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32 SteuerrechtNorm
B-VG Art144 Abs1 / AnlaßfallBeachte
Anlaßfälle zu VfSlg. 10156/1984Leitsatz
UStG 1972; Rechtsverletzung wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes nach Aufhebung der die Fälligkeit der Abgabe betreffenden Bestimmungen in §21 Abs4 und 5 idF BGBl. 563/1980Spruch
Die Bescheide werden aufgehoben.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. Die Bf. zu B559/81 betreiben einen Buch-, Kunst- und Musikalienverlag. Anläßlich der Veranlagung zur Umsatzsteuer für das Jahr 1979 ergab sich aufgrund der 1981 eingebrachten Jahreserklärung eine Nachzahlung von 30274 S, die innerhalb eines Monates nach Zustellung des Umsatzsteuerbescheides beglichen wurde. Mit Bescheid vom 8. April 1981 setzte das Finanzamt einen Säumniszuschlag von 605 S fest. Die gegen diese Festsetzung erhobene Berufung blieb erfolglos. Maßgeblich sei §21 Abs4 UStG idF des AbgabenänderungsG 1980, die Fälligkeit sei daher am 10. Feber 1980 eingetreten.
Der Bf. zu B565/81 bekannte in seiner Umsatzsteuererklärung für 1979 im Jahre 1981 eine Zahllast von 53033 S ein, der Vorauszahlungen in der Höhe von 46060 S gegenüberstanden. Die Umsatzsteuerrestschuld wurde innerhalb eines Monates nach Bekanntgabe des Steuerbescheides vom 8. April 1981 entrichtet. Gleichwohl schrieb das Finanzamt ausgehend vom Fälligkeitszeitpunkt 10. Feber 1980 einen Säumniszuschlag in der Höhe von 139 S vor. Die Berufung blieb gleichfalls erfolglos.
Die gegen die Berufungsbescheide gerichteten Beschwerden rügen die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit vor dem Gesetz und Unversehrtheit des Eigentums.
II. Aus Anlaß dieser Beschwerdefälle hat der VfGH die Verfassungsmäßigkeit des dritten Satzes des Abs4 und der ersten beiden Sätze des Abs5 in §21 UStG 1972 idF des AbgabenänderungsG 1980, BGBl. 563, von Amts wegen geprüft und im Erk. G111, 112, 128/84 ua. wegen Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz aufgehoben.
III. Die Beschwerden sind begründet.
Die angefochtenen Bescheide sind wie folgt begründet:
"Gemäß §217 Abs1 der Bundesabgabenordnung tritt die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages ein, wenn eine Abgabe nicht spätestens am Fälligkeitstag bezahlt wird. Gemäß §210 Abs1 Bundesabgabenordnung werden Abgaben unbeschadet der in Abgabenvorschriften getroffenen besonderen Regelungen mit Ablauf eines Monates nach Bekanntgabe des Abgabenbescheides fällig. Eine solche besondere Regelung trifft §21 Abs4 dritter Satz Umsatzsteuergesetz ... Sie lautet: 'Ergibt sich aus einer vor Ergehen des Veranlagungsbescheides eingebrachten Steuererklärung für den Veranlagungszeitraum eine Restschuld, so gilt für diese der gleiche Fälligkeitstag wie der für eine Vorauszahlung des letzten Voranmeldungszeitraumes im Veranlagungszeitraum'.
Nach dieser Regelung gilt also die in der Umsatzsteuererklärung ... einbekannte Restschuld ... als am selben Tag fällig geworden wie die Umsatzsteuervorauszahlung für den Dezember 1979, das ist am 10. Feber 1980. Da sie bis zum Ablauf dieses Tages nicht entrichtet wurde, ist die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages entstanden."
Nach Aufhebung des die Fälligkeit der Abgabe betreffenden dritten Satzes des Abs4 in §21 UStG und der ersten beiden Sätze des Abs5 (dessen zweiter Satz bestimmte, daß die Verpflichtung, rückständige Vorauszahlungen schon früher zu entrichten, unberührt bleibt) sind diese Vorschriften im Anlaßfall nicht mehr anzuwenden. Die Fälligkeit der bescheidmäßig festgesetzten Restschuld richtet sich daher nach §210 Abs1 BAO. Im Zeitpunkt der Zahlung des offenen Betrages war seit Bekanntgabe des Abgabenbescheides noch kein Monat abgelaufen. Der Säumniszuschlag wurde daher zu Unrecht erhoben.
Die in das Eigentumsrecht eingreifenden Bescheide haben die Bf. wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt.
Die Bescheide sind aufzuheben.
Schlagworte
Finanzverfahren, Säumniszuschlag, Umsatzsteuer, Fälligkeit einer AbgabeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1984:B559.1981Dokumentnummer
JFT_10158797_81B00559_00