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90 Straßenverkehrsrecht, KraftfahrrechtNorm
B-VG Art139 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Art139 Abs1 B-VG; Individualantrag auf Aufhebung der V der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 18. August 1983 betreffend ein Fahrverbot ua. für Omnibusse; kein Eingriff in die Rechtssphäre der Inhaber eines Hotels - nur faktische Wirkungen; keine Antragslegitimation Art144 Abs1 B-VG; V nicht gleichzeitig individueller VerwaltungsaktSpruch
Der Antrag und die Beschwerde werden zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
1. Die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck hat mit Punkt 6 ihrer V vom 18. August 1983, Z 4-25/3-2/83, auf dem Sandbühelweg in Mieders ab der alten Bundesstraße ein Fahrverbot für Omnibusse ab 20 Sitzplätzen und ein Fahrverbot für Lastkraftfahrzeuge mit Anhänger gemäß §43 Abs1 litb Z1 StVO 1960 erlassen. Diese V wurde durch Anbringung eines Vorschriftszeichens "Fahrverbot" samt einer Zusatztafel "gilt nur für Omnibusse ab 20 Sitzplätze" und durch Anbringung eines Vorschriftszeichens "Fahrverbot für Lastkraftfahrzeuge mit Anhänger" auf dem Sandbühelweg unmittelbar nach der Abzweigung von der alten Bundesstraße kundgemacht.
Gegen diese V richtet sich die vorliegende "Beschwerde" an den VfGH, mit welcher die Aufhebung der V nach Art139 Abs1 B-VG wegen Gesetzwidrigkeit sowie nach Art144 Abs1 B-VG unter dem Gesichtspunkt begehrt wird, daß diese V ihrem Inhalt nach als Bescheid anzusehen sei, der in verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte eingreife.
2. Zum Antrag nach Art139 Abs1 B-VG:
a) Die Antragsteller behaupten, der angefochtene Teil der V sei für sie ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung und ohne Erlassung eines Bescheides unmittelbar wirksam geworden. Die Antragsteller seien als Inhaber eines Hotels darauf angewiesen, daß ihre Gäste samt dem Gepäck mit Omnibussen vor das Haus gebracht werden. Für Busreisen seien Kleinbusse bis zu 20 Sitzplätzen nicht in Gebrauch, weil diese unwirtschaftlich seien. Aufgrund der V könnten die Busfahrer nicht mehr bis zum Hotel der Antragsteller fahren. Die Antragsteller büßten somit ihre Konkurrenzfähigkeit ein und es würden Buchungen von Reisebusunternehmen ausbleiben.
Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation im Normenprüfungsverfahren ist - wie der VfGH zu einem gleichgelagerten Problem im Beschl. VfSlg. 8009/1977 ausgeführt hat -, daß die Norm für den Antragsteller nicht bloß faktische Wirkungen zeitigt, sondern seine Rechtssphäre berührt, also in seine Rechtssphäre eingreift und diese im Falle ihrer Rechtswidrigkeit verletzt.
Anfechtungsberechtigter ist also von vornherein nur ein Rechtsträger, an oder gegen den sich die angefochtene Norm wendet (Normadressat). Hiebei ist von jenen Rechtswirkungen der angefochtenen Norm auszugehen, durch welche sich der Antragsteller verletzt erachtet.
Im vorliegenden Fall ist nun zwar nicht zu verkennen, daß das an die Verkehrsteilnehmer gerichtete spezifische Fahrverbot die Antragsteller wirtschaftlich wesentlich härter trifft als einen beliebigen Anrainer. Es besteht jedoch keine Norm, die dieser besonderen Betroffenheit im Rechtsbereich Anerkennung verschaffen würde. Weder das Eigentums- noch ein sonstiges Recht der Antragsteller in bezug auf den Standort ihres Gewerbebetriebes, noch eine gewerberechtliche oder die Stellung von Anliegern regelnde Vorschrift räumt ihnen eine Rechtsposition ein, die durch das verordnete Fahrverbot berührt würde. Keine Vorschrift gibt ihnen einen Anspruch darauf, daß alle Straßenbenützer zu ihrem Grundstück zufahren dürfen. Insbesondere ist aus den Vorschriften der Straßenverkehrsordnung ein Recht dieses Inhaltes nicht ableitbar. Die zu untersuchenden Wirkungen erweisen sich vielmehr als bloß faktische Wirkungen der insoweit an deren Personen gerichteten Norm (vgl. VfSlg. 8060/1977, 8670/1979 und 8757/1980).
Der Antrag ist daher mangels Legitimation der Antragsteller gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG 1953 als unzulässig zurückzuweisen.
3. Zur Beschwerde gemäß Art144 Abs1 B-VG:
Diesbezüglich wird vorgebracht, die bekämpfte V sei "zugleich ein individueller Verwaltungsakt, nämlich eine Verfügung". Adressaten für diese V seien einzig und allein die Bf. bzw. die zum Hotelbetrieb der Bf. zu- und abfahrenden Gäste, somit ein individuell bestimmter Adressatenkreis; andere Adressaten kämen nicht in Betracht.
Dazu genügt der Hinweis, daß - selbst wenn man von dieser Auffassung ausgeht - die Umschreibung der Normadressaten mit "zu- und abfahrende Gäste" ebenfalls nur eine nach Art- und Gattungsmerkmalen, nicht aber nach individuellen Kriterien wäre.
Die Beschwerde ist daher wegen Unzuständigkeit des VfGH gemäß §19 Abs3 Z2 lita VerfGG 1953 als unzulässig zurückzuweisen.
Schlagworte
Straßenpolizei, Fahrverbot, VfGH / Individualantrag, Bescheidbegriff, VerordnungsbegriffEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1985:V1.1984Dokumentnummer
JFT_10149376_84V00001_00