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32 SteuerrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerwaltungsaktLeitsatz
Gewerbesteuergesetz; Betriebseröffnung am Ersten des Monats; Steuervorschreibung auch für diesen Monat gemäß §24 Abs1; keine Denkunmöglichkeit; keine Unterstellung eines gleichheitswidrigen InhaltesSpruch
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. M G eröffnete am 1. Oktober 1977 in K den Betrieb eines Sportbuffets. In seiner Gewerbesteuererklärung für 1977 gab er als Beginn der Gewerbesteuerpflicht den 1. November 1977 an. Mit Bescheid des Finanzamtes Kufstein vom 12. Dezember 1978 wurde der Beginn der Gewerbesteuerpflicht mit 1. Oktober 1977 angenommen. Der gegen diesen Bescheid von M G erhobenen Berufung gab der Berufungssenat als Organ der Finanzlandesdirektion für Tirol mit Bescheid vom 25. März 1980 nicht Folge. In der Begründung wurde ausgeführt, einziger Streitpunkt des Verfahrens sei die Frage, ob bei M G, der am 1. Oktober 1977 einen Gewerbebetrieb eröffnet habe, die Gewerbesteuer ab 1. Oktober oder ab 1. November 1977 zu erheben sei. Der Eintritt "in die Gewerbesteuerpflicht" erfolge mit der Eröffnung des Gewerbebetriebes. Der Tag der Eröffnung sei der 1. Oktober 1977 derart, daß der Betrieb schon an diesem Kalendertag "stehender Gewerbebetrieb" iS des §1 Abs1 des Gewerbesteuergesetzes gewesen sei. Da gesetzliche Bestimmungen fehlten, die es gestatteten, hier nach noch kürzeren Zeiträumen als jenem eines Kalendertages zu differenzieren und ein solcher Vorgang zB bei Unternehmerwechsel auch aller wirtschaftlichen Realität widerspräche, sei im gegebenen Fall der Zeitpunkt des Eintrittes "in die Gewerbesteuerpflicht" der 1. Oktober 1977, 0 Uhr, gewesen. Der auf diesen Zeitpunkt nächstfolgende volle Kalendermonat sei der Oktober 1977 gewesen, von dessen Beginn an also iS des §24 Abs1 des Gewerbesteuergesetzes die Gewerbesteuer zu erheben gewesen sei. Zur Erhärtung der Auffassung der Behörde werden anschließend die Auffassung Philipps im Kommentar zum Gewerbesteuergesetz und die Erk. des VwGH vom 5. Oktober 1979, Z 1418 und 1500/79, und vom 5. Oktober 1979, Z 2201/79, angeführt.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde des M G, in der dieser die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Unversehrtheit des Eigentums und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz geltend macht und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragte.
3. Der bel. Berufungssenat erstattete eine Gegenschrift, in der er die Abweisung der Beschwerde beantragte.
II. Der VfGH hat über die Beschwerde erwogen:
1. Im Beschwerdefall geht die bel. Beh. davon aus, daß der angefochtene Bescheid dem Bf. am 15. April 1980 zugestellt wurde, während der Bf. behauptet, der Bescheid sei an diesem Tage seiner Lebensgefährtin ausgehändigt und ihm frühestens am 16. April 1980 zugestellt worden. Da Zustellung zu eigenen Handen angeordnet worden ist, sei ihm der Bescheid frühestens an diesem Tage rechtsgültig zugestellt worden. Die bel. Beh. ist den Behauptungen des Bf. nicht mehr entgegengetreten.
Infolge Zeitablaufes ist es nicht mehr möglich, eine Klärung herbeizuführen, an welchem Tage der Bescheid dem Bf. tatsächlich zugekommen ist. Der VfGH geht daher davon aus, daß die am 28. Mai 1980 zur Post gegebene Beschwerde rechtzeitig beim VfGH eingebracht ist. Da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen vorliegen, ist die Beschwerde zulässig.
2. Bei der aus der Sicht dieser Beschwerdesache gegebenen verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides könnte nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH die geltend gemachte Verletzung der Unversehrtheit des Eigentumsrechtes nur vorliegen, wenn die bel. Beh. eine Gesetzesvorschrift in denkunmöglicher Weise gehandhabt hätte, und die weiters behauptete Verletzung des Gleichheitsrechtes nur dann, wenn die bel. Beh. einer herangezogenen Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie Willkür geübt hätte (VfSlg. 9014/1981 bzw. 9186/1981).
Der Bf. behauptet, da der Eintritt in die Steuerpflicht auf einen bestimmten Tag zu beziehen sei, stehe die Schlußfolgerung der bel. Beh., daß der auf diesen Tag folgende (für die Steuererhebung gemäß §24 Abs1 des Gewerbesteuergesetzes in Betracht kommende) Monat mit dem Monat, in welchem die Steuerpflicht eingetreten ist, ident ist, mit dem Wortlaut des Gesetzes in krassem Widerspruch und sei daher mit einem Fehler belastet, der mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen sei.
Gemäß §24 Abs1 des Gewerbesteuergesetzes 1953, BGBl. 2/1954, wird die Steuer vom Beginn des Monates ab erhoben, der auf den Eintritt der Steuerpflicht folgt. Die bel. Beh. ist der Ansicht, daß die Steuerpflicht vor dem 1. des Monates eintritt, wenn der Gewerbebetrieb am 1. eines Monates neu gegründet wird. Ob diese Auslegung des Gesetzes richtig ist, hat der VfGH nicht zu beurteilen. Der VfGH kann jedoch nicht finden, daß eine derartige Sachverhaltsannahme und die damit verbundene Würdigung des Sachverhaltes so verfehlt ist, daß sie mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre. Immerhin kann sich die bel. Beh. bei ihrer Auslegung des Gesetzes auf die Rechtsprechung des VwGH (vgl. VwGH 5. Oktober 1979, Z 2201/79, VwSlg. 5409/F) berufen. Ein Fehler der bel. Beh., der mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre, liegt demnach nicht vor (vgl. VfSlg. 7096/1973). Der Bf. ist durch den angefochtenen Bescheid nicht in dem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt worden.
Soweit der Bf. Verletzung des Gleichheitsrechtes geltend macht, weil dem Gesetz ein gleichheitswidriger Inhalt unterstellt wurde, beruft er sich ebenfalls darauf, daß die bel. Beh. den Eintritt der Steuerpflicht im Augenblick 0 Uhr, also zu einem imaginären Zeitpunkt, angenommen habe und damit willkürlich vorgegangen sei. Ferner macht er geltend, daß er gegenüber allen anderen Steuerpflichtigen, die nicht am 1. eines Monates einen Gewerbebetrieb gründen, benachteiligt sei, weil bei ihm der Zwölftel-Anteil der zu erhebenden Jahressteuer größer sei als bei jenen Steuerpflichtigen, die am 2. Tag des Monates einen Gewerbebetrieb eröffnen. Hiefür lasse sich keine sachliche Rechtfertigung finden. Eine solche differenzierte Behandlung bei der Steuererhebung komme im Ergebnis einer mit dem Gleichheitsgrundsatz in Widerspruch stehenden exzessiven Besteuerung gleich. Hätte das Gesetz diesen Inhalt, so wäre es gleichheitswidrig.
Der Bf. führt selbst aus, bei der Handhabung des Gesetzes, wie sie die bel. Beh. - übrigens gestützt auf die Rechtsprechung des VwGH - vornimmt, falle der für die Erhebung der Gewerbesteuer herangezogene Zeitraum von drei Monaten mit dem für die Umrechnung des Gewerbeertrages in den Jahresbetrag in Betracht kommenden Zeitraum zusammen. Dem Bf. ist zuzugestehen, daß er bei der Auslegung des Gesetzes, die die bel. Beh. gewählt hat, gegenüber einem Steuerpflichtigen, der seinen Gewerbebetrieb am 2. des Monates gründet, schlechter gestellt wird. Er ist aber hinsichtlich der Besteuerung kaum schlechter gestellt, als bei einer Neugründung am letzten Tag des Vormonats. Derartige Abweichungen müssen aber in Kauf genommen werden und sind in der Regel nicht zu vermeiden. Die bel. Beh. hat daher dem Gesetz nicht fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt. Daß die bel. Beh. den Bf. aus unsachlichen Beweggründen benachteiligt hätte, hat er selbst nicht behauptet und ist im Verfahren vor dem VfGH nicht hervorgekommen. Der Bf. ist daher durch den angefochtenen Bescheid auch nicht im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden (VfSlg. 7231/1973).
3. Das Verfahren hat auch nicht ergeben, daß der Bf. in anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder in einem Recht infolge Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt wurde.
Die Beschwerde war daher abzuweisen.
Schlagworte
VfGH / Fristen, Gewerbesteuer, Verwaltungsverfahren, ZustellungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1984:B257.1980Dokumentnummer
JFT_10158874_80B00257_00