TE Vfgh Erkenntnis 1985/6/26 A17/84

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Veröffentlicht am 26.06.1985
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Index

22 Zivilprozeß, außerstreitiges Verfahren
22/02 Zivilprozeßordnung

Norm

B-VG Art137 / Allg
B-VG Art137 / sonstige Klagen
VfGG §41
VwGG §63
ZPO §41, §45

Leitsatz

Art137 B-VG; Klage auf Rückzahlung einer für eine Verwaltungsübertretung verhängten und bereits bezahlten Geldstrafe nach Aufhebung des Strafbescheides durch den VwGH; Zahlung der Klagsforderung innerhalb der Frist zur Gegenäußerung durch das beklagte Land NÖ - unverzügliche Anerkennung des Klagsanspruches iS des §45 ZPO; kein Verzug; Abweisung des auf Prozeßkosten eingeschränkten Klagebegehrens

Spruch

Das auf Kosten eingeschränkte Klagebegehren wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

1. In der unter Berufung auf Art137 B-VG am 30. Mai 1984 erhobenen Klage bringt der Kläger im wesentlichen vor, daß die Nö. Landesregierung mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 11. Oktober 1982 über ihn wegen einer Verwaltungsübertretung eine Geldstrafe verhängt und ihm einen Verfahrenskostenbeitrag auferlegt habe. Er habe die Geldstrafe und den Kostenbeitrag am 30. November 1982 bezahlt. Obwohl der VwGH mit Erk. vom 23. März 1984 den Bescheid aufgehoben habe, sei Rückzahlung nicht geleistet worden. Der Kläger begehre daher die Rückzahlung der von ihm geleisteten Zahlungen in Höhe von 7063 S und demnach den Zuspruch dieses Betrages samt 4 vH Zinsen seit 30. November 1982 und den Ersatz der Verfahrenskosten.

2. Das Land NÖ legte den Verwaltungsstrafakt vor, sah von einem Antrag in der Sache ab, behauptete jedoch, daß die geforderte Zahlung bereits überwiesen worden sei.

3. Mit Schriftsatz vom 25. März 1985 schränkte der Kläger sodann das Klagebegehren auf Kosten ein.

4. Der VfGH hat über die - zulässige (vgl. VfSlg. 5001/1965, 5079/1965, 5987/1969, 7571/1975, 9498/1982) - Klage erwogen:

4.1. Die beklagte Partei bestreitet nicht, daß das Sachverhaltsvorbringen des Klägers mit dem Akteninhalt übereinstimmt; dieses trifft nach Inhalt des vorgelegten Verwaltungsstrafaktes auch tatsächlich zu. Aus dem den Verwaltungsstrafbescheid aufhebenden Erk. des VwGH entspringt nicht nur die öffentlich-rechtliche Verpflichtung der Behörde (§63 VwGG 1965), mit den ihr zu Gebote stehenden Rechtsmitteln den der Rechtsanschauung des VwGH entsprechenden Rechtszustand herzustellen; dieser Rechtspflicht entspricht vielmehr weiters ein analoges, subjektives Recht der betroffenen Partei. Durch die Aufhebung des Berufungsbescheides durch den VwGH ist eben der Anspruch der Behörde auf Einhebung der Geldstrafe sowie die Verpflichtung des Beschuldigten zu deren Einzahlung beseitigt worden, und damit die Behörde zur Rückerstattung des zu Unrecht eingehobenen Strafbetrages samt Verfahrenskosten an die Partei verhalten (vgl. VfSlg. 5079/1965).

Wie der VfGH weiters ausgesagt hat, folgt aus der gebotenen sinngemäßen Anwendung des §1334 ABGB, daß dann, wenn das Gesetz nichts Gegenteiliges bestimmt, auch bei öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnissen Verzugszinsen zu entrichten sind (vgl. VfSlg. 5079/1965 und die dort angeführten weiteren Entscheidungen). Der VfGH hat aber auch bereits mit Erk. VfSlg. 5079/1965 klargestellt, daß der Beginn des Verzuges einer zur Rückleistung einer Verwaltungsstrafe verpflichteten Gebietskörperschaft nicht bereits mit der Zustellung des aufhebenden Erk. des VwGH, sondern erst ab dem Begehren des im verwaltungsgerichtlichen Verfahren obsiegenden Bf. auf Refundierung anzunehmen ist. Der VfGH hält auch an dieser Aussage fest.

4.2. Das vor dem VfGH durchgeführte Verfahren hat ergeben, daß die beklagte Partei die Rückzahlung der Geldstrafe sowie die Zahlung von Zinsen am 20. Juli 1984 vorgenommen hat. Daß eine außergerichtliche Mahnung vor der Klagserhebung vorgenommen wurde, wird vom Kläger nicht behauptet. Die Klage ist wohl am 30. Mai 1984 schon vor der Zahlung eingebracht worden und hat die Rückleistung somit offensichtlich bewirkt. Da jedoch die Zahlung innerhalb der der beklagten Partei vom VfGH gesetzten Frist zur Gegenäußerung vorgenommen wurde, liegt ein Fall vor, für den §45 ZPO, dessen sinngemäße Anwendung gemäß §41 VerfGG iVm. §35 VerfGG geboten ist, Platz greift. Aus dieser Regelung ergibt sich, daß dem obsiegenden Kläger die Kostenlast aufzuerlegen ist, wenn der Beklagte keinen Anlaß zur Klagsführung geboten hat und von ihm der Klagsanspruch unverzüglich anerkannt ist. Aus der bereits dargelegten Rechtsprechung des VfGH ergibt sich, daß die Beklagte mangels außergerichtlicher Mahnung mit der ihr obliegenden Rückleistungspflicht nicht im Verzug war und damit für die Klagserhebung auch keinen Anlaß geboten hatte. Der nach §45 ZPO geforderten unverzüglichen Anerkennung (in der Bestimmung heißt es "den in der Klage erhobenen Anspruch sofort bei der ersten Tagsatzung" anerkennt; dieser Regelung ist die Fristsetzung zur Gegenäußerung durch den VfGH gleichzuhalten) ist jedenfalls entsprochen, wenn - wie hier - sogar Zahlung geleistet wurde.

Bei dieser Sachlage war das auf Prozeßkostenersatz eingeschränkte Klagebegehren abzuweisen, da ein Zuspruch von Kosten nach §41 ZPO nicht in Frage kommt, wenn der Sache nach eine Erledigung nach §45 ZPO nur deshalb nicht Platz greift, weil - wie hier - von der beklagten Partei Kosten nicht verzeichnet wurden.

Schlagworte

VfGH / Klagen, Verwaltungsgerichtshof, VfGH / Kosten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1985:A17.1984

Dokumentnummer

JFT_10149374_84A00017_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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