TE Vfgh Erkenntnis 1984/11/24 B315/82

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Veröffentlicht am 24.11.1984
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Index

62 Arbeitsmarktverwaltung
62/01 Arbeitsmarktverwaltung

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art83 Abs2
IESG §6 Abs1

Leitsatz

Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz; keine Bedenken gegen die Regelung des §6 Abs1, wonach der Antrag auf Ausfallgeld bei sonstigem Ausschluß binnen vier Monaten ab Eröffnung des Konkurses zu stellen ist; Ablehnung eines Antrages auf Ausfallgeld wegen Verspätung; kein Entzug des gesetzlichen Richters

Spruch

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Mit Bescheid des Arbeitsamtes vom 16. Feber 1982 wurde ein Antrag des Bf. vom 20. Juli 1981, ihm aufgrund der Eröffnung des Konkurses seines Arbeitgebers am 7. April 1978 über das mit Bescheid vom 11. Feber 1981 zuerkannte Insolvenz-Ausfallgeld hinaus noch einen Betrag von 11515,41 S (für ihn belastende Kosten der Bestellung eines Abwesenheitskurators für den Prozeßgegner) an Insolvenz-Ausfallsgeld zuzusprechen, wegen verspäteter Antragstellung gemäß §6 Abs1 Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz abgelehnt. Die Berufung des Bf. blieb erfolglos. Auch wenn es sich um Kosten handle, die erst nach Ablauf der Frist von vier Monaten ab Konkurseröffnung entstanden seien, könne der Antrag nicht mehr berücksichtigt werden.

In der gegen den Berufungsbescheid des Landesarbeitsamtes erhobenen Beschwerde wird die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit vor dem Gesetz und ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter gerügt. Es handle sich um keinen neuen Antrag, sondern um eine Ergänzung des ersten - in welchem schon ausdrücklich der Ersatz von Prozeßkosten beantragt worden sei -, und es sei unsachlich, wenn das Gesetz tatsächlich die Geltendmachung erst nach Fristablauf entstandener Kosten unmöglich mache.

II. Die Beschwerde ist nicht begründet.

1. Nach §6 Abs1 Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz, BGBl. 324/1977 (hier in seiner Fassung vor der Nov. BGBl. 580/1980), ist der Antrag auf Insolvenz-Ausfallgeld bei sonstigem Ausschluß binnen vier Monaten ab Eröffnung des Konkurses zu stellen. Das Ausfallgeld gebührt für alle gesicherten Ansprüche, die bis zum Ende des dritten Monates entstanden sind, der auf die Konkurseröffnung folgt (§3 Abs1). Gesichert sind unter anderem auch die notwendigen Kosten, die bei der Geltendmachung derartiger Ansprüche entstehen (§1 Abs2 Z4).

Gegen diese Bestimmungen sind unter dem Blickwinkel des vorliegenden Beschwerdefalles keine verfassungsrechtlichen Bedenken entstanden:

Das Ausfallgeld soll für die bei Eintritt der Insolvenz bestehenden Rückstände an Leistungen des Arbeitgebers und die unmittelbar nach diesem Zeitpunkt entstehenden unsicheren Ansprüche gegen die Masse möglichst rasch Ersatz leisten. Der Gesetzgeber nimmt dabei offenbar an, daß Arbeitnehmer alsbald einen anderen Arbeitsplatz suchen, wenn die Konkursmasse ihre Arbeitskraft nicht benötigt oder die laufenden Entgelte nicht bezahlen kann. Daher geht es ihm um Rückstände und die Überbrückung der ersten Zeit nach Eintritt der Insolvenz. Es ist folglich keineswegs unsachlich, wenn das Gesetz in die Entgeltsicherung nur Ansprüche einbezieht, die innerhalb einer gewissen kurzen Zeit ab Konkurseröffnung entstanden sind, und demgemäß auch die Antragstellung nur durch eine verhältnismäßig kurze Zeitspanne gestattet. Die Sicherung von Ansprüchen, die erst nach Ablauf von drei Monaten ab Konkurseröffnung entstehen oder erst nach Ablauf von vier Monaten geltend gemacht werden können, ist eben unter dem Blickwinkel des Gesetzeszweckes weniger dringlich. An dieser Beurteilung ändert auch der Umstand nichts, daß solche - später entstehenden oder belastenden - Ansprüche aus der Geltendmachung gesicherter Ansprüche entstanden sind. Es ist Sache des Gesetzgebers zu bestimmen, durch welchen begrenzten Zeitraum hindurch er den Arbeitnehmer vor den Folgen der Insolvenz schützt. Daß er in der Nov. BGBl. 580/1980 die Sicherung ausgedehnt und eine neuerliche Antragsmöglichkeit für Kosten eingeräumt hat, die nach Ablauf der Frist entstehen oder festgestellt werden, zeigt keine Bedenklichkeit der ursprünglichen Regelung auf.

2. Das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter wird durch den Bescheid einer Verwaltungsbehörde verletzt, wenn die Behörde eine ihr gesetzlich nicht zukommende Zuständigkeit in Anspruch nimmt oder in gesetzwidriger Weise ihre Zuständigkeit ablehnt (vgl. zB VfSlg. 8828/1980), etwa, indem sie zu Unrecht ihre Sachentscheidung verweigert hat (vgl. zB VfSlg. 9105/1982).

Geht man von der verfassungsrechtlich unbedenklichen Bestimmung des §6 Abs1 IESG aus, so kann dahingestellt bleiben, ob die Ablehnung des Antrages wegen Verspätung überhaupt als Ablehnung einer Sachentscheidung - Zurückweisung - oder nicht vielmehr als negative Entscheidung in der Sache - Abweisung im Hinblick auf ein allfälliges materielles Erlöschen des Anspruchs - zu deuten ist. Der VwGH hat nämlich in seinem Erk. über die Parallelbeschwerde (29. Juni 1982, Z 82/11/0158) unter Hinweis auf seine Vorjudikatur bereits ausgeführt, daß die Auffassung der Behörde offenkundig dem Gesetz entspricht. Dem hat der VfGH nichts hinzuzufügen.

Das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter ist also nicht verletzt worden. Da auch die Verletzung anderer verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte nicht hervorgekommen ist und sich keine Anhaltspunkte ergeben haben, daß sonst rechtswidrige generelle Normen angewendet wurden, ist die Beschwerde als offenkundig unbegründet abzuweisen (§19 Abs4 Z2 VerfGG idF BGBl. 297/1984).

Schlagworte

Arbeitsrecht, Insolvenzrecht, Entgeltfortzahlung, Auslegung eines Bescheides, Bindung (des VfGH an VwGH)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1984:B315.1982

Dokumentnummer

JFT_10158876_82B00315_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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