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L8 Boden- und VerkehrsrechtNorm
B-VG Art139 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Art139 Abs1 B-VG; Individualantrag auf Aufhebung der V der Gemeinde Seiersberg vom 24. Mai 1984 betreffend die Widmung von Grundstücken; in der V vorgesehene Rechtswirkungen werden erst durch Individualakte konkretisiert - kein unmittelbarer Eingriff in die Rechtssphäre der Antragsteller; keine AntragslegitimationSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
I. Der Gemeinderat der Gemeinde Seiersberg (Bezirk Graz-Umgebung) erließ eine mit 24. Mai 1984 datierte V, die - auszugsweise - folgenden Wortlaut hat:
"§1
Gemäß §51 Abs7 des Stmk. Raumordnungsgesetzes 1974, LGBl. 127/1974, in der derzeit geltenden Fassung werden die Grundstücke Nr. 317/1, 318, 321, 322, 325, 326, 329/1 und 329/2, alle KG Seiersberg, im Gebiet der aufgelassenen Schottergrube, Eigentümer J E und H E, ausdrücklich als für den zugeordneten Verwendungszweck Einkaufszentrum I und II, eingeschränkt auf Großhandel, für geeignet erklärt.
§2
Die im §1 genannten Grundstücke der KG Seiersberg wurden mit Beschluß des Gemeinderates der Gemeinde Seiersberg vom 17. Juni 1983 bzw. vom 8. November 1983 und 22. Mai 1984 im Flächenwidmungsplan der Gemeinde Seiersberg als Einkaufszentrum I und II, eingeschränkt auf die Errichtung von Großhandelsbetrieben, ausgewiesen."
Die Erstantragstellerin einerseits sowie die Zweitantragstellerin und der Drittantragsteller andererseits sind Eigentümer je einer Liegenschaft mit einem Grundstück in derselben KG. Ihre Grundstücke liegen im örtlichen Nahbereich der von der V erfaßten, im Eigentum dritter Personen stehenden Grundstücke (von denen sie - wie das in diesem Punkt nicht sehr deutliche Antragsvorbringen anscheinend zu verstehen ist - bloß durch den sog. Sandgrubenweg getrennt sind). Mit dem ersichtlich auf Art139 Abs1 letzten Satz B-VG gestützten Antrag begehren die Einschreiter mit näherer Begründung, die bezogene V zur Gänze, hilfweise jedoch bloß deren §1 als gesetzwidrig aufzuheben.
II. Der Antrag ist nicht zulässig.
1. In ständiger Rechtsprechung (s. zB VfSlg. 8404/1978) hat der VfGH die Legitimation zum Individualantrag auf Verordnungskontrolle (ua.) nur dann als gegeben angesehen, wenn der Eingriff in die Rechtssphäre der betreffenden Person nicht etwa aufgrund der angefochtenen V erfolgt, sondern unmittelbar durch die V selbst tatsächlich erfolgt ist. Ein derartiger unmittelbar durch die V erfolgter und (deswegen) die Antragslegitimation begründender Eingriff in die Rechssphäre einer Person ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch die V selbst eindeutig bestimmt ist, die (rechtlich geschützten) Interessen der betreffenden Person nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und der Person ein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr der Rechtsnachteile, die ihr durch die - angeblich gesetzwidrige - V erwachsen, nicht zur Verfügung steht.
Die Einschreiter meinen, daß die von ihnen angefochtene V unmittelbar in ihre Rechtssphäre eingreife, und bringen dazu im wesentlichen folgendes vor:
Die Antragsteller übersehen keineswegs, daß die angefochtene Verordnung einer weiteren Konkretisierung durch Folgebescheide wie Widmungsbewilligung, Baubewilligung usw. zugänglich und bedürftig ist. Die Möglichkeit der Erlassung solcher Bescheide schließt im allgemeinen nach der Rechtsprechung des VfGH die Zulässigkeit einer unmittelbaren Anfechtung einer Verordnung aus. Statt dessen eröffnet sich die Möglichkeit einer Beteiligung der Betroffenen in den entsprechenden Verwaltungsverfahren, weiters einer Ergreifung von Rechtsmitteln, dies dient zur Beschwerdeführung beim VfGH selbst. Dennoch ist nach Auffassung der Antragsteller die Zumutbarkeit des - an und für sich möglichen - Rechtsumweges zu einer Anfechtung der Verordnung im vorliegenden Falle nicht gegeben. Dies ergibt sich aus der Erwägung, daß mit der Beschreitung des Rechtsweges über eine Anfechtung von Folgebescheiden eine außergewöhnliche und unzumutbare Härte, insbesondere auch in wirtschaftlicher Hinsicht für die Antragsteller verbunden wäre, was nach der Rechtsprechung des VfGH die Zumutbarkeit der Beschreitung des Verwaltungsweges ausschließt."
Diese Ausführungen zeigen, daß die Einschreiter die von ihnen bezogene Rechtsprechung des VfGH mißverstehen. Die Antragsvoraussetzung, daß der Eingriff unmittelbar durch die V erfolgt, ist bereits dann nicht gegeben, wenn die in der V vorgesehenen Rechtswirkungen (wie vorliegendenfalls die Auswirkungen einer Eignungserklärung nach §51 Abs7 des Stmk. Raumordnungsgesetzes 1974 idF der Nov. LGBl. 51/1980 auf Nachbarn) erst durch Individualakte konkretisiert werden (wie etwa durch eine Widmungsbewilligung iS der §§2 ff. der Stmk. Bauordnung 1968 oder durch eine Baubewilligung; s. dazu den schon angeführten Beschl. VfSlg. 8404/1978 oder - allgemein - VfSlg. 10225/1983); die Fragen, ob eine Verordnungsprüfung mittelbar durch die Bekämpfung dieser Individualakte provoziert werden kann und ob dies zumutbar ist, stellen sich in diesem Fall überhaupt nicht.
Der Individualantrag war sohin wegen fehlender Antragsberechtigung zurückzuweisen.
Schlagworte
Baurecht, Raumordnung, Flächenwidmungsplan, Widmungsbewilligung, VfGH / IndividualantragEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1985:V31.1984Dokumentnummer
JFT_10149376_84V00031_00