TE Vfgh Erkenntnis 1985/2/22 B59/79

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Veröffentlicht am 22.02.1985
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Index

L8 Boden- und Verkehrsrecht
L8200 Bauordnung

Norm

B-VG Art10 Abs1 Z10
B-VG Art15 Abs1
Krnt BauO 1969 §9 Abs2 litg
Krnt BauO 1969 §13 Abs2 litc

Leitsatz

Ktn. BauO; Bewilligung zur Errichtung einer Senkgrube; sachliche Zuständigkeit der Baubehörde in §§9 Abs2 litg und 13 Abs2 litc gegründet; Mitwirkung befangener Organe an der Bescheiderlassung berührt die Zuständigkeit der Behörde nicht - kein Entzug des gesetzlichen Richters

Spruch

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Der Bürgermeister der Marktgemeinde Millstatt erteilte dem Beteiligten J U mit Bescheid vom 29. Juni 1977 unter Bezugnahme auf §§13 und 14 iVm. §§3 Abs1 und 4 lita der Ktn. Bauordnung, LGBl. 48/1969, idF LGBl. 56/1972 die Bewilligung zur Errichtung einer Senkgrube (ua. mit der Vorschreibung, daß deren Entleerung jeweils zeitgerecht durch Abfuhr so zu erfolgen habe, daß keinerlei nachteilige Beeinträchtigung von Anrainergrundstücken eintreten kann, sowie daß die Entleerung auf dem Grundstück des Bauwerbers nicht statthaft sei). Gegen diesen Bescheid erhob die Bf., die als Anrainerin in der Bauverhandlung Einwendungen erhoben hatte, Berufung an den Gemeindevorstand, welche jedoch ebenso erfolglos blieb wie die sodann gegen dessen abweisenden Bescheid vom 28. November 1977 ergriffene Vorstellung. Gegen den aufsichtsbehördlichen Bescheid der Ktn. Landesregierung vom 31. Oktober 1978 richtet sich die vorliegende VfGH-Beschwerde, in der die Bf. die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte, namentlich des Rechts auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter, behauptet und die Aufhebung des Vorstellungsbescheides begehrt.

II. Der VfGH hat über die Beschwerde erwogen:

1. Die Bf. macht die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter von zwei verschiedenen Blickpunkten her geltend; sie behauptet einerseits die sachliche Unzuständigkeit der im Instanzenzug bzw. im Aufsichtsweg eingeschrittenen Behörden und andererseits eine unrichtige Zusammensetzung des über ihre Berufung absprechenden Gemeindevorstandes. Sie erkennt zwar richtig, daß ihr Vorbringen zutreffendenfalls iS der ständigen Rechtsprechung des VfGH (zB VfSlg. 9026/1981 bzw. 9116/1981) eine Verletzung des geltend gemachten Rechtes bedeutete, ist mit ihren Behauptungen im Ergebnis aber nicht im Recht.

Der VfGH hat in seinem Kompetenzfeststellungserk. VfSlg. 4387/1963 folgenden Rechtssatz ausgesprochen: "Die Regelung der Abwässerbeseitigung von bebauten Liegenschaften ist, soweit sie die Einwirkung der Abwässerbeseitigung auf fremde Rechte oder auf öffentliche Gewässer betrifft, gemäß Art10 Abs1 Z10 B-VG (Wasserrecht) Bundessache." Die Bf. bezieht sich auf diesen Rechtssatz und glaubt, daß das Bauvorhaben nicht der baubehördlichen, sondern (ausschließlich) der wasserrechtsbehördlichen Bewilligung unterliege. Es kann jedoch auf sich beruhen, ob das Projekt überhaupt der Abwässerbeseitigung in dem im Rechtssatz gemeinten Sinn dient, zumal bloß bestimmte Abwässer auf dem Baugrundstück zwecks späterer Abfuhr gesammelt, nicht aber weitergeleitet werden sollen. Denn die Bf. läßt offenbar außer acht, daß der VfGH bereits im angeführten Erk. auf die Möglichkeit hingewiesen hat, die Ableitung von Abwässern sowohl aus wasserrechtlichen als auch aus baurechtlichen Gesichtspunkten einer Regelung zu unterziehen. Daß im vorliegenden Fall jedoch die Zuständigkeit der Baubehörde für das Vorhaben besteht, ergibt sich zweifelsfrei aus den §§9 Abs2 litg und 13 Abs2 litc der Ktn. Bauordnung. Die von der Bf. angenommene sachliche Unzuständigkeit der eingeschrittenen Behörden liegt somit nicht vor.

Eine unrichtige Zusammensetzung des über die Berufung absprechenden Gemeindevorstandes will die Bf. mit dem Argument dartun, daß der (bei der Berufungsentscheidung den Vorsitz im Gemeindevorstand führende)

(1.) Vizebürgermeister infolge Einholung einer Äußerung namens der Baubehörde erster Instanz befangen gewesen sei und daher durch einen Ersatzmann zu ersetzen gewesen wäre. Es kann jedoch dahinstehen, ob die von der Bf. behauptete Befangenheit des (1.) Vizebürgermeisters tatsächlich gegeben war, weil - wie der VfGH in ständiger Judikatur ausgesprochen hat (zB VfSlg. 6454/1971) - die Mitwirkung befangener Organe an der Bescheiderlassung die Zuständigkeit der Beh. nicht berührt.

2. Mit den übrigen Ausführungen, in denen auf einzelne Umstände in wasserrechtlichen Verfahren hingewiesen wird, macht die Bf. sowohl ihrer ausdrücklichen Behauptung als auch der Sache nach bloß die Gesetzwidrigkeit des angefochtenen Bescheides geltend, worüber jedoch ausschließlich der VwGH zu befinden hat.

3. Das Beschwerdeverfahren erbrachte auch keinen Anhaltspunkt dafür, daß die Bf. in einem anderen als dem geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt worden wäre oder daß eine Rechtsverletzung infolge Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm stattgefunden habe.

Die Beschwerde war sohin abzuweisen.

Schlagworte

Kanalisation, Baurecht, Kompetenz Bund - Länder Wasserrecht, Kompetenz Bund - Länder Baurecht, Behördenzuständigkeit, Befangenheit, Behördenzusammensetzung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1985:B59.1979

Dokumentnummer

JFT_10149778_79B00059_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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