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50 GewerberechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
BerufsausbildungsG; keine Bedenken gegen die Nichteinbeziehung der Notare in den Kreis der iS des §2 Abs5 lehrberechtigten Personen; keine Verletzung im GleichheitsrechtSpruch
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. Der Bf. ist seit 1982 öffentlicher Notar in Groß Gerungs, wo nach seiner Darstellung am Amtssitz des Gerichtes nicht wenigstens zwei Rechtsanwälte ihren Wohnsitz haben (§5 Abs2 NotariatsO). Seinem Antrag, gemäß §3a Abs1 BerufsausbildungsG (kurz: BAG) festzustellen, daß die Voraussetzungen für die Ausbildung von Lehrlingen für den Lehrberuf "Bürokaufmann" vorliegen, erledigte die Lehrlingsstelle der Kammer der gewerblichen Wirtschaft mit der Feststellung, daß der Betrieb des Bf.
"zwar so eingerichtet ist (und so geführt wird), daß die für die praktische Erlernung im Lehrberuf Bürokaufmann nötigen Kenntnisse und Fertigkeiten gemäß §2 Abs6 BAG idgF vermittelt werden können, der Betriebsinhaber ... jedoch nicht zum Personenkreis der Lehrberechtigten iS von §2 BAG idgF zu zählen ist."
Der Landeshauptmann gab der Berufung keine Folge. Die Lehrlingsstelle habe sich nicht nur auf die Feststellung der sachlichen Voraussetzungen zu beschränken, sondern auch zu prüfen, ob der Antragsteller die erforderliche Gewerbeberechtigung habe oder zum Personenkreis der sonst zur Ausbildung Befähigten gehöre. Die Notare seien aber in §2 Abs5 BAG nicht aufgezählt.
Mit Erk. vom 17. Jänner 1984, Z 83/04/0326, wies der VwGH die gegen den Berufungsbescheid erhobene Beschwerde als unbegründet ab.
Die an den VfGH gerichtete Beschwerde gegen den Berufungsbescheid rügt die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit vor dem Gesetz und Freiheit der Erwerbsbetätigung. Die Aufzählung der Lehrberechtigten in §2 Abs2 bis 5 BAG sei nicht taxativ und der Notar stehe dem dort genannten Rechtsanwalt gleich; sollte das Gesetz den Notar dennoch nicht zur Lehrlingsausbildung zulassen, sei es selbst verfassungswidrig.
II. Die Beschwerde ist zulässig; der administrative Instanzenzug endet gemäß Art103 Abs4 B-VG beim Landeshauptmann (vgl. VwGH vom 19. Feber 1982 Z 81/04/0080) und ist daher erschöpft.
Sie ist aber nicht begründet:
Lehrberechtigt sind gemäß §2 Abs1 BAG nach Maßgabe der Abs2 bis 5 natürliche und juristische Personen sowie Personengesellschaften des Handelsrechts. Neben Inhabern eines Gewerbes (Abs2 bis 4) kommen ua. auch Rechtsanwälte und Ziviltechniker in Betracht (Abs5 litf). Die Ausbildung von Lehrlingen ist nur zulässig, wenn der Betrieb oder die Werkstätte so eingerichtet ist und so geführt wird, daß den Lehrlingen die für die praktische Erlernung im betreffenden Lehrberuf nötigen Fertigkeiten und Kenntnisse vermittelt werden können (Abs6).
Nach §3a BAG hat die Lehrlingsstelle festzustellen, ob die in §2 Abs6 angeführten Voraussetzungen vorliegen, bevor in einem Betrieb erstmalig Lehrlinge ausgebildet werden (Abs1). Wer ein Ausbilden von Lehrlingen beabsichtigt, hat bei der Lehrlingsstelle die Erlassung eines Feststellungsbescheides zu beantragen (Abs3).
Der VwGH hat in dem die Parallelbeschwerde abweisenden Erk. Z 83/04/0326 unter Hinweis auf seine ständige Rechtsprechung ausgeführt, der Ausdruck "wer ... beabsichtigt" in §3a Abs3 setze nicht nur einen Betrieb oder eine Werkstätte voraus, sondern auch die rechtliche Möglichkeit, dort als Lehrberechtigter die Absicht der Lehrlingsausbildung zu verwirklichen. Die bel. Beh. habe daher die Qualifikation des Bf. in ihre Überlegung einzubeziehen gehabt und sie wegen Fehlens einer ausdrücklichen Anführung der Notare in §2 Abs5 zu Recht verneint. Zu der vom Bf. angeregten Antragstellung beim VfGH sah sich der VwGH nicht veranlaßt, und zwar
"unter Bedachtnahme auf den sich aus §5 Abs2 Notariatsordnung gegenüber den Rechtsanwälten ergebenden eingeschränkten Wirkungsbereich."
Unter diesen Umständen kann sich der VfGH darauf beschränken darzulegen, warum er die in der Beschwerde geäußerten Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der einschlägigen Bestimmungen des BAG mit dem im bisherigen Verfahren unterstellten Inhalt nicht teilt:
Wer neben Gewerbetreibenden (§2 Abs2 bis 4 BAG) oder sonstigen Mitgliedern der Kammer der gewerblichen Wirtschaft (§2 Abs5 lita) lehrberechtigt sein soll, kann nach sehr unterschiedlichen Gesichtspunkten festgelegt werden. Aus dem Sektor der sog. freien Berufe hat der Gesetzgeber bloß - und zwar erst seit der Nov. BGBl. 232/1978 - Rechtsanwälte und Ziviltechniker in den Kreis der Lehrberechtigten mit einbezogen. Was die hier als Vergleichsgruppe in Betracht zu ziehenden Rechtsanwälte betrifft, ist der Beschwerde zuzugeben, daß die organisatorische Einrichtung des Hilfsapparates eines Notars der eines Rechtsanwaltes vielfach gleichkommen wird. Schon in der Einschätzung der Bedeutung des Umstandes aber, daß das Tätigkeitsfeld des Notars infolge seiner besonderen Aufgaben in der Praxis viel spezieller ist als das eines Rechtsanwaltes, der grundsätzlich alle Rechtsangelegenheiten besorgt, sind durchaus geteilte Meinungen denkbar. Sind doch auch die büromäßigen Erledigungen - wie etwa der alltäglich-schematische Schriftverkehr, die Vormerktätigkeit und die Arbeit im Mahnwesen - nicht ganz unabhängig vom Inhalt der zu besorgenden Angelegenheiten. Daran ändert auch die ausnahmsweise Erlaubnis der Vertretung in Zivilprozessen (§5 Abs2 NotariatsO) nichts. Andererseits soll dem Lehrling ein breiteres Band von Möglichkeiten im Berufsleben eröffnet werden. Entscheidend ist indessen, daß es dem Gesetzgeber gerade bei einem so eingehend geregelten, aus dem Kreise selbständiger juristischer Berufe durch strenge Pflichten, besonderen öffentlichen Glauben und eine einschneidende Monopolstellung herausgehobenen und ganz auf die Persönlichkeit des Amtsinhabers abstellenden Berufsstand wie dem des Notars freistehen muß zu entscheiden, ob sich die Angehörigen dieses Standes neben der Ausbildung von ihresgleichen auch der Ausbildung von Lehrlingen widmen sollen. Aufgrund des Gesamtbildes, nach dem der Gesetzgeber den Stand der Notare eingerichtet hat, liegt es auch im Bereich seiner rechtspolitischen Gestaltungsfreiheit, ob er ihnen die Möglichkeit zur Ausbildung in Lehrberufen einräumt oder nicht. Tut er es nicht, so handelt er damit nicht unsachlich.
Inwiefern die Nichtaufnahme der Notare in den Kreis der Lehrberechtigten in die Freiheit ihrer Erwerbsbetätigung eingreifen soll, ist vollends unerfindlich. Die Möglichkeit, selbst Lehrlinge ausbilden zu können, ist kein Erfordernis der Berufsausübung des Notars.
Die verfassungsrechtlichen Vorwürfe der Beschwerde erweisen sich folglich als unbegründet. Das Verfahren hat auch sonst keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte oder Anhaltspunkte für eine Rechtsverletzung wegen Anwendung rechtswidriger genereller Normen ergeben.
Die Beschwerde ist daher abzuweisen.
Schlagworte
Notare, Gewerberecht, Berufsausbildung (Gewerberecht), VfGH / ParallelbeschwerdeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1985:B772.1983Dokumentnummer
JFT_10149380_83B00772_00