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L6 Land- und ForstwirtschaftNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
Vbg. Grundverkehrsgesetz; Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung gemäß §5 Abs2 litb und c; keine Bedenken gegen diese ausländergrundverkehrsrechtliche Bestimmung; keine denkunmögliche Verneinung des Vorliegens volkswirtschaftlicher InteressenSpruch
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Der Antrag, die Beschwerde dem VwGH abzutreten, wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. M S - ein deutscher Staatsangehöriger - ist alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der "A" HotelbetriebsgesmbH mit dem Sitz in M/Vbg. Mit Vertrag vom 28. Jänner 1983 brachte er sein Einzelunternehmen in die Gesellschaft ein. Zu diesem Unternehmen gehörte die in seinem alleinigen Eigentum stehende Liegenschaft Bauparzelle ..., Gasthof A, in EZ ..., KG M.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Grundverkehrssenates (für Vbg.) vom 24. Oktober 1983 wurde dem Eigentumserwerb durch die Gesellschaft gemäß §5 Abs2 litb und c des (Vbg.) Grundverkehrsgesetzes - GVG, Vlbg. LGBl. 18/1977, die grundverkehrsbehördliche Genehmigung versagt.
2. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der der Sache nach die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Freizügigkeit des Vermögens (Art4 StGG) und auf Unversehrtheit des Eigentums (Art5 StGG) behauptet und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides, hilfsweise die Abtretung der Beschwerde an den VwGH beantragt wird.
3. Der Grundverkehrssenat als bel. Beh. hat eine Gegenschrift erstattet, in der er die Abweisung der Beschwerde begehrt.
II. Der VfGH hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
1. Art4 StGG bezieht sich nur auf die örtliche Bewegung der Person und des Vermögens; eine solche kommt aber bei Liegenschaften begrifflich überhaupt nicht in Frage (vgl. zB VfSlg. 7535/1975 und 8876/1980).
Es ist daher ausgeschlossen, daß die bf. Gesellschaft durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freizügigkeit des Vermögens verletzt wurde.
2. a) Durch die Verweigerung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung des Eigentumserwerbes, die dazu führt, daß das Rechtsgeschäft nichtig ist (§18 Abs1 GVG), wird in das Eigentumsrecht der bf. Gesellschaft eingegriffen (vgl. zB VfSlg. 5562/1967, 8893/1980). Dieser Eingriff wäre nach der ständigen Judikatur des VfGH (zB VfSlg. 8776/1980, 9014/1981) dann verfassungswidrig, wenn der ihn verfügende Bescheid ohne jede Rechtsgrundlage ergangen wäre oder auf einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage beruhte, oder wenn die Behörde bei Erlassung des Bescheides eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Rechtsgrundlage in denkunmöglicher Weise angewendet hätte, ein Fall, der nur dann vorläge, wenn die Behörde einen so schweren Fehler begangen hätte, daß dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre.
b) Nach §1 Abs1 litb (Vbg.) GVG unterliegt den Bestimmungen dieses Gesetzes ua. der Verkehr mit Grundstücken, sofern an diesen Ausländer Rechte erwerben. Als Ausländer gelten dem §1 Abs3 litc GVG zufolge ua. juristische Personen mit dem Sitz im Inland, an denen ausschließlich oder überwiegend Ausländer beteiligt sind oder deren geschäftsführenden Organen mindestens zur Hälfte Ausländer angehören. Gemäß §3 Abs1 lita GVG kann nur mit Genehmigung der (Grundverkehrs-)Behörde das Eigentum an Grundstücken erworben werden.
Da alleiniger Gesellschafter und einziger Geschäftsführer der bf. Gesellschaft, die im Wege eines Einbringungsvertrages Eigentum an einem Grundstück erwerben will, ein deutscher Staatsangehöriger ist, war die Grundverkehrsbehörde zuständig, diesem Rechtsvorgang die Genehmigung zu erteilen oder sie zu versagen.
c) aa) §5 Abs2 GVG bestimmt, daß ein Rechtserwerb durch Ausländer nur zu genehmigen ist, wenn a) näher bezeichnete land- und forstwirtschaftliche Interessen nicht verletzt werden, b) staatspolitische Interessen nicht beeinträchtigt werden und c) am Rechtserwerb ein kulturelles, volkswirtschaftliches oder soziales Interesse besteht.
bb) Die bel. Beh. vertritt im angefochtenen Bescheid die Meinung, daß die Voraussetzungen der litb und c für die Erteilung ihrer Zustimmung zum Eigentumserwerb hier nicht vorlägen:
"Aufgrund des überduchschnittlich hohen ausländischen Eigentumsanteiles in der Gemeinde M - nach einer Erhebung der Landesstelle für Statistik aus dem Jahre 1977 betrug bereits zum damaligen Zeitpunkt der ausländische Anteil am gesamten Grundvermögen 43,6% und dürfte sich seither auf etwa 50% erhöht haben - ist von den Grundverkehrsbehörden jeder einzelne Rechtserwerb durch ausländische Staatsangehörige streng auf das Vorliegen der gesetzlichen Genehmigungsvoraussetzungen zu prüfen. Das Grundverkehrsgesetz stellt ausschließlich auf die Staatsangehörigkeit des Erwerbers ab und trifft somit keine Unterscheidung, ob der Veräußerer Inländer oder ebenfalls Ausländer ist. Der Genehmigungspflicht nach dem Grundverkehrsgesetz sind somit auch jene Rechtserwerbe unterworfen, die einen Übergang der Rechte von einem Ausländer auf einen anderen Ausländer und somit weder eine Vermehrung des ausländischen Grundeigentums in umfänglicher Hinsicht noch hinsichtlich der Zahl der ausländischen Eigentümer beinhalten. Es ist dem Gesetzgeber auch durch keine Verfassungsvorschrift aufgetragen, für Fälle dieser Art eine abweichende Regelung vorzusehen (VfGH Slg. 7448/74; VwGH 14. 11. 1975, Z 525/75). Abgesehen davon würde auch eine bevorzugte Erteilung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung lediglich aus dem Grunde, weil auch der Veräußerer ausländischer Staatsangehöriger ist, eine ungerechtfertigte Bevorteilung ausländischer Eigentümer in der Gemeinde M bedeuten, da es einem Inländer aufgrund des bereits sehr hohen ausländischen Anteiles und der damit verbundenen Gefahr einer Überfremdung kaum mehr möglich ist, die Genehmigung für die Veräußerung seiner Liegenschaft an einen Ausländer zu erhalten.
Es ist richtig, daß einerseits durch den vorliegenden Rechtserwerb nicht eine Mehrheit von Ausländern Eigentümer wird, sondern ausschließlich die juristische Person Firma A-Hotelbetriebsgesellschaft m.b.H. und daß andererseits eine spätere Übertragung einzelner Appartements ins grundbücherliche Eigentum einzelner Ausländer wiederum der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung bedürfte. Die diesbezüglichen teilweise unrichtig bzw. mißverständlich formulierten Ausführungen in der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides wollten zum Ausdruck bringen, daß es bei einem Erwerb der Liegenschaft durch die als GesmbH eingerichtete Eigentümerin schon aufgrund der aus der Baueingabe vom 11. 10. 1982 hervorgehenden Anzahl, Größe und Einrichtung der einzelnen Appartements jederzeit möglich wäre, die Appartements in ein dem Eigentumsrecht ähnliches Verfügungsrecht einzelner ausländischer Staatsangehöriger überzuführen, was zwar nach dem Wortlaut des Gesetzes von der grundverkehrsbehördlichen Genehmigungspflicht nicht erfaßt wäre, in seiner Wirkung jedoch einem genehmigungspflichtigen Rechtsübergang gleichkäme. Dies wäre aber eine unter Umständen mit der Eigentumsübertragung an die Firma A-Hotelbetriebsgesellschaft m. b.H. verbundene Konsequenz, die im Hinblick auf den bereits bestehenden hohen ausländischen Anteil an Appartements in M als keinesfalls wünschenswert angesehen werden müßte.
Unabhängig davon, ob durch den Rechtserwerb staatspolitische Interessen beeinträchtigt würden oder nicht, müßte am Rechtserwerb jedenfalls ein volkswirtschaftliches, soziales oder kulturelles Interesse gegeben sein. Ohne das Vorliegen eines derartigen Interesses ist die Genehmigung von den Grundverkehrsbehörden zu versagen. Nach der Judikatur des VwGH und VfGH (siehe VwGH 17. 12. 1971, Z 1566 ua.; VfGH Slg. 6259, 6718, 7073 ua.) ist ein volkswirtschaftliches, kulturelles oder soziales Interesse im Sinne des §5 Abs2 litc GVG nur dann gegeben, wenn diese Interessen über die privaten Beweggründe der Vertragsparteien hinausgehen und die Realisierung des Rechtsgeschäftes von solcher allgemeiner Bedeutung ist, daß es dazu angetan wäre, der Erfüllung der genannten allgemeinen Interessen zu dienen. Die wirtschaftliche und finanzielle Lage des Veräußerers allein vermag jedenfalls nach der zitierten Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes das vom Gesetzgeber geforderte allgemeine Interesse im Sinne des §5 Abs2 litc GVG nicht zu begründen.
Gemäß §13 Abs4 GVG hat der Gemeindevorstand zu Anträgen auf Genehmigung eines Rechtserwerbes durch Ausländer eine Äußerung darüber zu erstatten, ob ein kulturelles, volkswirtschaftliches oder soziales Interesse bestehe. Der Gemeindevorstand von M hat in seiner Äußerung zum vorliegenden Antrag darauf hingewiesen, daß ua. auch fremdenverkehrswirtschaftliche Überlegungen gegen den Rechtserwerb sprächen und daher ein im §5 Abs2 litc GVG genanntes Interesse nach Ansicht des Gemeindevorstandes nicht gegeben sei.
Aus der Tatsache, daß die Einbringung der Einzelfirma in die GesmbH steuerlich begünstigt ist, kann - entgegen der Ansicht des Berufungswerbers - noch nicht gefolgert werden, daß allein schon aus diesem Grunde auch ein volkswirtschaftliches Interesse im Sinne des Grundverkehrsgesetzes am Erwerb der zum Betriebsvermögen gehörenden Liegenschaft gegeben ist. Während nach den Bestimmungen des Strukturverbesserungsgesetzes vornehmlich steuerliche Aspekte im Vordergrund stehen, dienen die Regelungen über den Ausländergrunderwerb anderen Zielsetzungen, sodaß auch das Vorliegen eines volkswirtschaftlichen Interesses im Sinne des §5 Abs2 litc GVG an wesentlich weitergehenden Kriterien zu messen ist, als an Steuerbegünstigungen, die der Bundesgesetzgeber für bestimmte Vorgänge im Sinne des Strukturverbesserungsgesetzes gewährt.
Nachdem der Berufungswerber das Vorliegen volkswirtschaftlicher, sozialer oder kultureller Interessen, die über die privaten, finanziellen und steuerlichen Überlegungen der Vertragsparteien hinausgingen, nicht nachzuweisen vermochte, konnte auch aus diesem Grunde der Berufung keine Folge gegeben werden."
cc) Die bf. Gesellschaft wendet dagegen folgendes ein:
Bestimmend für die Errichtung des Einbringungsvertrages vom 28. Jänner 1983 seien Steuerbefreiungen durch das Strukturverbesserungsgesetz und die Beschränkung der persönlichen Haftung durch das GmbHG gewesen. M S, das protokollierte Einzelunternehmen "M S" Berghotel A und die "A" HotelbetriebsgesmbH bildeten eine wirtschaftliche Einheit. Mit ihrer Entscheidung greife die bel. Beh. in gesellschafts- und steuerrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten eines Unternehmers ein und verletze daher ua. das durch Art5 StGG verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht. Überlegungen der bel. Beh. ob die beabsichtigte Vergrößerung des Hotels A und die Ausweitung der Bettenkapazität wirtschaftlich vertretbar sei, hätten in einem grundverkehrsbehördlichen Verfahren keinen Platz. Ziel des Einbringungsvertrages sei es gewesen, die Steuerbefreiungstatbestände des Strukturverbesserungsgesetzes auszuschöpfen.
dd) Mit diesen Ausführungen wird keineswegs eine denkunmögliche Handhabung des GVG nachgewiesen:
Die Auslegung, daß das Gesetz (§5 Abs2 litc) für die Erteilung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung zum Erwerb eines Grundstückes durch einen Ausländer iS des §1 Abs3 GVG (um einen solchen handelt es sich - wie dargetan - der litc zufolge) in jedem Fall (unabhängig von steuerrechtlichen Vorschriften und der gesellschaftsrechtlichen Konstellation) auch fordert, daß "am Rechtserwerb ein kulturelles, volkswirtschaftliches oder soziales Interesse besteht", ist ebenso vertretbar wie die Annahme, daß diese Voraussetzung hier nicht gegeben war. Das Strukturverbesserungsgesetz sieht zwar für die Einbringung eines Betriebes in eine Kapitalgesellschaft abgabenrechtliche Erleichterungen vor. Offenbar ist der Bundesgesetzgeber hiebei davon ausgegangen, daß derartige Maßnahmen im allgemeinen betriebs- und volkswirtschaftlich wünschenswert seien (vgl. RV zum StruktVG, 1029 BlgNR, XI GP, S 5 und S 8 ff.). Dennoch ist es nicht denkunmöglich, wenn die bel. Beh. angenommen hat, daß unter bestimmten Umständen - etwa solchen, wie sie im Beschwerdefall vorliegen - an einem derartigen Rechtsvorgang (ausnahmsweise) kein volkswirtschaftliches Interesse besteht.
Der Behörde kann sohin nicht vorgeworfen werden, sie habe das Gesetz denkunmöglich vollzogen.
ee) Der VfGH hat - auch wenn §5 Abs2 litb und c GVG den von der Behörde angenommenen Inhalt hat - gegen diese den angefochtenen Bescheid vornehmlich tragenden Bestimmungen unter dem Gesichtspunkt des vorliegenden Beschwerdefalles keine verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. hiezu VfSlg. 6259/1970, 7230/1973, 8436/1978).
Insbesondere hat der VfGH keine Bedenken dagegen, daß diese ausländergrundverkehrsrechtliche Regelung nicht unterscheidet, ob der Veräußerer ein Ausländer oder ein Inländer ist, daß die Regelung also die Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung auch dann vorsieht, wenn Veräußerer und Erwerber gleichermaßen Ausländer sind (vgl. zB VfSlg. 7448/1974, S 428), zumal eine andere Regelung dazu führen würde, ausländische Veräußerer gegenüber inländischen zu begünstigen (vgl. zB VfSlg. 10025/1984).
Wenn das Gesetz für Fälle wie den vorliegenden keine Sonderregelung in Form einer Ausnahme von der grundverkehrsbehördlichen Genehmigungspflicht enthält, ist dies nicht unsachlich: Abgesehen davon, daß es sich hier um eine besondere, nur selten eintretende Konstellation handelt, kann die Regelung sinnvoll damit begründet werden, daß sie dazu dient, allfällige Umgehungshandlungen zu verhindern; so ist es nicht gleichgültig, ob Eigentümer des Grundstückes eine einzige ausländische physische Person oder eine juristische Person ist, deren Gesellschaftsanteile sich zur Gänze in der Hand eines einzigen Ausländers befinden, da durch die Änderung der Gesellschaftsverhältnisse, die sich der Einflußnahme der Grundverkehrsbehörden entzieht, zahlreiche weitere Ausländer in allenfalls unerwünschte rechtliche oder wirtschaftliche Beziehungen zu inländischen Grundstücken gelangen könnten.
ff) Die bf. Gesellschaft ist daher im Eigentumsrecht nicht verletzt worden.
3. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden.
Das Verfahren hat nicht ergeben, daß die bf. Gesellschaft in von ihr nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden ist.
Die Beschwerde war daher abzuweisen.
4. ...
5. Der Vbg. Grundverkehrssenat ist eine nach Art133 Z4 B-VG eingerichtete Kollegialbehörde (§15 GVG); das GVG erklärt die Anrufung des VwGH nicht ausdrücklich für zulässig. Somit ist die Angelegenheit von der Zuständigkeit des VwGH ausgeschlossen.
Der Antrag, die Beschwerde dem VwGH abzutreten, war daher nach Art144 Abs3 B-VG idF der Nov. BGBl. 296/1984 abzuweisen.
Schlagworte
Grundverkehrsrecht, AusländergrunderwerbEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1984:B777.1983Dokumentnummer
JFT_10158872_83B00777_00