TE Vfgh Beschluss 2006/9/25 G25/06

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Veröffentlicht am 25.09.2006
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Index

20 Privatrecht allgemein
20/05 Wohn- und Mietrecht

Norm

B-VG Art140 Abs1 / Individualantrag
MietrechtsG §16, §37, §40
RichtwertG §2 Abs3

Leitsatz

Zurückweisung des Individualantrags eines Hauseigentümers auf Aufhebung einer Bestimmung des Gesetzes über die Festsetzung des Richtwertes für die mietrechtliche Normwohnung hinsichtlich der Einstufung einer bestimmten Lage (Wohnumgebung) infolge Zumutbarkeit der Beschreitung des gerichtlichen Rechtsweges in einem mietrechtlichen Außerstreitverfahren

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. Der antragstellende Rechtsanwalt ist Eigentümer eines Zinshauses im 20. Wiener Gemeindebezirk und begehrt die Aufhebung einer (nachstehend hervorgehobenen) Wortfolge im §2 Abs3 des Bundesgesetzes über die Festsetzung des Richtwertes für die mietrechtliche Normwohnung (Richtwertgesetz - RichtWG), BGBl. 800/1993 - der Richtwert bildet die Grundlage für die Berechnung des angemessenen Hauptmietzinses nach §16 Abs2 MRG - :

"Mietrechtliche Normwohnung

(1)...

(2)...

(3) Die durchschnittliche Lage (Wohnumgebung) ist nach der allgemeinen Verkehrsauffassung und der Erfahrung des täglichen Lebens zu beurteilen, wobei eine Lage (Wohnumgebung) mit einem überwiegenden Gebäudebestand, der in der Zeit von 1870 bis 1917 errichtet wurde und im Zeitpunkt der Errichtung überwiegend kleine, mangelhaft ausgestattete Wohnungen (Wohnungen der Ausstattungskategorie D) aufgewiesen hat, höchstens als durchschnittlich einzustufen ist."

Er sei in seiner Rechtssphäre aktuell und unmittelbar durch §16 Abs2 bis 4 MRG iVm §2 Abs3 RichtWG iVm §16 Abs8 MRG 1. Satz beeinträchtigt, da aus diesen Bestimmungen die Unwirksamkeit des zulässigen Höchstbetrages gemäß §16 Abs1 bis 7 MRG überschreitender Mietzinsvereinbarungen folge. Er könne rechtswirksam keinen Lagezuschlag mit einem Mieter vereinbaren, obwohl die Lage des Zinshauses als äußerst verkehrsgünstig mit guter Infrastruktur in unmittelbarer Nähe der Naherholungsgebiete Augarten und Donaukanal dies rechtfertigen würde. Als Rechtsanwalt sei es ihm auch standesrechtlich untersagt, gesetzlich verbotene Mietzinsvereinbarungen zu treffen (und einen Rechtsstreit zu provozieren, um die Frage solcherart an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen). Das Gesetz sei für ihn unmittelbar und ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder Erlassung eines Bescheides wirksam.

Die Bundesregierung führt in ihrer Äußerung zur Antragslegitimation aus, mit der Beschränkung des Vorbringens auf §2 Abs3 RichtWG werde der für die Frage der Berechtigung eines Lagezuschlags maßgebliche §16 Abs3 MRG außer Acht gelassen und die Antragslegitimation nicht ausreichend dargetan. Abgesehen davon habe auch der Vermieter die Möglichkeit, in einem mietrechtlichen Außerstreitverfahren gemäß §37 MRG die Frage der Zulässigkeit des vereinbarten Mietzinses unabhängig von einem Antrag des Mieters dem ordentlichen Gericht bzw. der vorgeschaltenen Schlichtungsstelle vorzulegen und das sei ihm auch zumutbar. Der Individualantrag sei als unzulässig zurück- oder als unbegründet abzuweisen.

II. Der Antrag ist unzulässig.

Die Antragslegitimation nach Art140 B-VG setzt ua. voraus, dass ein anderer zumutbarer Weg zur Gewährung des Rechtsschutzes nicht zur Verfügung steht. Ein solcher zumutbarer Weg ist nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes ua. gegeben, wenn ein gerichtliches Verfahren zulässig ist, in dem der Antragsteller die Möglichkeit hat, eine amtswegige Antragstellung an den Verfassungsgerichtshof anzuregen.

Ein solcher zumutbarer Weg zur Geltendmachung der von ihm behaupteten Verfassungswidrigkeit steht dem Antragsteller offen:

Gemäß §37 Abs1 Z8 MRG entscheidet im Außerstreitverfahren das für Zivilrechtssachen zuständige Bezirksgericht, in dessen Sprengel das Mietshaus gelegen ist, auf Antrag - auch des Vermieters (vgl. MietSlg. 36.495/19) - über die "Angemessenheit des vereinbarten oder begehrten Hauptmietzinses". In diesem Verfahren kann der Antragsteller die amtswegige Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens über Antrag der zweiten Instanz beim Verfassungsgerichtshof anregen (daran ändert auch die Vorschaltung eines Schlichtungsverfahrens nichts, da gegen die in diesem ergangene Entscheidung gemäß §40 MRG das Gericht angerufen werden kann). Zu einem standeswidrigen Verhalten wäre der Antragsteller dabei nicht gezwungen. Dieser Weg ist ihm zumutbar.

Der vorliegende Antrag ist daher in nichtöffentlicher Sitzung als unzulässig zurückzuweisen (§19 Abs3 Z2 lite VfGG).

Schlagworte

VfGH / Individualantrag, Mietenrecht, Richtwert

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2006:G25.2006

Dokumentnummer

JFT_09939075_06G00025_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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