Index
10 VerfassungsrechtNorm
B-VG Art10 Abs1 Z11Leitsatz
Art20 Abs1, Art142 B-VG; der Landeshauptmann hat eine Rechtsverletzung dadurch begangen, daß er eine ihm vom Bundesminister für soziale Verwaltung im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung erteilten Weisung betreffend Aufhebung einer unter Berufung auf §13 ArbeitsruheG erlassenen V nicht befolgt hat; gemäß §34 Z6 und 7 ArbeitsruheG ist der Bundesminister für soziale Verwaltung im allgemeinen mit der Vollziehung des §13 leg. cit. betraut und dabei nicht an das Einvernehmen mit dem Bundesminister für Handel, Gewerbe und Industrie gebunden; keine Änderung dieser Zuständigkeit durch das BundesministerienG 1973, insbesondere dessen §5 Abs1 Z2; der Umstand, daß die vom Landeshauptmann erlassene V Maßnahmen nach dem (zum Bundesminister für Handel, Gewerbe und Industrie ressortierenden) Sonn- und Feiertags-BetriebszeitenG mit Maßnahmen nach dem ArbeitsruheG verbunden hat, berührt die alleinige Zuständigkeit des Bundesminister für soziale Verwaltung zur Erteilung von Weisungen in bezug auf die Ausnahmen von der Arbeitsruhe nicht; allenfalls gegebene Unzweckmäßigkeit oder gar Rechtswidrigkeit der Weisung kann keinesfalls die Zuständigkeit des weisungsgebenden Organs beseitigen; die Gründe für die Ablehnung einer Weisung sind in Art20 Abs1 B-VG erschöpfend aufgezählt; eine Befugnis des vom zuständigen Organ angewiesenen Landeshauptmannes im Bereich der mittelbaren Bundesverwaltung, die Weisung unter Hinweis auf seine subjektive Rechtsgüterabwägung abzulehnen - Rechtswidrigkeit der Nichtbefolgung der Weisung; kein schuldausschließender Rechtsirrtum; kein schuldausschließender Notstand; unter Berücksichtigung von Erklärungen des Bundesministers für Handel, Gewerbe und Industrie, unter Beachtung der besonderen Situation durch späte Erteilung der Weisung und in Würdigung der achtenswerten Beweggründe für das Handeln des Landeshauptmannes sowie unter Bedachtnahme auf die Geringfügigkeit seines Verschuldens insgesamt bloß geringfügige Rechtsverletzung iS des Art142 Abs4 B-VGSpruch
Dr. Wilfried Haslauer hat als Landeshauptmann von Sbg. eine Rechtsverletzung dadurch begangen, daß er die ihm vom Bundesminister für soziale Verwaltung im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung erteilte Weisung vom 26. November 1984 nicht befolgt hat, die V des Landeshauptmannes von Sbg. vom 6. November 1984, LGBl. 87, mit der für den 8. Dezember 1984 die Gewerbeausübung und Ausnahmen von der Arbeitsruhe zugelassen werden, abzuändern bzw. aufzuheben, soweit sie aufgrund des §13 Abs1 und 2 des Arbeitsruhegesetzes, BGBl. 144/1983, am 8. Dezember 1984 in bestimmten Betrieben die Beschäftigung von Arbeitnehmern zuläßt.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Am 18. Dezember 1984 richtete der Bundeskanzler an den VfGH den folgenden Schriftsatz:
"Aufgrund des durch die als Anlage A angeschlossene beglaubigte Abschrift der bezüglichen Stellen des Ministerratsprotokolles vom 18. Dezember 1984 beurkundeten Anklageerhebungsbeschlusses der Bundesregierung bringe ich gemäß §72 Abs3 des Verfassungsgerichtshofgesetzes gegen den Landeshauptmann von Salzburg, Dr. Wilfried Haslauer, folgende von der Bundesregierung erhobene
Anklage
ein:
Dr. Wilfried Haslauer hat als Landeshauptmann von Salzburg die Befolgung der ihm vom Bundesminister für soziale Verwaltung im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung schriftlich erteilten, ausdrücklichen Weisung vom 26. November 1984, GZ (des Bundesministeriums für soziale Verwaltung) 31.151/99-V/2/1984, die Verordnung des Landeshauptmannes von Salzburg vom 6. November 1984, (Salzburger) LGBl. 87, mit der für den 8. Dezember 1984 die Gewerbeausübung und Ausnahmen von der Arbeitsruhe zugelassen werden, soweit sie aufgrund des §13 Abs1 und 2 des Arbeitsruhegesetzes, BGBl. 144/1983, am 8. Dezember 1984 in bestimmten Betrieben die Beschäftigung von Arbeitnehmern zuläßt, abzuändern bzw. aufzuheben, wie sich insbesondere aus dem Schreiben des Landeshauptmannes von Salzburg vom 28. November 1984, Zahl (Amt der Salzburger Landesregierung) 0/9-12-544/4-1984, ergibt, ausdrücklich abgelehnt und es auch faktisch unterlassen, einen Verwaltungsakt, den zu setzen er angewiesen war, vorzunehmen.
Er hat hiedurch seiner aus Art103 Abs1 B-VG erfließenden verfassungsrechtlichen Pflicht, Weisungen des zuständigen Bundesministers zu befolgen, zuwider gehandelt und dadurch die im Art142 Abs1 in Verbindung mit Abs2 litd B-VG behandelte schuldhafte Rechtsverletzung durch das Nichtbefolgen einer Anordnung (Weisung) des Bundes in einer Angelegenheit der mittelbaren Bundesverwaltung begangen.
Die Bundesregierung beantragt, der VfGH wolle den Landeshauptmann von Salzburg, Dr. Wilfried Haslauer, wegen dieser schuldhaften Rechtsverletzung gemäß Art142 Abs4 B-VG verurteilen.
Begründung
1. Der Landeshauptmann von Salzburg hat am 6. November 1984 eine Verordnung erlassen, mit der für den 8. Dezember 1984 die Gewerbeausübung und Ausnahmen von der Arbeitsruhe zugelassen werden (vgl. Anlage B). Diese Verordnung stützt sich ua. auf §13 Abs1 und 2 des Arbeitsruhegesetzes, BGBl. 144/1983.
Der Bundesminister für soziale Verwaltung hat dem Landeshauptmann von Salzburg mit Schreiben vom 26. November 1984, GZ (des Bundesministeriums für soziale Verwaltung) 31.151/99-V/2/1984, die ausdrückliche Weisung erteilt, 'die Verordnung - soweit sie unter Berufung auf §13 ARG die Beschäftigung von Arbeitnehmern am 8. Dezember 1984 zuläßt - abzuändern bzw. aufzuheben' (vgl. Anlage C).
Der Landeshauptmann von Salzburg hat die Befolgung dieser ihm nachweislich bekanntgewordenen Weisung des Bundesministers für soziale Verwaltung - wie sich insbesondere aus dem Schreiben des Landeshauptmannes von Salzburg vom 28. November 1984, Zahl (des Amtes der Salzburger Landesregierung) 0/9-12-544/4-1984, (vgl. Anlage D) ergibt - ausdrücklich abgelehnt und es auch faktisch unterlassen, einen Verwaltungsakt, den zu setzen er angewiesen war, vorzunehmen.
Die als Anlagen B, C und D angeschlossenen Schriftstücke werden als Beweis vorgelegt.
2. In diesem Sachverhalt und insbesondere in der Tatsache der ausdrücklichen Ablehnung der Befolgung der ihm erteilten Weisung erblickt die Bundesregierung die Verwirklichung des die verfassungsmäßige Verantwortlichkeit des Landeshauptmannes von Salzburg gemäß Art142 Abs1 in Verbindung mit Abs2 litd B-VG begründenden Tatbestandes.
Zur juristischen Begründung dieser Auffassung bringt die Bundesregierung folgendes vor:
2.1. Gemäß Art103 Abs1 B-VG ist der Landeshauptmann in den Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung an die Weisungen der Bundesregierung sowie der einzelnen Bundesminister gebunden.
Die in Punkt 1 erwähnte Weisung des Bundesministers für soziale Verwaltung an den Landeshauptmann von Salzburg ist in einer Angelegenheit der mittelbaren Bundesverwaltung ergangen. Dazu weist die Bundesregierung auf folgendes hin:
Das Arbeitsruhegesetz stellt in kompetenzrechtlicher Hinsicht eine Regelung auf dem Gebiet des Arbeitsrechtes gemäß Art10 Abs1 Z11 B-VG dar. Gemäß Art102 Abs2 B-VG könnte das Arbeitsrecht unmittelbar von Bundesbehörden versehen werden, doch wird es nach Abs3 leg. cit. dem Bund vorbehalten, auch in den in Abs2 aufgezählten Angelegenheiten den Landeshauptmann mit der Vollziehung des Bundes zu beauftragen. Dies ist durch §13 des Arbeitsruhegesetzes geschehen, wonach der Landeshauptmann bei Vorliegen bestimmter sachlicher Voraussetzungen und unter Einhaltung eines bestimmten Verfahrens durch Verordnung (weitere) Ausnahmen von der Wochenend- und Feiertagsruhe zulassen kann. Der Umstand, daß die Zuständigkeit des Landeshauptmannes in einer in Art102 Abs2 B-VG aufgezählten Materie auf der dem einfachen Bundesgesetzgeber in Art102 Abs3 B-VG erteilten Vollmacht beruht, ändert nichts daran, daß es sich dabei um 'mittelbare Bundesverwaltung' handelt (vgl. VfSlg. 4591/1963 sowie Walter - Mayer. Grundriß des Österreichischen Bundesverfassungsrechtes,
2" role="none">9" role="none">Auflage, 236; Adamovich - Funk, Österreichisches Verfassungsrecht,
2" role="none">9" role="none">Auflage, 235, und Ringhofer, Österreichische Bundesverfassung, 320, 322).
Bei der Vollziehung des §13 des Arbeitsruhegesetzes besorgt der Landeshauptmann daher Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung!
2.2. Aus Art103 Abs1 in Verbindung mit Art20 Abs1 B-VG ergibt sich, daß ein Landeshauptmann in einer Angelegenheit der mittelbaren Bundesverwaltung eine Weisung eines Bundesministers nur dann ablehnen kann, wenn die Weisung entweder von einem unzuständigen Organ erteilt wurde oder die Befolgung gegen strafgesetzliche Vorschriften verstoßen würde.
2.2.1. Es besteht kein Anlaß zu der Annahme, daß die Befolgung der in Punkt 1 erwähnten Weisung des Bundesministers für soziale Verwaltung durch den Landeshauptmann von Salzburg in irgendeiner Hinsicht gegen strafgesetzliche Vorschriften verstoßen hätte. Auch der Landeshauptmann von Salzburg hat dies nicht behauptet.
2.2.2. Die erwähnte Weisung des Bundesministers für soziale Verwaltung ist auch nicht von einem unzuständigen Organ erteilt worden.
Gemäß §34 Z7 des Arbeitsruhegesetzes ist zur Vollziehung dieses Bundesgesetzes - auf der Ebene der obersten Bundesverwaltung - allein der Bundesminister für soziale Verwaltung zuständig, soweit nicht nach den Z1 bis 3 und 6 eine Vollziehung im Einvernehmen mit einem anderen Bundesminister und nach den Z4 und 5 eine Vollziehung durch einen anderen Bundesminister gegeben ist. Hinsichtlich des §13 leg. cit., soweit er Arbeitnehmer betrifft, die in Betrieben im Sinne der in Punkt 1 erwähnten Verordnung mit dem Warenverkauf verbundene Dienstleistungen verrichten (vgl. §§2 und 3 der in Punkt 1 erwähnten Verordnung), kommen die Ausnahmetatbestände der Z1 bis 6 des §34 leg. cit. nicht zur Anwendung. Für diese Angelegenheiten ist daher - auf der Ebene der obersten Bundesverwaltung - ausschließlich der Bundesminister für soziale Verwaltung zuständig.
In dem in Punkt 1 erwähnten Schreiben an den Bundesminister für soziale Verwaltung behauptet der Landeshauptmann von Salzburg demgegenüber, die Weisung wäre von einem im Sinne des Art20 Abs1 B-VG 'unzuständigen Organ' erteilt worden. Durch den Umstand, daß sich die in Rede stehende Verordnung auf zwei Gesetze stützt, nämlich auf das Arbeitsruhegesetz und auf das Sonn- und Feiertags-Betriebszeitengesetz, sei - so der Landeshauptmann - eine normative Einheit gegeben, die bewirke, daß eine Weisung nur mehr vom Bundesminister für soziale Verwaltung gemeinsam mit dem zur Vollziehung des zuletzt genannten Bundesgesetzes zuständigen Bundesminister für Handel, Gewerbe und Industrie erteilt werden könnte; ein 'Bundeszentralorgan' sei im Sinne des Art20 Abs1 B-VG unzuständig.
Die Bundesregierung hält diese Rechtsauffassung für unzutreffend:
Das Arbeitsruhegesetz und das Sonn- und Feiertags-Betriebszeitengesetz sind in rechtlicher Hinsicht - und nur die ist im vorliegenden Zusammenhang von Bedeutung - zwei voneinander unabhängige Gesetze, sie regeln daher zwei voneinander unabhängige Vollzugsbereiche. Aus dem rechtstechnischen Umstand der Zusammenfassung von Durchführungsbestimmungen zu diesen Bundesgesetzen in einer Verordnung des Landeshauptmannes kann sich keine Zuständigkeitsverschiebung auf der Ebene der obersten Organe der Bundesverwaltung ergeben: Bei anderer Sicht würde die 'Legistik' eines nachgeordneten Organes Zuständigkeitsverschiebungen auf der Ebene der vorgesetzten Organe begründen. Daraus folgt aber, daß zur Erteilung von Weisungen hinsichtlich der Abänderungen bzw. Aufhebung der Verordnungen, soweit sie sich auf das Arbeitsruhegesetz - im oben erwähnten Umfang - stützt, allein der Bundesminister für soziale Verwaltung zuständig ist. Dem Landeshauptmann wäre eine Aufhebung bzw. Änderung der Verordnung juristisch auch ohne weiteres möglich gewesen.
Eine weitere Erwägung des Landeshauptmannes von Salzburg in dem oben erwähnten Schreiben geht dahin, daß auch das Arbeitsruhegesetz für sich allein das Zusammenwirken der beiden Bundesminister erfordere:
'Es hieße den Buchstaben des Gesetzes vor seinen Sinn stellen, wollte man in den Angelegenheiten der Verordnungsermächtigung des Landeshauptmannes gemäß §13 des Gesetzes eine ausschließliche Zuständigkeit des Bundesministers für soziale Verwaltung annehmen.'
Bei der Vollziehung des §12 (Ausnahmen durch Verordnung für bestimmte Tätigkeiten), §14 (Ausnahmen durch Verordnung im öffentlichen Interesse) und §15 (Ausnahmen in Einzelfällen) habe - so der Landeshauptmann - der Bundesminister für soziale Verwaltung im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Handel, Gewerbe und Industrie vorzugehen. Nach Auffassung des Landeshauptmannes von Salzburg ergebe sich aus einem Größenschluß, daß dann, 'wenn der Bundesminister für soziale Verwaltung sogar in der seiner eigenen Besorgung durch das Gesetz überantworteten Ausnahmetätigkeit' an das Einvernehmen mit dem Bundesminister für Handel, Gewerbe und Industrie gebunden sei, 'dies umso mehr für seine hoheitliche Einflußnahme auf die Verordnungsbefugnis des Landeshauptmannes gelten' müsse.
Dieser Erwägung steht jedoch der klare und keiner berichtigenden Auslegung zugängliche Wortlaut der Vollziehungsklausel des Arbeitsruhegesetzes entgegen. Daher ist - nach Auffassung der Bundesregierung - auch dieses Argument des Landeshauptmannes von Salzburg unzutreffend.
Die Bundesregierung weist ferner darauf hin, daß sich ihrer Auffassung nach am Ergebnis der rechtlichen Beurteilung auch durch den Hinweis auf das Bundesministeriengesetz 1973 nichts ändern könnte. Dies deshalb, weil das Bundesministeriengesetz 1973 - von hier nicht maßgeblichen Ausnahmen abgesehen - lediglich den allgemeinen Wirkungsbereich der Bundesministerien regelt und die besonderen Kompetenzbestimmungen, insbesondere die Vollziehungsklauseln der Bundesgesetze, hier also §34 des Arbeitsruhegesetzes, unberührt läßt.
Eine weitere Erwägung des Landeshauptmannes von Salzburg geht schließlich in die Richtung, daß die gegenständliche Verordnung bereits am 24. November wirksam geworden sei und es gegenüber der gewerblichen Wirtschaft nicht vertreten werden könnte, diese nun auch um ihren Ausgleich zu bringen und die offenen Verkaufssamstage auf drei zu reduzieren. Noch am 13. November, also schon in Kenntnis der ergangenen Verordnung, hätte der Bundesminister in seinem Schreiben an den Landeshauptmann von Salzburg nicht auf eine beabsichtigte Weisung hingewiesen. In der Zwischenzeit sei die Verordnung wirksam geworden und einer ausgewogenen und vertretbaren Aufhebung überhaupt nicht mehr zugänglich.
Dazu ist folgendes festzuhalten:
Mit diesen Ausführungen nimmt der Landeshauptmann offenbar auf ArtII der in Punkt 1 erwähnten Verordnung Bezug. Dieser ist jedoch ausdrücklich aufgrund des §4 des Ladenschlußgesetzes und nicht etwa aufgrund des §13 des Arbeitsruhegesetzes erlassen worden. Daraus wird deutlich, daß sich die Weisung des Bundesministers für soziale Verwaltung auf diesen Teil der Verordnung des Landeshauptmannes überhaupt nicht bezogen hat. Weiters ist dazu festzustellen, daß es sich bei der Vollziehung des Ladenschlußgesetzes und des Arbeitsruhegesetzes um zwei voneinander getrennte Vollziehungsbereiche handelt. Daraus wird aber deutlich, daß es dem Landeshauptmann in juristischer Hinsicht - und nur diese ist im vorliegenden Zusammenhang von Bedeutung - möglich gewesen wäre, die in Punkt 1 erwähnte Weisung zu befolgen. Schließlich ist darauf hinzuweisen, daß sich selbst im Falle einer - hier völlig unmaßgeblichen - faktischen, nämlich wirtschaftlichen, Betrachtungsweise an der Rechtswidrigkeit der Nichtbefolgung der Weisung des Bundesministers für soziale Verwaltung durch den Landeshauptmann von Salzburg nichts ändern würde. Die im Hinblick auf ArtII der in Punkt 1 erwähnten Verordnung angestellten Überlegungen sind nämlich ausschließlich Zweckmäßigkeitsüberlegungen. Eine Zweckmäßigkeitsprüfung steht aber dem nachgeordneten Organ gegenüber Weisungen des vorgesetzten Organs nicht zu.
3. Die Nichtbefolgung der in Punkt 1 erwähnten Weisung des Bundesministers für soziale Verwaltung ist nach Meinung der Bundesregierung auch als durch seine Amtstätigkeit erfolgte, schuldhafte Rechtsverletzung des Landeshauptmannes von Salzburg anzusehen. Da in Art142 Abs1 B-VG von 'schuldhaften' Rechtsverletzungen die Rede ist, ohne daß verschiedene Grade des Verschuldens unterschieden werden, ist das Tatbild des Art142 Abs1 B-VG auch bei Vorliegen der geringsten Schuldform (leichte Fahrlässigkeit) verwirklicht.
Dazu weist die Bundesregierung auf folgendes hin:
Der Landeshauptmann von Salzburg hat - wie sich insbesondere aus seinem in Punkt 1 erwähnten Schreiben an den Bundesminister für soziale Verwaltung ergibt - die an ihn gerichtete Weisung bewußt nicht befolgt.
Aber auch hinsichtlich der Frage, ob die Weisung von einem unzuständigen Organ erteilt wurde, fällt dem Landeshauptmann von Salzburg zumindest Fahrlässigkeit zur Last, da er es für möglich halten mußte, daß er durch eine darauf gestützte Nichtbefolgung der Weisung gegen Art103 Abs1 in Verbindung mit Art20 Abs1 B-VG verstoßen werde, auch wenn er dies nicht herbeiführen wollte.
Im Hinblick auf VfSlg. 206/1923 weist die Bundesregierung auch ausdrücklich darauf hin, daß sich der Landeshauptmann ihrer Auffassung nach auch nicht auf einen Rechtsirrtum berufen kann. Wegen Rechtsirrtums handelt nämlich nur der nicht schuldhaft, dem der Irrtum nicht vorzuwerfen ist. Dies kann der Landeshauptmann von Salzburg aber für sich nicht ins Treffen führen. Als Landeshauptmann wäre er nämlich jedenfalls dazu verpflichtet gewesen, 'sich mit den einschlägigen Vorschriften bekannt zu machen' (vgl. §9 Abs2 StGB). Die Bundesregierung geht sogar davon aus, daß die Rechtswidrigkeit der Nichtbefolgung der Weisung leicht erkennbar gewesen ist. Damit sind beide Komponenten der Vorwerfbarkeit (leichte Erkennbarkeit ebenso wie die Verpflichtung, allenfalls weitere 'Erkundigungen' einzuholen) gegeben und ist die Verbindung zu der in Art142 Abs1 geforderten Schuldhaftigkeit wiederum hergestellt.
Im Hinblick auf Kelsen - Fröhlich - Merkl, Die Bundesverfassung vom 1. Oktober 1920, 277 f., die begründen, weshalb sich der VfGH in seinem verurteilenden Erkenntnis auch auf die bloße Feststellung einer Rechtsverletzung beschränken kann, möchte die Bundesregierung zum Ausdruck bringen, daß es ihr im Hinblick auf die grundsätzliche Bedeutung des Weisungsrechtes im Bereich der mittelbaren Bundesverwaltung auf die Feststellung der Rechtsverletzung durch den Landeshauptmann, nicht aber auf weitere Rechtsfolgen für den Landeshauptmann ankommt. Sie regt daher an - ohne den von ihr gestellten Antrag zu modifizieren -, der VfGH möge sich bei seiner verurteilenden Entscheidung auf eine solche Feststellung beschränken. (Zur Zulässigkeit einer derartigen Anregung weist die Bundesregierung auf den Beschluß des VfGH vom 14. Dezember 1984, E1/84-3, Seite 3, letzter Absatz, hin.)"
2. Der angeklagte Landeshauptmann von Salzburg wendet ein, es liege keine zulässige Anklage vor. Dazu ist folgendes festzustellen:
Dem Schriftsatz des Bundeskanzlers waren unter der Bezeichnung "Anlage A" die folgenden Unterlagen angeschlossen:
a) eine mit der Gegenstandsbezeichnung "Verfassungsmäßige Verantwortlichkeit des Landeshauptmannes von Salzburg Pkt. 37 des Beschl. Prot. Nr. 70" versehene Abschrift des Punktes 37 aus dem Beschlußprotokoll Nr. 70 der Bundesregierung. Der Inhalt lautet wie folgt:
"37. Bericht des Bundeskanzlers, Z 601.198/8-V/1/84, betr. §13 des Arbeitsruhegesetzes; Nichtbefolgung einer Weisung des Bundesministers für soziale Verwaltung durch den Landeshauptmann von Salzburg; Anklage gemäß Art142 B-VG. Der Ministerrat beschließt im Sinne des Antrages:
1. gegen den Landeshauptmann von Salzburg, Dr. Wilfried Haslauer, die folgende Anklage vor dem VfGH zu erheben:
'Dr. Wilfried Haslauer hat als Landeshauptmann von Salzburg die Befolgung der ihm vom Bundesminister für soziale Verwaltung im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung schriftlich erteilten, ausdrücklichen Weisung vom 26. November 1984, GZ (des Bundesministeriums für soziale Verwaltung) 31.151/99-V/2/84, die Verordnung des Landeshauptmannes von Salzburg vom 6. November 1984, (Salzburger) LGBl. 87, mit der für den 8. Dezember 1984 die Gewerbeausübung und Ausnahmen von der Arbeitsruhe zugelassen werden, soweit sie aufgrund des §13 Abs1 und 2 des Arbeitsruhegesetzes, BGBl. 144/1983, am 8. Dezember 1984 in bestimmten Betrieben die Beschäftigung von Arbeitnehmern zuläßt, abzuändern bzw. aufzuheben, wie sich insbesondere aus dem Schreiben des Landeshauptmannes von Salzburg vom 28. November 1984, Zahl (Amt der Salzburger Landesregierung) 0/9-12-544/4-1984, ergibt, ausdrücklich abgelehnt und es auch faktisch unterlassen, einen Verwaltungsakt, den zu setzen er angewiesen war, vorzunehmen. Er hat hiedurch seiner aus Art103 Abs1 B-VG erfließenden verfassungsrechtlichen Pflicht, Weisungen des zuständigen Bundesministers zu befolgen, zuwidergehandelt und dadurch die im Art142 Abs1 in Verbindung mit Abs2 litd B-VG behandelte schuldhafte Rechtsverletzung durch das Nichtbefolgen einer Anordnung (Weisung) des Bundes in einer Angelegenheit der mittelbaren Bundesverwaltung begangen.
Die Bundesregierung beantragt, der VfGH wolle den Landeshauptmann von Salzburg, Dr. Wilfried Haslauer, wegen dieser schuldhaften Rechtsverletzung gemäß Art142 Abs4 B-VG verurteilen.'
2. den Bundeskanzler zu ermächtigen, die im Vortrag an den Ministerrat formulierte Anklage samt Begründung und Anlagen beim VfGH einzubringen."
Der Protokollauszug ist mit 18. Dezember 1984 datiert und von Oberrat Dr. W eigenhändig unterschrieben;
b) ein Vortrag des Bundeskanzlers an den Ministerrat, GZ 601.198/8-V/1/84, in dem der Antrag gestellt wird, der im oben erwähnten Beschlußprotokoll wiedergegeben ist;
c) eine mit "70. Sitzung des Ministerrates am 18. XII. 1984" bezeichnete Liste, in der die Namen, Funktionsbezeichnungen und eigenhändigen Unterschriften aller Mitglieder der Bundesregierung sowie aller Staatssekretäre enthalten sind. Die Übereinstimmung der Kopie mit dem Original wurde unter Beisetzung des Stempelabdruckes "Bundeskanzleramt, Ministerratsdienst" vom Oberrat Dr. W eigenhändig bestätigt.
3. Die Einwendung des Landeshauptmannes geht dahin, die Anklage entspreche nicht den aus §72 Abs3 VerfGG sich ergebenden Anforderungen. Aus der dem Landeshauptmann übermittelten Ablichtung der Anlage A betreffend die 70. Sitzung des Ministerrates am 18. Dezember 1984, Punkt 37 des Beschlußprotokolls Nr. 70, ergebe sich keinerlei Beglaubigung. Wolle man als für die Art der Beglaubigung maßgebende Rechtsvorschrift das AVG heranziehen, so müsse gemäß dessen §18 Abs4 iVm. §4 der V der Bundesregierung vom 28. Dezember 1925, BGBl. 445, die Klausel "Für die Richtigkeit der Ausfertigung" und der Name desjenigen wiedergegeben werden, der die Erledigung genehmigt hat. Es liege daher keine dem §72 VerfGG entsprechende Abschrift der den Anklagebeschl. der Bundesregierung betreffenden Stellen des Ministerratsbeschl. vor; dies habe umsomehr zu gelten, wenn man für die Auslegung des Beglaubigungsbegriffes die §§283 ff. des Außerstreitgesetzes bzw. die Notariatsordnung zugrunde legen wollte. Darüber hinaus sehe der §72 VerfGG expressis verbis die Beglaubigung der betreffenden Stelle des Ministerratsprotokolles vor und nicht "die Übereinstimmung der Kopie mit dem Original" einer Regierungsliste samt Unterschriften.
Der Gerichtshof findet, daß die Anklage die Erfordernisse des §72 Abs3 VerfGG erfüllt. Nach dieser Bestimmung muß der vom Bundeskanzler eingebrachten Anklage die beglaubigte Abschrift der Stellen des Ministerratsprotokolls beigelegt werden, aus denen der Beschl. der Bundesregierung auf Erhebung der Anklage hervorgeht. Aus der Anlage A der beim VfGH eingebrachten Anklage ist der Inhalt des Beschl. der Bundesregierung auf Erhebung der Anklage gegen den Landeshauptmann von Sbg. ohne jeden Zweifel zu entnehmen. Der Protokollauszug ist von einem Beamten eigenhändig unterfertigt, der Leiter der in der Geschäftseinteilung des Bundeskanzleramtes als "Ministerratsdienst, personelle Angelegenheiten der Obersten Organe der Vollziehung" bezeichneten Abteilung des Bundeskanzleramtes ist. Das Gesetz enthält keine näheren Bestimmungen darüber, in welcher Form und von wem die Beglaubigung der die Anklage betreffenden Stellen des Ministerratsprotokolls vorzunehmen ist. Die eigenhändige Unterschrift des für Angelegenheiten des Ministerratsdienstes zuständigen Abteilungsleiters des Bundeskanzleramtes reicht aber jedenfalls aus.
4. Der Landeshauptmann bringt noch die folgenden formalen Bedenken gegen die Anklageerhebung bzw. den der Anklage zugrunde liegenden Ministerratsbeschl. vor:
Mit der Anklage sei neben einem Auszug aus dem Ministerratsprotokoll auch eine Liste mit Unterschriften "der Mitglieder der Bundesregierung samt Staatssekretären" vorgelegt worden. Es handle sich dabei offenbar um eine Anwesenheits- bzw. Abstimmungsliste. Da die Staatssekretäre jedoch nicht Mitglieder der Bundesregierung seien und somit nicht stimmberechtigte Personen, nämlich die Staatssekretäre, an der Sitzung der Bundesregierung teilgenommen hätten, sei die Bundesregierung unrichtig zusammengesetzt gewesen. Durch diesen Anklagebeschl. sei das Recht des Landeshauptmannes auf den gesetzlichen Richter iS des Art83 Abs2 B-VG verletzt worden.
Dieser schon vom Ansatz her verfehlte Einwand ist nicht berechtigt. Der vom Landeshauptmann erwähnten Liste kommt keine andere Bedeutung zu, als die einer Feststellung, daß die darin genannten Personen bei der Sitzung der Bundesregierung anwesend waren. Nichts deutet darauf hin, daß die Staatssekretäre, die in dieser Liste aufscheinen, an der Beschlußfassung der Bundesregierung teilgenommen haben. Die bloße Teilnahme an den Sitzungen der Bundesregierung ist den Staatssekretären aber durch keine Rechtsvorschrift verwehrt.
5. Zusammenfassend ist festzustellen, daß die Anklage den im Art142 Abs2 litd B-VG sowie im §72 VerfGG verlangten Erfordernissen entspricht. Sie ist daher zulässig.
II. 1. Über die Anklage fand am 11. Juni 1985 vor dem VfGH eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, in der der Landeshauptmann sich nicht schuldig bekannte.
2. Aufgrund der Verfahrensergebnisse, insbesondere der Verantwortung des Landeshauptmannes Dr. Wilfried Haslauer, der Aussagen der Zeugen Landesamtsdirektor Dr. A E und Hofrat Dr. H H sowie des Inhaltes der einschlägigen Geschäftsstücke der Bundesministerien für soziale Verwaltung und für Handel, Gewerbe und Industrie sowie des Amtes der Sbg. Landesregierung nimmt der VfGH den folgenden Sachverhalt als erwiesen an:
Der Landeshauptmann von Sbg. hat am 6. November 1984 die folgende V erlassen, die im LGBl. 87 kundgemacht worden ist:
"Verordnung des Landeshauptmannes von Salzburg vom 6. November 1984, mit der für den 8. Dezember 1984 die Gewerbeausübung und Ausnahmen von der Arbeitsruhe zugelassen werden
Artikel I
Aufgrund des §3 Abs1 des Sonn- und Feiertags-Betriebszeitengesetzes, BGBl. 129/1984, und des §13 Abs1 und 2 des Arbeitsruhegesetzes, BGBl. 144/1983, wird verordnet:
§1
1. Für Betriebe der im §3 angeführten Art wird am Samstag, dem 8. Dezember 1984, in der Zeit von 10.00 Uhr bis 17.00 Uhr die Gewerbeausübung gestattet.
2. Für die Arbeitnehmer in solchen Betrieben wird für diese Zeit eine Ausnahme von der Wochenend- und Feiertagsruhe zugelassen.
§2
Die Ausnahme gilt für Betriebe im Land Salzburg und umfaßt für Arbeitnehmer alle im jeweiligen Betrieb mit dem Warenverkauf verbundenen Dienstleistungen.
§3
Die Ausnahme vom Verbot der Gewerbeausübung bzw. von der Wochenend- und Feiertagsruhe für Arbeitnehmer gilt für Betriebe des Einzelhandels mit Textilien, Schuhen, Spiel-, Sport- und Lederwaren, Papierwaren, Büroartikeln und Büchern, Uhren, Schmuck, Kunst und Antiquitäten, Haus- und Küchengeräten, Elektro-, Radio- und Fernsehgeräten, Schallplatten, fotografischem und optischem Bedarf, Möbel und Waren der Raumausstattung, für Parfümerien und Drogerien, Tabaktrafiken sowie für den Gemischtwareneinzelhandel mit Ausnahme von Lebensmittelabteilungen.
§4
Diese Verordnung gilt nicht, soweit bereits eine Ausnahme im Sinne des Arbeitsruhegesetzes Anwendung zu finden hat.
Artikel II
Aufgrund des §4 Abs6 des Ladenschlußgesetzes, BGBl. 156/1958, in der geltenden Fassung wird verordnet, daß für das Jahre 1984 §3 Abs1 zweiter Halbsatz der Ladenschlußverordnung, LGBl. 18/1959, in der Fassung der Verordnung LGBl. 81/1979 keine Anwendung findet.
Der Landeshauptmann:
Haslauer"
Am 9. November 1984 teilte der Landeshauptmann von OÖ dem Landeshauptmann von Sbg. telefonisch mit, er habe soeben eine Weisung des Bundesministers für soziale Verwaltung erhalten, keine V zu erlassen, die die Beschäftigung von Arbeitnehmern am 8. Dezember 1984 ermöglichen würde.
In der Zeit vom 10. bis 24. November 1984 mittags befand sich der Landeshauptmann von Sbg. im Ausland. Bei seiner Rückkehr gab er am Flughafen Schwechat ein Rundfunkinterview, in dem er erklärte, er sehe sich außerstande, einer allfälligen Weisung des Bundesministers für soziale Verwaltung zu folgen, die sich auf seine erwähnte V beziehe.
Am Vormittag des 26. November 1984 bekräftigte der Landeshauptmann in einer Presseerklärung mit näheren Darlegungen seinen bereits im Rundfunkinterview vom 24. November 1984 vertretenen Standpunkt.
Am Nachmittag des 26. November 1984 befragte der Landeshauptmann den Landesamtsdirektor sowie Hofrat Dr. H H darüber, ob sie seinen Rechtsstandpunkt teilten. Beide Beamte stimmten dem vorbehaltlos zu.
Am 26. November richtete der Bundesminister für soziale Verwaltung unter GZ 31.151/99-B/2/1984 das folgende Schreiben an den Landeshauptmann von Salzburg, das dieser laut Eingangsvermerk am 28. November 1984 erhalten hat:
"Sehr geehrter Herr Landeshauptmann!
Mit Schreiben vom 16. und 23. Oktober 1984 habe ich ausführlich meine Rechtsansicht zur Frage der Arbeitsruhe von Arbeitnehmern am 8. Dezember 1984 dargelegt. Ich verweise auf diese, an Sie, sehr geehrter Herr Landeshauptmann, persönlich gerichteten Schreiben und wiederhole kurz jene Argumente, die gegen die Erlassung einer Ausnahmeverordnung durch den Landeshauptmann aufgrund des §13 ARG sprechen:
1. Die seit 1. Juli 1984 geltende neue Rechtslage hat eine Trennung von Gewerberecht und Arbeitsrecht auf dem Gebiete des Ladenschlusses bzw. des Offenhaltens der Geschäfte an Wochenenden und Feiertagen gebracht. Aufgrund der nunmehr geltenden Rechtslage ist der Handelsminister für die Vollziehung des Sonn- und Feiertags-Betriebszeitengesetzes zuständig, der Bundesminister für soziale Verwaltung hingegen für die Vollziehung des Arbeitsruhegesetzes. Bezüglich des §13 ARG (Erlassung von Ausnahmeverordnungen durch den Landeshauptmann) kommt dem Handelsminister keinerlei Mitkompetenz zu (vgl. §34 ARG).
2. Die Ausnahmebestimmung des §13 ARG ist an drei Voraussetzungen geknüpft: Es muß erstens ein außergewöhnlicher Bedarf vorliegen, dieser Bedarf muß zweitens regional sein und drittens muß dieser Bedarf nach Versorgungsleistungen bestehen.
Nach meiner Rechtsauffassung - die ich Ihnen in den erwähnten Schreiben vom 16. und 23. Oktober 1984 ausführlich mitgeteilt habe - ist keine der genannten Voraussetzungen, welche die Erlassung einer Ausnahmeverordnung für den 8. Dezember 1984 durch den Landeshauptmann rechtfertigen würden, gegeben. Um Wiederholungen zu vermeiden, verweise ich auf die Ausführungen in diesen Schreiben.
Sie haben mir mit Schreiben vom 7. November 1984, Z 0/1-802/79-1984, mitgeteilt, daß sie am 6. November 1984 eine Verordnung gem. §13 ARG erlassen haben, wonach am 8. Dezember 1984 die Beschäftigung von Arbeitnehmern im Handel gestattet wird.
Ich weise darauf hin, daß die Erlassung einer Ausnahmeverordnung aufgrund des Arbeitsruhegesetzes ein Akt der mittelbaren Bundesverwaltung ist, sodaß eine Weisung des Bundesministers für soziale Verwaltung an den Landeshauptmann gem. Art103 Abs1 B-VG zulässig ist. Nach einer mir vom Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes schriftlich zugegangenen Erklärung (GZ 601.198/2-V/6/84) vom 5. Oktober 1984 ändert an diesem Weisungsrecht des Bundesministers auch der Umstand nichts, 'daß im §13 Abs1 ARG eine ausdrückliche Verordnungsermächtigung enthalten ist und im Abs3 leg. cit. die Vorlage solcher Verordnungen an den Bundesminister für soziale Verwaltung vorgesehen wird ... Eine verfassungskonforme Auslegung des §13 ARG läßt nämlich das Weisungsrecht gem. Art103 Abs1 B-VG unberührt, zumal in Abs3 lediglich eine zusätzliche Informationspflicht statuiert wird'.
Ich setze Sie von dieser Rechtsmeinung des Bundeskanzleramtes/Verfassungsdienst unter Hinweis auf Ihre verfassungsrechtliche Verantwortlichkeit gem. Artikel 142 B-VG in Kenntnis und erteile Ihnen die ausdrückliche Weisung, die Verordnung - soweit sie unter Berufung auf §13 ARG die Beschäftigung von Arbeitnehmern am 8. Dezember 1984 zuläßt - abzuändern bzw. aufzuheben."
Am 28. November 1984 richtete der Landeshauptmann an den Bundesminister für soziale Verwaltung unter der GZ 0/9-12-544/4-1984 das folgende Schreiben:
"Sehr geehrter Herr Bundesminister!
Ihr an mich gerichtetes Schreiben vom 26. November 1984, bei mir eingelangt am 28. November 1984, mit dem Sie mir die ausdrückliche Weisung erteilen, die von mir erlassene Verordnung vom 6. November 1984, Landesgesetzblatt Nr. 87, mit der für den 8. Dezember 1984 die Gewerbeausübung und Ausnahmen von der Arbeitsruhe zugelassen werden, in jenem Teil abzuändern bzw. aufzuheben, soweit sie unter Berufung auf §13 Arbeitsruhegesetz die Beschäftigung von Arbeitnehmern am 8. Dezember 1984 zuläßt, habe ich erhalten.
Dazu beehre ich mich, Ihnen, sehr geehrter Herr Bundesminister, folgendes mitzuteilen:
1. Diese meine Verordnung stellt eine Normeinheit dar. Sie sieht einerseits eine Beschäftigung der Arbeitnehmer in den genannten Handelsbetrieben am 8. Dezember in der Zeit von 10.00 Uhr bis 17.00 Uhr vor und andererseits - als Gleichgewicht dazu - eine Verkürzung der Arbeitszeit der Dienstnehmer am 24. November. Die Regelungen gründen teils auf dem Arbeitsruhegesetz, teils auf dem Ladenschlußgesetz. Sie bilden wie gesagt eine normative Einheit, stehen also miteinander in einem untrennbaren Zusammenhang. Die Aufhebung dieser Verordnung nur für einen der genannten Tage (24. November, 8. Dezember) würde die Verordnung in ihrem Sinn völlig verändern. Diese Einheitlichkeit und Untrennbarkeit des Verordnungsinhaltes hat nach meiner Auffassung zur Folge, daß die für die Vollziehung des Arbeitsruhegesetzes und des Ladenschlußgesetzes zuständigen Bundesminister bei Ausübung ihres Weisungsrechtes auch nur einvernehmlich vorgehen können. Das hat zur Folge, daß nur eine von einem Bundeszentralorgan kommende Weisung wegen ihrer Auswirkungen auf den Kompetenzbereich des anderen als von einem unzuständigen Organ ausgehend (Art20 B-VG) anzusehen ist.
2. Aber auch das Arbeitsruhegesetz für sich allein erfordert das Zusammenwirken der beiden Bundesminister. Es hieße den Buchstaben des Gesetzes vor seinen Sinn stellen, wollte man in den Angelegenheiten der Verordnungsermächtigung des Landeshauptmannes gemäß §13 des Gesetzes eine ausschließliche Zuständigkeit des Bundesministers für soziale Verwaltung annehmen. In allen Belangen (§12: Ausnahmen durch Verordnung für bestimmte Tätigkeiten, §14: Ausnahmen durch Verordnung im öffentlichen Interesse, §15: Ausnahmen in Einzelfällen) hat der Bundesminister für soziale Verwaltung im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Handel, Gewerbe und Industrie vorzugehen. Wenn der Bundesminister für soziale Verwaltung sogar in der seiner eigenen Besorgung durch das Gesetz überantworteten Ausnahmetätigkeit (und zwar sowohl im Einzelfall wie durch Verordnung) an das Einvernehmen mit dem Bundesminister für Handel, Gewerbe und Industrie gebunden ist, dann muß dies umso mehr für seine hoheitliche Einflußnahme auf die Verordnungsbefugnis des Landeshauptmannes gelten. Das wird dadurch unterstrichen, daß der Regelfall für die Gebrauchnahme von der dem Landeshauptmann gesicherten Verordnungsbefugnis, wie schon die Gesetzesmaterialien besagen, Fremdenverkehrsinteressen sind. Somit muß eine nur vom Bundesminister für soziale Verwaltung kommende Weisung auch aufgrund des Arbeitsruhegesetzes als von einem unzuständigen Organ erlassen qualifiziert werden.
3. Schließlich und endlich ist die gegenständliche Verordnung bereits am 24. November wirksam geworden, und es könnte gegenüber der gewerblichen Wirtschaft nicht vertreten werden, diese nun auch um ihren Ausgleich zu bringen und die offenen Verkaufssamstage auf drei zu reduzieren. Noch am 13. November, also schon in Kenntnis der ergangenen Verordnung, haben Sie, sehr geehrter Herr Bundesminister, im Schreiben an mich nicht auf eine beabsichtigte Weisung hingewiesen. Das wäre ein Zeitpunkt gewesen, zu dem sowohl für den 24. November wie selbstverständlich auch für den 8. Dezember noch rechtzeitig Verordnungsmaßnahmen hätten getroffen werden können. Auch in Ihrem vorangehenden Schreiben vom 23. Oktober war lediglich von einer Behinderung des Vollzuges einer solchen Verordnung die Rede. In der Zwischenzeit ist die Verordnung wirksam geworden und einer solchen ausgewogenen und vertretbaren Aufhebung überhaupt nicht mehr zugänglich. Aus allen diesen Gründen muß ich mich außerstande sehen, Ihrer Weisung, sehr geehrter Herr Bundesminister, zu entsprechen. Ich bitte Sie dafür um Verständnis und verbleibe mit vorzüglicher Hochachtung ..."
Der Landeshauptmann hat auch im weiteren die Weisung nicht befolgt.
Für die Entscheidung bedeutsame Einzelheiten des Sachverhaltes sind iZm. den nachfolgenden Rechtsausführungen wiedergegeben.
3. Teile der V waren beim VfGH Gegenstand eines Prüfungsverfahrens gemäß Art139 B-VG (V33/84); dieses Verfahren wurde auf Antrag einer Arbeitnehmerin eingeleitet, die behauptete, durch die V unmittelbar in ihren Rechten verletzt zu sein. Das Verfahren wurde wegen Zurückziehung des Antrages eingestellt.
III. Der Landeshauptmann von Sbg. hat seine V vom 6. November 1984, mit der für den 8. Dezember 1984 die Gewerbeausübung und Ausnahmen von der Arbeitsruhe zugelassen werden, was die Gewerbeausübung anlangt, auf §3 Abs1 des Sonn- und Feiertags-Betriebszeitengesetzes, BGBl. 129/1984, gestützt, in bezug auf die Ausnahmen von der Arbeitsruhe unter ausdrücklicher Berufung auf §13 Abs1 und 2 des Arbeitsruhegesetzes, BGBl. 144/1983, erlassen. Die Weisung, deren Mißachtung die Anklage ihm vorwirft, enthält das Verlangen, diese V abzuändern bzw. aufzuheben, soweit sie unter Berufung auf §13 Arbeitsruhegesetz die Beschäftigung von Arbeitnehmern zuläßt.
§13 Arbeitsruhegesetz lautet:
"Ausnahmen durch Verordnung des Landeshauptmannes
§13 (1) Der Landeshauptmann kann neben den gemäß §12 Abs1 und 2 zulässigen Ausnahmen nach Anhörung der zuständigen gesetzlichen Interessenvertretungen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer durch Verordnung weitere Ausnahmen zulassen, wenn
1. nicht bereits eine Ausnahme im Sinne dieses Bundesgesetzes, insbesondere durch den Ausnahmenkatalog gemäß §12 Abs1, für den zu regelnden Bereich besteht und
2. ein außergewöhnlicher regionaler Bedarf für Versorgungsleistungen gegeben ist.
(2) Verordnungen im Sinne des Abs1 haben den örtlichen Geltungsbereich, die Tätigkeiten, die Zeiträume und das maximale Zeitausmaß, während dem die Beschäftigung von Arbeitnehmern zulässig ist, genau zu bezeichnen. Arbeiten, die im unmittelbaren Zusammenhang mit den nach Abs1 zulässigen Arbeiten stehen oder ohne die diese nicht durchführbar wären, sind zuzulassen, soweit sie nicht vor oder nach der Wochenend- oder Feiertagsruhe vorgenommen werden können.
(3) Verordnungen gemäß Abs1 sind dem Bundesminister für soziale Verwaltung jeweils zur Kenntnis zu bringen."
1. Die im Arbeitsruhegesetz geregelte Angelegenheit ist eine solche des Kompetenztatbestandes Arbeitsrecht (Art10 Abs1 Z11 B-VG), die Vollziehung des Gesetzes daher Bundessache; dem Landeshauptmann kommt die bei Erlassung der V über den 8. Dezember 1984 unter Berufung auf §13 Arbeitsruhegesetz in Anspruch genommene Zuständigkeit daher im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung zu (Art102 Abs3 B-VG). Er ist in dieser Sache an die Weisungen der Bundesregierung sowie der einzelnen Bundesminister gebunden (Art103 Abs1 B-VG).
Zur Vollziehung des Gesetzes beruft §34 Arbeitsruhegesetz einzelne Mitglieder der Bundesregierung, nämlich hinsichtlich der Arbeitnehmer in Betrieben des Bundes den Bundeskanzler (Z1), hinsichtlich der Arbeitnehmer in Betrieben unter bergbehördlicher Aufsicht den Bundesminister für Handel, Gewerbe und Industrie (Z2) und hinsichtlich der Arbeitnehmer in Betrieben, die dem Verkehrs-Arbeitsinspektorat unterstehen, den Bundesminister für Verkehr (Z3; jetzt: öffentliche Wirtschaft und Verkehr, BGBl. 439/1984), und zwar alle im Einvernehmen mit dem Bundesminister für soziale Verwaltung (im Falle der Bundesbetriebe dann, wenn finanzielle Angelegenheiten berührt sind, auch im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen); nur die Vollziehung einzelner namentlich genannter Bestimmungen in bezug auf Arbeitnehmer in Betrieben unter bergbehördlicher Aufsicht kommt dem Bundesminister für Handel, Gewerbe und Industrie allein zu (Z5) und die Vollziehung einer Bestimmung über die Gebührenfreiheit dem Bundesminister für Finanzen (Z4); allgemein ist hingegen nach der abschließenden Generalklausel betraut
"6. im übrigen der Bundesminister für soziale Verwaltung
a) im Einvernehmen mit dem Bundeskanzler hinsichtlich der Arbeitnehmer in Betrieben der Länder, Gemeinden und Gemeindeverbände, soweit finanzielle Angelegenheiten berührt sind, auch im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen;
b) im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Handel, Gewerbe und Industrie hinsichtlich der §§12, 14 bis 17;
7. der Bundesminister für soziale Verwaltung hinsichtlich aller anderen Arbeitnehmer."
Während der Bundesminister für soziale Verwaltung also für die Arbeitnehmer in Betrieben des Bundes, in Betrieben unter bergbehördlicher Aufsicht und in Betrieben, die dem Verkehrs-Arbeitsinspektorat unterstehen, keine federführende Kompetenz besitzt, muß er als ("im übrigen") federführend berufenes oberstes Vollzugsorgan hinsichtlich aller anderen Arbeitnehmer in zwei Fällen das Einvernehmen mit einem anderen Regierungsmitglied herstellen: für Arbeitnehmer in Betrieben der Länder, Gemeinden und Gemeindeverbände mit dem Bundeskanzler (und gegebenenfalls dem Bundesminister für Finanzen) und "hinsichtlich der §§12, 14 bis 17" mit dem Bundesminister für Handel, Gewerbe und Industrie.
§12 sieht Ausnahmen von der Wochenend- und Feiertagsruhe durch V für bestimmte Tätigkeiten, §14 Ausnahmen durch V im öffentlichen Interesse ("infolge besonders schwerwiegender Umstände") vor; §15 (Abs1) erlaubt die Zulassung von Ausnahmen in Einzelfällen durch den Bundesminister ("für bestimmte Arbeitnehmer eines Betriebes, ..., wenn dies im Einzelfall infolge der Neuerrichtung oder Änderung einer Betriebsanlage oder der Einführung eines neuen Verfahrens ... erforderlich ist") und die §§16 und 17 gestatten die Beschäftigung auf Märkten und Messen.
Aus §34 Z6 und 7 Arbeitsruhegesetz folgt in ihrem Zusammenhalt, daß der Bundesminister für soziale Verwaltung im allgemeinen mit der Vollziehung des §13 betraut und dabei nicht an das Einvernehmen mit dem Bundesminister für Handel, Gewerbe und Industrie gebunden ist. Der Wortlaut des Gesetzes ist insofern eindeutig.
2. Der Landeshauptmann hält den Wortlaut des Gesetzes indessen nicht für ausschlaggebend. Schon in seiner Äußerung an den Bundesminister für soziale Verwaltung vom 28. November 1984 meinte er:
"Es hieße den Buchstaben des Gesetzes vor seinen Sinn stellen, wollte man in den Angelegenheiten der Verordnungsermächtigung des Landeshauptmannes gemäß §13 des Gesetzes eine ausschließliche Zuständigkeit des Bundesministers für soziale Verwaltung annehmen. In allen Belangen (§12: Ausnahmen durch Verordnung für bestimmte Tätigkeiten, §14: Ausnahmen durch Verordnung im öffentlichen Interesse, §15: Ausnahmen in Einzelfällen) hat der Bundesminister für soziale Verwaltung im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Handel, Gewerbe und Industrie vorzugehen. Wenn der Bundesminister für soziale Verwaltung sogar in der seiner eigenen Besorgung durch das Gesetz überantworteten Ausnahmetätigkeit (und zwar sowohl im Einzelfall wie durch Verordnung) an das Einvernehmen mit dem Bundesminister für Handel, Gewerbe und Industrie gebunden ist, dann muß dies umso mehr für seine hoheitliche Einflußnahme auf die Verordnungsbefugnis des Landeshauptmannes gelten. Das wird dadurch unterstrichen, daß der Regelfall für die Gebrauchnahme, von der dem Landeshauptmann gesicherten Verordnungsbefugnis, wie schon die Gesetzesmaterialien besagen, Fremdenverkehrsinteressen sind. Somit muß eine nur vom Bundesminister für soziale Verwaltung kommende Weisung auch aufgrund des Arbeitsruhegesetzes als von einem unzuständigen Organ erlassen qualifiziert werden."
Das Amt der Landesregierung hat dem VfGH ein nach Anklageerhebung verfaßtes Rechtsgutachten von o. Univ.-Prof. Dr. R N vorgelegt. Dieses Gutachten sieht den Grund für die Mitkompetenz des Bundesministers für Handel, Gewerbe und Industrie in der "engen sachlichen Verknüpfung zwischen der gewerblichen und der arbeitsrechtlichen Seite" der Ordnung der Betriebszeiten und der Arbeitsruhezeiten. Dieser Zusammenhang sei historisch vorgezeichnet und lasse sich systematisch im Vergleich mit verwandten Regelungen belegen. Dazu komme noch der Zweck der Wahrung der wirtschaftlichen Interessen:
"Die in §34 Z6 litb ARG verankerte Mitkompetenz des BMHGI, namentlich beim Vollzug der §§12, 14 und 15 (Abs1), beruht nicht auf besonders ausgeprägten Erfordernissen der Wirtschaft - weder denen des Fremdenverkehrs (allenfalls ausgenommen §12 Abs1 Z2), noch weniger freilich solchen des Bergbaus; sondern sie hat ihre Basis in dem generell engen Konnex zur gewerberechtlichen Regelung des BZG. Bereits der genannte, grundsätzliche Zusammenhang läßt die gemeinsame Vollziehung als durchaus plausibel erscheinen. Dort aber, wo ein spezifisch wirtschaftlicher Bezug gegeben, wo mit dem Fremdenverkehr zudem eine Aufgabe berührt ist, die gemäß dem BundesministerienG 1973 (BGBl. 389, zuletzt idF BGBl. 24/1985; Abschn. G Z9 des Teiles 2 der Anlage zu §2) zum allgemeinen Wirkungsbereich des MBHGI ressortierte -, gerade dort, bei §13 ARG, sollte diese Form des Vollzuges ausgeschlossen sein. Das wäre schlechterdings unbegreiflich."
Es liege daher die Folgerung nahe, daß ein Redaktionsversehen unterlaufen sei. Dafür könne auch aus §34 Arbeitsruhegesetz selbst etwas ins Treffen geführt werden:
"Zu bedenken ist vorerst, daß die in der Umschreibung des §34 Z6 litb - '(im Einvernehmen ...)' hinsichtlich der §§12, 14 bis 17, - eingeschlossenen §§12, 14 und 15 (Abs1) ARG lediglich Verordnungs- bzw. Bescheidbefugnisse des Bundesministers als solchen vorsehen. Demgegenüber ist die Verordnungsermächtigung des §13 dem Landeshauptmann eingeräumt. Es ist daher denkbar, daß die Ausklammerung des §13 aus §34 Z6 litb ARG auf der Vorstellung beruht, daß diesbezüglich eine 'Vollziehung' durch den Minister ohnehin nicht in Betracht komme. - Ein Irrtum freilich, wie betont werden muß. Wenn in der Erledigung des BMsV vom 26. November 1984 (S. 2 f.), unter Berufung auf eine Rechtsauskunft des Bundeskanzleramtes - Verfassungsdienst, geltend gemacht wird, daß die ausdrückliche Verordnungsdelegation an den LH am ministeriellen Weisungsrecht nichts ändere, so ist dem zuzustimmen. Wohl aber kann diese explizite Ermächtigung im Verein mit einer verengten Deutung des Begriffes 'Vollziehung' die Nichtanführung des §13 in §34 Z6 litb ARG zwanglos erklären. Insgesamt enthält §34 eine sehr detaillierte Vorschrift. Doch birgt Kasuistik stets die Gefahr in sich, daß trotz - oder eben wegen - des Bemühens um Übergenauigkeit Fehler geschehen.
Es wäre das nicht das einzige Beispiel. Denn festzuhalten ist ferner, daß die Vollzugsklausel des ARG auch ansonsten nicht von bestechender Klarheit ist. Der Zusammenhang etwa zwischen Z2 und Z5 des §34 läßt sich nur mühsam durchschauen. Das eigentlich Gemeinte wäre - in einer Ziffer - einfacher und verständlicher so zu formulieren gewesen:
'(Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes sind betraut: ...) der Bundesminister für Handel, Gewerbe und Industrie für Arbeitnehmer in Betrieben, die der bergbehördlichen Aufsicht unterliegen, hinsichtlich der §§5 Abs3 und 4, 15 Abs2, 26 Abs2 und 3 und 27; im übrigen jedoch im Einvernehmen mit dem Bundesminister für soziale Verwaltung.'
Dasselbe gilt für Z6, die primär fragliche Anordnung also, im Verhältnis zu Z7. Der Sinn ist offenbar folgender: '(Mit der Vollziehung ... sind betraut: ...) 6. der Bundesminister für soziale
Verwaltung im Einvernehmen mit dem Bundeskanzler ... (Text aus lita) ...; 7. der Bundesminister für soziale Verwaltung für alle anderen Arbeitnehmer, hinsichtlich der §§12, 14 bis 17 (richtig: §§12 bis 17) jedoch im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Handel, Gewerbe und Industrie.'
Das Versehen betreffend §13 fügt sich durchaus in das Bild einer im ganzen unzureichend durchdachten Bestimmung."
3. Zu einer den Wortlaut des Gesetzes berichtigenden Auslegung besteht aber kein Anlaß:
Die Kompetenz zur Erlassung einer V iS des §13 Arbeitsruhegesetz ist in dieser Gesetzesbestimmung selbst festgelegt. Aufgabe des §34 ist in diesem Zusammenhang also nur die Bestimmung des für den Vollzug des §13 verantwortlichen obersten Organs des Bundes. Die Möglichkeiten des zuständigen Ministers sind angesichts der Kompetenz des Landeshauptmannes im wesentlichen darauf beschränkt, den Landeshauptmann durch Weisung zur Herausgabe einer solchen V zu veranlassen oder die von ihm beabsichtigte Erlassung einer solchen V zu hindern.
Unter diesen Umständen käme einer Einvernehmenskompetenz eine ganz andere Bedeutung zu als in den von §34 Z6 litb Arbeitsruhegesetz dafür vorgesehenen Fällen. Wo nämlich der Minister selbst zur Erlassung einer V berufen ist (wie etwa nach den §§12 und 14), hindert ihn auch die Notwendigkeit des Einvernehmens mit einem anderen Minister nicht, einen solchen Akt zu unterlassen. Er kann das Wirksamwerden einer V also allein verhindern. Nur die Erlassung einer V wird erschwert, weil er für diesen Akt das Einvernehmen des beteiligten Ministers benötigt. Wo hingegen die Zuständigkeit zur Erlassung einer V einem untergeordneten Organ - wie im Fall des §13 Arbeitsruhegesetz dem Landeshauptmann - zukommt, gibt es praktisch nur zwei Möglichkeiten: Ist der federführende Minister allein mit dem Vollzug betraut, kann er durch Weisung die Erlassung der V nicht nur verhindern, sondern auch erzwingen; braucht er das Einvernehmen mi