Index
10 VerfassungsrechtNorm
StGG Art8Leitsatz
Art8 StGG; Art5 MRK; Gesetz zum Schutze der persönlichen Freiheit; vertretbare Annahme von Verwaltungsübertretungen iS des §366 Abs1 Z1 und Z3 GewO 1973 (gewerbsmäßige Ausübung eines Anmeldungsgewerbes ohne erforderliche Gewerbeberechtigung und Betrieb einer Betriebsanlage ohne Genehmigung); rechtmäßige Festnahme iS des §35 litc VStG 1950 und darauffolgende ÜberstellungSpruch
1. Der Bf. Dipl.-Kfm. Dr. H M M ist dadurch, daß er am 20. April und am 21. April 1983, jeweils um 14.30 Uhr, von Gendarmeriebeamten festgenommen und zur Bezirkshauptmannschaft Melk zur Einvernahme überstellt wurde, weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.
2. Der Bf. F P ist dadurch, daß er am 21. April 1984 um 16.00 Uhr von Beamten der Gendarmerie festgenommen und zur Bezirkshauptmannschaft Melk zur Einvernahme überstellt wurde, weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.
3. Die Anträge auf Abtretung der Beschwerden an den VwGH werden abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1.1.1. Mit der zu B332/83 beim VfGH protokollierten Beschwerde begehrt Dipl.-Kfm. Dr. H M M unter Berufung auf Art144 Abs1 B-VG vom VfGH die Feststellung, daß er durch (der Bezirkshauptmannschaft Melk als bel. Beh. zuzurechnende) Amtshandlungen, nämlich seine Festnahme am 20. April 1983 um 14.30 Uhr und seine darauffolgende Überstellung an die Bezirkshauptmannschaft Melk, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf persönliche Freiheit verletzt worden sei.
1.1.2. Mit einer weiteren zu B333/83 beim VfGH protokollierten Beschwerde begehrt derselbe Einschreiter die Feststellung, daß er durch (ebenfalls der Bezirkshauptmannschaft Melk als bel. Beh. zuzurechnende) Amtshandlungen, nämlich seine Festnahme am 21. April 1983 um 14.30 Uhr und seine darauffolgende Überstellung an die Bezirkshauptmannschaft Melk, neuerlich im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf persönliche Freiheit verletzt wurde.
1.2. Der Bf. F P begehrt schließlich mit der zu B334/83 beim VfGH protokollierten Beschwerde die Feststellung, daß er durch (ebenfalls der Bezirkshauptmannschaft Melk als bel. Beh. zuzurechnende) Amtshandlungen, nämlich seine Festnahme am 21. April 1983 um 16.00 Uhr und seine darauffolgende Überstellung an die Bezirkshauptmannschaft Melk, demnach durch Akte unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf persönliche Freiheit verletzt worden sei.
1.3. In allen Beschwerden wird für den Fall der Abweisung hilfsweise deren Abtretung an den VwGH beantragt.
2. Die Bezirkshauptmannschaft Melk hat als bel. Beh. die Verwaltungsakten vorgelegt und Gegenschriften erstattet, in denen sie die Abweisung der Beschwerden begehrt. Inhaltlich übereinstimmend wird ausgeführt:
Im Zuge einer Dienstreise eines Beamten der Bezirkshauptmannschaft Melk sei festgestellt worden, daß der Bf. Dipl.-Kfm. Dr. H M M in N, M-Weg, ohne Vorliegen einer Gewerbeberechtigung und einer gewerblichen Betriebsanlagengenehmigung ein Sägewerk betreibe. Da neben dem - ebenfalls bf. - Angestellten F P auch die jeweiligen Kunden zur Arbeit eingesetzt worden seien, obwohl sie für eine derart gefährliche Tätigkeit die erforderlichen Kenntnisse nicht besäßen, sei die bel. Beh. genötigt gewesen, den rechtswidrigen Betrieb raschest einzustellen.
Es sei daher der Gendarmerieposten N beauftragt worden festzustellen, ob die Schnittarbeiten an der in Frage stehenden Säge fortgesetzt werden, bejahendenfalls den Betriebsinhaber aufzufordern, die strafbare Handlung unverzüglich einzustellen und, falls trotz Abmahnung in der Fortsetzung der strafbaren Handlung verharrt werde, iS des §35 litc VStG 1950 vorzugehen.
Am 20. April 1983 sei diesem Auftrag von der Gendarmerie entsprochen worden. Der Bf. Dipl.-Kfm. Dr. H M M habe, obwohl auf das Strafbare seines Verhaltens hingewiesen (§366 Abs1 Z1 iVm. §5 Z1 sowie §366 Abs1 Z3 iVm. §74 GewO 1973), seinem Bediensteten F P dennoch die Anweisung erteilt, die Säge weiter zu betreiben. Da Dipl.-Kfm. Dr. H M M trotz Abmahnung das strafbare Verhalten fortgesetzt habe, sei er gemäß §35 litc VStG 1950 festgenommen, der Behörde vorgeführt und erst nach seiner Vernehmung enthaftet worden.
Am 21. April 1983 sei es iS der grundsätzlichen Anweisung der bel. Beh. neuerlich zum Einschreiten der Exekutive gekommen, da der Bf. Dipl.-Kfm. Dr. M seine unbefugte Gewerbeausübung fortgesetzt habe. Nachdem der Bf. Dipl.-Kfm. Dr. M auch an diesem Tage trotz entsprechender Abmahnung im strafbaren Verhalten verharrt habe, sei er neuerlich gemäß §35 litc VStG 1950 festgenommen und der Bezirkshauptmannschaft Melk vorgeführt worden.
Da der Bf. F P nach der Vorführung des Dipl.-Kfm. Dr. M zur Bezirkshauptmannschaft Melk - wie die neuerlich intervenierende Gendarmerie feststellen habe können - den unbefugten Betrieb auch in der Zeit fortgesetzt habe, in der sein Dienstgeber zur Durchführung eines Strafverfahrens bei der Bezirkshauptmannschaft Melk war, sei auch er vom erhebenden Gendarmeriebeamten auf die Strafbarkeit seines Verhaltens (§7 VStG iVm. §366 Abs1 Z1 und §5 Z1 GewO 1973 sowie §7 VStG iVm. §366 Abs1 Z3 und §74 GewO 1973) hingewiesen, abgemahnt und zur Einstellung des Betriebes aufgefordert worden. Da der Genannte jedoch in der strafbaren Handlung verharrte, sei auch er zwecks Vorführung vor die Behörde festgenommen und an die Bezirkshauptmannschaft Melk zur weiteren Amtshandlung überstellt worden.
Die in der Beschwerde B334/83 aufgestellte Behauptung, der Bf. F P sei Wasserwart der Wassergenossenschaft am Oberen Ybbser Mühlbach, die Säge sei im Rahmen der Wassergenossenschaft - deren Betätigung land- bzw. forstwirtschaftlicher Natur sei - nicht als Gewerbe betrieben worden, und ebenso die wiederholt von Dipl.-Kfm. Dr. M aufgestellte Behauptung, er handle als Obmann dieser Wassergenossenschaft, sei unrichtig, was im Wasserrechtsverfahren rechtskräftig festgestellt worden sei, sodaß es sich bei der Sägewerkseinrichtung um eine gewerberechtlich genehmigungspflichtige Betriebsanlage handle. Bei den durchgeführten Sägearbeiten handle es sich um Lohnschnittarbeiten, die für ein Entgelt von 280 S/Kubikmeter Holz für eine Mehrzahl von Personen - mit Wissen des Bf. F P - durchgeführt worden seien. Damit habe der Bf. Dipl.-Kfm. Dr. M den üblichen Preis der Sägebetriebe in der Umgebung - zirka 400 S bis 450 S - bei weitem unterboten, was für ihn nur dadurch möglich gewesen sei, daß er die jeweiligen Kunden bei der Arbeit an der Gattersäge eingesetzt habe.
3. Aus den vorgelegten Akten ergibt sich:
3.1. Sowohl gegen den Bf. Dipl.-Kfm. Dr. H M M als auch gegen F P wurden Verwaltungsstrafverfahren schon vor den bekämpften Amtshandlungen eingeleitet. Aufgrund einer Mitteilung vom 30. März 1983, daß der Bf. Dipl.-Kfm. Dr. M ein Sägewerk ohne aufrechte Gewerbeberechtigung betreibe, fand die Einvernahme mehrerer Zeugen statt, die bestätigten, daß für sie in diesem Sägewerk Lohnschnitt zu günstigen Bedingungen durchgeführt worden sei.
Am 19. April 1983 wurde der Gendarmerieposten von der Bezirkshauptmannschaft Melk beauftragt zu überprüfen, "ob das Sägegewerbe bei Dr. M weiterhin betrieben" werde. Da dies am 20. April 1983 gegen 14.00 Uhr festgestellt wurde und sich Dipl.-Kfm. Dr. M trotz Abmahnung weigerte, den Sägebetrieb einzustellen, wurde er festgenommen und der Bezirkshauptmannschaft Melk vorgeführt; nach Durchführung seiner Vernehmung wurde er wieder freigelassen.
3.2. Mit Straferk. vom 21. April 1983 wurde Dipl.-Kfm. Dr. H M M für schuldig erkannt,
"in der Zeit von Anfang Feber bis 20. April 1983 das in seinem Anwesen in N befindliche Sägewerk mehrmals gegen Entgelt anderen Personen zum Schneiden überlassen und dadurch
a) ein Anmeldungsgewerbe ohne erforderliche Gewerbeberechtigung ausgeübt und
b) eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage ohne erforderliche Genehmigung betrieben"
zu haben, wodurch er Verwaltungsübertretungen nach a) §366 Abs1 Z1 iVm. §5 Z1 und b) §366 Abs1 Z3 iVm. §74 GewO 1973 begangen habe, wofür er zu Geldstrafen von je 3000 S und im Falle der Uneinbringlichkeit zu Arreststrafen von je 4 Tagen verurteilt wurde.
Dipl.-Kfm. Dr. M wurde bei seiner Einvernahme darauf aufmerksam gemacht, daß er mit weiteren Strafverfahren und neuerlicher Vorführung zur Behörde rechnen müsse, wenn er die Säge weiter betreibe.
Am 21. April 1983 wiederholte sich die bereits am 20. April 1983 von der Behörde gesetzte Vorgangsweise, dh. daß Gendarmeriebeamte beim Bf. Dipl.-Kfm. Dr. M erschienen und, als sie feststellten, daß der Sägebetrieb fortgesetzt werde, den Bf. zur Einstellung des Betriebes aufforderten und ihn, nachdem er der Aufforderung trotz Abmahnung nicht nachkam, festnahmen und der Bezirkshauptmannschaft Melk vorführten. Mit dem am 22. April 1983 ergangenen Straferk. wurde Dipl.-Kfm. Dr. M wegen der bereits genannten Tatbestände zu Geldstrafen von je 6000 S, im Falle der Uneinbringlichkeit zu Arreststrafen in der Dauer von je 8 Tagen verurteilt.
Um 16.00 Uhr des 21. April 1983 intervenierte die Gendarmerie neuerlich im Sägebetrieb, wo sie den nunmehrigen Bf. F P bei Sägearbeiten antraf, der, nachdem er erfolglos abgemahnt worden war, ebenfalls festgenommen und der Bezirkshauptmannschaft Melk vorgeführt wurde. Mit Straferk. vom 22. April 1983 wurde auch F P der genannten Verwaltungsübertretungen iVm. §7 VStG 1950 für schuldig erkannt und über ihn Geldstrafen von je 2000 S, im Falle der Uneinbringlichkeit Arreststrafen von je 3 Tagen verhängt.
3.3. In den gegen diese Erk. erhobenen Berufungen wurde insbesondere geltend gemacht, daß die Säge von Dipl.-Kfm. Dr. M für die Wassergenossenschaft - die dafür keiner gewerberechtlichen Genehmigung bedürfe - betrieben werde. Die Wassergenossenschaft sei auf die gute Zusammenarbeit mit Nachbarn und Anrainern angewiesen, sodaß den Bauern und Anrainern auch mit Geräten und Einrichtungen der Wassergenossenschaft geholfen werde. Dies sei noch niemals als Ausübung eines Gewerbes aufgefaßt worden; auf solche Tätigkeiten sei die GewO 1973 gemäß §2 Abs1 Z4 auch nicht anzuwenden.
Mit Bescheiden des Landeshauptmannes von NÖ vom 1. und 5. September 1983 betreffend Dr. M und vom 7. September 1983 betreffend F P wurde den Berufungen keine Folge gegeben.
3.4. Den gegen die Berufungsentscheidung vom 1. September 1983 von Dipl.-Kfm. Dr. M und gegen die Berufungsentscheidung vom 7. September 1983 von F P an den VwGH erhobenen Beschwerden wurde mit Erk. vom 26. Juni 1984, Z 83/04/0271 und 83/04/0279, Folge gegeben und die angefochtenen Bescheide aufgehoben (das Beschwerdeverfahren des Dipl.-Kfm. Dr. M gegen die Berufungsentscheidung vom 5. September 1983 wurde wegen eines nicht behobenen Formmangels eingestellt).
Der VwGH führte aus, daß die bel. Beh. sich in Ansehung des in Rede stehenden gesetzlichen Merkmals der Gewerbsmäßigkeit mit der Feststellung begnügt habe, daß das Entgelt von zirka 300 S pro Festmeter Holz ihrer Ansicht nach bei weitem die beim Holzschnitt entstandenen Unkosten übersteige; es sei jedoch jegliche Darlegung darüber unterlassen worden, "von welcher Höhe an Unkosten, die dem Beschwerdeführer durch die ihm als unbefugte Ausübung eines Anmeldungsgewerbes zur Last gelegte Tätigkeit erwuchsen, sie ausgehe". Solcherart sei der Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt ergänzungsbedürftig geblieben.
4. Der VfGH hat die Rechtssachen B 332 bis 334/83 zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.
5. Der VfGH hat über die Beschwerden erwogen:
5.1.1. Gemäß Art144 Abs1 Satz 2 B-VG idF der Nov. BGBl. 302/1975 erkennt der VfGH über Beschwerden gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gegen eine bestimmte Person. Darunter fallen Verwaltungsakte, die bis zum Inkrafttreten der B-VG-Nov. 1975, BGBl. 302, nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH als sogenannte faktische Amtshandlungen (mit individuell-normativem Inhalt) bekämpfbar waren, wie dies für die Festnehmung und anschließende Verwahrung einer Person zutrifft (vgl. VfSlg. 7252/1974, 7829/1976, 8145/1977, 9919/1984).
5.1.2. Folglich sind die Beschwerden, da ein Instanzenzug hier nicht in Betracht kommt und auch die sonstigen Prozeßvoraussetzungen vorliegen, zulässig.
5.2.1.1. Art8 StGG gewährt - ebenso wie Art5 MRK (s. VfSlg. 7608/1975, 8815/1980) - Schutz gegen gesetzwidrige "Verhaftung":
Das Gesetz zum Schutze der persönlichen Freiheit, RGBl. 87/1862, das gemäß Art8 StGG über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger, RGBl. 142/1867, zum Bestandteil dieses Gesetzes erklärt ist, gemäß Art149 Abs1 B-VG als Verfassungsgesetz gilt, bestimmt in seinem §4, daß die zur Anhaltung berechtigten Organe der öffentlichen Gewalt in den vom Gesetz bestimmten Fällen eine Person in Verwahrung nehmen dürfen.
5.2.1.2. §35 VStG 1950 ist ein solches Gesetz (vgl. zB VfSlg. 7252/1974), doch setzt die Festnehmung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes in allen in dieser Gesetzesvorschrift angeführten (Anwendungs-)Fällen (lita bis c) voraus, daß die festzunehmende Person "auf frischer Tat betreten" wird. Sie muß sich also eine als Verwaltungsübertretung strafbare Handlung zuschulden kommen lassen und bei Begehung dieser Tat angetroffen werden, wobei die erste dieser beiden Voraussetzungen schon dann erfüllt ist, wenn das Organ die Verübung einer Verwaltungsübertretung mit gutem Grund annehmen konnte (s. VfSlg. 4143/1962, 7309/1974).
Gemäß §35 litc VStG 1950 ist eine Festnahme unter den schon umschriebenen Bedingungen zum Zwecke der Vorführung vor die Behörde aber nur dann statthaft, wenn der Betretene trotz Abmahnung in der Fortsetzung der strafbaren Handlung verharrt oder sie zu wiederholen sucht.
Der hier allein in Frage kommende Festnehmungsgrund setzt somit voraus, daß das einschreitende Organ mit gutem Grund - und damit vertretbar - zur Auffassung gelangen durfte, daß die Bf. Übertretungen nach §366 Abs1 Z1 iVm. §5 Z1 bzw. §366 Abs1 Z3 iVm. §74 GewO 1973 - hinsichtlich F P des weiteren iVm. §7 VStG 1950 - verübt haben. Die für eine Festnehmung geforderte weitere Voraussetzung, daß der Betretene entweder im strafbaren Verhalten "verharrt" oder es "zu wiederholen sucht", verlangt weiters, daß das Verhalten, das unmittelbar zur Festnehmung führte, in gleicher Weise zu beurteilen ist und - auch für sich gesehen - vertretbarerweise die Auffassung erlaubt, daß ein strafbares Verhalten, wie es zum Anlaß der Abmahnung genommen wurde, vorlag.
5.2.2.1. Nach §366 Abs1 Z1 GewO 1973 begeht eine Verwaltungsübertretung, die - nach dem Einleitungssatz dieser Gesetzesstelle - mit einer Geldstrafe bis zu 30000 S oder mit einer Arreststrafe bis zu 6 Wochen zu ahnden ist, wer ein Anmeldungsgewerbe (§5 Z1) ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben. Ferner begeht nach §366 Abs1 Z3 GewO 1973 eine - mit den angeführten Strafen zu ahndende - Verwaltungsübertretung, wer eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage (§74) ohne die erforderliche Genehmigung betreibt.
Nach §1 Abs2 GewO 1973 wird eine Tätigkeit dann gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie selbständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig für welche Zwecke dieser bestimmt ist.
5.2.2.2. Ausgehend von den vom VfGH getroffenen Feststellungen - vgl.
3.1. - konnte das einschreitende Organ mit gutem Grund annehmen, daß die Beträge, die vom Bf. Dipl.-Kfm. Dr. M für das Schneiden von Holz in Rechnung gestellt wurden, nur deshalb unter dem üblichen Preis lagen, weil Dipl.-Kfm. Dr. M die Kunden selbst mit der Säge arbeiten ließ; damit konnte es - auch im Hinblick auf die erhebliche Zahl von Personen, die Lohnschnitt bei Dipl.-Kfm. Dr. M durchführen ließen - vertretbarerweise von einer gewerbsmäßigen Ausübung eines Sägebetriebes iS des §1 Abs2 GewO 1973 ausgehen. Die getroffenen Feststellungen ziehen weiters nach sich, daß auch das Vorliegen der von §35 litc VStG 1950 gebotenen weiteren Voraussetzungen zu bejahen ist.
Die Bf. sind daher durch die gegen sie gesetzten Amtshandlungen, nämlich ihre Verhaftung und ihre nachfolgende Überstellung an die Bezirkshauptmannschaft Melk, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf persönliche Freiheit nicht verletzt worden.
5.3. Aus diesen Erwägungen waren die Beschwerden - da die Verletzung anderer verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte weder konkret behauptet wurde, noch im Verfahren hervorkam und verfassungsrechtliche Bedenken gegen die den bekämpften Verwaltungsakten zugrunde liegenden Rechtsvorschriften nicht entstanden - als unbegründet abzuweisen.
5.4. Auch die Anträge auf Abtretung der Beschwerden an den VwGH waren abzuweisen. Der VfGH hat die Gesetzmäßigkeit der Verhaftung und Anhaltung schlechthin zu untersuchen (VfSlg. 7427/1974, 7499/1975) und sich nicht etwa auf die Frage der Gesetzlosigkeit oder denkunmöglichen Gesetzesanwendung zu beschränken (VfSlg. 8076/1977), sodaß für eine Prüfung unter dem Gesichtspunkt der Verletzung sonstiger - einfach-gesetzlich eingeräumter - Rechte kein Raum bleibt. Daraus ergibt sich aber, daß der VfGH zur Entscheidung dieser Sache ausschließlich zuständig ist (VfSlg. 8960/1980), eine Abtretung der Beschwerden an den VwGH also nicht in Betracht kommt.
Schlagworte
Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt, FestnehmungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1985:B332.1983Dokumentnummer
JFT_10149387_83B00332_00