TE Vfgh Beschluss 1985/3/13 B77/85, B107/85

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Veröffentlicht am 13.03.1985
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Index

L3 Finanzrecht
L3400 Abgabenordnung

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Instanzenzugserschöpfung
WAO §164 Abs4
WAO §189
WAO §198

Leitsatz

WAO; mangelnde Ausschöpfung der nach §189 zustehenden Berufungsmöglichkeit gegen die Abweisung eines Stundungsansuchens; keine Zuständigkeit des VfGH mangels Instanzenzugserschöpfung

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

Mit Bescheid des Magistrats Wien, MA 6 - Rechnungsamt, Abgabenhauptverrechnung, vom 2. Jänner 1985 wurde das Ansuchen der bf. Gesellschaft um Bewilligung einer Zahlungserleichterung für Abgabenschuldigkeiten (nämlich Anzeigenabgabe samt Verspätungszuschlag) aus der Zeit von Oktober 1979 bis Mai 1984 abgewiesen. Mit Bescheid des Magistrats Wien, MA 6 - Rechnungsamt, vom 9. Jänner 1985 wurde ein weiteres Ansuchen um Bewilligung einer Zahlungserleichterung betreffend Verspätungszuschläge in Höhe von 12185 S für die Monate Juni bis September 1984 abgewiesen.

Gegen diese erstinstanzlichen Bescheide wendet sich die vorliegende Beschwerde. Nach Ansicht der bf. Gesellschaft ist der Instanzenzug materiell erschöpft, da nach Abweisung der Entscheidung der ersten Instanz über das Stundungsansuchen gemäß §164 Abs4 WAO die Abgabe binnen zwei Wochen zu entrichten ist und die Berufung gegen diese Entscheidung in jedem Fall abgewiesen werden müsse, weil bereits entrichtete Abgabenbeträge nicht mehr gestundet werden können.

Mit diesem Vorbringen sind die Voraussetzungen einer Beschwerdeerhebung aber nicht dargetan. Wohl fordert Art144 B-VG die Erschöpfung des Instanzenzuges nur, "sofern ein solcher in Betracht kommt". Daß die nach §189 WAO zulässige Berufung nach §198 WAO keine aufschiebende Wirkung hat, ändert indessen nichts an der Notwendigkeit, den damit formell eröffneten Instanzenzug auszuschöpfen. Die von den Bf. ins Treffen geführte, im Erk. Z 82/17/0069 vom 20. Dezember 1982 zum Ausdruck gebrachte Rechtsansicht des VwGH, daß nach (pflichtgemäßer) Entrichtung der Abgabe ein Rechtsmittel gegen den abweislichen Bescheid über das Stundungsbegehren mangels objektiver Rechtsverletzungsmöglichkeit zurückzuweisen wäre, kann der VfGH nicht teilen. Eine solche Auslegung würde dazu führen, daß der pflichtgemäß Handelnde die Entscheidung der Behörde nicht mehr vor die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes bringen könnte, weil er keine bekämpfbare Sachentscheidung erwirken könnte. Der Rechtsschutz durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ist aber verfassungskräftig garantiert. Der Auffassung des VwGH steht also das Gebot verfassungskonformer Auslegung entgegen. Von einer materiellen Erschöpfung des Instanzenzuges kann daher nicht die Rede sein.

Wegen offenbarer Nichtzuständigkeit des VfGH ist die Beschwerde gemäß §19 Abs3 Z1 lita VerfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Schlagworte

VfGH / Instanzenzugserschöpfung, Finanzverfahren, Verwaltungsverfahren Wirkung aufschiebende, Auslegung verfassungskonforme

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1985:B77.1985

Dokumentnummer

JFT_10149687_85B00077_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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