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L8 Boden- und VerkehrsrechtNorm
B-VG Art18 Abs2Leitsatz
Flächenwidmungsplan der Gemeinde Eben; Stellungnahme des Amtes der Tir. Landesregierung zum Entwurf des Flächenwidmungsplanes - keine Weisung der Landesregierung an die Gemeinde bei Erlassung der V; keine Gesetzwidrigkeit der Widmung bestimmter Grundstücke als Freiland gemäß §8 Abs2 litb Tir. Raumordnungsgesetz 1972Spruch
Dem Antrag wird nicht Folge gegeben.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Die Antragstellerin ist Eigentümerin der Grundstücke ...,
sämtliche EZ 373 II, KG Eben (Tirol). Sie beantragt gemäß Art139 Abs1
letzter Satz B-VG die Aufhebung des Flächenwidmungsplanes der
Gemeinde Eben vom 2. April 1981, soweit er die Grundparzelle ... und
die Grundparzelle ... sowie den als Freiland ausgewiesenen Teil der
Grundparzelle ... betrifft, wegen Gesetzwidrigkeit.
Der vom Gemeinderat am 2. April 1981 beschlossene Flächenwidmungsplan der Gemeinde Eben wurde von der Tir. Landesregierung am 24. Juni 1981 gemäß §26 Abs4 und 5 des Tir. Raumordnungsgesetzes, LGBl. 10/1972 (TROG), genehmigt und durch Anschlag in der Zeit vom 29. Juni bis 14. Juli 1981 kundgemacht.
2. Im Antrag wird im wesentlichen vorgebracht, der Gemeinderat der Gemeinde Eben habe bereits im Jahre 1958 einen Verbauungsplan erlassen, welcher von der Landesregierung am 29. Juli 1960 nach der (alten) Tir. Landesbauordnung genehmigt worden sei. Mit Kaufvertrag vom 20. Oktober 1960 habe die Antragstellerin die Grundstücke Grundparzellen ..., ... und ... erworben, wobei alle drei Grundstücke innerhalb des ausgewiesenen Baulandes gelegen seien.
Nach der Auflage des Entwurfes eines aufgrund der Bestimmungen des TROG zu erlassenden Flächenwidmungsplanes sei offenbar von der Gemeinde Kontakt mit der Landesregierung aufgenommen worden. Daraufhin habe am 12. Feber 1981 eine Besprechung zwischen Weisung liege nicht nur in der mangelnden Weisungsbefugnis der Landesregierung gegenüber dem Gemeinderat, sondern auch im Inhalt des Schreibens, da durch dieses Schreiben der Inhalt eines möglichen Bescheides zur Versagung der Genehmigung nach §26 Abs4 TROG umgangen werde, ohne daß die in §26 Abs4 lita bis g aufgezählten Versagungsgründe gegeben wären.
Gemäß §10 Abs1 TROG habe die Gemeinde den Flächenwidmungsplan unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Bestandsaufnahme zu erlassen, wobei die Bestandsaufnahme im §9 TROG näher umschrieben sei. Tatsächlich handle es sich bei den Parzellen der Antragstellerin, welche jetzt als Freiland ausgewiesen seien, in jeder Hinsicht um Wohngebiet, also Bauland, da sämtliche Voraussetzungen vorlägen. Die Parzellen seien erschlossen, rund um die Parzellen der Antragstellerin sei bereits gebaut worden, teilweise seien die Flächen als Wohngebiet ausgewiesen.
Aus §31 Abs3 TROG sei abzuleiten, daß die alten Verbauungspläne Grundlage der neuen Flächenwidmungspläne nach dem TROG sein sollten. Im vorliegenden Fall entspreche die Umwidmung von Bauland in Freiland einer Änderung des bestehenden Verbauungsplanes, sodaß in analoger Weise die Bestimmungen des §28 TROG zur Anwendung zu kommen hätten. Eine Änderung sei nach §28 Abs2 TROG nur zulässig, wenn wichtige Gründe hiefür vorlägen und die Änderung den Zielen der örtlichen Raumordnung nicht widerspricht. Bei der Prüfung der Frage, ob ein wichtiger Grund vorliegt, sei auch in Erwägung zu ziehen, ob durch die Änderung wesentliche private Interessen beeinträchtigt würden. Durch die gesetzwidrige Weisung der Tir. Landesregierung vom 17. Feber 1981 seien auch diese Bestimmungen praktisch umgangen worden. Entsprechend dem aufgrund der Weisung der Landesregierung geänderten Entwurf seien im Flächenwidmungsplan vom 2. April 1981 die Grundparzellen ... und ... zur Gänze und die Grundparzelle ... zT als Freiland iS des §15 Abs1 TROG ausgewiesen worden.
3. Die Tir. Landesregierung hat in einer Äußerung die Abweisung des Antrages begehrt und ua. ausgeführt, von den drei insgesamt 5842 Quadratmeter umfassenden Grundstücken sei nur die Grundparzelle ... (im Ausmaß von 696 Quadratmeter) erschlossen und könnte einer Bebauung zugeführt werden. Die anderen beiden Grundstücke seien bewaldet und nicht erschlossen; sie bildeten in der Natur zusammen mit den südlichen daran angrenzenden Bauverbotsflächen (Wald) eine geschlossene Einheit.
Die anläßlich der Erstellung des Flächenwidmungsplanes ausgearbeitete Prognose hätte in der Gemeinde Eben einen Überhang an vorhandenem Bauland von zirka 14,5 ha ergeben. Dies hätte dem §11 Abs1 zweiter Satz TROG widersprochen, wonach sich das Ausmaß des Baulandes nach dem in der Gemeinde in absehbarer Zeit bestehenden Bedarf zu richten habe. Damit habe sich für den Gemeinderat die Frage gestellt, inwieweit der Baulandüberhang reduziert werden könne, damit der Flächenwidmungsplan den Bestimmungen des TROG entspreche. Unter diesem Gesichtspunkt seien vor allem jene Grundflächen "ausgeschieden" worden, die aufgrund ihrer tatsächlichen Verwendung sowie wegen der schwierigen und aufwendigen Erschließung für eine Baulandwidmung kaum geeignet seien. Hinsichtlich der Verwendung seien landwirtschaftlich hochwertige Flächen und Waldflächen nicht mehr als Bauland gewidmet worden. Aus diesen Erwägungen seien auch die überwiegend bewaldeten Grundparzellen ... und ... der Antragstellerin als Freiland gewidmet worden.
4. In der Folge haben die Antragstellerin und die Landesregierung noch mehrere Schriftsätze zur Frage der verkehrsmäßigen Erschließung der bezughabenden Grundstücke sowie zur Frage erstattet, wie stark bewaldet diese Grundstücke sind.
II. Der VfGH hat erwogen:
1. Der Antrag ist zulässig (zur Zulässigkeit der Anfechtung von Flächenwidmungsplänen in Tirol durch den Grundeigentümer s. VfSlg. 9260/1981).
a) Das von der Antragstellerin als Weisung der Landesregierung qualifizierte Schreiben vom 17. Feber 1981 beginnt folgendermaßen:
"Unter Bezugnahme auf die gemeinsame Besprechung vom 12. Feber 1981 über den Entwurf des Flächenwidmungsplanes erlaubt sich das Amt der Landesregierung, zu den einzelnen Punkten, die vom Gesichtspunkt der örtlichen Raumplanung kritisch beurteilt wurden, folgendes mitzuteilen:".
Sodann folgt eine Stellungnahme zu insgesamt 11 Punkten, worauf es am Schluß heißt:
"Das Amt der Landesregierung hofft, daß mit diesen gemeinsam erarbeiteten Vorschlägen ein Kompromiß gefunden worden ist, der den berechtigten Interessen der Gemeinde entspricht und vom Gesichtspunkt der Ortsplanung vertretbar ist."
Auch wenn in diesem Schreiben bei der Erörterung einzelner Punkte mehrfach darauf hingewiesen wird, daß bei Nichtberücksichtigung bestimmter Aspekte eine Genehmigung des Flächenwidmungsplanes durch die Landesregierung nicht zu erwarten sei, stellt das Schreiben nach seinem Gesamtinhalt keineswegs eine Weisung der Landesregierung an den Gemeinderat dar. Es handelt sich vielmehr um die schriftliche Zusammenfassung der Ergebnisse der stattgefundenen Besprechung, wobei zum Schluß der Hoffnung Ausdruck verliehen wird, daß diesen Ergebnissen auch der Gemeinderat zustimmen könne.
Das Vorbringen der Antragstellerin betreffend die behauptete gesetzwidrige Weisung der Landesregierung ist daher schon deshalb verfehlt, sodaß auf die von der Antragstellerin daraus gezogenen Schlußfolgerungen nicht einzugehen ist.
b) Zum Antragsvorbringen betreffend §28 Abs2 TROG weist der VfGH auf sein Erk. VfSlg. 9951/1984 hin, wonach bei erstmaliger Erlassung eines Flächenwidmungsplanes nach dem TROG die Vorschriften des §28 über die Änderung eines Flächenwidmungsplanes keine Anwendung finden.
c) Im Antrag wird auch geltend gemacht, die nunmehr als Freiland ausgewiesenen Grundstücke der Antragstellerin wiesen sämtliche Voraussetzungen zur Widmung als Bauland auf.
Aus dem Flächenwidmungsplan ist zu ersehen, daß diese Grundstücke zwar im Norden, Westen und Osten von Bauland umgeben sind, daß aber im Süden an sie - im Verhältnis zu den Grundstücken der Antragstellerin noch größere - Grundflächen anschließen, welche ebenfalls als Freiland ausgewiesen, unverbaut und offensichtlich ebenfalls bewaldet sind.
Unter diesen Umständen finden die bekämpften Widmungen in der Bestimmung des §8 Abs2 litb TROG betreffend die Erhaltung zusammenhängender, unverbaut bleibender landwirtschaftlich nutzbarer Flächen und Erholungsräume ihre gesetzliche Deckung, wozu noch die von §11 Abs1 zweiter Satz TROG geforderte Übereinstimmung des Ausmaßes des Baulandes mit dem prognostizierten Bedarf kommt. Dem Verordnungsgeber kann nicht entgegengetreten werden, wenn er diesen Gegebenheiten mehr Gewicht beigemessen hat als der bisherigen Widmung der Grundstücke, welcher im Rahmen der Bestandsaufnahme nach §9 Abs1 TROG sicherlich ebenfalls Bedeutung zukommt.
Bei diesem Ergebnis ist es entbehrlich, auf die zwischen den Parteien des verfassungsgerichtlichen Verfahrens in mehreren Schriftsätzen umstrittene Frage einzugehen, inwieweit die bezughabenden Grundstücke verkehrsmäßig erschlossen sind, welcher allfällige (weitere) Aufwand zu ihrer verkehrsmäßigen Erschließung erforderlich wäre und wie dicht der Baumbestand ist.
3. Dem Antrag ist daher nicht Folge zu geben.
Schlagworte
Verordnungserlassung, Weisung, Raumordnung, FlächenwidmungsplanEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1984:V94.1982Dokumentnummer
JFT_10158871_82V00094_00