TE Vfgh Erkenntnis 1984/11/24 B317/80, B318/80, B319/80, B320/80, B321/80, B322/80, B323/80

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Veröffentlicht am 24.11.1984
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Index

10 Verfassungsrecht
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 (B-VG)

Norm

B-VG Art83 Abs2
StGG Art5

Leitsatz

B-VG Art83 Abs2; Festsetzung verschiedener Steuern und Abgaben iZm. einer Gastwirtschaft und einem Weinbaubetrieb; enge Verflechtung der Gastwirtschaft als Hauptbetrieb mit dem Weinbaubetrieb; Berufungsentscheidung durch den für die Gastwirtschaft zuständigen Berufungssenat der FLD; kein Entzug des gesetzlichen Richters; keine denkunmögliche Gesetzesanwendung

Spruch

Die Beschwerden werden abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Nach einer Hausdurchsuchung und aufgrund von Betriebsprüfungen im gemeinsamen Weinbaubetrieb der beiden Bf. und in der Gastwirtschaft des Erstbf. erließ das Finanzamt unter Wiederaufnahme der Verfahren betreffend Umsatzsteuer 1971 bis 1973, Einkommensteuer 1971 und 1972, einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften 1973 und Abgabe von alkoholischen Getränken 1971 bis 1973, Bescheide über die Umsatzsteuer 1971 und 1972, die einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften 1973 bis 1975, die Umsatzsteuer 1973 bis 1975 und die Abgabe von alkoholischen Getränken 1971 bis 1975 aus dem Weinbaubetrieb sowie Bescheide über die Einkommensteuer, Umsatzsteuer und Gewerbesteuer 1973 bis 1975 und die Abgabe von alkoholischen Getränken 1973 bis 1975 aus der Gastwirtschaft.

Mit den angefochtenen Bescheiden gab die Finanzlandesdirektion den Berufungen nur in bezug auf Vorsteuern Folge, deren Berücksichtigung der Erstbf. für 1975 beantragt hatte, dagegen wurde die Steuer vom Selbstverbrauch für 1974 zu Ungunsten des Erstbf. erhöht.

Die gegen die Berufungsbescheide erhobenen Beschwerden rügen die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter und Unversehrtheit des Eigentums.

II. Die Beschwerden sind nicht begründet.

Das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter sehen die Beschwerden verletzt, weil nicht der nach der Geschäftsverteilung zuständige Berufungssenat IX (Ärzte und Landwirte) sondern der Berufungssenat IX (alle Branchen außer Ärzten und Landwirten) entschieden haben. Vertretern der Landwirtschafts- und der Landarbeiterkammer wären die Aktenwidrigkeiten und Ungereimtheiten in den Feststellungen und Behauptungen und in der Beweiswürdigung aufgefallen. Der willkürliche Eingriff in das Vermögen der Bf. verletze das Eigentumsrecht: die Wiederaufnahme der Verfahren, Schätzungen und Vorschreibungen zusätzlicher Steuern seien unberechtigt gewesen, die Sachverhaltsfeststellungen der Behörden seien grob aktenwidrig und ihre Beweiswürdigung verfehle die Wirklichkeit derart, daß es sich um eine bloße Scheinbegründung handle.

Die Bf. haben die Berufungsbescheide auch beim VwGH angefochten. Dieser hat die Beschwerden mit Erk. vom 20. Juni 1984, Z 13/2289, 2291, 2293, 2295, 2297, 2299, 2301/80, als unbegründet abgewiesen. Unter Bezugnahme auf die Gegenschrift der bel. Beh., wonach der für die Gastwirtschaft des Erstbf. zuständige Senat IX zufolge der engen Verflechtungen dieses Hauptbetriebes mit dem Weinbaubetrieb beider Bf. sinnvollerweise mit über den Weinbaubetrieb entschieden habe, im übrigen aber kein Rechtsanspruch darauf bestehe, daß dem Berufungssenat ein von der gesetzlichen Berufsvertretung des Berufungswerbers entsendetes Mitglied angehöre, hat der VwGH den Vorwurf der Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der bel. Beh. für unberechtigt erachtet. Dr VfGH pflichtet dieser Auffassung im Hinblick auf das schon vom VwGH angezogene Erk. VfSlg. 5368/1966 (S 584 f.) bei. Von einer unrichtigen Zusammensetzung der Kollegialbehörde kann nicht die Rede sein. Das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter ist offenkundig nicht verletzt.

Auch die übrigen Beschwerdevorwürfe hat der VwGH in ihrer Gesamtheit als ungeeignet angesehen, eine Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide darzutun. Da das Beschwerdevorbringen die Verfassungsmäßigkeit der angewendeten Vorschriften nicht in Zweifel zieht und auch der VfGH in dieser Richtung keine Bedenken hat, die Verletzung des Eigentumsrechts nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofes daher nur die Folge einer denkunmöglichen Gesetzesanwendung sein könnte und der Fehler der bel. Beh. so schwer sein müßte, daß er mit einer Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre, darf sich der VfGH auch in diesem Punkt mit einem Hinweis auf die Begründung des Erk. des VwGH begnügen. Das Verfahren hat keinen Anhaltspunkt dafür ergeben, daß die Bf. in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder durch Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden wären.

Die Beschwerde ist daher abzuweisen (§19 Abs4 Z1 und 2 VerfGG idF BGBl. 297/1984).

Schlagworte

Behördenzuständigkeit, VfGH / Parallelbeschwerde, Finanzverfahren, Rechtsmittel Finanzverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1984:B317.1980

Dokumentnummer

JFT_10158876_80B00317_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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