmals darauf hinzuweisen, daß die genannten Personen sicher nur die 'Spitze eines Eisberges' darstellen, da sie sich zusätzlich zu einem ergebnislosen Behördenweg noch die Mühe machten, uns über die dubiosen Umstände zu informieren bzw. im Fall der Familie G den unangenehmen Behördenweg sogar noch ein drittes Mal (!) absolvierten, um zu ihrem staatsbürgerlichen Recht zu kommen. Die vielen Fälle, wo Unterstützungswillige, die unrechtmäßigerweise wieder weggeschickt wurden, sich diese Mühe nicht machten, kann man nur erahnen. Immerhin gibt es in den niederösterreichischen Wahlkreisen III und IV einige 100 Gemeinden!"
4.3.2. Der VfGH stellt zunächst fest, daß nach Inhalt der Wahlakten alle vorgenannten Personen Unterstützungserklärungen für die VGÖ abgegeben haben (dies trifft auch auf Johann K zu, der den Wahlvorschlag für den Wahlkreis 4 unterstützt hat) und diese auch als gültig anerkannt wurden. Ein allfälliges rechtswidriges Verhalten von Gemeindebehörden anläßlich der Abgabe der Unterstützungsunterschriften dieser Personen kann sich daher auf das Wahlergebnis nicht ausgewirkt haben.
Was die "Dunkelziffer" der an der Abgabe von Unterstützungserklärungen angeblich verhinderten Unterstützungswilligen betrifft, so handelt es sich, wie die VGÖ selbst ausführt, um einen Personenkreis, dessen Zahl "man nur erahnen" könne. Damit werden der Wahlfechtung jedoch in Wahrheit lediglich Mutmaßungen zugrunde gelegt. Gleiches gilt für das Anfechtungsvorbringen, "daß die genannten Personen sicher nur die 'Spitze eines Eisberges' darstellen". Bei dem von der anfechtenden Wählergruppe auf dieser Grundlage erhobenen Vorwurf, daß sich Unregelmäßigkeiten vergleichbarer Art wie bei den benannten Personen auch in anderen Gemeinden ereignet hätten, die dort dazu geführt hätten, daß Unterstützungswillige an der Abgabe ihrer Unterschrift für den Wahlvorschlag gehindert worden seien, handelt es sich demnach um keine ausreichend substanziierte Behauptung von das Wahlergebnis beeinflussenden Rechtswidrigkeiten, wie sie nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH für eine Wahlanfechtung vorausgesetzt wird (vgl. VfSlg. 1904/1950, 2937/1955, 6339/1970, 7070/1973, 8321/1978, 8700/1979, 9011/1981, 9441/1982).
4.4. Der Wahlanfechtung war demgemäß nicht stattzugeben.
Schlagworte
Kompetenz Bund - Länder Wahlrecht, Wahlen, Wahlvorschlag, VfGH / Wahlanfechtung, VfGH / FormerfordernisseEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1984:WI7.1983Dokumentnummer
JFT_10158990_83WI0007_00