TE Vfgh Erkenntnis 1984/10/11 B324/83, B325/83, B248/84

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 11.10.1984
beobachten
merken

Index

10 Verfassungsrecht
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 (B-VG)

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
B-VG Art144 Abs1 / Prüfungsmaßstab
B-VG Art144 Abs1 / Legitimation
AVG §8
AVG §63
VfGG §87 Abs2

Leitsatz

B-VG Art144 Abs1; Abgehen von Rechtsansicht des VfGH bei Erlassung eines Ersatzbescheides; damit Verletzung desselben verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes wie mit dem Bescheid, dessen Aufhebung zu dem Ersatzbescheid führte; keine Legitimation zur Beschwerdeführung gegen die Zurückweisung des Antrages auf Bescheidzustellung infolge der vom VfGH - breits - festgestellten Berechtigung, Berufung zu erheben

Spruch

1. Die Bf. sind durch die Bescheide vom 8. April 1983 (angefochten zu B324/83 und B325/83) im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden.

Die Bescheide werden aufgehoben.

2. Die Beschwerde gegen den Bescheid vom 24. Feber 1984 (angefochten zu B248/84) wird zurückgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. a) K F - der Ehegatte der Bf. FF und Vater des Bf. H F - ist am 10. Juli 1977 verstorben. In seinem Testament vom 21. April 1972 hatte er seine Gattin zur Universalerbin eingesetzt und seinen Sohn auf den Pflichtanteil beschränkt.

Am 30. April 1979 schlossen F und H F ein Pflichtteilsübereinkommen, demzufolge H F zur Abgeltung seines Pflichtteiles in der Höhe von 1848848 S aus dem Nachlaß die beiden Liegenschaften EZ ..., KG Oberwaltersdorf, Grundstück Nr. ... mit einem Verkehrswert von 1350000 S und EZ ..., KG Favoriten, Haus in der S-Gasse, Grundstück Nr. ..., Bauareal mit einem Verkehrswert von 360000 S unter Übernahme der im Grundbuch einverleibten Pfandrechte zugunsten der Ersten Österreichischen Spar-Casse im zum Todestag aushaftenden Betrag von insgesamt 485493 S erhielt. Der noch ausstehende Differenzbetrag wurde durch die Hingabe von Wertpapieren im Verkehrswert von 138949,50 S berichtigt.

Mit Beschluß des BG Innere Stadt Wien vom 7. Mai 1979 wurde der Nachlaß aufgrund des erwähnten Testamentes F F zur Gänze eingeantwortet.

b) Das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien schrieb für diese Erwerbsvorgänge F F und dem damals noch minderjährigen H F Erbschaftssteuer und Grunderwerbsteuer in bestimmter Höhe vor. Dieser Bescheid vom 4. März 1980 ist wie folgt adressiert:

"F F

zuhanden Rechtsanwalt Dr. G P

...

..."

c) Gegen diesen Bescheid erhoben F und H F Berufung.

Darüber traf die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (im folgenden kurz: FLD) mit Bescheid vom 19. Dezember 1980 die folgende Entscheidung:

"In der Erbschafts- und Grunderwerbsteuersache der Frau F F und des minderjährigen H F, dieser vertreten durch seinen gesetzlichen Vertreter F F, L-Straße, 1030 Wien, vertreten durch Dr. G P, Dr. W-D A, Rechtsanwälte, wird über die Berufung gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien vom 4. März 1980, BRP 175900/79, BAP 80/44582, entschieden wie folgt:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid gemäß §289 Abs2 BAO abgeändert wie folgt:

F F

Erbschaftssteuer gemäß §8 Abs1 ErbStG

7% von 1726900 S =                           120883 S

Erbschaftssteuer gemäß §8 Abs4 ErbStG

1% von 500000 S =                              5000 S

mj. H

F Erbschaftssteuer gemäß §8 Abs1 ErbStG

7% von 1818840 S =                           127319 S

Grunderwerbsteuer gemäß §14 Abs1 GrEStG

2% von 2195493 S =                            43910 S

                                             ---------

insgesamt                                    297112 S"

Dieser Berufungsbescheid ist wie folgt adressiert:

"Frau und Herrn

F und mj. H F

vertreten durch F F

z. H. Herrn

Dr. G P

Dr. W-D A

Rechtsanwälte

...

..."

d) Gegen diesen Berufungsbescheid vom 19. Dezember 1980 erhoben F F (als Erstbf.) und H F (als Zweitbf.) eine auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde.

Der VfGH erkannte darüber mit Erk. vom 24. Juni 1982, B66/81, (= VfSlg. 9446/1982) zu Recht:

"Die Beschwerdeführer sind durch den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 19. Dezember 1980, GZ GA 11-2193/1/80, soweit mit ihm der Erstbeschwerdeführerin gemäß §8 Abs4 ErbStG Erbschaftssteuer von 5000 S und dem Zweitbeschwerdeführer gemäß §14 Abs1 GrEStG Grunderwerbsteuer von 43910 S vorgeschrieben wird, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden.

Der Bescheid wird daher insoweit aufgehoben.

..." (Kostenentscheidung).

In den Entscheidungsgründen wird zunächst das Verwaltungsgeschehen geschildert und sodann ausgeführt, daß gegen den Berufungsbescheid der FLD vom 19. Dezember 1980 die VfGH-Beschwerde erhoben wurde. In den Entscheidungsgründen heißt es dann wörtlich:

"Bekämpft werden nur jene Teile des Bescheides, mit denen der Erstbfin. gemäß §8 Abs4 ErbStG Erbschaftssteuer von 5000 S und dem Zweitbf. gemäß §14 Abs1 GrEStG Grunderwerbsteuer von 43910 S vorgeschrieben wird. Nicht angefochten werden hingegen jene Bescheidteile, die die Erstbfin. zur Bezahlung von Erbschaftssteuer gemäß §8 Abs1 ErbStG und den Zweitbef. zur Bezahlung von Erbschaftssteuer verpflichten. Über diese - trennbaren - nicht bekämpften Bescheidteile war daher vom VfGH nicht abzusprechen."

2. a) aa) Darauf entschied die FLD mit Bescheid vom 8. April 1983 neuerlich über die Berufung der F F gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien vom 4. März 1980 wie folgt:

"Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid gem. §289 Abs2 BAO abgeändert wie folgt:

F F

ErbStG gem. §8 Abs1 ErbStG 9% von

3422300 S = 308007 S

Soweit durch diesen Bescheid eine Abgabenfestsetzung erfolgt, ist dieser Abgabenbetrag gemäß §210 Abs1 BAO mit Ablauf eines Monates nach Zustellung dieser Berufungsentscheidung fällig"

In der Begründung dieses Berufungsbescheides lautet es nach Darstellung des bisherigen Verwaltungsgeschehens:

"Mit Erkennntis vom 24. Juli 1982, B66/81-15 hat der VfGH den Bescheid insoweit aufgehoben, als ein Zuschlag gem. §8 Abs4 lita ErbStG in Höhe von 5000 S vorgeschrieben worden war.

Da jedoch die Vorschreibung der Erbschaftssteuer gemäß §8 Abs1 und 4 ErbStG sich als einheitlicher Bescheid darstellt, der nur zur Gänze und nicht nur hinsichtlich der Vorschreibung des Zuschlages aufgehoben werden kann, ist davon auszugehen, daß der VfGH den Bescheid mit dem der Bw. der auf sie entfallende Erbschaftssteuerbetrag von insgesamt 125883 S vorgeschrieben wurde, zur Gänze aufgehoben hat. Über die Berufung ist nun neuerlich zu entscheiden.

Nach dem Erkenntnis des VfGH vom 24. Juni 1982, B66/81-15, war der Berufung stattzugeben, da die Liegenschaften der Bw. nicht von Todes wegen angefallen sind und daher ein Zuschlag gem. §8 Abs4 lita ErbStG nicht zur Vorschreibung kommen kann.

Der Rechtslage folgend mußte nunmehr aber auch der Erbanfall an die Erbin demgemäß berichtigt werden. Als Verbindlichkeiten für geltend gemachte Pflichtteilsansprüche sind demnach nur die Liegenschaften im Einheitswert von 500000 S sowie die Wertpapiere von 138949 S anzusetzen. Der bisher als Verbindlichkeit anerkannte Pflichtteilsanspruch von 1848848 S sowie die auf den Liegenschaften aushaftenden Lasten von insgesamt 485493 S sind hingegen als den Erwerb der Bw. mindernde Verbindlichkeiten zu streichen.

Die Bemessungsgrundlage errechnet sich sohin wie folgt:

Aktiva laut Betriebsprüfung                     S 5931604,85

Passiva laut Betriebsprüfung                    S 2252335,22

                                              --------------

Reinnachlaß                                     S 3679269,63

abzüglich Ger. K.                               S   14753,-

                                              --------------

                                                S 3664516,63

abzügl. Einheitswerte                         - S  500000,-

abzügl. Wertpapiere                           - S  138949,-

plus Pfandrecht Erste österr. Spar-Casse      + S  485493,-

                                              --------------

                                                S 3511060,63

ab §14 ErbStG                                 - S   30000,-

ab §15 ErbStG                                 - S   58751,-

                                              --------------

                                                S 3422300,-

gem. §8 (1) ErbStG 9% = S 308007,-."

bb) Gegen diesen an F F gerichteten Berufungsbescheid vom 8. April 1983 erhebt sie eine auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde (protokolliert zu B324/83), in der sie die Verletzung näher bezeichneter verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.

b) aa) Ferner sprach die FLD (nach Aufhebung ihres Berufungsbescheides vom 19. Dezember 1980 durch den VfGH mit Bescheid vom 8. April 1983 neuerlich über die Berufung des H F gegen den Bescheid des Finanzamtes vom 4. März 1980 ab. Sie wies gemäß §273 iVm. §278 BAO die Berufung zurück, da sie nicht zulässig sei.

Dieser Bescheid ist wie folgt begründet:

"Da gem. §246 Abs1 BAO zur Einbringung einer Berufung nur derjenige befugt ist, an den der den Gegenstand der Anfechtung bildende Bescheid ergangen ist, war der Bw. nicht legitimiert, eine Berufung einzubringen.

Der erwähnte Bescheid erging an F F vertreten durch Rechtsanwalt Dr. G P. An den Einschreiter ist in der Grunderwerbsteuerangelegenheit betreffend die Verlassenschaft nach K F und das Pflichtteilsübereinkommen vom 30. April 1979 kein Bescheid ergangen.

Gem. §273 BAO hat die Abgabenbehörde erster Instanz eine Berufung, die gegen einen von ihr erlassenen Bescheid eingebracht worden ist, durch Bescheid zurückzuweisen, wenn die Berufung nicht zulässig ist. Die Abgabenbehörde zweiter Instanz hat gem. §278 BAO zu prüfen, ob ein Grund zur Zurückweisung der Berufung vorliegt. Ist ein solcher Grund gegeben, so hat die Abgabenbehörde zweiter Instanz die Zurückweisung mit Bescheid auszusprechen.

Die gebotene Zurückweisung hatte zu erfolgen, da Unzuständigkeit der Behörde dann vorliegt, wenn diese ein Rechtsmittel, das als unzulässig zurückzuweisen wäre, meritorisch erledigt (VwGH Erk. vom 18. März 1982, Z 2209/79).

Die Berufung war somit zurückzuweisen."

bb) Gegen diesen Bescheid führt H F zu B325/83 gemäß Art144 B-VG Beschwerde. Auch er behauptet die Verletzung näher bezeichneter verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte. Er begehrt die kostenpflichtige Aufhebung des bekämpften Bescheides, hilfsweise die Abtretung der Beschwerde an den VwGH.

c) aa) Vorsichtshalber stellte H F am 25. Mai 1983 beim Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien den Antrag, ihm den Bescheid vom 4. März 1980 zuzustellen. Da das Finanzamt bis dahin über dieses Anbringen nicht entschieden hatte, beantragte er am 24. November 1983 die Entscheidung durch die FLD.

Mit Bescheid vom 24. Feber 1984 wies die FLD den Antrag des H F vom 24. November 1983 auf Bescheidzustellung zurück.

Sie begründete dies wie folgt:

"In der Verlassenschaft nach K F hat der Antragsteller als Sohn des Erblassers seinen Pflichtteil geltend gemacht und erhielt aufgrund eines Pflichtteilsübereinkommens zur Abgeltung seiner Pflichtteilsansprüche zwei Liegenschaften aus dem Nachlaß und für den noch ausstehenden Differenzbetrag Wertpapiere.

Das Finanzamt forderte mit Bescheid vom 4. März 1980, BRP 175900/79, BAP 80/44582 Erbschaftssteuer und Grunderwerbsteuer in Höhe von 287402 S an, wobei dieser Bescheid bezüglich der Erbschaftssteuer gem. §13 (2) ErbStG und bezüglich der Grunderwerbsteuer gem. §17 (4) GrEStG der Mutter des Antragstellers, F F als Universalerbin zugestellt wurde.

Wie der VwGH in seinem Erkenntnis vom 19. Juni 1980, Z 1532/78 dargetan hat, besteht keine gesetzliche Vorschrift, die die Abgabenbehörde verpflichten würde, bei Vorliegen eines Gesamtschuldverhältnisses nach Bezahlung der Schuld durch einen der Schuldner einen Abgabenbescheid gegen den Mitschuldner zu erlassen. Nun im konkreten Fall die angeforderte Steuer am 1. April 1980 bzw. am 26. Juni und 2. September 1981 zur Gänze bezahlt worden, sodaß kein Steueranspruch mehr besteht, der die Erlassung dieses Bescheides an den Antragsteller rechtfertigen würde."

bb) Gegen diesen Bescheid wendet sich die unter B248/84 protokollierte, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde des H F. Er behauptet, in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden zu sein und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des Bescheides.

3. Die FLD als bel. Beh. hat zu allen drei Beschwerden Gegenschriften erstattet, in denen sie die Abweisung der Beschwerden begehrt.

II. Der VfGH hat über die Beschwerde erwogen:

1. Zu B324/83 und B352/83:

a) Da die angefochtenen Bescheide vom 8. April 1983 nach einem stattgegebenen Erk. des VfGH iS des §87 Abs2 VerfGG 1953 ergingen, hatte die bel. Beh. dem Gesetz den der Rechtsanschauung des VfGH entsprechenden Inhalt beizumessen (vgl. zB VfSlg. 8571/1979, 9166/1981, S 587 f. iVm. VfSlg. 4126/1961 S 724).

Wie der VfGH mehrfach ausgesprochen hat, erstreckt sich die Bindung der Behörde bei Erlassung des Ersatzbescheides an die Rechtsanschauung des VwGH auch auf solche Fragen, die der Gerichtshof zwar nicht ausdrücklich behandelt hat, die aber eine notwendige Voraussetzung für den Inhalt seiner aufhebenden Entscheidung darstellen (VfSlg. 8536/1979 und die dort zitierte weitere Vorjudikatur). Gleiches gilt für einen Ersatzbescheid, der nach einem aufhebenden Erk. des VfGH erlassen wird (vgl. zB VfSlg. 8571/1979).

b) aa) Der VfGH hat mit Erk. VfSlg. 9446/1982 lediglich Teile des im ersten Rechtsgang erlassenen Bescheides der FLD vom 19. Dezember 1980 aufgehoben, nämlich soweit mit dem Bescheid F F gemäß §8 Abs4 ErbStG Erbschaftssteuer von 5000 S und H F gemäß §14 Abs1 GrEStG Grunderwerbsteuer von 43910 S vorgeschrieben wurde. Die übrigen Bescheidteile werden durch dieses Erk. unberührt gelassen. Dies ergibt sich mit einer jeden Zweifel ausschließenden Klarheit aus der Textierung des Spruches und wird durch die Entscheidungsgründe bekräftigt (s. oben I.1.d). Die Versuche der bel. Beh., das zitierte Erk. dahin umzudeuten, daß der gesamte Bescheid vom 19. Dezember 1980 aus der Rechtsordnung beseitigt wurde, weil er nach Meinung der FLD nicht trennbar sei, mußten daher scheitern. Der VfGH hat im Erk. VfSlg. 9446/1982 ausdrücklich darauf hingewiesen, daß seiner Ansicht nach die aufgehobenen Bescheidteile von den anderen Bescheidteilen trennbar sind.

bb) Der VfGH ist im zitierten Erk. davon ausgegangen, daß schon der erstinstanzliche Bescheid vom 4. März 1980 nicht nur an F F, sondern auch an ihren damals noch mj. Sohn H F erlassen worden war und daß daher auch er berechtigt war, dagegen Berufung zu erheben. Im übrigen war das auch die Ausgangsposition der FLD im ersten Rechtsgang.

c) Aus diesem die bel. Beh. bindenden Inhalt des Erk. VfSlg. 9446/1982 ist zu folgern:

aa) Eine der notwendigen Voraussetzungen des Inhaltes dieses Erk. war, daß der Bescheid der FLD vom 19. Dezember 1980 trennbar sei.

Die bel. Beh. hat - unter Mißachtung der Bindungswirkung der im ersten Rechtsgang erflossenen verfassungsgerichtlichen Entscheidung - im zweiten Rechtsgang in dem an F F ergangenen Ersatzbescheid vom 8. April 1983 die Trennbarkeit verneint.

bb) Eine weitere notwendige Voraussetzung des Inhaltes des Erk. VfSlg. 9446/1982 war, daß auch der Bf. H F berechtigt war, gegen den erstinstanzlichen Bescheid vom 4. März 1980 Berufung zu erheben.

Die FLD hat - gleichfalls unter Mißachtung der Bindungswirkung dieses VfGH-Erk. - in dem an H F erlassenen Ersatzbescheid vom 8. April 1983 dieses Berufungsrecht negiert.

cc) Die bel. Beh. ist sohin bei Erlassung beider Ersatzbescheide vom 8. April 1983 von der Rechtsansicht des VfGH abgegangen, ohne hiezu durch eine seither eingetretene Änderung der Rechtslage befugt zu sein. Sie hat dadurch dasselbe verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht - hier das Gleichheitsrecht - verletzt wie mit dem Bescheid, dessen Aufhebung zur Erlassung der Ersatzbescheide führte (vgl. zB VfSlg. 8397/1978, 8571/1979).

Die Bf. sind also durch die Bescheide vom 8. April 1983 im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden. Diese zu B324/83 und B325/83 bekämpften Bescheide werden daher aufgehoben.

2. Zu B248/84:

a) Der Bf. H F bezog im (von ihm offenkundig nur vorsichtshalber initiierten) Administrativverfahren den Standpunkt, daß der Bescheid des Finanzamtes vom 4. März 1980 nicht an ihn ergangen sei und er daher kein Berufungsrecht habe. Er stellte sich damit - entgegen seiner in den Verfahren B66/81 und B325/83 bezogenen Position - auf den von der FLD im zweiten Rechtsgang vertretenen Standpunkt.

Weil die Behörde von diesem Standpunkt ausging, wurde der Ersatzbescheid als verfassungswidrig aufgehoben (s. die vorstehende Z1).

Eine - neuerliche - Zustellung des Bescheides des Finanzamtes an den Bf wäre unter diesen Voraussetzungen mithin zwecklos; sie würde seine Rechtsposition nicht im gewünschten Sinn verbessern, indem mit der beantragten Zustellung das angestrebte Berufungsrecht bewirkt wird, da ihm dieses auch ohne die (neuerliche) Zustellung ohnehin zusteht.

Wenn die bel. Beh. den Antrag des Bf. H F zurückgewiesen und damit im Ergebnis ein Recht, (neuerlich) den erstinstanzlichen Bescheid vom 4. März 1980 zugestellt zu erhalten, verneint hat, kann damit seine Rechtsposition nicht verändert werden. Es fehlt ihm im Hinblick darauf, daß gleichzeitig seinem Anliegen durch dieses Erk. des VfGH Rechnung getragen wird (s. oben II.1.), die Beschwer.

Die Beschwerde war daher zurückzuweisen (vgl. zB VfSlg. 9177/1981, 9452/1982, 9471/1982).

Schlagworte

Bindung (der Verwaltungsbehörden an VfGH), VfGH / Legitimation, Bescheid Trennbarkeit, Verwaltungsverfahren, Berufung, Zustellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1984:B324.1983

Dokumentnummer

JFT_10158989_83B00324_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten