TE Vfgh Erkenntnis 1985/2/25 B298/81

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Veröffentlicht am 25.02.1985
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Index

L2 Dienstrecht
L2001 Personalvertretung

Norm

B-VG Art83 Abs2
B-VG Art144 Abs1 / Legitimation
B-VG Art144 Abs1 / Prüfungsmaßstab
Krnt Landes-PersonalvertretungsG §30

Leitsatz

Ktn. Landes-PersonalvertretungsG; der wahlwerbenden Gruppe kommt im Verfahren vor der Aufsichtsbehörde gemäß §30 ein gesetzlich eingeräumtes Recht nicht zu; Erhebung einer Aufsichtsbeschwerde nur durch den Bediensteten zulässig, für den das betreffende Personalvertretungsorgan zuständig ist; fälschliche Abweisung anstatt Zurückweisung der Aufsichtsbeschwerde der wahlwerbenden Gruppe - kein Entzug des gesetzlichen Richters

Spruch

1. Die Beschwerde der wahlwerbenden Gruppe "Österreichischer Arbeiter- und Angestelltenbund - Fraktion christlicher Gewerkschafter (ÖAAB-FCG)" wird abgewiesen.

2. Die Beschwerde des C H, des Ing. F T und des Mag. Dr. A K wird zurückgewiesen. Der Antrag, die Beschwerde an den VwGH abzutreten, wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. In der Sitzung der Zentralpersonalvertretung beim Amt der Ktn. Landesregierung vom 13. Jänner 1981 wurde ua. die Übertragung von bestimmten Aufgaben der Zentralpersonalvertretung gemäß §20 Abs5 des Ktn. Landes-Personalvertretungsgesetzes, LGBl. 49/1976 (im folgenden LPVG genannt), erörtert und im Protokoll vom 20. Jänner 1981 folgendes darüber festgehalten:

"Die Koll. Ing. G, Ing. Ki., B und Dr. Ka. sprechen sich dafür aus, die bisher gehandgabte Regelung der Aufnahme von Bediensteten in den Landesdienst beizubehalten. Ergänzend dazu regt Koll. Dr. Ka. an, die Übertragung dieser Aufgabe an den Obmann zu beschließen und diese Übertragungsregelung in der Landeszeitung kundzumachen.

Auf Antrag des Obmannes Koll. Ing. St. wird mit den Stimmen der FSG der Zentralpersonalvertretung folgender Beschluß gefaßt: 'Gemäß §9 Abs2 des Landes-Personalvertretungsrechtes, LGBl. Nr. 49/76, betreffend die Mitwirkung bei der Aufnahme von Bediensteten wird diese Aufgabe gemäß §20 Abs5 des Landes-Personalvertretungsrechtes, LGBl. Nr. 49/76, an den Obmann übertragen. Dieser Beschluß der Zentralpersonalvertretung vom 1981-0-13 ist in der der Sitzung nachfolgenden Ausgabe der Kärntner Landeszeitung kundzumachen.' Gegen diesen Beschluß stimmt die ÖAAB-FCG der Zentralpersonalvertretung."

2. Gegen diesen Beschluß erhob OAR C H am 14. Jänner 1981 als Zustellungsbevollmächtigter der wahlwerbenden Gruppe "Österreichischer Arbeiter- und Angestelltenbund - Fraktion christlicher Gewerkschafter (ÖAAB-FCG)" in der Zentralpersonalvertretung beim Amt der Ktn. Landesregierung an die Ktn. Landesregierung Aufsichtsbeschwerde. Diese Beschwerde wurde von OAR C H, Ing. F T und OR Dr. A K gefertigt.

Mit Bescheid der Ktn. Landesregierung vom 6. Mai 1981, Z Präs-333/9/81, wurde die Aufsichtsbeschwerde vom 14. Jänner 1981 gegen den von der Zentralpersonalvertretung in ihrer Sitzung am 13. Jänner 1981 gefaßten Mehrheitsbeschluß, wonach der Mitwirkungstatbestand der Zentralpersonalvertretung "Aufnahme von Bediensteten" dem Obmann übertragen wurde, als unbegründet abgewiesen und festgestellt, daß dieser Beschl. und das ihm zugrunde liegende Verfahren nicht mit Rechtswidrigkeit behaftet seien.

3. Die wahlwerbende Gruppe "Österreichischer Arbeiter- und Angestelltenbund - Fraktion christlicher Gewerkschafter (ÖAAB-FCG)" in der Zentralpersonalvertretung beim Amt der Ktn. Landesregierung erhebt gegen diesen Bescheid der Ktn. Landesregierung Beschwerde an den VfGH, in der sie die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts aller Staatsbürger auf Gleichheit vor dem Gesetz (Art7 B-VG) geltend macht, die Aufhebung des angefochtenen Bescheides und gegebenenfalls die Abtretung der Beschwerde an den VwGH beantragt.

4. In der "Äußerung" der Ktn. Landesregierung zur Beschwerde wird die Ansicht vertreten, daß die Beschwerdelegitimation der wahlwerbenden Gruppe nicht gegeben sei, weil zur Erhebung der Aufsichtsbeschwerde gemäß §30 LPVG jeder Bedienstete berechtigt sei, für den das betreffende Organ der Bediensteten zuständig sei, nicht jedoch einzelne Gruppen bzw. politische Parteien. Im übrigen wird die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

5. Am 25. Juni 1982 erklärten C H, Ing. F T und Mag. Dr. A K, daß sie gemeinsam als wahlwerbende Gruppe, aber auch jeder von ihnen kraft eigenen Rechtes gemäß §30 Abs4 LPVG als Bf. einschreiten.

II. Der VfGH hat erwogen:

1. Die Aufsichtsbeschwerde an die Ktn. Landesregierung wurde von OAR

C H als Zustellungsbevollmächtigter der wahlwerbenden Gruppe, nicht aber von einzelnen Bediensteten eingebracht. Daran kann auch der Umstand nichts ändern, daß die Aufsichtsbeschwerde nicht nur vom Zustellungsbevollmächtigten, sondern auch von zwei weiteren Angehörigen der wahlwerbenden Gruppe unterfertigt war.

In völlig eindeutiger Weise wurde die Beschwerde an den VfGH von der wahlwerbenden Gruppe, vertreten durch den Zustellungsbevollmächtigten OAR C H, eingebracht.

Der VfGH hat jedoch unter Hinweis auf VfSlg. 494/1925 in seinem Erk. VfSlg. 2049/1950 zum Ausdruck gebracht, daß ein Zustellungsbevollmächtigter einer wahlwerbenden Gruppe auch nicht namens derselben eine Beschwerde wegen Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte einbringen kann, weil einer der (vollen) juristischen Persönlichkeit ermangelnden Vereinigung die Aktivlegitimation zur Erhebung einer Beschwerde nach Art144 B-VG fehlt, die Anerkennung einer "Partei" iS einer Wahlordnung derselben aber nur die in den Wahlordnungen ausdrücklich angeführten Möglichkeiten, einen rechtlich maßgebenden Willen zu äußern, gewährt, sie aber dadurch nicht zur juristischen Person macht.

Im Beschwerdefall konnte die Ktn. Landesregierung mit Recht darauf hinweisen, daß der wahlwerbenden Gruppe im Verfahren vor der Aufsichtsbehörde gemäß §30 LPVG ein gesetzlich eingeräumtes Recht überhaupt nicht zukommt. Eine solche Aufsichtsbeschwerde kann vielmehr gemäß der ausdrücklichen Bestimmung des §30 Abs4 LPVG nur jeder Bedienstete erheben, für den das betreffende Organ, im konkreten Fall die Zentralpersonalvertretung beim Amt der Ktn. Landesregierung, zuständig ist.

Die Aufsichtsbeschwerde der wahlwerbenden Gruppe wäre daher von der bel. Beh. nicht abzuweisen, sondern zurückzuweisen gewesen. Nach der Rechtsprechung des VfGH (vgl. VfSlg. 9512/1982) ist aber die wahlwerbende Gruppe dadurch, daß ihre Aufsichtsbeschwerde fälschlich abgewiesen anstatt zurückgewiesen worden ist, nicht im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden. Unter diesen Umständen konnte die Gruppe durch den angefochtenen Bescheid auch in keinem anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt werden. §20 Abs5 LPVG, dessen Aufhebung wegen Verfassungswidrigkeit die Beschwerde anregt, hatte der VfGH nicht anzuwenden. Auch die Verfassungswidrigkeit einer anderen generellen Norm ist im Verfahren des VfGH nicht hervorgekommen.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

2. Die nach Ablauf der Beschwerdefrist abgegebene Erklärung des C H, des Ing. F T und des Mag. Dr. A K, kraft eigenen Rechtes als Bf. einzuschreiten, wertet der VfGH als Beschwerde dieser Personen gegen den die Aufsichtsbeschwerde der wahlwerbenden Gruppe abweisenden angefochtenen Bescheid.

Die Beschwerde des C H, des Ing. F T und des Mag. Dr. A K war wegen Versäumung der Beschwerdefrist gemäß §19 Abs2 litb VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen (vgl. VfGH 24. September 1982 B267/82). Die Bf. konnten übrigens durch einen die Aufsichtsbeschwerde der wahlwerbenden Gruppe abweisenden Bescheid nicht in ihren Rechten verletzt werden.

Der Antrag auf Abtretung dieser Beschwerde an den VwGH war abzuweisen, weil eine solche Abtretung nur für den - hier nicht gegebenen - Fall einer ablehnenden Sachentscheidung des VfGH vorgesehen ist, nicht hingegen auch bei Zurückweisung einer unzulässigen Beschwerde (vgl. zB VfSlg. 10023/1984).

Schlagworte

Personalvertretung, Wahlen, berufliche Vertretungen, VfGH / Legitimation, Person juristische, Wählergruppe, Auslegung eines Bescheides, VfGH / Prüfungsmaßstab, Auslegung eines Antrages

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1985:B298.1981

Dokumentnummer

JFT_10149775_81B00298_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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