RS Vwgh 2007/4/26 2005/04/0222

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Veröffentlicht am 26.04.2007
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB)
40/01 Verwaltungsverfahren
97 Öffentliches Auftragswesen

Norm

ABGB §879 Abs1;
AVG §56;
BVergG 2002 §103 Abs1;
BVergG 2002 §105 Abs3;
BVergG 2002 §161;
BVergG 2002 §162 Abs4;
BVergG 2002 §174;
BVergG 2002 §23 Abs7;
BVergG 2002 §27 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Rechtssatz

Die erste Zuschlagsentscheidung des Beschwerdeführers vom 15. September 2004 wurde durch die zweite Zuschlagsentscheidung vom 27. Jänner 2005, die mit Wirkung ex tunc für nichtig erklärt worden ist, nicht beseitigt. Das am 29. April 2005 eingeleitete zweite Vergabeverfahren wurde widerrufen, sodass es im Zeitpunkt der Zuschlagserteilung nicht mehr aufrecht war. Der Umstand, dass die gegenständliche Vergabe nicht auf Grundlage der Zuschlagsentscheidung vom 15. September 2004 ergehen konnte, sondern als unzulässige Direktvergabe zu werten ist, ist somit ausschließlich darauf zurückzuführen, dass es dem Auftraggeber nicht möglich ist, den infolge Ausscheidung aller Angebote ex lege eintretenden Widerruf durch die Rücknahme von Ausscheidungen zu beseitigen. Die Ausscheidung eines Angebotes kann als privatwirtschaftliches Handeln des Auftraggebers grundsätzlich - etwa im Rahmen einer "gütlichen Einigung" im Zug eines Schlichtungsverfahrens gemäß § 161 BVergG - zurückgenommen werden, womit das betreffende Angebot weiter am Vergabeverfahren teilnimmt. Im Hinblick darauf ist die Ansicht, dass der Beschwerdeführer auch die Ausscheidung von Angeboten, die ex lege zum Widerruf der Ausschreibung geführt haben, zurücknehmen und dadurch die Rechtsfolge des Widerrufs beseitigen könne, nicht unvertretbar, zumal es dazu bisher keine höchstgerichtliche Judikatur gibt. Die unzulässige Direktvergabe beruht daher vorliegend nicht auf einem die Nichtigkeit des Vertragsschlusses wegen Sittenwidrigkeit gemäß § 879 Abs. 1 ABGB bewirkenden schweren und offensichtlichen Rechtsmissbrauch. Da sich das Direktvergabeverfahren somit jedenfalls bereits im Stadium nach Zuschlagserteilung befand, hätte die belangte Behörde gemäß § 162 Abs. 4 BVergG 2002 nur mehr feststellen dürfen, ob die Wahl des Vergabeverfahrens zu Recht erfolgte. Die Nichtigerklärung der Wahl des Vergabeverfahrens war hingegen nicht mehr zulässig. (Da im vorliegenden Fall der Vertrag zwischen dem Beschwerdeführer als Auftraggeber und der Zuschlagsempfängerin ohnehin wirksam zustande gekommen ist, kann dahinstehen, ob eine Zuschlagserteilung im Sinn des BVergG 2002, nach der die Vergabekontrollbehörde die Unzulässigkeit der Wahl der Direktvergabe nur mehr feststellen kann, nur bei einem zivilrechtlich wirksamen Vertragsschluss vorliegt.)

Schlagworte

Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung Feststellungsbescheide

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2005040222.X11

Im RIS seit

07.06.2007

Zuletzt aktualisiert am

30.03.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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