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L8 Boden- und VerkehrsrechtNorm
B-VG Art139 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Art139 Abs1 B-VG; Individualantrag auf Aufhebung der V des Gemeinderates der Gemeinde Niederneukirchen vom 12. Dezember 1980 betreffend Auflassung eines öffentlichen Weges; keine Antragslegitimation mangels Eingriffs in die RechtssphäreSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
1. Der Gemeinderat der Gemeinde Niederneukirchen hat am 12. Dezember 1980 folgende (in der Zeit vom 23. Dezember 1980 bis 7. Jänner 1981 an der Gemeindeamtstafel kundgemachte) V beschlossen:
"Gemäß §9 (3) und (4) des Oö. Landes-Straßenverwaltungsgesetzes 1975, kundgemacht im Landesgesetzblatt für OÖ 9/1975, i. d. g. F. in Verbindung mit §40 Abs2 Z4 und §43 (1) der Oö. GemO 1965, LGBl. Nr. 45, i. d. g. F. wird der öffentl. Weg, Grdst. Nr. 834 der KG Ruprechthofen, wie diese im Katastralmappenblatt des Vermessungsamtes Linz Nr. 5334-43, 5334-44 dargestellt ist, als öffentliches Gut aufgelassen.
Diese Verordnung ist gemäß §9 (3) und (4) des Landes-Straßenverwaltungsgesetzes 1975 i. d. g. F. und §94 der Oö. GemO 1965 i. d. g. F. kundzumachen und wird mit dem auf den Ablauf der zweiwöchigen Kundmachungsfrist folgenden Tag wirksam.
Der Plan liegt zur öffentlichen Einsichtnahme während der Amtsstunden im Gemeindeamt auf."
2. Die Antragsteller begehren mit der vorliegenden, auf Art139 B-VG gestützten Eingabe, diese V als gesetzwidrig aufzuheben.
Die Antragsteller führen aus, sie seien je zur Hälfte Eigentümer der EZ ... KG Ruprechtshofen mit dem Grundstück .../6 Bauplatz. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Niederneukirchen vom 6. Oktober 1980 sei ihnen die Baubewilligung zur Errichtung eines Wohnhauses auf ihrem Grundstück erteilt worden, dies aufgrund eines Bauprojektes, wonach die Zufahrt zum Grundstück der Antragsteller und zu deren an der Nordseite des Hauses befindlichen Garage über das nördlich ihres Grundstückes gelegene Weggrundstück 834 "öffentlicher Weg" erfolgte.
Wohl befinde sich südlich an das Grundstück der Antragsteller angrenzend das als öffentlicher Weg gewidmete Grundstück .../8, sodaß das Grundstück der Antragsteller an sich auch auf diesem Wege erreicht werden könne.
Dies ändere jedoch daran nichts, daß die Antragsteller anläßlich der Bauverhandlung nicht darauf hingewiesen worden seien, daß die Auflassung des öffentlichen Weges über das Weggrundstück 834 beabsichtigt sei. Im Baubewilligungsbescheid werde lediglich ausgeführt:
"Betreffend der Garagenzufahrt wird festgestellt, daß im Sinne des Bauplatzgenehmigungsbescheides die Zufahrt zur Bauparzelle über die geplante Siedlungsstraße (öffentl. Weg) mit Parz. Nr. .../8 vorgesehen ist. Es wird empfohlen, die Zufahrt über die vorgesehene Zufahrtsstraße herzustellen, da eine Gewährleistung der Zufahrt über das Grundstück 834 in qualitativer Hinsicht angezweifelt wird."
Den Antragstellern sei von der Baubehörde somit lediglich mitgeteilt worden, daß ihnen kein Anspruch auf Erhaltung der Qualität des über das Grundstück 834 führenden Weges zustehe. Mit dem angefochtenen Beschl. des Gemeinderates vom 12. Dezember 1980 sei somit die Auflassung des Grundstückes 834 KG Ruprechtshofen als öffentliche Verkehrsfläche und der Verkauf des Grundstückes beschlossen worden, obwohl die Antragsteller im Vertrauen auf das Bestehen dieses Weges und rechtlich gedeckt durch die rechtskräftig erteilte Baubewilligung ihr Wohnhaus so errichtet hatten, daß die Garagenzufahrt über das Grundstück 834 erfolgt. Demgegenüber bestehe zu der über das Grundstück .../8 geplanten Siedlungsstraße von der Garage aus keine Zufahrt, sodaß die Antragsteller genötigt wären, die Distanz zwischen der Garage und dem Grundstück .../8 durch Schaffung einer Zufahrt zu überwinden. Diese müßte über eine Strecke von 38 m geführt werden; da hiebei über die bestehende Senkgrube gefahren werden müßte, sei auch eine Verstärkung der Tragfähigkeit dieser Anlage erforderlich. Ihr Grundstück würde durch die nötigen Vorkehrungen aber auch erheblich an Wert verlieren. Die Antragsteller verweisen schließlich darauf, daß sie ihr Wohnhaus aufgrund des Abstandes, der von ihnen bei der Bauführung zum Grundstück .../1 einzuhalten gewesen sei, auch gar nicht anders planen hätten können.
Aus dem gegebenen Sachverhalt ergebe sich, daß den Antragstellern aufgrund der mit der rechtskräftig erteilten Baubewilligung vorgesehenen Ausfahrt ein subjektiv-öffentliches Recht erwachsen sei, sodaß durch die bekämpfte V in ihr Eigentumsrecht eingegriffen werde. Für die Zulässigkeit eines solchen Eingriffes lägen aber keine hinreichenden Gründe vor. Ein Wegfall ihres Interesses am bisherigen öffentlichen Weg könne wegen der am südlichen Ende ihres Grundstückes vorbeiführenden Erschließungsstraße .../8 schon im Hinblick auf die wesentlichen Beeinträchtigungen der Nutzungsmöglichkeiten ihres Grundes, die durch die bekämpfte V erwachsen, nicht angenommen werden.
Darüber hinaus bestünden verfassungsrechtliche Bedenken gegen §9 Abs4 Oö. LStVG 1975, da diese Bestimmung gegen das Determinierungsgebot des Art18 Abs1 B-VG verstoße. Die Bestimmung enthalte lediglich Zuständigkeitsanordnungen, lege aber nicht fest, unter welchen inhaltlichen Voraussetzungen eine öffentliche Straße aufgelassen werden könne.
Die bekämpfte V sei den Antragstellern gegenüber ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder Erlassung eines Bescheides wirksam geworden, weil diese ihr subjektiv-öffentliches Recht auf Benützung der nun aufgelassenen Straße "ausschließlich aus dem Gemeingebrauch, hier der Widmung des gegenständlichen Weges als öffentliche Straße ableiten können". Da die Antragsteller mit Aufhebung dieser Widmung - im diesbezüglichen Verfahren sei ihnen Parteistellung nicht zugekommen - nicht mehr berechtigt seien, den nun aufgelassenen Weg zu gebrauchen, müßten sie zunächst durch Weiterbenützung des Weges ein zivilgerichtliches Verfahren gegen sich provozieren, um dort eine Antragstellung durch das Gericht herbeizuführen, auf die ihnen im Gerichtsverfahren kein Rechtsanspruch zustehe. Eine derartige Vorgangsweise könne ihnen nicht zugemutet werden.
Die Antragsteller begehren, die V des Gemeinderates der Gemeinde Niederneukirchen vom 12. Dezember 1981, AZ 671/1, in ihrem gesamten Umfange wegen Gesetzwidrigkeit aufzuheben.
3. Voraussetzung der Legitimation zum Individualantrag gemäß Art139 Abs1 letzter Satz B-VG ist einerseits, daß der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch die angefochtene V - im Hinblick auf deren Gesetzwidrigkeit - in seinen Rechten verletzt worden zu sein; dann aber auch, daß die V für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundsätzliche Voraussetzung der Antragslegitimation ist, daß die V in die Rechtssphäre der betreffenden Person eingreift und diese - im Falle der Gesetzwidrigkeit der V - verletzt. Anfechtungsberechtigt ist also von vornherein nur ein Normadressat.
Der vorliegende Antrag scheitert schon am Fehlen dieser Prozeßvoraussetzung.
Die Antragsteller gehen selbst davon aus, daß ihr Recht auf Benützung der aufgelassenen Straße ausschließlich aus dem Gemeingebrauch der Wegparzelle 834, der sich aus deren Widmung als öffentliche Straße ergab, abzuleiten war. Daß die Auflassung dieser Straße in ihre Rechtssphäre - nämlich ihr Eigentumsrecht - eingreife, begründen sie damit, daß ihnen ein subjektiv-öffentliches Recht auf Zufahrt zu ihrer Garage von dem in Frage stehenden Grundstück 834 zufolge der ihnen erteilten Baubewilligung erwachsen sei; da die Gemeinde sie auf eine bevorstehende Auflassung dieser öffentlichen Straße nicht hingewiesen habe, hätten sie im Vertrauen auf diese Zufahrtsmöglichkeit den Bau ausgeführt, sodaß sie nunmehr gezwungen wären, mit erheblichem Aufwand eine Zufahrt zu der südlich ihres Grundstückes gelegenen Erschließungsstraße herzustellen, was auch den Wert ihres Grundstückes mindere.
Diese Ausführungen zeigen, daß die Antragsteller durch die bekämpfte Auflassung der über das Grundstück 834 führenden Straße ausschließlich in wirtschaftlicher Hinsicht betroffen sind. Wie der Gerichtshof bereits in ähnlich gelagerten Fällen, insbesondere in den Erk. Slg. 8060/1977 und 8670/1979 dargelegt hat, handelt es sich bei solchen wirtschaftlichen Auswirkungen nur um faktische Reflexwirkungen von an die Allgemeinheit gerichteten Normen. Die Rechtssphäre der Antragsteller als Eigentümer der Liegenschaft wird jedoch dadurch nicht berührt, da die Zu- und Abfahrt für ihre Liegenschaft nach wie vor gesichert ist und eine dem Baukonsens entsprechende Nutzung durch die bekämpfte V nicht verhindert wird. Besondere Umstände, die es erlauben würden, einen aktuellen Eingriff in eine rechtlich geschützte Interessenssphäre anzunehmen, sind ebenfalls nicht zu erkennen (vgl. VfSlg. 9309/1981 und die dort zitierte Judikatur): Die bisher bestandene Möglichkeit, ihr Grundstück auch über den nun aufgelassenen Weg zu erreichen, vermittelte den Antragstellern keine Rechtsposition, die der von ihnen dargelegten Betroffenheit Anerkennung im Rechtsbereich verschaffen würde. Daß ihnen - abgesehen vom Gemeingebrauch - an dem über das Grundstück 834 führenden Weg bis zur Erlassung der bekämpften V ein Sonderrecht zugestanden wäre, wird von den Antragstellern gar nicht behauptet und kann aus der Baubewilligung, die sogar einen einschränkenden Hinweis hinsichtlich der Benützbarkeit des Grundstückes 834 als Straße ausdrücklich enthält, auch nicht abgeleitet werden.
Die Rechtssphäre der Antragsteller wird durch die bekämpfte V somit nicht iS des Art139 B-VG berührt (vgl. VfSlg. 8396/1978).
Mangels Legitimation war der Antrag daher zurückzuweisen.
Schlagworte
Straßenverwaltung, Widmung (einer Straße), VfGH / IndividualantragEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1985:V38.1982Dokumentnummer
JFT_10149393_82V00038_00