TE Vfgh Erkenntnis 1985/3/12 B275/81

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Veröffentlicht am 12.03.1985
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Index

32 Steuerrecht
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall

Beachte

Anlaßfall zu VfSlg. 10155/1984

Leitsatz

EStG 1972; Rechtsverletzung im Anlaßfall (Abweisung eines Antrages auf Durchführung des Jahresausgleiches) nach Aufhebung eines Teiles des §72 Abs2 als verfassungswidrig

Spruch

Der Bf. ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in seinen Rechten verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Mit einer an das Finanzamt für den XII., XIII., XIV. und XXIII. Bezirk in Wien gerichteten Eingabe vom 6. März 1979 stellte der Bf. den Antrag auf Durchführung des Jahresausgleiches für das Kalenderjahr 1978.

In der Eingabe wurde ausgeführt, daß sich der Bf. in den Monaten Jänner und Feber des Jahres 1978 "zu Hause in Jugoslawien" aufgehalten habe, sodann bei einer Baufirma in Österreich als Saisonarbeiter beschäftigt gewesen und am 8. Dezember 1978 in seine Heimat zurückgekehrt sei.

2. Mit dem Bescheid des genannten Finanzamtes vom 11. Oktober 1979 wurde der Antrag auf Durchführung des Jahresausgleiches abgewiesen.

In der Begründung wird unter Hinweis auf den letzten Absatz in §72 Abs2 des Einkommensteuergesetzes 1972 - EStG 1972, BGBl. 440/1972, ausgeführt, daß der Bf. seinen Wohnsitz in Jugoslawien habe und nicht während des ganzen Kalenderjahres im Inland beschäftigt gewesen sei, sodaß der Antrag auf Durchführung des Jahresausgleiches abgewiesen werden müsse.

Die vom Bf. gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wurde mit dem Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, NÖ und Bgld. vom 13. Feber 1981 als unbegründet abgewiesen. Auch in diesem Bescheid wird darauf verwiesen, daß der Bf. nicht während des ganzen Kalenderjahres im Inland beschäftigt gewesen sei; es sei ferner unbestritten, daß er seinen Wohnsitz in Jugoslawien habe. Bei der weiteren Untersuchung, ob der Bf. im angeführten Zeitpunkt auch einen Wohnsitz im Inland gehabt habe, kam die Berufungsbehörde unter Heranziehung der Bestimmung des §26 Abs1 BAO zum Ergebnis, daß das Vorliegen eines Wohnsitzes des Bf. im Inland zu verneinen sei.

3. Gegen den Berufungsbescheid richtet sich die unter Berufung auf Art144 B-VG erhobene Beschwerde.

Der Bf. behauptet, durch den angefochtenen Bescheid in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Unversehrtheit des Eigentums und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden zu sein. Er stützt diese Behauptung darauf, daß die letzten beiden Sätze des §72 Abs2 EStG 1972 wegen eines Verstoßes gegen den Gleichheitssatz verfassungswidrig seien. Mit der Anregung, von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der angeführten Gesetzesbestimmung einzuleiten, wird der Antrag gestellt, den angefochtenen Bescheid kostenpflichtig aufzuheben.

II. Aus Anlaß der vorliegenden Beschwerde hat der VfGH gemäß Art140 Abs1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Worte: "Ein Jahresausgleich auf Antrag kann für Arbeitnehmer, die ihren Wohnsitz im Ausland haben, nicht durchgeführt werden; ausgenommen sind Arbeitnehmer, die während des ganzen Kalenderjahres im Inland ständig beschäftigt waren. Zeiten des Krankengeldbezuges bzw. des Bezuges von Arbeitslosengeld sind den Beschäftigungszeiten gleichzuhalten." im §72 Abs2 des Einkommensteuergesetzes 1972 - EStG 1972, BGBl. 440/1972, eingeleitet. Mit dem Erk. G38/82, G78/82, G79/82 vom 27. September 1984 hat er die in Prüfung gezogene Gesetzesbestimmung als verfassungswidrig aufgehoben.

III. Der VfGH hat erwogen:

1. Die bel. Beh. hat ein verfassungswidriges Gesetz angewendet. Nach der Lage des Falles ist es offenkundig, daß der Bf. durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in seinen Rechten verletzt wurde (vgl. VfGH 7. Dezember 1984 B157/80).

Der Bescheid war daher aufzuheben.

Schlagworte

VfGH / Anlaßfall

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1985:B275.1981

Dokumentnummer

JFT_10149688_81B00275_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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