TE Vfgh Erkenntnis 1985/3/4 B673/84

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Veröffentlicht am 04.03.1985
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Index

44 Zivildienst
44/01 Zivildienst

Norm

B-VG Art83 Abs2
ZivildienstG §44 ff
ZivildienstG §2 Abs1
ZivildienstG §6 Abs1
ZivildienstG §43 Abs2
ZivildienstG §43 Abs3
ZivildienstG §43 Abs4
ZivildienstG §46

Leitsatz

ZivildienstG; keine Verletzung des durch §2 Abs1 verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Befreiung von der Wehrpflicht zwecks Zivildienstleistung - keine Glaubhaftmachung schwerwiegender Gewissensgründe; keine Willkür; kein Entzug des gesetzlichen Richters

Spruch

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Mit Bescheid der Zivildienstkommission beim Bundesministerium für Inneres vom 24. August 1983 wurde der von S N - unter Bezugnahme auf §2 Abs1 Zivildienstgesetz, BGBl. 187/1974, idF der Nov. BGBl. 496/1980 (ZDG) - gestellte Antrag auf Befreiung von der Wehrpflicht - nach durchgeführter mündlicher Verhandlung - gemäß §2 Abs1 iVm §6 Abs1 ZDG abgewiesen.

Der dagegen von S N erhobenen Berufung wurde mit Bescheid der Zivildienstoberkommission beim Bundesministerium für Inneres (ZDOK) vom 26. April 1984 - gleichfalls nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - gemäß §66 Abs4 AVG 1950 nicht Folge gegeben.

Dieser Berufungsbescheid wurde wie folgt begründet:

"... Der Antragsteller und nunmehrige Berufungswerber" (der Beschwerdeführer dieses verfassungsgerichtlichen Verfahrens) "hat im wesentlichen folgendes vorgebracht:

1. In der Begründung seines Antrages:

Er lehne Gewaltanwendung zur Austragung von Meinungsverschiedenheiten oder Gegensätzen aus moralischen Gründen entschieden ab. Es sei ihm im Laufe der letzten Jahre immer stärker bewußt geworden, wie unmenschlich und grausam kriegerische Auseinandersetzungen seien. Obwohl das Wertvollste das menschliche Leben sei, obwohl jeder Mensch einmalig und unersetzbar sei, komme es tagtäglich zu Kriegshandlungen. In seinen Augen gebe es keine Rechtfertigung für 'solchen Mord und Totschlag'. Durch Rundfunk und Television würde der Wahnwitz militärischer Konfliktaustragung nahezu stündlich aufgezeigt. Da aus zwei brutalen Weltkriegen noch keine Lehren gezogen worden wären, müßte dies jetzt versucht werden. Es sei höchste Zeit für die Menschheit zu lernen, Probleme gewaltfrei zu lösen. Er sehe darin die einzige Möglichkeit, der gesamten Menschheit die Zukunft zu sichern. Voraussetzung dafür sei allerdings gegenseitige Toleranz und Hilfe. Er versuche mit dieser Einstellung das eigene Leben zu gestalten und fasse es als wichtige Aufgabe auf, diese Einstellung in Gesprächen und Diskussionen zu verbreiten.

2. In der Verhandlung vor der Zivildienstkommission am 24. August 1983:

Zwei seiner Brüder hätten Wehrdienst, zwei andere Brüder Zivildienst geleistet. Er selbst glaube, daß beim österreichischen Bundesheer Militarismus herrsche. Wenn er auch zum Zeitpunkt seiner Musterung noch nicht die heutige Einstellung gehabt habe, habe sich seine Weltanschauung doch durch Kontakte mit Freunden und durch Diskussionen geändert. Neben seinem Studium habe er eine Jugendgruppe der Marianischen Mittelschülerkongregation geleitet, und arbeite er seit einem Jahr gegen geringes Entgelt in einem psychohygienischen Wohnheim.

In einer Bescheinigung der Österreichischen Gesellschaft für Psychische Hygiene, Landesgruppe Tirol, Therapeutisches Wohnheim in Innsbruck, vom 23. 8. 1983, wird die Mitarbeit des Antragstellers in diesem Wohnheim bestätigt.

3. In der Berufung:

Seine Einstellung zum Thema Gewaltlosigkeit und Frieden sei erst während der letzten Jahre herangereift. Als Maturant habe er sich mit Gewissensfragen noch nicht besonders intensiv auseinandergesetzt, da ihm grundlegende Einblicke und Erfahrungen über das menschliche Zusammenleben gefehlt hätten. Freunde und Bekannte hätten ihn angeregt, sich mit Persönlichkeiten, die sich selbstlos für die Rechte ihrer Mitmenschen, für soziale Gerechtigkeit und Frieden einsetzten, etwa Jesus, Martin Luther King oder Ghandi, zu beschäftigen. Diese Persönlichkeiten stellten nunmehr für ihn große Vorbilder dar. Er fühlte sich verantwortlich für friedliches Zusammenleben und müßte hiezu aktiv beitragen. Dies wäre nur möglich, wenn er bereit sei, den Mitmenschen nicht nur mit Verständnis sondern auch mit Liebe zu begegnen. Gegenseitige Duldung und Toleranz sei dabei zu wenig Man müsse bereit sein, ein Stück von sich zu geben, dem anderen mit Herzlichkeit und Wärme zu begegnen. Menschliches Leben stelle für ihn das höchste Gut der Welt dar, und keine Sache rechtfertige, dieses Gut anzutasten. Er lehne daher die Anwendung der Waffengewalt entschieden ab und sehe schon in der 'Übung von Waffengewalt', wie es die Ausbildung beim Bundesheer mit sich bringe, schwere Gewissensnot auf sich zukommen.

4. In der mündlichen Verhandlung vor der Zivildienstoberkommission:

Da er seit Dezember 1983 in einer Volksschule außerhalb von Innsbruck unterrichte, könnte er seine Tätigkeit im Psychohygienischem Wohnheim nicht mehr ausüben. Bis zur Aufnahme der Berufstätigkeit habe er in diesem Heim einmal wöchentlich Nachtdienst gemacht. Dieses Heim sei ein Übergangsheim für geistig Kranke, denen eine Wiedereingliederung in die Gesellschaft erleichtert werden sollte. Er habe einen der Heiminsassen zeitweilig in seine Wohnung, eine Wohngemeinschaft, aufgenommen. Der Kontakt zur Gesellschaft, die dieses Heim führe, sei durch eine Bekannte zustande gekommen, ebenso der Kontakt zur Marianischen Kongregation, bei welcher er als angehender Lehrer aus Interesse an der Jugendarbeit eine Gruppe geleitet habe.

Seinen Einsatz als Soldat könnte er nicht verantworten, da er dann Menschen Schaden zufügen müßte. Der Gedanke der Notwehr oder Nothilfe sei auf den Staat nicht übertragbar, da es für den Staat auch zivile oder soziale Verteidigungsmöglichkeiten gäbe. Er könne sich kaum vorstellen, was im Falle einer kriegerischen Auseinandersetzung geschehen sollte und könne kaum angeben, in welcher Form er sich an einer sozialen Verteidigung beteiligen könnte; es sei ihm auch bewußt, daß er allein nichts tun könnte. Sollten sich aber alle an der sozialen Verteidigung beteiligen, erscheine ihm dies sinnvoll. Er würde sich jedenfalls mit Freunden treffen, die die gleiche Gesinnung hätten wie er und man werde dann gemeinsam überlegen, wie man sich im Rahmen der sozialen Verteidigung engagieren würde. Insbesondere erscheine es ihm wichtig, mit dem Feind ins Gespräch zu kommen, um diesem klar zu machen, daß dieser im Unrecht sei. Er habe an Demonstrationen gegen Rüstung und Militärdienst teilgenommen, zuletzt am Ostermontag des Jahres 1984 an einer Demonstration gegen die Politik der Großmächte und deren atomare Aufrüstung auf der Europabrücke.

Konkret könne er sich nicht vorstellen, im Kriegsfall militärische Gewalt anzuwenden und er sei auch nicht in der Lage, seine inneren Gefühle dabei zu beschreiben. Dies sei ihm nicht möglich, weil er so etwas noch nie getan hätte. Er sei auch überzeugt, so etwas nie zu tun.

S R, Vertrauensperson, erklärte, den Berufungswerber nur über die in der ersten Instanz aufgetretene Vertrauensperson zu kennen. Er bestätigte die vom Berufungswerber in der Jugendarbeit entwickelten Aktivitäten.

Die Berufung ist nicht berechtigt.

Nach Auffassung der Zivildienstoberkommission kommt der persönlichen Aussage des Berufungswerbers im Hinblick auf die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für die Befreiung von der Wehrpflicht ausschlaggebende Bedeutung zu. Wie die Erfahrung lehrt, sind nämlich die schriftlichen Darlegungen oft nicht gänzlich frei von fremden Einflüssen. Dieser persönliche Eindruck schließt ein Abgehen von der erstinstanzlichen Entscheidung aus. Der Berufungswerber hat sich in seinem Antrag zwar auf moralische Gründe für die Ablehnung des Wehrdienstes berufen, hiezu im gesamten Verfahren jedoch nur ansatzweise Ausführungen gemacht und schließlich nicht erkennen lassen, zu welchen Konsequenzen die von ihm angedeuteten Gründe im Falle der Leistung des Wehrdienstes führen könnten. Der erkennende Senat hat aus dem Vorbringen des Berufungswerbers zwar den Eindruck gewonnen, daß sich dieser bemüht, in Kontakt mit anderen Menschen gewaltfrei und hilfsbereit zu leben, aus diesem Bemühen läßt sich jedoch noch nicht der Schluß ziehen, daß der Berufungswerber im Falle seiner Teilnahme an der militärischen Landesverteidigung in schweren Gewissenskonflikt geriete. Die Behauptung individueller Gewissensnot bei Leistung des Wehrdienstes ist in der Regel nur dann glaubhaft, wenn der Betroffene in der Lage ist, individuelle Folgen bei persönlicher Beteiligung an der militärischen Landesverteidigung aufzuzeigen. Ohne einer Gewichtung zwischen der allgemeinen Wehrpflicht und einer allfälligen Gewissensbelastung bei Leistung des Wehrdienstes - eine solche Gewichtung setzt wohl auch Überlegungen zu konkreten Situationen im Kriege sowie zu den Erfordernissen der Landesverteidigung voraus -, kann die Frage des Eintrittes einer allfälligen individuellen Gewissensbelastung bei Anwendung von Waffengewalt gegen Menschen nicht schlüssig und glaubhaft beantwortet werden. Aufgrund der klaren Aussage des Berufungswerbers vor der Zivildienstoberkommission, daß er sich in eine solche Situation nicht hineinversetzen könnte, da er dies noch nie getan habe, und des im übrigen nicht besonders substantiierten Vorbringens des Berufungswerbers konnte der erkennende Senat nicht als bescheinigt ansehen, daß der Berufungswerber - wegen seiner gefestigten Grundhaltung - bei Leistung des Wehrdienstes in schweren Gewissenskonflikt geriete. Die Aussage der Vertrauensperson, die den Berufungswerber im wesentlichen nur über einen Mittelsmann kennt, vermochte an dieser Entscheidung ebensowenig zu ändern wie das nachgewiesene Engagement des Berufungswerbers. Die Teilnahme an Demonstrationen gegen Rüstung läßt zwar ein gewisses Interesse gegen militärische Bedrohung erkennen, jedoch ist daraus kein Schluß auf die allfällige persönliche schwerwiegende Gewissensbelastung im Sinne des Zivildienstgesetzes zu ziehen. Da der Berufungswerber auch vor der Zivildienstoberkommission die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für eine Befreiung von der Wehrpflicht nicht dartun konnte, war der Berufung der Erfolg zu versagen und der Bescheid der ersten Instanz zu bestätigen."

2. Gegen diesen Bescheid der ZDOK richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte, an den VfGH gerichtete Beschwerde des S N. Der Bf. behauptet, in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Befreiung von der Wehrpflicht zwecks Zivildienstleistung, auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, auf "Religions- und Gewissensfreiheit" und auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden zu sein. Er begehrt die kostenpflichtige Aufhebung des bekämpften Bescheides.

3. Die ZDOK als bel. Beh. legte die Verwaltungsakten vor und verzichtete auf die Erstattung einer Gegenschrift.

II. Der VfGH hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. a) Die Verfassungsbestimmung des §2 Abs1 ZDG besagt, daß Wehrpflichtige iS des Wehrgesetzes auf ihren Antrag von der Wehrpflicht zu befreien sind, wenn sie es - von den Fällen der persönlichen Notwehr oder Nothilfe abgesehen - aus schwerwiegenden, glaubhaften Gewissensgründen ablehnen, Waffengewalt gegen andere Menschen anzuwenden und daher bei Leistung des Wehrdienstes in schwere Gewissensnot geraten würden; sie sind zivildienstpflichtig. Der VfGH vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, daß diese Vorschrift das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Befreiung von der Wehrpflicht zwecks Zivildienstleistung beinhaltet (vgl. zB VfGH 20. 9. 1984 B417/83 und die dort zitierte weitere Vorjudikatur).

Eine Verletzung des in §2 Abs1 ZDG gewährleisteten Grundrechtes liegt dann vor, wenn die Behörde die im §2 Abs1 ZDG umschriebenen materiell-rechtlichen Voraussetzungen der Wehrpflichtbefreiung unrichtig beurteilt hat, und weiters - da die für den Nachweis der Voraussetzung maßgebliche Vorgangsweise der Glaubhaftmachung (Bescheinigung) in den Schutzumfang des Grundrechtes einbezogen ist - dann, wenn der Behörde wesentliche Verstöße in diesem verfahrensrechtlichen Bereich unterlaufen sind oder wenn sie dem Antragsteller überhaupt die Möglichkeit genommen hat, das Vorliegen der materiellen Voraussetzungen glaubhaft zu machen (vgl. zB VfSlg. 8033/1977, 8787/1980); daran hat sich durch die ZDG-Nov. BGBl. 496/1980 nichts geändert (vgl. zB VfGH 16. Oktober 1982 B501/81, 26. November 1982 B667/81; VfSlg. 9573/1982).

b) Die ZDOK meint, im Vorbringen des Bf. die Nennung schwerwiegender Gewissensgründe iS des ZDG erblicken zu können. Dies zu Recht, da der Antragsteller im Administrativverfahren deutlich genug behauptete, infolge seiner - allgemeinen und vorbehaltlosen - Ablehnung der Anwendung von Waffengewalt in schwere Gewissensnot zu geraten, wenn er Wehrdienst leisten müßte.

Eine derartige (an sich taugliche) Behauptung muß aber, sollen die Voraussetzungen für die Befreiung von der Wehrpflicht zwecks Zivildienstleistung erfüllt sein, nicht nur aufgestellt, sondern kraft §6 Abs2 ZDG auch glaubhaft gemacht werden (vgl. zB VfSlg. 9573/1982).

Der Bf. begründet seine Behauptung, in dem durch §2 Abs1 ZDG verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt worden zu sein, im wesentlichen damit, die Behörden hätten ihn nicht ausreichend befragt und belehrt. Diese Rüge weist keine in die Verfassungssphäre reichenden gravierenden Verstöße auf verfahrensrechtlicher Ebene nach. Die Meinung des Bf., die ZDOK hätte für die Feststellung, ob "moralische Gründe für die Ablehnung des Wehrdienstes" vorliegen oder nicht, ihn auch eingehend zu seiner Einstellung betreffend den Grundwehrdienst und die Waffenübung in Friedenszeiten befragen müssen, läßt erkennen, daß der Bf. das Wesen der vom §2 Abs1 ZDG geforderten Gewissensgründe mißversteht: Es geht nicht darum, ob der Antragsteller dem Wehrdienst aus moralischen Gründen (was immer darunter zu verstehen ist) gegenüber negativ eingestellt ist, sondern darum, ob er bei Leistung des Wehrdienstes in schwere Gewissensnot geraten würde, und zwar deshalb, weil er es aus schwerwiegenden Gewissensgründen ablehnt, Waffengewalt gegen andere Menschen anzuwenden.

Auch sonst unterliefen der ZDOK bei Negierung der Frage, ob der Bf. schwerwiegende Gewissensgründe glaubhaft gemacht hat, weder materielle noch gravierende prozessuale Rechtsverletzungen, und zwar auch nicht im Bereich der freien Würdigung des Bescheinigungsmittels:

Der VfGH kann der ZDOK nach Lage des Falles nicht entgegentreten, wenn sie in Prüfung und Würdigung der wesentlichen - im angefochtenen Bescheid (s. oben I.1.) zutreffend wiedergegebenen - Verfahrensergebnisse, und zwar unter Bedachtnahme auf das bisherige Verhalten des Antragstellers (§6 Abs2 ZDG) sowie aufgrund seiner Argumentation im Administrativverfahren und des von ihm gewonnenen Eindrucks in freier Beweiswürdigung zur Ansicht gelangte, daß Gewissensgründe iS des §6 Abs2 ZDG nicht glaubhaft gemacht wurden (vgl. hiezu zB VfGH 23. November 1984 B276/84 und die dort zitierte weitere Judikatur des VfGH sowie die dort zitierte Rechtsprechung des OGH).

Abschließend folgt daraus, daß keine Verletzung des in §2 Abs1 ZDG verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Befreiung von der Wehrpflicht zwecks Zivildienstleistung vorliegt.

2. Der Bf. macht die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz deshalb geltend, weil das von der Behörde durchgeführte Verfahren mangelhaft geblieben sei.

Im Hinblick auf die verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit der den angefochtenen Bescheid tragenden Rechtsvorschriften könnte der Bf. im Gleichheitsrecht nur durch eine willkürliche Handhabung des Gesetzes verletzt worden sein. Davon kann aber nicht gesprochen werden. Die behaupteten Verfahrensmängel böten - selbst wenn sie vorlägen - kein Indiz für ein willkürliches Vorgehen der Behörde. Im übrigen ist hiezu auf die Ausführungen in der vorstehenden Z1 zu verweisen.

3. Entgegen der Meinung des Bf. hat auch eine Verletzung des durch Art14 StGG verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Glaubens- und Gewissensfreiheit nicht stattgefunden.

Eine Verletzung dieses Grundrechtes kann deshalb nicht vorliegen, weil sich die bezogene Vorschrift des StGG gemäß der ständigen Rechtsprechung des VfGH (s. zB VfSlg. 8033/1977) nur auf religiöse Fragen bezieht, solche aber vom Bf. im Administrativverfahren nicht releviert wurden.

4. Schließlich macht der Bf. noch geltend, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden zu sein; dies mit der Begründung, daß er den Eindruck habe, die in erster und zweiter Instanz tätig gewordenen Senatsmitglieder hätten nicht frei und unabhängig nach ihrem Gewissen entschieden. Es sei nicht ausgeschlossen, daß sie Weisungen erhalten hätten.

Sowohl in erster als auch in zweiter Instanz haben die zuständigen Behörden (s. §6 Abs1, §43 Abs2 und 3 ZDG) in der gesetzlich vorgesehenen Zusammensetzung (s. §§44 ff. ZDG) eine Sachentscheidung getroffen.

Art83 Abs2 B-VG gewährleistet nicht die Gesetzmäßigkeit des Inhaltes des angefochtenen Verwaltungsaktes; vielmehr wird die Zuständigkeit der Behörde und damit das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch eine unrichtige behördliche Entscheidung oder durch die Verletzung einfachgesetzlicher Verfahrensvorschriften nicht berührt (vgl. zB VfSlg. 8309/1978, 8828/1980 und 9541/1982). Durch die bloße Mitwirkung eines befangenen Organes wird das zuletzt erwähnte Grundrecht nicht verletzt (vgl. zB VfSlg. 8309/1978).

Anhaltspunkte dafür, daß die erkennende Behörde oder einzelne ihrer Mitglieder - entgegen dem §43 Abs4 und dem §46 ZDG - aufgrund einer erteilten Weisung entschieden hätten, haben sich nicht ergeben (der Bf. konkretisiert seine diesbezügliche Vermutung nicht näher). Es kann daher dahingestellt bleiben, ob ein verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht und welches verletzt worden wäre, wenn der Vorwurf des Bf. den Tatsachen entspräche.

5. Angesichts des Umstandes, daß schließlich auch keine Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes oder eine Rechtsverletzung infolge Anwendung einer rechtswidrigen generellen Rechtsnorm hervorkam, mußte die Beschwerde als unbegründet abgewiesen werden.

Schlagworte

Zivildienst, Zivildienstkommission

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1985:B673.1984

Dokumentnummer

JFT_10149696_84B00673_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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