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32 SteuerrechtNorm
StGG Art5Leitsatz
BAO; keine denkunmögliche Vorschreibung von Säumniszuschlägen im Hinblick auf §§213, 214, 217 Abs6Spruch
I. Das Beschwerdeverfahren wird insoweit eingestellt, als die Beschwerde G G zuzurechnen ist.
II. Dr. F G ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde wird insoweit abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Die Finanzlandesdirektion für Stmk. schrieb Dipl.-Ing. DDr. J G mit dem im Instanzenzug erlassenen Bescheid vom 24. Oktober 1979 Säumniszuschläge in der Höhe von insgesamt 98 S vor und begründete dies unter Bezugnahme auf Bestimmungen der BAO (in der vor der Nov. BGBl. 151/1980 geltenden Fassung) im wesentlichen folgendermaßen:
"Mit dem Nebengebührenbescheid des Finanzamtes Graz-Stadt vom 22. August 1979 wurden wegen nicht zeitgerechter Entrichtung der zum 10. August 1979 fälligen Lohnsteuer (2417 S), des Dienstgeberbeitrages (1089 S) und der Vermögensteuer (1425 S) Säumniszuschläge von insgesamt 98 S zur Entrichtung vorgeschrieben. In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung vom 30. August 1979 wurde eingewendet, daß die Vorschreibung von Säumniszuschlägen umso mehr befremde, als die Umsatzsteuer jeweils bereits einen Monat vor Fälligkeit zur Einzahlung gebracht werde. Der Berufungswerber habe sich bis 10. August 1979 auf Urlaub befunden. Die zum 10. August 1979 fälligen Abgaben seien um nur einen Tag verspätet, nämlich am 14. August 1979 bezahlt worden und es habe sich dabei auch nur um eine einmalige Schuld gehandelt. Vor allem sei aber übersehen worden, daß aus der Zahlung vom 3. Juli 1979 eine 'Umsatzsteuervorauszahlung' (3745 S) entstanden sei, welche von der eintägigen Zahlungsverspätung hätte abgerechnet werden müssen.
...
Gemäß §217 Abs1 BAO (BGBl. Nr. 194/61) tritt, wenn eine Abgabe nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet wird, mit Ablauf dieses Tages die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages ein, soweit der Eintritt dieser Verpflichtung nicht gemäß Abs2 - 6 hinausgeschoben wird.
Aufschiebungsgründe iS des §217 Abs2 - 6 BAO wurden nicht geltend gemacht und konnten auch von Amts wegen nicht festgestellt werden:
Entsprechend der oben zitierten Gesetzesstelle tritt die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages im Falle der Nichtbezahlung einer Abgabe am Fälligkeitstag von Gesetzes wegen ein. Auf ein Verschulden kommt es hiebei nicht an. Der Säumniszuschlag ist schon durch die bloße Tatsache der nicht zeitgerechten Abgabenentrichtung verwirkt. Die Lohnsteuer und der Dienstgeberbeitrag für den Monat Juli 1979 waren am 10. August 1979 fällig. Die Bezahlung dieser Abgaben ist, wie der Berufungswerber auch selbst ausführt, erst am 14. August 1979, und zwar mit Erlagschein erfolgt. Eine nur eintägige Säumnis liegt nicht vor. Die im §217 Abs6 BAO vorgesehene zweitägige Nachfrist gilt nur im Falle der Entrichtung einer Abgabe im Überweisungsverkehr und sinngemäß bei Einzahlung durch Postanweisung (§211 Abs1 litd und c BAO). Die Vermögensteuerschuld für das dritte Vierteljahr 1979, fällig am 10. August 1979, wurde gleichfalls erst am 14. August 1979 zur Einzahlung gebracht. Da für die Entrichtung dieser Abgabe im §214 BAO kein Weisungsrecht vorgesehen ist, war diese Einzahlung gemäß §213 Abs4 BAO auf die dem Fälligkeitstag nach älteste Abgabenschuldigkeit zu verrechnen (Rückstand 25595 S), so daß die Vermögensteuervierteljahresschuld, fällig am 10. August 1979, ebenfalls an ihrem Fälligkeitstag unberichtigt ausgehaftet hat. Das Verrechnungsgebot von Zahlungen und sonstigen Gutschriften auf die dem Fälligkeitstag nach ältesten Abgabenschuldigkeiten ist zwingendes Recht und ergibt sich aus §213 Abs4 BAO. Eine Ausnahme stellt lediglich §214 BAO dar.
...
Die Entrichtung der zum 10. August 1979 fälligen Umsatzsteuer für den Monat Juni 1979 in Höhe von 3745 S ist mit Erlagschein am 3. Juli 1979 vorzeitig erfolgt. Diese Einzahlung war zwingend entsprechend dem bekanntgegebenen Verwendungszweck (§214 Abs2 lita BAO) für die Abstattung der Umsatzsteuer betreffend den Monat Juni 1979 zu verwenden. Sie konnte daher nicht entgegen dem szt. bekanntgegebenen Verwendungszweck von den Bemessungsgrundlagen für die mit Bescheid vom 22. August 1979 vorgeschriebenen Säumniszuschläge in Abzug gebracht werden. Eine derartige abgabenbehördliche Vorgangsweise wäre nicht in Einklang mit den Verrechnungsvorschriften des §214 BAO gestanden.
..."
2. Gegen diesen Berufungsbescheid der Finanzlandesdirektion richtet sich die von Dipl.-Ing. DDr. J G erhobene VfGH-Beschwerde, in der eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums geltend gemacht und die Bescheidaufhebung begehrt wird.
II. 1. Dipl.-Ing. DDr. J G ist am 5. Jänner 1981 verstorben. Sein Nachlaß wurde mit der Einantwortungsurkunde des BG für ZRS Graz vom 15. November 1981, 18 A 19/81-15, je zur Hälfte seiner Witwe G G und seinem Sohn Dr. F G eingeantwortet.
2. Auf Anfrage des VfGH teilte G G mit, daß sie das Verfahren über die Beschwerde nicht fortsetzen wolle; Dr. F G dagegen erklärte diesbezüglich, das Beschwerdeverfahren fortsetzen zu wollen.
Im Hinblick auf diese Erklärungen und unter Bedachtnahme auf die im §19 Abs1 BAO getroffene Regelung über die Gesamtrechtsnachfolge ist das Verfahren über die vorliegende Beschwerde hinsichtlich G G einzustellen und im übrigen mit Dr. F G als Bf. fortzusetzen.
III. Der VfGH hat über die Beschwerde erwogen:
1. Bei der aus der Sicht dieser Beschwerdesache gegebenen verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides könnte die von der Beschwerde geltend gemachte Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums gemäß der ständigen Rechtsprechung des VfGH (zB VfSlg. 9014/1981) nur stattgefunden haben, wenn die bel. Beh. eine herangezogene Rechtsvorschrift in denkunmöglicher Weise gehandhabt hätte, ein Fall, der bloß dann vorläge, wenn die Behörde einen so schweren Fehler begangen hätte, daß dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre.
Dies trifft hier jedoch nicht zu.
Die Beschwerde zieht die Richtigkeit der von der bel. Beh. getroffenen Sachverhaltsfeststellungen nicht in Zweifel, tritt aber ihren Rechtsauffassungen entgegen und behauptet schließlich das Bestehen von Guthaben, die aufzurechnen gewesen wären.
a) Zunächst bestreitet die Beschwerde den Eintritt der Säumnis, weil ihrer Auffassung nach die in §217 Abs6 BAO vorgesehene sogenannte Respirofrist von zwei Tagen dem Abgabenschuldner auch bei Einzahlung mit Erlagschein zugute komme.
Zu dieser begründungslos vorgebrachten Behauptung genügt der Hinweis, daß sich die angeführte Gesetzesbestimmung nach ihrem Wortlaut ausschließlich auf die Abgabenentrichtung im Überweisungsverkehr und die Einzahlung der Abgabe durch Postanweisung bezieht; allein schon im Hinblick auf diesen Gesetzeswortlaut kann von einer denkunmöglichen Gesetzeshandhabung nicht gesprochen werden (vgl. in diesem Zusammenhang auch VfSlg. 10039/1984).
b) Soweit den in diesem Punkt nicht sehr deutlichen Ausführungen der Beschwerde zu entnehmen ist, will sie aus §213 Abs1 BAO die Verpflichtung der Abgabenbehörde ableiten, den mit Erlagschein am 3. Juli 1979 einbezahlten Betrag von 3749 S "bei den am 10. 8. 1979 fälligen Beträgen, für die der Säumniszuschlag vorgeschrieben wurde, zu verrechnen".
Die Beschwerde zieht jedoch nicht in Zweifel, daß dem Finanzamt bei dieser Zahlung der Verwendungszweck bekanntgegeben worden war. Im Hinblick auf diesen Umstand, den - in der Beschwerde nicht erörterten - Vorbehalt im §213 Abs4 BAO zugunsten des §214 ("soweit §214 nicht Abweichendes bestimmt") und die Regelung des §214 Abs2 lita BAO (wonach - ua. - Zahlungen, die sich auf Schuldigkeiten beziehen, deren Höhe nach den Abgabenvorschriften vom Abgabepflichtigen selbst berechnet wurden, dem der Abgabenbehörde bekanntgegebenen Verwendungzweck entsprechend zu verrechnen sind) findet sich jedoch kein Anhaltspunkt für die von der Beschwerde behauptete denkunmögliche Rechtsanwendung.
c) Die Beschwerde behauptet schließlich, daß aufzurechnende Guthaben bestanden hätten, beruft sich zum Nachweis dafür jedoch auf (Überzahlungen ausweisende) Lastschriftanzeigen, die auf einen anderen Abgabepflichtigen (nämlich eine näher bezeichnete, von Dipl.-Ing. DDr. J G vertretene Grundstücksgemeinschaft) lauten. Daß auf diesen Beschwerdevorwurf nicht weiter einzugehen ist, bedarf demnach keiner näheren Begründung.
2. Im Beschwerdeverfahren kam auch nicht hervor, daß ein anderes verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht verletzt worden wäre oder daß eine Rechtsverletzung infolge Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm stattgefunden habe.
Die Beschwerde war sohin abzuweisen.
Schlagworte
Finanzverfahren, Säumniszuschlag (Finanzverfahren)European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1985:B529.1979Dokumentnummer
JFT_10149778_79B00529_00