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40/01 VerwaltungsverfahrenNorm
AsylG 1997 §28;Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn):2006/01/0646 E 23. September 2009 Besprechung in:ÖA 199/2007, 173-176;Rechtssatz
Die allein auf eine Einschätzung der Verhandlungsleiterin bei der öffentlichen mündlichen Verhandlung, abgehalten vor dem unabhängigen Bundesasylsenat, gestützte Begründung (äußeres Erscheinungsbild, persönliche Ausstrahlung und reifes Auftreten des Asylwerbers bei seiner Befragung) ist nicht hinreichend, um die Einschätzung des Alters des Asylwerbers schlüssig zu begründen. Im vorliegenden Fall bestehen keine Anhaltspunkte dafür, die Altersangaben des Asylwerbers seien offenkundig unrichtig. Dies würde nämlich voraussetzen, dass diese Tatsache entweder allgemein bekannt (also notorisch) sei, oder von jedermann bereits ohne besondere Fachkenntnisse erkannt werden könnte (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze, Band I, zweite Auflage, zu § 45, E 27 und 28 wiedergegebene Judikatur). Der unabhängige Bundesasylsenat argumentierte zwar, sein entscheidendes Mitglied verfüge über eine "mehrjährige Erfahrung im Umgang mit afrikanischen Asylwerbern", die es "erlaube, entsprechende Alters- und Reifevergleiche" herzustellen. Damit wird jedoch dem in der bisherigen Rechtsprechung aufgestellten Erfordernis einer "besonderen fachlichen Qualifikation" nicht entsprochen, weil sich zum einen die nicht näher dargestellten Vergleichsfälle einer nachprüfenden Kontrolle entziehen (Hinweis E 21. Dezember 2006, 2005/20/0267), zum anderen die Alterseinschätzung eines Asylwerbers in der Regel medizinisches Fachwissen voraussetzt, das durch bloßen "Umgang" mit Asylwerbern - im Rahmen von Einvernahmen oder Verhandlungen - nicht erlangt werden kann. Aus diesem Grund reicht es auch nicht aus, wenn der unabhängige Bundesasylsenat ergänzend darauf verwiesen hat, seine Einschätzung sei auch vom Einvernahmeleiter im erstinstanzlichen Verfahren und vom Vertreter des Jugendwohlfahrtsträgers geteilt worden. Um daher eine Alterseinschätzung in derartigen Fällen überprüfbar zu machen, bedarf es im Regelfall einer Untersuchung und Beurteilung durch geeignete (zumeist wohl medizinische) Sachverständige. An der für das Sachverständigengutachten notwendigen Befundaufnahme muss der Asylwerber mitwirken. Eine Weigerung des Asylwerbers, an der Klärung des Sachverhaltes mitzuwirken, wäre von der Behörde - innerhalb der Grenzen der Mitwirkungspflicht, die einem Asylwerber zumutbar ist - in der Beweiswürdigung zu berücksichtigen.
Schlagworte
Sachverständiger Erfordernis der Beiziehung ArztSachverhalt Sachverhaltsfeststellung MitwirkungspflichtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2005010463.X01Im RIS seit
26.04.2007Zuletzt aktualisiert am
12.10.2011