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32 SteuerrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
Gebührengesetz; Vorschreibung einer Gebühr gemäß §33 TP16 Abs1 Z1 litb für einen Gesellschaftsvertrag; Gebührenbemessung vom Gesamtwert des eingebrachten Vermögens, nicht bloß vom Wert der Erhöhung oder der neuen Einlage; keine verfassungswidrige Schlechterstellung einer sogenannten "Unterbeteiligung" an einer bestehenden Gesellschaft im Verhältnis zur - begünstigten - Behandlung bloßer Veränderungen bestehender Gesellschaften; denkmögliche Verneinung des Vorliegens einer (echten) stillen GesellschaftSpruch
I. Die Beschwerden des Dr. W und der G R werden zurückgewiesen.
II. Die Beschwerde des M R wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. Die bf. Ehegatten sind Gesellschafter einer KG (GesmbH & Co KG) und haben ihrem gleichfalls bf. Sohn mit Schenkungs- und Unterbeteiligungsvertrag vom 4. April 1977 nach Maßgabe näherer Bestimmungen eine "Unterbeteiligung als unechter stiller Gesellschafter (Mitunternehmer)" im Ausmaß von 10 vH ihrer Beteiligung eingeräumt.
Mit Bescheid vom 18. März 1981 schrieb das Finanzamt dem Beschenkten für dieses Rechtsgeschäft gemäß §33 TP16 Abs1 Z1 litb Gebührengesetz (GebG) eine Gebühr in der Höhe von 381247 S vor. Die von ihm erhobene Berufung blieb erfolglos; auch der angefochtene Bescheid der Finanzlandesdirektion wertet den Vorgang als Gründung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts.
In der von allen Beteiligten gegen den Berufungsbescheid erhobenen Beschwerde wird die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Unversehrtheit des Eigentums und Freiheit der Erwerbsbetätigung, insbesondere wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes gerügt. Die Unterbeteiligung gehe über den Typus einer stillen Gesellschaft nicht hinaus und TP16 des §33 GebG sei verfassungswidrig, weil sie zu einer exzessiven Besteuerung führe (Hinweis auf Doralt, RdW 1983, 118 ff.).
II. Die Beschwerde der Ehegatten ist unzulässig.
Das Abgabenverfahren wurde allein mit dem bf. Sohn abgeführt. Die Eltern sind seiner Berufung auch nicht beigetreten. Kein Bescheid ist an sie erlassen worden. Sie sind in ihren Rechten nicht berührt (vgl. VfSlg. 4129/1962). Ihre Beschwerde ist folglich mangels Legitimation als unzulässig zurückzuweisen (§19 Abs3 Z2 lite VerfGG).
III. Die - zulässige - Beschwerde des Sohnes ist unbegründet.
1. Gegen §33 TP16 Abs1 Z1 litb GebG bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. auch VfSlg. 8912/1980). Nach dieser Vorschrift unterliegen Gesellschaftsverträge, wodurch sich zwei oder mehrere Personen zur Verfolgung eines Erwerbszweckes verbinden, bei Widmung von Vermögenswerten einer Gebühr von 2 vH vom Wert der bedungenen Vermögenseinlage. Bemessungsgrundlage ist daher der Gesamtwert des eingebrachten Vermögens. Wie sich die Beiträge auf die Gesellschafter verteilen, ist gleichgültig. Es kann folglich sein, daß die Steuer die Höhe eines geringfügigen Anteiles erreicht.
Die verfassungsrechtliche Kritik, die Doralt, Gebühr von Gesellschaftsverträgen ... verfassungswidrig?, RdW 1983, 118 ff., an diesen Umstand knüpft, kann der Gerichtshof nicht teilen. Das Ergebnis darf nämlich nicht aus der Sicht eines einzelnen Beteiligten allein beurteilt werden. Der Gesellschaftsbindung wird ja das jeweilige Gesamtvermögen unterzogen. Erst wenn die Vermögenseinlage einer schon bestehenden Gesellschaft erhöht wird oder ein neuer Gesellschafter mit einer neuen Vermögenseinlage in eine solche eintritt, wird die Gebühr bloß vom Wert der Erhöhung oder der neuen Einlage bemessen (litb zweiter Fall); ebenso wird der Eintritt in eine bestehende Gesellschaft durch Erwerb eines Gesellschaftsanteiles behandelt (litc; vgl. dazu Frotz - Hügel - Popp, Kommentar zum GebG, B I 2b zu §33 TP16).
Mit diesen Vorgängen kann die sogenannte Unterbeteiligung nicht verglichen werden, denn sie hat nicht bloß die Veränderung einer bestehenden, sondern die Bildung einer neuen Gesellschaft (zwischen Haupt- und Unterbeteiligten) mit anderem Gegenstand zur Folge. Auch ein Vergleich zwischen der Unterbeteiligung und der - gleichfalls begünstigten - stillen Gesellschaft (Z2) ist nicht zulässig. Denn die (echte) stille Gesellschaft weicht offenkundig vom allgemeinen Typus der Gesellschaft wesentlich ab. Da der Gebührensatz auch hier im Verhältnis zum vereinigten Vermögen steht, kann von einer Systemwidrigkeit oder von einer die Härtefälle übersteigenden Vergröberung nicht die Rede sein.
Daß die Maßgabe des gesamten vereinigten Vermögens bei der Gebührenbemessung - wirtschaftlich gesehen - eine Erschwerung der (zivilrechtlich zulässigen) Vereinigung verhältnismäßig kleiner mit großen Vermögensmassen zu Folge hat, macht die Regelung nicht verfassungswidrig.
2. Wenn die Behörden hier das Vorliegen einer (echten) stillen Gesellschaft verneint haben, so ist das eine zumindest denkmögliche Annahme. Es wäre nicht sachfremd, wenn §33 TP16 Abs1 GebG nur der (echten) stillen Gesellschaft im technischen Sinn - also der Beteiligung an dem Handelsgewerbe, das ein anderer betreibt - eine Sonderstellung eingeräumt hätte, sodaß die Voraussetzungen im Beschwerdefall nicht gegeben wären. Ob die Annahme der Behörde richtig ist, hat nicht der VfGH zu beantworten.
Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte ist daher ebensowenig dargetan wie eine Rechtsverletzung durch Anwendung des §33 TP16 GebG. Daß sonst verfassungswidrige Normen angewendet worden wären oder eine Verletzung anderer verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte vorläge, hat das Verfahren nicht ergeben.
Die Beschwerde ist daher abzuweisen.
Schlagworte
Gebühr (GebG), GesellschaftsrechtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1984:B147.1982Dokumentnummer
JFT_10158876_82B00147_00