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44 ZivildienstNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
ZivildienstG; Regelungen des Vorschlagsrechtes in §47 Abs3 Z3 und Z4 widersprechen nicht Art67 Abs1 B-VG; Zweifel an der Eignung eines Diplomkaufmannes als Mitglied der ZDK iS des §47 Abs3 Z4 nicht gerechtfertigt; keine Bedenken gegen die in §47 Abs3 Z4 getroffene Regelung über das Einholen von Vorschlägen für die Bestellung der Mitglieder unter dem Gesichtspunkt des Art7 Abs1 bzw. Art83 Abs2 B-VG; Abweisung eines Antrages auf Befreiung von der Wehrpflicht zwecks Zivildienstleistung; keine Verletzung im Gleichheitsrecht; kein Entzug des gesetzlichen Richters; keine Verletzung im durch §2 Abs1 verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Befreiung von der Wehrpflicht zwecks ZivildienstleistungSpruch
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Dipl.-Ing. E S stellte am 2. April 1983 an die Zivildienstkommission beim Bundesministerium für Inneres den Antrag, ihn von der Wehrpflicht zu befreien. Die genannte Behörde, Senat 4, hat den Antrag mit Bescheid vom 1. September 1983 gemäß §2 Abs1 iVm.
§6 Abs1 des Zivildienstgesetzes (ZDG), BGBl. 187/1974, idgF abgewiesen.
2. Der dagegen von Dipl.-Ing. E S erhobenen Berufung hat die Zivildienstoberkommission beim Bundesministerium für Inneres (ZDOK), Senat 3, mit Bescheid vom 16. Mai 1984, Z 129.470/2/ZDOK/3/84, nicht Folge gegeben. In der Begründung wurde ausgeführt:
"Da die Berufungsbehörde das Ermittlungsverfahren wiederholt hat und dabei zu eigenen Feststellungen gelangt ist, erübrigt es sich, auf die Begründung des abweisenden Bescheides näher einzugehen.
Der Berufungswerber hat im wesentlichen folgendes vorgebracht:
1. Im Antrag auf Befreiung von der Wehrpflicht:
Seine Gewissenslage, die auf einem festen Glauben an Gott und dem Recht des Menschen auf Leben beruhe, erlaube es ihm nicht, jemanden zu töten. Der Dienst mit der Waffe sei mit seiner Einstellung nicht vereinbar. Wesentlichen Einfluß habe die Erziehung durch seine Eltern auf ihn gehabt (kein Kriegsspielzeug, keine Kriegs- bzw. Kriminalfilme usw.). Die Kriegsschauplätze zeigten von den Folgen der Anwendung von Waffengewalt. An Beispilen für einen Widerstand ohne Waffen nannte der Antragsteller die Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln und Medikamenten, die Pflege der Kranken und Verwundeten, die Instandhaltung und Reparatur von Verkehrswegen und Fernmeldeleitungen, Sicherstellung, Schutz und Aufrechterhaltung von wichtigen staatlichen Einichtungen sowie das Verwirren und Aufhalten des angreifenden Feindes durch geeignete Maßnahmen. Schon in Friedenszeiten sollten Maßnahmen der gewaltlosen Verteidigung geplant und ein Teil der Bevölkerung dazu ausgebildet werden. Er selbst sei bereit, durch Hilfeleistungen und soziale Arbeiten jeglicher Art zur Verteidigung seines Vaterlandes beizutragen.
2. In der mündlichen Verhandlung vor der Zivildienstkommission:
Er sei Zivilingenieur und würde sofort bei den in seinem Antrag genannten Einrichtungen (Kinderdorf St. Isidor, Berufliches Bildungs- und Rehabilitationszentrum Linz) Zivildienst leisten. Er habe aber keine einschlägige Vorbildung auf diesen Gebieten. Zum Zeitpunkt der Musterung sei er noch nicht genügend über den Zivildienst informiert gewesen. Durch das Studium habe er noch Aufschub vom Bundesheer gehabt. In seiner Freizeit tätige er Einkäufe für die Großeltern seiner Freundin, spiele er Fußball und fahre im Winter Schi. Das Bundesheer könnte man abschaffen und Österreich durch soziale Maßnahmen verteidigen. Auch Blockaden könnte man errichten und demonstrieren.
3. In seiner Berufung nimmt Dipl.-Ing. S erneut ausführlich zu den Ablehnungsgründen im erstinstanzlichen Bescheid Stellung. In der Folge versucht er nochmals seine Einstellung darzulegen, wobei er seine Erziehung und sein religiöses Gedankengut besonders betont. Er sei auch jetzt noch stark mit der Kirche verbunden, besuche regelmäßig die heilige Messe und habe Kontakt zu den Mitgliedern der Pfarrgemeinde. Auch durch Erzählungen seines Vaters über den Zweiten Weltkrieg sei er beeinflußt worden. Weiters habe ihn der Besuch des ehemaligen Konzentrationslagers Mauthausen sehr beeindruckt. Zugegebenermaßen habe er sich bis zur gegenständlichen Antragstellung - die für ihn wegen des Studiums nicht sofort nach der Musterung aktuell gewesen sei - über die mit dem Zivildienst verbundenen Möglichkeiten nicht ausreichend informiert. Seine gewaltlose Einstellung habe er aber schon seit der frühesten Kindheit. Diese sei durch Beschäftigen mit einschlägiger Literatur, mit der Friedenspolitik, durch aktive Teilnahme an verschiedenen Diskussionen usw. noch verstärkt worden. Für ihn sei schon sehr früh klar gewesen, daß er einmal einen Antrag auf Ableistung des Zivildienstes stellen werde. Sozial betätige er sich im persönlichen Bereich und nicht bei einer Organisation. Dies sei genauso zu werten. Die Großeltern seiner Freundin bräuchten wegen ihres Gesundheitszustandes eine sehr intensive Betreuung. Schließlich widmet der Berufungswerber breiten Raum seinen Vorstellungen bezüglich der Möglichkeiten einer waffenlosen Verteidigung und des Widerstandes gegenüber einem Aggressor. Er zitiert in diesem Zusammenhang Gandhi und Martin Luther King. Das Grundprinzip der sozialen Verteidigung liege seiner Meinung nach darin, den betroffenen Menschen den geringstmöglichen Schaden zuzufügen, d.h. gewaltfreie und humane Methoden anzuwenden und die Werte des zivilen Lebens auch im Kriegsfall zu verwirklichen. Nicht 'passiver' Widerstand, sondern 'aktiver' Widerstand sei das oberste Gebot der sozialen Verteidigung. Der Angreifer werde jedoch nicht durch Gewalt daran gehindert, ein Land zu besetzen, sondern ihm werde die Kontrolle über die Nutzung der wirtschaftlichen und sozialen Einrichtungen verwehrt. Wichtige Personen, Einrichtungen und Sachen würden vor dem Zugriff des Gegners geschützt. Die unmittelbaren Bedürfnisse der Bevölkerung im Bezug auf Nahrung, Wasser und Energie müßten gesichert werden. Man müsse die öffentliche Konfrontation mit dem Feind, z.B. durch Proteststreiks und -kundgebungen suchen. Man müsse versuchen, Kontakt mit dem Gegner eventuell durch Gespräche und Verhandlungen aufzunehmen und ihm somit die Schäden und das Leid, das er verursache, vor Augen führen. Man dürfe jedoch in keiner Weise mit ihm zusammenarbeiten. Man müsse seine Befehle ignorieren, solange er als Feind und Besatzungsmacht auftrete. Durch Verweigerung jeglichen Gehorsams und Aufrechterhaltung des normalen Lebens sollte dem Besatzer klar gemacht werden, daß er keine effektive Kontrolle über das besetzte Land inne hat. Der Gegner könnte durch Mobilisierung anderer, außenstehender Kräfte (z.B. anderer Länder) in politische und wirtschaftliche Schwierigkeiten gebracht werden. Durch seine Gewissenseinstellung schließe der ZD-Werber Gewalt als Mittel der Lösung von Konflikten zwischen Völkern aus. Leben bedeute für ihn Zusammenleben mit Menschen. Verweigere er die Ausbildung an Waffen nicht, würde er gegen sein Gewissen handeln und trüge schweren seelischen Schaden davon. Seine moralische Grundorientierung würde dadurch zerstört werden.
4. In der mündlichen Verhandlung vor der Zivildienstoberkommission:
Er habe Kulturtechnik studiert und zum Zwecke der Weiterbildung auf wirtschaftlichem Gebiet dann auch noch Betriebswirtschaft inskribiert. Aus diesem Grund habe er Aufschub vom Präsenzdienst gehabt und sich daher für ihn das Zivildienst-Problem zunächst nicht gestellt. Er weist nochmals auf die Erziehung und seine Kontakte zur Kirche hin. Er beteilige sich in diesem Rahmen an Diskussionen über den Frieden, religiöse Themen, den Schutz des menschlichen Lebens usw. Von der Plattform 'Geborene für Ungeborene' habe er gehört. Spezielle Aktionen seien ihm nicht bekannt. Ob das Zivildienstgesetz etwas über Notwehr aussage, wisse er nicht. Er denke aber, daß man sich oder andere Menschen, etwa gegen Terroristen, schützen dürfe. Der Begriff der Notwehr sei seiner Meinung nach auf den Staat nicht übertragbar. Er akzeptiere nur die soziale Verteidigung und nicht die umfassende Landesverteidigung, weil diese lediglich die militärische Landesverteidigung unterstütze. Er müsse zugeben, daß z.B. in der CSSR heute von Erfolgen einer sozialen Verteidigung nichts mehr zu merken sei. Der Zivildienst sollte aber trotzdem als Einrichtung im Rahmen der sozialen Verteidigung aufgebaut werden.
Die Berufung ist nicht berechtigt.
Der Berufungswerber hat sich bis zum Zeitpunkt der Antragstellung im April 1983 über den ganzen Themenkomplex Landesverteidigung - Wehrdienst - Zivildienst offensichtlich wenig Gedanken gemacht. Seine religiös-humanitäre Grundhaltung ist nicht anzuzweifeln. Seine Vorstellungen über die Möglichkeiten einer Landesverteidigung außerhalb der militärischen Verteidigung sind bereits recht fundiert. Der Berufungswerber hat jedoch kein besonderes Interesse für all die einschlägigen Fragen entwickelt und dementsprechend auch diesbezüglich kein besonderes Engagement entwickelt. Der Inhalt des Zivildienstgesetzes hat ihn offensichtlich auch nicht interessiert. Von einem Akademiker müßte jedoch erwartet werden, daß er sich in dieser Hinsicht besser informiert. Auch mit den Problemen des Schutzes des menschlichen Lebens zeigt er sich nicht sehr vertraut. Gerade in der Zeit unmittelbar vor der Anberaumung der mündlichen Verhandlung vor der Zivildienstoberkommission waren solche Themen (Abtreibung, Euthanasie) Gegenstand von Erörterungen in der Öffentlichkeit. Diese Fragen berühren den Zivildienstwerber offenbar nicht so sehr, daß er Fernsehsendungen verfolgt, an einschlägigen Aktionen teilnimmt oder sie zumindest kennt.
Alle die vorangeführten Umstände sprechen dafür, daß der Zivildienstwerber wohl dem menschlichen Leben eine hohe Wertschätzung entgegenbringt und sich in letzter Zeit, vor allem seit der Ablehnung seines Zivildienstantrages durch die 1. Instanz, auch Gedanken über die damit zusammenhängenden Fragen gemacht hat, daß aber in dieser relativ kurzen Zeit der näheren Beschäftigung mit diesem Thema bei ihm noch keine solche Entwicklung stattgefunden hat, die unter Bedachtnahme auf die gesetzlichen Bestimmungen seine Anerkennung als Zivildienstpflichtiger rechtfertigen würde.
Aufgrund des gesamten Vorbringens des Berufungswerbers im Zusammenhalt mit dem persönlichen Eindruck, den der erkennende Senat von ihm gewann, kann jedenfalls derzeit noch nicht angenommen werden, daß er über eine gefestigte Einstellung zur Frage der Anwendung von Waffengewalt gegen Menschen verfügt und damit die behauptete schwere Gewissensnot glaubwürdig erschiene."
3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde, in der Dipl.-Ing. E S die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.
4. Die belangte ZDOK legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und verzichtete auf die Erstattung einer Gegenschrift.
II. Der VfGH hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
1. Den Vorwurf, durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt zu sein, stützt der Bf. zT auf Behauptungen, die selbst zutreffendenfalls eine solche Rechtsverletzung nicht nachzuweisen vermöchten.
a) Der Bf. behauptet, die Regelungen des §47 Abs3 Z3 ZDG, wonach zwei Mitglieder auf Vorschlag von bestimmten Jugendorganisationen oder deren Verbänden, und des §47 Abs3 Z4 ZDG, wonach zwei weitere Mitglieder, die eine besondere Eignung aufweisen, und zwar das eine auf Vorschlag der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft, das andere auf Vorschlag des Österreichischen Arbeiterkammertages, der ZDK und ZDOK angehören, seien deshalb verfassungswidrig, weil ein solches Vorschlagsrecht dem Art67 Abs1 B-VG widerspräche. Unter "anderen Stellen" iS dieser Verfassungsvorschrift seien nur andere Staatsorgane, nicht aber private Personen zu verstehen.
Die Bundesverfassung bietet indes keinerlei Anhaltspunkt für eine Auslegung des Art67 Abs1 B-VG, wie sie der Bf. vorgenommen hat. Die Bundesregierung oder der zuständige Bundesminister können durch Gesetz an die Vorschläge anderer Staatsorgane, aber auch jeder anderen Stelle gebunden werden.
b) Der Bf. rügt weiters, sowohl die ZDK als auch die ZDOK sei gesetzwidrig zusammengesetzt gewesen, weil ihre Beschlüsse nur unter Mitwirkung von fünf anstatt der gesetzlich vorgesehenen sechs Mitglieder gefaßt worden seien.
Er führt allerdings selbst an, daß gemäß §48 Abs1 ZDG zu einem Beschluß der genannten Kollegialorgane die Anwesenheit des Vorsitzenden, des Berichterstatters und dreier weiterer stimmberechtigter Mitglieder erforderlich sei. Der Bf. behauptet selbst nicht, daß das Gesetz für das Zustandekommen eines gültigen Beschlusses ein weiteres Erfordernis aufgestellt habe. Dem §52 Abs2 ZDG kommt iZm. diesem Erfordernis entgegen der Auffassung des Bf. keine entscheidende Bedeutung zu.
c) Schließlich behauptet der Bf., in erster Instanz habe an der Beschlußfassung ein Mitglied der ZDK teilgenommen, das dieser gemäß §47 Abs3 Z4 ZDG angehört, aber nicht aufgrund seiner Ausbildung, beruflichen Tätigkeit und Lebenserfahrung für die Aufgabe besonders gut geeignet sei und wenn möglich ein abgeschlossenes Studium der Psychologie aufweise. Der Bf. behauptet, als Dipl.-Kfm. komme dem Mitglied die Eignung iS des §47 Abs3 Z4 ZDG nicht zu. Dieser Schluß ist nicht gerechtfertigt. Auch ein Dipl.-Kfm. kann aufgrund seiner Ausbildung, beruflichen Tätigkeit und Lebenserfahrung für die Aufgabe in der ZDK besonders gut geeignet sein. Das abgeschlossene Studium der Psychologie ist indes kein unbedingtes Erfordernis für die Bestellung gemäß §47 Abs3 Z4 ZDG. Das Vorbringen des Bf. ist daher nicht geeignet, beim VfGH auch nur Zweifel an der besonders guten Eignung dieses Mitgliedes für seine Aufgabe zu wecken.
2. Der Bf. rügt weiters, die Regelung des §47 Abs3 Z4 ZDG, wonach der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft und dem Österreichischen Arbeiterkammertag ein Vorschlagsrecht für die Entsendung von Kommissionsmitgliedern zukommt, verletze das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz gemäß Art7 B-VG bzw. Art2 StGG und das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter gemäß Art83 Abs2 B-VG. Diese beiden Körperschaften hätten aufgrund des ihnen gesetzlich übertragenen Aufgabenbereiches mit Fragen der Landesverteidigung nichts zu tun. Mit demselben Recht hätte einer der vielen anderen gesetzlich eingerichteten Interessenvertretungen ein solches Vorschlagsrecht eingeräumt werden können.
Das ZDG bietet keinen Anhaltspunkt dafür, daß die Mitglieder der Kommissionen, die diesen gemäß §47 Abs3 Z4 angehören, ihre Erfahrungen auf dem Gebiet der Landesverteidigung einzubringen hätten. Es erscheint durchaus sachlich gerechtfertigt, die Vorschläge für die Bestellung der Mitglieder gemäß §47 Abs3 Z4 ZDG von jenen gesetzlichen Interessenvertretungen einzuholen, denen die weitaus überwiegende Zahl aller Wirtschaftstreibenden bzw. unselbständig Erwerbstätigen angehört, weil es unmöglich wäre, die Mitwirkung von Vertretern aller Interessenvertretungen vorzusehen. Der VfGH teilt daher die vom Bf. in dieser Hinsicht gegen das Gesetz angeführten Bedenken nicht.
Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die den angefochtenen Bescheid tragenden Gesetzesbestimmungen unter dem Gesichtspunkt des auch den Gesetzgeber bindenden Gleichheitsgebotes und unter dem Aspekt des Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter sind - aus der Sicht des vorliegenden Beschwerdefalles - demnach nicht hervorgekommen. Bei dieser Betrachtung schied im übrigen die Vorschrift des §2 Abs1 ZDG, da es sich um eine Verfassungsbestimmung handelt, von vornherein aus.
Da es auch an jeglichem Anhaltspunkt dafür fehlt, daß die bel. Beh. dem Gesetz fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellte, könnte das - vom Bf. geltend gemachte - Gleichheitsrecht nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH (zB VfSlg. 7466/1974, 8238/1978, 9233/1982, 10324/1985) nur dann verletzt sein, wenn der angefochtene Bescheid ein Willkürakt wäre.
Es finden sich jedoch keine wie immer gearteten Hinweise dafür, daß die bel. Beh. bei ihrer Entscheidung von subjektiven, in der Person des Bf. gelegenen Momenten bestimmt oder von anderen unsachlichen Erwägungen geleitet worden wäre.
Zusammenfassend ergibt sich daher, daß der Bf. weder im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz noch im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden ist.
3. Die Verfassungsbestimmung des §2 Abs1 ZDG besagt, daß Wehrpflichtige iS des Wehrgesetzes 1978, BGBl. 150, auf ihren Antrag von der Wehrpflicht zu befreien sind, wenn sie es - von den Fällen der persönlichen Notwehr oder Nothilfe abgesehen - aus schwerwiegenden, glaubhaften Gewissensgründen ablehnen, Waffengewalt gegen andere Menschen anzuwenden und daher bei Leistung des Wehrdienstes in schwere Gewissensnot geraten würden; sie sind zivildienstpflichtig. Der VfGH vertritt in seiner mit VfSlg. 8033/1977 eingeleiteten ständigen Rechtsprechung die Auffassung, daß diese Vorschrift das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Befreiung von der Wehrpflicht zwecks Zivildienstleistung beinhaltet (s. auch VfGH 12. März 1982 B561/81, VfSlg. 9391/1982).
4. Eine Verletzung dieses Grundrechtes liegt nach der ständigen Judikatur des VfGH nicht bloß dann vor, wenn die Behörde die im §2 Abs1 ZDG umschriebenen materiell-rechtlichen Voraussetzungen der Wehrpflichtbefreiung unrichtig beurteilt; sie ist - da sich der Schutzumfang des Grundrechtes auf die für den Nachweis der Voraussetzungen maßgebende Vorgangsweise der Glaubhaftmachung (Bescheinigung) miterstreckt - auch dann gegeben, wenn der Behörde wesentliche Verstöße in diesem verfahrensrechtlichen Bereich unterlaufen oder wenn sie dem Antragsteller überhaupt die Möglichkeit nimmt, das Vorliegen der materiellen Voraussetzungen glaubhaft zu machen (vgl. zB VfSlg. 8787/1980), woran sich auch durch die ZDG-Nov. BGBl. 496/1980 nichts änderte (vgl. zB VfSlg. 9549/1982, 9573/1982; ferner VfGH 26. November 1982 B667/81).
Wie der VfGH in diesem Zusammenhang schon wiederholt aussprach (VfSlg. 8268/1978, 8391/1978), zählen zu den hier wahrzunehmenden Verstößen auf verfahrensrechtlichem Gebiet auch wesentliche Fehler bei der Beweiswürdigung einschließlich der Würdigung der Parteiaussage als Bescheinigungsmittel.
5. Der Bf. sucht darzutun, daß der belangten ZDOK ein derartiger gravierender Verfahrensverstoß unterlaufen sei, indem er mit einer nicht weiter begründeten Behauptung einer materiellen Unrichtigkeit des angefochtenen Bescheides sinngemäß meint, die Bescheidbegründung sei unzulänglich und ziehe insbesondere das Parteivorbringen nicht ausreichend und eingehend genug in Betracht.
6. Dieser Vorwurf mehrerer Verfahrensfehler qualifizierter Natur hält aber einer Nachprüfung nicht stand, mag auch die Berufungsverhandlung bloß verhältnismäßig kurze Zeit in Anspruch genommen haben sowie die Begründung des Bescheides der ZDOK eher knapp gehalten sein und auf die Verfahrensergebnisse, so auch auf die Einlassungen des Bf. selbst, nicht in allen Einzelheiten eingehen. Von - verfassungsrechtlich relevanten - Verfahrensmängeln schwerer Art kann hier, nimmt man den Berufungsbescheid in seiner Gesamtheit, keinesfalls gesprochen werden, zumal die tragenden Erwägungen und Ableitungen der Berufungsinstanz nach Wortlaut und Sinngehalt der Bescheidbegründung nicht zweifelhaft bleiben.
In Wahrheit laufen die Beschwerdeausführungen nach ihrer deutlich erkennbaren Zielsetzung bloß auf eine subjektive Kritik der behördlichen Beweiswürdigung hinaus, wenn die - für den Bf. negativen - Schlußfolgerungen der ZDOK in tatsächlicher Beziehung als unrichtig und verfehlt hingestellt werden: Abgesehen davon, daß ein nach §2 ZDG bedeutsamer grober Verstoß verfahrensrechtlicher Art im gegebenen Zusammenhang nur in einer der Lebenserfahrung oder den Gesetzen des logischen Denkens widersprechenden Beweiswürdigung der ZDOK liegen könnte (s. VfSlg. 9732/1983), was hier nicht zutrifft, ist dieses Bestreben des Bf. jedoch schon deshalb zum Scheitern verurteilt, weil es angesichts des das Kommissionsverfahren beherrschenden Prinzips der freien Beweiswürdigung (iS freier Würdigung der Bescheinigungsmittel verstanden) - das allein Gewähr für die Berücksichtigung der Einmaligkeit der Umstände jedes einzelnen Falles bietet - der in der Beschwerdeschrift ersichtlich verfochtenen Auffassung zuwider keineswegs angeht, die für die Kommissionsentscheidung in der Glaubhaftmachungsfrage maßgebenden komplexen Überlegungen, soweit sie in die schriftlichen Entscheidungsgründe Eingang zu finden vermochten, ungeachtet all ihrer Verzahnungen und Verästelungen schrittweise in ihre Bestandteile zu zerlegen und diese - so aus dem Kontext der Kommissionsüberlegungen gelösten - Begründungsdetails in isolierter Wertung für nicht tragfähig zu erklären. Zudem kann die Gesamtheit aller Umstände, die dem zur Entscheidung berufenen Kollegialorgan die Überzeugung vom Wert und von der Aussagekraft des Bescheinigungsmaterials vermitteln, überhaupt nicht restlos analysiert werden, zumal sich vor allem das Ergebnis des persönlichen Eindrucks, den Aussagende im Zuge ihrer Befragung hinterlassen, nicht immer in voller Breite in Worte kleiden läßt (VfSlg. 9785/1983; VfGH 24. November 1983 B300/83 und B304/83).
7. Zusammenfassend ist hier ein in die Verfassungssphäre reichender gravierender Verstoß auf verfahrensrechtlicher Ebene, insbesondere im Bereich der Beweiswürdigung, nicht zu ersehen:
Der VfGH kann der ZDOK nach Lage des Falles nicht entgegentreten, wenn sie in Prüfung und Würdigung der wesentlichen Verfahrensergebnisse, und zwar unter Bedachtnahme auf das bisherige Verhalten des Antragstellers (§6 Abs2 ZDG) sowie aufgrund seiner Argumentation im Administrativverfahren und des von ihm gewonnenen Eindrucks, in freier Beweiswürdigung zur Ansicht gelangte, daß Gewissensgründe nicht (iS des §6 Abs2 ZDG) glaubhaft gemacht wurden (vgl. hiezu die Judikatur des OGH, wonach (grundsätzlich) keine Verpflichtung besteht, die aufgrund unmittelbaren persönlichen Eindrucks gebildete Überzeugung vom Beweiswert der Angaben einer Person (näher) zu begründen; zB aus jüngerer Zeit: OGH 23. März 1982, 9 Os 38/82; 27. Juli 1982, 10 Os 86/82; s. dazu VfSlg. 9573/1982 ua.).
8. Abschließend folgt daraus, daß keine Verletzung des im §2 Abs1 ZDG verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Befreiung von der Wehrpflicht zwecks Zivildienstleistung vorliegt.
9. Angesichts des Umstandes, daß schließlich auch keine Verletzung eines bisher nicht behandelten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes oder eine Rechtsverletzung infolge Anwendung einer rechtswidrigen generellen Rechtsnorm hervorkam (s. schon Punkt 1), mußte die Beschwerde als unbegründet abgewiesen werden.
Schlagworte
Zivildienst, ZivildienstkommissionEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1985:B722.1984Dokumentnummer
JFT_10149074_84B00722_00