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L5 KulturrechtNorm
StGG Art5Leitsatz
Wr. SportgroschenG; Vorschreibung von Sportgroschen für "Tennisplatzvermietung"; denkunmögliche Auslegung des §1 Abs2Spruch
Die bf. Partei ist durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Mit dem im Instanzenzug erlassenen Bescheid vom 29. Mai 1979 schrieb die Abgabenberufungskommission der Stadt Wien dem Bf., der einen (in den Verwaltungsakten als "Tennisplatzvermietung" bezeichneten) Tennisbetrieb führt, für den Zeitraum Jänner 1977 bis Juni 1978 Sportgroschen samt Verspätungszuschlag und Säumniszuschlag vor. In der Begründung dieses Bescheides bezog sich die Abgabenbehörde insbesondere auf §1 Abs1 Wr. SportgroschenG, LGBl. 16/1948, idF der Nov. LGBl. 27/1969 und führte (ua.) aus, der VwGH habe in seinem Erk. vom 26. Jänner 1955, Z 684/52, ausgesprochen, daß das dem Tennisspielen wesensverwandte Tischtennisspielen auch dann als sportliche Veranstaltung anzusehen sei, wenn es ohne Wettbewerbscharakter und nur zur sportlichen Betätigung betrieben wird, und aus diesem Grunde dessen Heranziehung zur Vergnügungssteuer und zum Sportgroschen bejaht. Da der VwGH in der damaligen Entscheidung die Steuerpflicht des Tischtennisspieles im Hinblick auf seine Wesensverwandtschaft mit dem Tennisspiel bejaht habe, könne es an der Steuerpflicht des letzteren keinen Zweifel geben. Der VwGH habe in seiner Entscheidung vom 20. November 1973, Z 987/71, welche die Vergnügungssteuerpflicht der Benutzung des Golfplatzes durch Klubmitglieder zum Gegenstand hatte, auf das vorzitierte Erk. keinen Bezug genommen und damit offenkundig zum Ausdruck gebracht, daß er seine neue Entscheidung nicht im Widerspruch mit der früheren Judikatur erachte. Das Erk. vom 20. November 1973 betreffe einen anderen Sachverhalt, und es könnten die auf diesen Sachverhalt bezogenen Rechtsausführungen nicht verallgemeinert werden, zumal der VwGH nicht zum Ausdruck gebracht habe, daß er die im Erk. vom 26. Jänner 1955 dargelegte Rechtsauffassung nunmehr für unrichtig halte.
2. Gegen diesen Bescheid der Abgabenberufungskommission richtet sich die vorliegende VfGH-Beschwerde, in welcher der Bf. eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums geltend macht und die Aufhebung des Bescheides begehrt.
II. Der VfGH hat über die Beschwerde erwogen:
1. §1 Abs1 des Wr. Sportgroschengesetzes in der hier maßgebenden Fassung der Nov. LGBl. 27/1969 umschreibt den Gegenstand der Abgabe mit der Wortfolge "gegen Entgelt zugängliche Sportveranstaltungen". Das Sportgroschengesetz enthält in dieser Beziehung bloß insofern eine nähere Begriffsbestimmung, als Abs2 dieses Paragraphen besagt, daß Veranstaltungen, die neben sportlichen auch andersgeartete Vorführungen umfassen, unter die sportlichen Veranstaltungen iS dieses Gesetzes zählen, wenn hiebei der sportliche Charakter überwiegt.
Im Erk. vom 26. September 1979, VwSlg. 5404/F, das einen (insbesondere hinsichtlich der Begründung des Bescheides der Abgabenberufungskommission) im wesentlichen gleichgelagerten Fall betrifft, nahm der VwGH den Standpunkt ein, daß unter der oben zitierten Wendung "organisierte sportliche Wettkämpfe zu verstehen sind, die in Beachtung bestimmter Regeln vor einem Publikum ausgetragen werden, welches aufgrund von Eintrittskarten Zutritt ... hiezu erhält"; demnach befand er es als rechtswidrig, das entgeltliche Zurverfügungstellen von Tennisplätzen und deren Einrichtungen (an Sportvereine) dem Abgabentatbestand zu unterstellen (im gleichen Sinn weiters VwGH 26. November 1981, Z 16/2075/79, 16/2076/79). Auch der VfGH ist - im Rahmen der ihm zukommenden Prüfungsbefugnis - dieser Meinung. Es muß zwar dahinstehen, wie der hier maßgebliche Abgabentatbestand in seinen inhaltlichen Merkmalen im einzelnen präzise zu definieren und in seinen Randbereichen abzugrenzen ist; zweifellos umfaßt er aber nach Wortsinn und der partiellen Legaldefinition in §1 Abs2 ausschließlich gegen Entgelt besuchte sportliche Vorführungen und erstreckt sich also nicht auf andere sportliche Aktivitäten, für deren Ausübung ein Entgelt entrichtet werden muß. Die Annahme, daß das Zurverfügungstellen von Tennisplätzen und deren Einrichtungen den Abgabentatbestand verwirklicht, entfernt sich nach dem Vorgesagten so weit vom Gesetzesinhalt, daß von einer denkmöglichen Gesetzesauslegung nicht mehr die Rede sein kann. In diesem Zusammenhang ist bloß noch anzumerken, daß die Bezugnahme der belangten Abgabenberufungskommission auf das Erk. des VwGH vom 26. Jänner 1955, Z 684/52, versagt, weil jenem (worauf schon der VwGH im vorhin bezogenen Erk. VwSlg. 5404/F hinwies) die Gesetzeslage vor der Nov. LGBl. 27/1969 zugrunde lag.
Im Sinne der ständigen Rechtsprechung des VfGH (zB VfSlg. 9693/1983) verletzt der angefochtene, auf einer denkunmöglichen Gesetzeshandhabung beruhende Bescheid das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Unversehrtheit des Eigentums, was zu seiner Aufhebung führt.
Bei diesem Ergebnis war es entbehrlich, auf das Beschwerdevorbringen näher einzugehen.
Schlagworte
Sport, Abgaben SportEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1985:B318.1979Dokumentnummer
JFT_10149390_79B00318_00