TE Vfgh Beschluss 1985/6/24 V68/83

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Veröffentlicht am 24.06.1985
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Index

81 Wasserrecht, Wasserbauten
81/01 Wasserrechtsgesetz 1959

Norm

B-VG Art116 Abs1
B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag
Verordnung des Landeshauptmannes von Kärnten vom 09.08.83 zum Schutze des Grundwasservorkommens im Raum Klagenfurt-Ost
WRG 1959 §34 Abs2
WRG 1959 §35, §103

Leitsatz

Art139 Abs1 B-VG; Antrag einer Gemeinde auf Aufhebung der V des Landeshauptmannes von Ktn. vom 9. August 1983 zum Schutze des Grundwasservorkommens im Raum Klagenfurt-Ost; Erfordernis (zusätzlicher) wasserrechtlicher Bewilligung für bestimmte Maßnahmen - kein unmittelbarer Eingriff in das Eigentum; Zumutbarkeit der Bekämpfung der V im Rahmen solcher Bewilligungsverfahren; keine Antragslegitimation

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

1. Die Gemeinde M beantragt gemäß Art139 Abs1 B-VG die Aufhebung der

V des Landeshauptmannes von Ktn. vom 9. August 1983 zum Schutze des Grundwasservorkommens im Raum Klagenfurt-Ost, LGBl. 53, wegen Gesetzwidrigkeit. Mit der genannten V hat der Landeshauptmann aufgrund der §§34 Abs2, 35 WRG 1959 zur Sicherung der künftigen Trink- und Nutzwasserversorgung im Raume der Landeshauptstadt Klagenfurt ein bestimmtes Gebiet zum Grundwasserschongebiet bestimmt.

Die Gemeinde M erachtet sich durch die bekämpfte V in ihrem Recht auf Selbstverwaltung sowie als Eigentümerin von im Geltungsbereich der V liegender Grundstücke im Eigentumsrecht unmittelbar verletzt.

2. Gemäß Art139 Abs1 letzter Satz B-VG erkennt der VfGH "über die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Gesetzwidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern die Verordnung ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist; ..."

Wie der VfGH in ständiger Judikatur - beginnend mit seinen Beschl. VfSlg. 8009/1977 zu Art140 B-VG und VfSlg. 8058/1977 zu Art139 B-VG - ausführte, erfordert die Antragslegitimation nicht nur, daß die antragstellende Partei behauptet, unmittelbar durch die als verfassungs(gesetz)widrig angefochtene Gesetzes(Verordnungs)Bestimmung in ihren Rechten verletzt worden zu sein, sondern sie setzt auch voraus, daß dieses Gesetz (diese V) für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides, wirksam wurde. Ein derartiger "unmittelbarer" Eingriff ist aber dann nicht gegeben, wenn dem Antragsteller zur Abwehr der - ihm durch die angebliche Verfassungswidrigkeit des angefochtenen Gesetzes (Gesetzwidrigkeit der angefochtenen V) entstandenen - Rechtsverletzung ein anderer zumutbarer Weg zur Verfügung steht.

3. Aus dieser ständigen Rechtsprechung des VfGH ergeben sich für den vorliegenden Fall folgende Schlußfolgerungen:

Nach §2 der bekämpften V bedürfen innerhalb des Grundwasserschongebietes eine Reihe - näher bezeichneter - Maßnahmen vor ihrer Durchführung einer Bewilligung der Wasserrechtsbehörde. Es trifft daher zu, daß die bekämpfte V eine Beschränkung des Eigentumsrechtes an den im Grundwasserschongebiet liegenden Grundstücken mit sich bringt.

Der durch die V bewirkte Eigentumseingriff ist jedoch kein unmittelbarer, weil er lediglich bewirkt, daß der Grundstückseigentümer im Falle bestimmter Bauführungen eine (zusätzliche) wasserrechtliche Bewilligung benötigt. Im Rahmen dieses Bewilligungsverfahrens stünde es der Antragstellerin frei, die Gesetzwidrigkeit der bekämpften V geltend zu machen und auf diese Weise eine gegebenenfalls von Amts wegen zu veranlassende Überprüfung der V auf ihre Gesetzmäßigkeit zu erwirken (VfSlg. 9135/1981).

Ein derartiger Weg ist auch zumutbar, weil die in §103 WRG für ein Gesuch um Verleihung wasserrechtlicher Bewilligungen geforderten Unterlagen (soweit sie nicht ohnehin entbehrlich sind, s. den Einleitungssatz dieses Paragraphen) im Regelfall, vor allem bei Errichtung von Bauwerken, für die Erwirkung der jeweiligen "Haupt"-Bewilligung ohnedies anzufertigen sein werden und weil die Beibringung eines gewissen Mindestmaßes an Unterlagen nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH jedenfalls zumutbar ist (vgl. VfSlg. 8404/1978, 9135/1981).

Bei diesem Ergebnis genügt zum behaupteten Verstoß gegen das Selbstverwaltungsrecht der Hinweis, daß im Bereich der Wirtschaftsverwaltung (wie hier) die bekämpfte V in die Rechtsstellung der Gemeinde nicht anders eingreift als in die Rechtsstellung physischer Personen.

4. Aus den dargelegten Gründen fehlt der antragstellenden Gemeinde die Legitimation zur Stellung des vorliegenden Antrages nach Art139 Abs1 B-VG.

Der Antrag ist daher gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG 1953 in nichtöffentlicher Sitzung als unzulässig zurückzuweisen.

Schlagworte

VfGH / Individualantrag, Wasserrecht, Reinhaltung der Gewässer, Selbstverwaltungsrecht, Privatwirtschaftsverwaltung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1985:V68.1983

Dokumentnummer

JFT_10149376_83V00068_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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