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L5 KulturrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerordnungLeitsatz
Sbg. Seenschutzverordnung 1971; Verstoß gegen §3 Abs1 Z1 durch Abstellen eines PKW in der geschützten Uferzone; keine Bedenken gegen §3 Abs1 Z1; keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch eine denkunmögliche oder willkürliche Vorgangsweise sowie durch gravierende Verfahrensmängel; kein Verstoß gegen Art5, 6 und 7 MRKSpruch
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Aufgrund der Anzeige eines Naturschutzorgans erließ die Bezirkshauptmannschaft Sbg.-Umgebung gegen den Bf. eine mit 25. August 1976 datierte Strafverfügung, mit der er wegen einer Verwaltungsübertretung nach §3 Abs1 Z1 der Seenschutzverordnung 1971 bestraft wurde, weil er am 1. Juli 1976 das durch Anführung des Kennzeichens bezeichnete KFZ im Fuschlsee-Landschaftsschutzgebiet am Fuschlsee-Ufer/Thalgauerseite außerhalb einer Straße abgestellt habe. Der Bf. erhob gegen die Strafverfügung Einspruch, in dem er ausführte, daß er Besitzer des Waldgrundstückes Parzellen .../1 und .../3 der KG Egg am Fuschlsee sei und daher im Rahmen der ihm gesetzlich und verfassungsrechtlich eingeräumten Rechte gehandelt habe.
2. Die Bezirkshauptmannschaft erließ sodann ein Straferk. im dem die Tat in derselben Weise umschrieben und rechtlich beurteilt wurde. Der Bf. ergriff Berufung, welcher die Sbg. Landesregierung jedoch mit Bescheid vom 12. November 1978 keine Folge gab. Sie begründete ihre Entscheidung im wesentlichen folgendermaßen:
"Die zur Last gelegte Handlung, nämlich das Abstellen eines Kraftfahrzeuges außerhalb der Straße, ist unbestritten. Die Behörde hat sich demnach weiters mit der Frage auseinanderzusetzen, ob die in der Verordnung enthaltene Ausnahme Anwendung findet, das heißt im konkreten Fall, ob das Abstellen des Kraftfahrzeuges außerhalb der Straße zum Zwecke der ordnungsgemäßen Bewirtschaftung des Grundstückes des Beschuldigten erfolgte.
Der Berufungswerber ist auf die Frage, zu welchem Zweck im konkreten Fall sein Kraftfahrzeug abgestellt wurde, im Verfahren nicht eingegangen. Ganz allgemein wird in der Berufung vom 21. 11. 1977 behauptet, daß ungebetene Badebesucher schädigende Eingriffe vornehmen, sodaß immer wieder diverse Maßnahmen erforderlich sind. Weiters wird die Meinung vertreten, daß auch die Abwehr derartiger Eingriffe an warmen Sommertagen zur ordnungsgemäßen Bewirtschaftung eines Grundstückes zählt. Schließlich ergibt sich noch am Ende der gegenständlichen Berufung der Hinweis, daß die Abstellung des Kraftfahrzeuges auch zu Erholungszwecken erfolgt.
Überlegt man ganz allgemein, daß das gegenständliche Grundstück als Waldgrundstück anzusehen ist (dies wurde laut Angabe in der Berufung durch ein Verfahren vor dem VfGH festgestellt), so ergibt sich zwangsläufig, daß als ordnungsgemäße Bewirtschaftung nur eine solche verstanden werden kann, die der Waldwirtschaft dient. Das Abstellen eines Kraftfahrzeuges zum Zwecke der ordnungsgemäßen Waldbewirtschaftung, insbesondere also zur Holznutzung, wäre daher nach der zitierten Bestimmung der Seenschutzverordnung 1971 nicht untersagt. Die Abwehr anderer Badegäste an heißen Sommertagen kann jedoch keinesfalls unter diesem Begriff verstanden werden, ebensowenig die Nutzung des Waldgrundstückes zu Erholungszwecken durch den Grundeigentümer. Eine derart weitgehende Auslegung kann aus der Formulierung 'ordnungsgemäße Bewirtschaftung' nicht abgeleitet werden. Überdies ist für diese Tätigkeit auch nicht das Zufahren bis zum Grundstück des Berufungswerbers und damit das Abstellen des Kraftfahrzeuges erforderlich. Vielmehr besteht eine von der Naturschutzbehörde bewilligte Abstellmöglichkeit in einer Entfernung von etwa 350 m vom Grundstück des Beschuldigten. Es ist diesem daher durchaus zuzumuten, diese kurze Wegstrecke zu Fuß zurückzulegen. Für eine waldwirtschaftliche Nutzung seines Grundstückes, für welche der Einsatz von Kraftfahrzeugen notwendig ist, ist in der Seenschutzverordnung die genannte Ausnahmebestimmung vorgesehen.
Die Behörde kann daher auch mangels anderweitiger Behauptungen des Beschuldigten mit Recht davon ausgehen, daß das zur Last gelegte Abstellen des Kraftfahrzeuges des Beschuldigten außerhalb der Straße nicht der ordnungsgemäßen Bewirtschaftung seines Grundstückes gedient hat.
...
Bezüglich der vom Beschuldigten geltend gemachten zweimaligen Bestrafung für die gleiche Tat ist zu bemerken, daß es sich dabei um zwei Tathandlungen (am 1. 7. 1976 und am 7. 7. 1976) gehandelt hat, die Strafbehörde erster Instanz jedoch infolge eines offensichtlichen Irrtums zwei Straferkenntnisse erlassen hat, die beide den 1. 7. 1976 als Tatzeitpunkt angeben. Eine entsprechende Berichtigung dieses Umstandes ist bereits durch die Berufungsbehörde erfolgt."
3. Gegen den Berufungsbescheid richtet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde an den VfGH in welcher der Bf. die Verletzung näher bezeichneter verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte behauptet und die Bescheidaufhebung begehrt.
II. Der VfGH hat über die Beschwerde erwogen:
1. Die Seenschutzverordnung 1971, LGBl. 77, erklärt in ihrem §1 Abs1 (ua.) im Land Sbg. gelegene, an die in der Anlage genannten Seen (darunter den Fuschlsee) angrenzende Geländestreifen in einer Breite von 500 Meter vom Seeufer landeinwärts gemessen zu Landschaftsschutzgebieten. Nach §2 Abs1 der V ist bei bewilligungspflichtigen Bauführungen (und in bestimmten anderen Fällen) die Zustimmung der Landesregierung vom Standpunkt des Naturschutzes zu erwirken. Hieran anknüpfend, bestimmt §3 Abs1 der V (insbesondere) folgendes:
"(1) Darüber hinaus werden die folgenden Maßnahmen, die einer behördlichen Genehmigung nicht bedürfen, als schädigende Eingriffe in das geschützte Landschaftsbild in den im §1 bezeichneten Landschaftsschutzgebieten untersagt:
1. Zelten und das Abstellen von Wohnwagen auf anderen als hiefür zugelassenen Plätzen und das Abstellen von Kraftfahrzeugen außerhalb der Straßen, ausgenommen zum Zwecke der ordnungsgemäßen Bewirtschaftung von Grundstücken;
..."
Der Bf. kritisiert die Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides insofern, als er - wie sein Vorwurf wohl zu verstehen ist - eine gleichheitswidrige Handhabung der gesetzlichen Verordnungsermächtigung bei der Erlassung der wiedergegebenen Z1 im §3 Abs1 annimmt. Dies deshalb, weil zwar das Abstellen von Kraftfahrzeugen neben einer Straße dem Verbot unterliege, nicht jedoch das Abstellen auf der Straße. Der Bf. stellt in Frage, daß das eine Vorgehen als schwerwiegender Eingriff, das andere hingegen nicht als solcher zu werten sei.
Mit dieser Argumentation vermag der Bf. jedoch schon deshalb keine Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit der bezogenen Verordnungsstelle hervorzurufen, weil er keinen Durchschnittsfall, sondern einen Grenzfall, nämlich das Abstellen des Kraftfahrzeuges neben der Straße, zum Vergleich heranzieht. Im übrigen dient es durchaus dem Schutz des Landschaftsbildes, auch ein derartiges Abstellen eines Kraftfahrzeuges außerhalb einer Verkehrsfläche zu unterbinden.
Da sich auch sonst keine Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der den bekämpften Bescheid tragenden Rechtsvorschriften ergeben haben, ist festzuhalten, daß weder eine hieraus abzuleitende Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte stattfand noch daß eine rechtswidrige generelle Norm angewendet wurde.
2. Bei der aus der Sicht dieses Beschwerdefalles gegebenen verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides könnte gemäß der ständigen Rechtsprechung des VfGH die vom Bf. geltend gemachte Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums nur stattgefunden haben, wenn der Bescheid das Ergebnis einer denkunmöglichen, also einer mit Gesetzlosigkeit auf gleiche Stufe zu stellenden Gesetzesanwendung wäre, und die weiters behauptete Verletzung des Gleichheitsrechtes nur dann, wenn die Behörde Willkür geübt hätte (s. zB VfSlg. 9047/1981 und 9015/1981). Entgegen den Beschwerdebehauptungen trifft jedoch beides nicht zu, wobei in diesem Zusammenhang im Hinblick auf bestimmte weitwendig dargelegte Vorwürfe vorweg klarzustellen ist, daß das Beschwerdeverfahren weder dazu dient, im Verwaltungsverfahren versäumtes Parteienvorbringen nachzuholen (VfSlg. 9852/1983), noch dazu, gegen behördliche Tätigkeiten anzukämpfen, die zum normativen Inhalt des Bescheides keinen Bezug haben.
a) Der Bf. kritisiert zunächst, daß die bel. Beh. nicht ermittelt habe, ob er sich zur Tatzeit auf seinem Grundstück aufgehalten und welche Tätigkeit er dabei verrichtet habe.
Hiezu genügt der Hinweis, daß der Bf. im gesamten Verwaltungsverfahren einerseits dem Vorwurf nicht widersprach, seinen PKW zur Tatzeit auf seinem Grundstück abgestellt zu haben, und andererseits nicht behauptete, daß er für die Bewirtschaftung eines Waldes typische Tätigkeiten ausgeübt habe.
b) Weiters hält der Bf. die ihm angelastete Tat für nicht strafbar, weil er sein Fahrzeug zwecks ordnungsgemäßer Bewirtschaftung seines Grundstücks abgestellt habe, das er selbst als Wald beschreibt; in diesem Zusammenhang zählt er zahlreiche seiner Meinung nach der Bewirtschaftung seines Grundstücks zuzurechnende Tätigkeiten auf.
Diesem Vorwurf ist entgegenzuhalten, daß der von der bel. Landesregierung gezogene Schluß weder denkunmöglich noch willkürlich ist, unter der ordnungsgemäßen Bewirtschaftung eines Waldgrundstückes könne nur eine solche verstanden werden, die der Waldwirtschaft diene. Daß der Bf. jedoch derartige Tätigkeiten nicht behauptete, wurde bereits erwähnt.
c) Der Bf. erhebt auch den Vorwurf, daß er wegen derselben Tat zweimal bestraft worden sei. Auch dieser Vorwurf trifft nicht zu.
An den Bf. erging außer der in der Sachverhaltsdarstellung erwähnten Strafverfügung eine weitere, gleichfalls wegen Zuwiderhandlung gegen §3 Abs1 Z1 Seenschutzverordnung 1971 erlassene Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Sbg.-Umgebung, in der als Tag der Tat der 7. Juli 1976 angeführt war. Nachdem der Bf. gegen die letztere Strafverfügung Einspruch erhoben hatte, erließ die Bezirkshauptmannschaft an ihn ein Straferk., in dem als Tag der Tat fälschlich der 1. Juli 1976 angegeben war, was im anschließenden Berufungsverfahren jedoch mit einem auf §62 Abs4 AVG gestützten Bescheid berichtigt wurde. Die eingehenden Beschwerdeausführungen, die sich gegen die Zulässigkeit dieser Berichtigung wenden, sind hier nicht zu beantworten, weil sie einen Vorgang betreffen, der außerhalb des zum angefochtenen Bescheid führenden Verwaltungsverfahren liegt.
d) Wenn sich der Bf. mit dem von der bel. Beh. gegebenen Hinweis eingehend auseinandersetzt, daß er seinen PKW auf einem ungefähr 350 m entfernten Parkplatz hätte abstellen können, so braucht hierauf nicht weiter eingegangen zu werden; er erkennt nämlich anscheinend nicht, daß es sich um einen den Bescheidinhalt nicht tragenden Begründungsteil handelt.
e) Auch aus dem Hinweis auf eine nach Meinung des Bf. von seiner Behandlung abweichende Behördenpraxis in anderen Fällen ist für ihn nichts zu gewinnen, weil ihm allfälliges Fehlverhalten der Behörde keinen Anspruch darauf verliehe, daß sein von der Behörde als rechtswidrig erachtetes Verhalten toleriert wird.
f) Der Bf. behauptet auch Verfahrensmängel im Bereich des rechtlichen Gehörs; er sei im erstinstanzlichen Verfahren nicht vernommen und auch im Berufungsverfahren nicht gehört worden.
Hiezu ist bloß anzumerken, daß der Bf. einen mit Begründung versehenen Einspruch erhob (vgl. §49 Abs3 VStG, wonach der - begründete - Einspruch als Rechtfertigung iS des §40 leg. cit. gilt) sowie daß er im Berufungsverfahren Gelegenheit hatte, seinen Standpunkt in der Berufung darzulegen.
d) Zusammenfassend ist festzuhalten, daß kein Anhaltspunkt für eine denkunmögliche Gesetzesanwendung oder dafür besteht, daß die bel. Beh. Willkür geübt habe. Der Bf. wurde sohin weder im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums noch im Gleichheitsrecht verletzt.
3. Wenn der Bf. eine Verletzung der Art5 und 6 MRK behauptet, so ist er auf den Vorbehalt der Republik Österreich zu Art5 MRK hinsichtlich der Verwaltungsverfahrensgesetze sowie darauf hinzuweisen, daß dieser Vorbehalt bezüglich der Verfahren nach diesen Gesetzen sowohl die Anwendung des Art5 als auch die des Art6 MRK ausschließt (VfSlg. 7210/1973).
4. Zur behaupteten Verletzung des Art7 MRK verweist der VfGH auf seine Rechtsprechung, wonach der Schutzumfang des im ersten Satz dieses Artikels normierten Grundrechtes weder eine Verletzung von Verfahrensvorschriften noch eine unrichtige Anwendung einer vorhandenen Strafnorm umfaßt (VfSlg. 7814/1980).
5. Der Bf. behauptet schließlich, dadurch im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt zu sein, daß der unter 2. c) erwähnte Berichtigungsbescheid von der Berufungsbehörde statt von der Behörde erster Instanz erlassen worden sei.
Daß dieser Vorwurf aber nicht das hier zu beurteilende Verwaltungsstrafverfahren betrifft, ergibt sich bereits aus den Ausführungen unter 2. c).
6. Im Beschwerdeverfahren kam auch keine sonstige Verletzung eines verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes hervor.
Die Beschwerde war sohin abzuweisen.
Schlagworte
Landschaftsschutz, Gewässerschutz, Uferbereichsschutz, Bescheidberichtigung, Verwaltungsstrafrecht, Verwaltungsverfahren, Ermittlungsverfahren, ParteiengehörEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1984:B671.1978Dokumentnummer
JFT_10158877_78B00671_00