TE Vfgh Erkenntnis 1985/6/29 B192/83

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Veröffentlicht am 29.06.1985
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Index

32 Steuerrecht
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag

Norm

EStG §16 Abs1 Z3 idF BGBl 620/1981
EStG §57 Abs4 idF BGBl 620/1981
B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt

Beachte

in den Entscheidungsgründen ähnlich B713/83 vom selben Tag

Leitsatz

EStG 1972 idF AbgabenänderungsG 1981 §16 Abs1 Z3; keine Gleichheitsbedenken gegen §16 Abs1 Z3, der bewirkt, daß zB Gewerkschaftsbeiträge nicht als Werbungskosten zu berücksichtigen sind, wenn der Pensionistenabsetzbetrag zusteht; keine Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung

Spruch

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, NÖ und Bgld. vom 14. Feber 1983, Z GA 5-1574/83, mit dem über die Berufung des R B gegen den Bescheid des Finanzamtes für den 2., 20., 21. und 22. Bezirk in Wien vom 10. Dezember 1982 entschieden wurde, ist die Eintragung eines steuerfreien Betrages wegen erhöhter Werbekosten (Gewerkschaftsbeitrag) gemäß §16 Abs1 Z3 des Einkommensteuergesetzes 1972 in die Lohnsteuerkarte 1983 abgelehnt worden.

In der Begründung wurde ausgeführt, der Berufungswerber sei Pensionist und habe für das Kalenderjahr 1983 bei seinem Wohnsitzfinanzamt einen Antrag auf Anerkennung der Beitrage an den Österreichischen Gewerkschaftsbund - Gewerkschaft öffentlich Bediensteter als erhöhte Werbungskosten iS des §16 Abs1 Z3 EStG 1972 zwecks Eintragung eines steuerfreien Betrages in die Lohnsteuerkarte eingebracht. Gegen den abweislichen Bescheid des Finanzamtes habe der Bf. berufen. Gemäß §16 Abs1 Z3 Einkommensteuergesetz (EStG) 1972 stellten ua. Beiträge für die freiwillige Mitgliedschaft bei Berufsverbänden und Interessensvertretungen nur insoweit Werbungskosten dar, als sie in angemessener, statutenmäßig festgesetzter Höhe geleistet werden. Solche Beiträge seien bei Einkünften, die den Anspruch auf den Pensionistenabsetzbetrag vermitteln, gemäß §16 Abs1 Z3 letzter Satz EStG 1972 in der für das Streitjahr geltenden Fassung nicht zu berücksichtigen.

Im gegenständlichen Fall stehe unbestritten fest, daß der Berufungswerber Pensionseinkünfte bezieht, die den Anspruch auf den Pensionistenabsetzbetrag begründen. Damit sei aber aufgrund der eindeutigen Bestimmung des §16 Abs1 Z3 letzter Satz EStG 1972 eine Berücksichtigung der Beiträge für die freiwillige Mitgliedschaft bei Berufsverbänden und Interessenvertretungen nicht zulässig.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Gleichheitsgebotes durch Anwendung eines sachlich nicht gerechtfertigten Gesetzes behauptet, die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.

3. Die Finanzlandesdirektion für Wien, NÖ und Bgld. erstattete eine Gegenschrift, in der sie behauptete, daß eine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch den angefochtenen Bescheid nicht vorliege, und beantragte, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II. Der VfGH hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Der Bf. behauptet, durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden zu sein. Nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH kann eine Verletzung dieses Rechtes nur vorliegen, wenn der Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht oder wenn die bel. Beh. Willkür geübt hat.

Das Verwaltungsgeschehen bietet - wie vorwegnehmend festgehalten sei - keinen Anhaltspunkt dafür, daß der in materiell-rechtlicher Hinsicht auf §16 Abs1 Z3 EStG 1972 idF des Abgabenänderungsgesetzes 1981 gestützte, also keinesfalls gesetzlose Bescheid in willkürlicher Gesetzeshandhabung erlassen worden wäre; auch der Bf. hat in dieser Richtung keinen Vorwurf erhoben. Sein Vorbringen zielt vielmehr insgesamt auf den Nachweis ab, daß der Bescheid auf verfassungswidrigen Rechtsvorschriften beruht. Wie die folgenden Ausführungen zeigen, ist dieses Vorbringen aber nicht stichhältig. Der VfGH findet weder aufgrund der Beschwerdeausführungen noch aus anderen Erwägungen Anlaß, von Amts wegen ein Gesetzesprüfungsverfahren einzuleiten.

2. Unter dem Gesichtspunkt des auch den Gesetzgeber bindenden Gleichheitsgebotes macht der Bf. geltend, daß §16 Abs1 Z3 EStG 1972 idF des Abgabenänderungsgesetzes 1981 zu einer sachlich nicht zu rechtfertigenden Schlechterstellung der Pensionisten gegenüber den aktiv Erwerbstätigen führe.

3. Er geht hiebei zutreffend davon aus, daß gemäß §16 Abs1 erster Satz EStG 1972 Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen sind. Sie sind nach dem zweiten Satz dieser Gesetzesstelle bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind. Anschließend daran enthält der Gesetzesabsatz eine Aufzählung einzelner als Werbungskosten geltender Aufwendungen. Die in diesem Zusammenhang stehende Z3 dieses Gesetzesabsatzes lautet vor dem Inkrafttreten des Abgabenänderungsgesetzes 1981, BGBl. 620:

"Pflichtbeiträge zu gesetzlichen Interessenvertretungen auf öffentlich-rechtlicher Grundlage sowie Betriebsratsumlagen." ... "Beiträge für die freiwillige Mitgliedschaft bei Berufsverbänden und Interessenvertretungen können nur insoweit als Werbungskosten abgezogen werden, als sie in angemessener, statutenmäßig festgesetzter Höhe geleistet werden. Voraussetzung für die Abzugsfähigkeit ist außerdem, daß sich die Berufsverbände (Interessenvertretungen) nach ihrer Satzung und tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich oder überwiegend mit der Wahrnehmung der beruflichen Interessen ihrer Mitgliedschaft befassen."

Durch ArtI Z12 des Abgabenänderungsgesetzes 1981 wurde dem angeführten Gesetzestext folgender Satz angefügt:

"Solche Beiträge sind bei Einkünften, die den Anspruch auf Pensionistenabsetzbetrag vermitteln, nicht zu berücksichtigen."

§57 Abs4 EStG 1972 idF des Abgabenänderungsgesetzes 1981 hat folgenden Wortlaut:

"Arbeitnehmern, die Bezüge oder Vorteile im Sinne des §25 Abs1 Z1 oder 2 für frühere Dienstverhältnisse, Pensionen und gleichartige Bezüge im Sinne des §25 Abs1 Z3 oder Ruhe(Versorgungs)bezüge im Sinne des §25 Abs1 Z4 beziehen, steht ein Pensionistenabsetzbetrag in Höhe von 2000 S jährlich zu. Für Lohnzahlungszeiträume, die nach dem 31. Dezember 1982 enden, beträgt der Pensionistenabsetzbetrag 2400 S jährlich. Für Einkünfte, die den Anspruch auf den Penionistenabsetzbetrag begründen, steht der Werbungskostenpauschbetrag nach §62 Abs1 nicht zu."

4. Entgegen der Auffassung des Bf. kommt den Werbungskosten im allgemeinen, insbesondere aber den Beiträgen für die freiwillige Mitgliedschaft bei Berufsverbänden und Interessenvertretungen bei aktiv Erwerbstätigen unter dem Gesichtspunkt der Erhaltung der Einnahmen ein ungleich höheres Gewicht zu als bei Pensionisten. Der VfGH kann daher nicht finden, daß es eine unsachliche Differenzierung darstellt, wenn der Gesetzgeber die Pflichtbeiträge zu Berufsverbänden und Interessenvertretungen der aktiv Erwerbstätigen zur Gänze als Werbungskosten auf der Einkommensteuer absetzbar gestaltet, während er die Beiträge der Pensionisten zu den gleichen freiwilligen Verbänden nur durch einen pauschalierten Steuerabsetzbetrag berücksichtigt. Eine sachliche Rechtfertigung für diese vom Gesetzgeber getroffene Regelung findet sich auch in der wesentlichen Verwaltungsvereinfachung, die durch sie bewirkt wird.

Eine Gleichheitswidrigkeit des Gesetzes liegt daher nicht vor.

5. Der Bf. wirft der bel. Beh. weder eine gegen das Gleichheitsgebot verstoßende Anwendung des Gesetzes noch Willkür bei der Vollziehung des Gesetzes vor. Solches ist im verfassungsgerichtlichen Verfahren auch nicht hervorgekommen. Zusammenfassend ergibt sich, daß der Bf. im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung aller Staatsbürger vor dem Gesetz nicht verletzt worden ist.

6. Das Verfahren hat auch keine Anhaltspunkte für die Annahme ergeben, daß der Bf. in einem anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden wäre.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

Schlagworte

Einkommensteuer, Pensionistenabsetzbetrag, Werbungskosten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1985:B192.1983

Dokumentnummer

JFT_10149371_83B00192_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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