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L6 Land- und ForstwirtschaftNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerwaltungsaktLeitsatz
Vbg. GVG; Nutzung des Kaufgrundstückes als Acker, raumplanerische Widmung des Grundstückes als Bauland; rechtmäßige Inanspruchnahme der Zuständigkeit durch Vbg. Grundverkehrsbehörde iS des §1 Abs1 lita; kein Entzug des gesetzlichen Richters; Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung gemäß §§5 bis 7; keine denkunmögliche oder willkürliche Gesetzesanwendung; allfälliges Fehlverhalten der Behörde in anderen Fällen gibt einer Person kein Recht auf ein gleichartiges Fehlverhalten; keine Verletzung im Gleichheits- und im Eigentumsrecht; keine Verletzung im Recht auf Freiheit des LiegenschaftserwerbesSpruch
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Der Antrag, die Beschwerde dem VwGH abzutreten, wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Mit Kaufvertrag vom 30. September 1983 erwarb G S von I S deren Liegenschaft Gp. ..., KG Koblach/Vbg., im Ausmaß von 1631 Quadratmeter zum Kaufpreis von 733950 S.
Die Liegenschaft wird - wie sich aus den Verwaltungsakten ergibt - als Acker zum Anbau von Roggen genützt. Sie ist im Flächenwidmungsplan der Gemeinde Koblach als Bauland gewidmet.
2. Der (Vbg.) Grundverkehrssenat versagte mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 10. Mai 1984 die von der Käuferin beantragte grundverkehrsbehördliche Genehmigung dieses Eigentumserwerbes.
Die Behörde begründete dies im wesentlichen wie folgt:
"Wie anläßlich einer örtlichen Besichtigung festgestellt werden konnte, handelt es sich bei der Kaufliegenschaft um ein landwirtschaftlich als Acker genutztes Grundstück. Die Widmung als Baufläche im Flächenwidmungsplan vermag die Qualifikation eines Grundstückes als landwirtschaftliches Grundstück im Sinne des §1 Abs1 lita GVG. nicht auszuschließen, da lediglich die tatsächliche Beschaffenheit bzw. Verwendung, nicht jedoch die landwirtschaftliche Ertragsfähigkeit oder raumplanerische Widmung für die Qualifikation als landwirtschaftliches Grundstück und damit für die Anwendbarkeit der Bestimmungen des Grundverkehrsgesetzes von Bedeutung sind (vgl. VfGH Slg. 7546, 7580, 7706 u.d.). Die Bestimmungen des Grundverkehrsgesetzes finden daher auf den vorliegenden Rechtserwerb Anwendung.
Das Grundverkehrsgesetz geht davon aus, daß für den Erwerb eines unter die Bestimmungen dieses Gesetzes fallenden Grundstückes ein gewisser aus §6 litb in Verbindung mit §7 Grundverkehrsgesetz ableitbarer Eigenbedarf gegeben sein muß. Im vorliegenden Fall soll das Grundstück als Bauplatzreserve für zwei Kinder im Alter von 2 und 3 Jahren erworben werden. Es wird auch von der Berufungswerberin nicht in Abrede gestellt, daß es sich hiebei um einen ausschließlichen Vorsorgekauf handelt. Daß das Kaufgrundstück 'zu Bauzwecken für Eigenbedarf oder zur Selbstbewirtschaftung' im Sinne des §7 Grundverkehrsgesetz benötigt würde, kann somit aufgrund des gegebenen Sachverhaltes nicht gesagt werden. Das Grundstück ist im Flächenwidmungsplan als Bauwohngebiet gewidmet. Vorsorgekäufe, die wie im vorliegenden Fall über den Eigenbedarf hinausgehen und bei denen es völlig ungewiß ist, ob überhaupt bzw. in welchem Zeitraum das Grundstück seiner widmungsgemäßen Verwendung zugeführt wird, führen dazu, daß immer weitere derzeit noch der landwirtschaftlichen Nutzung zugängliche Grundstücke in Bauland umgewidmet und ihrer bisherigen Nutzung entzogen werden, während die eigentlich für Bauzwecke vorgesehenen und auch nach den raumplanungsrechtlichen Vorschriften hiefür gewidmeten und geeigneten Grundflächen unverbaut bleiben, aber aufgrund ihrer Lage im verbauten Gebiet auch für eine sinnvolle landwirtschaftliche Nutzung nicht mehr in Frage kommen können. Derartige Grundstücke sollten in erster Linie durch Personen erworben werden, bei denen aus den gegebenen Umständen anzunehmen ist, daß sie das Grundstück auch in nützlicher Frist dem der Widmung entsprechenden Verwendungszweck zuführen werden, oder bei denen ein Vorsorgekauf aufgrund besonderer Verhältnisse, insbesondere auch aus familiären Rücksichten mit den angeführten Zielsetzungen des Grundverkehrsgesetzes noch vereinbar und gerechtfertigt erscheint. Der vorliegende Grundstückserwerb vermag diese, die Erteilung der Genehmigung rechtfertigenden Voraussetzungen allerdings nicht zu erfüllen. Im Hinblick auf diese Überlegungen war somit der Rechtserwerb als den Zielsetzungen des Grundverkehrsgesetzes (§5 Abs1 in Verbindung mit §§6 und 7) widersprechend anzusehen."
3. Gegen diesen Berufungsbescheid wendet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde der Käuferin. Sie behauptet, in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, auf Unversehrtheit des Eigentums und auf Liegenschaftserwerbsfreiheit verletzt worden zu sein.
Sie begründet das zusammengefaßt wie folgt:
In anderen Fällen habe die Grundverkehrsbehörde sogenannte Vorsorgekäufe von Eltern für ihre mj. Kinder als Erwerbsgrund anerkannt. Es sei gleichheitswidrig, Vorsorgekäufe für Kinder im "baufähigen" Alter zu privilegieren. Das Grundstück sei im Flächenwidmungsplan als Baufläche gewidmet. Auch die Grundverkehrsbehörde sei an die Flächenwidmungspläne gebunden.
Die Bf. beantragt, den angefochtenen Bescheid kostenpflichtig als verfassungswidrig aufzuheben, hilfsweise die Beschwerde dem VwGH abzutreten.
4. Der Grundverkehrssenat hat eine Gegenschrift erstattet, in der er die Abweisung der Beschwerde begehrt.
II. Der VfGH hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
1. Unstrittig ist, daß die Liegenschaft ein "landwirtschaftliches Grundstück" iS des §1 Abs1 lita des Vbg. Grundverkehrsgesetzes (Vbg. GVG), LGBl. 18/1977, ist, wird sie doch als Acker (Roggenbau), somit auf eine für einen Landwirt signifikante Art genutzt (vgl. zB VfSlg. 9005/1981, S 12). Das Kaufgrundstück unterliegt also dem Vbg. GVG. Die Behörde hat sohin zu Recht ihre Zuständigkeit in Anspruch genommen, iS des §1 Abs1 lita Vbg. GVG über den Antrag auf Genehmigung des Eigentumserwerbes zu entscheiden.
Die Bf. ist nicht im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden.
2. a) aa) Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH (zB VfSlg. 9726/1983) nur vorliegen, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat.
Ein willkürliches Verhalten kann der Behörde ua. dann vorgeworfen werden, wenn sie den Bf. aus unsachlichen Gründen benachteiligt hat oder aber wenn der angefochtene Bescheid wegen gehäuften Verkennens der Rechtslage in einem besonderen Maße mit den Rechtsvorschriften in Widerspruch steht (zB VfSlg. 9726/1983).
bb) Der angefochtene Bescheid greift in das Eigentumsrecht ein (s. zB VfSlg. 9652/1983). Dieser Eingriff wäre nach der ständigen Judikatur des VfGH (zB VfSlg. 9708/1983, 9720/1983) dann verfassungswidrig, wenn der ihn verfügende Bescheid ohne jede Rechtsgrundlage ergangen wäre oder auf einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage beruhte, oder wenn die Behörde bei Erlassung des Bescheides eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Rechtsgrundlage in denkunmöglicher Weise angewendet hätte, ein Fall, der nur dann vorläge, wenn die Behörde einen so schweren Fehler begangen hätte, daß dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre.
b) Der angefochtene Bescheid wird auf die §§5 bis 7 Vbg. GVG gestützt.
Die in Betracht kommenden Bestimmungen lauten:
"§5. (1) Ein Rechtserwerb gemäß §1 Abs1 lita" (Verkehr mit land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken zwischen Inländern) "ist nur zu genehmigen, wenn er dem allgemeinen Interesse an der Erhaltung eines leistungsfähigen Bauernstandes und, soweit ein solches nicht in Frage kommt, der Erhaltung und Schaffung eines wirtschaftlich gesunden, mittleren und kleinen landwirtschaftlichen Grundbesitzes nicht widerspricht, ..."
"§6. Die Genehmigung ist daher insbesondere zu versagen, wenn
a) das Grundstück ohne wichtigen Grund der landwirtschaftlichen oder forstwirtschaftlichen Nutzung entzogen würde,
b) anzunehmen ist, daß das Grundstück nur zur Kapitalanlage oder zum Zwecke erworben wird, um es als Ganzes oder geteilt mit Gewinn weiterzuveräußern,
c) ..."
"§7. (1) Ein Rechtserwerb gemäß §1 Abs1 lita ist zu genehmigen, wenn er zum Zwecke des Wohnbaues, ... erfolgt und nicht das Interesse an der Erhaltung der bisherigen Nutzung des Grundstückes offenbar das Interesse an der neuen Verwendung überwiegt.
(2) ..."
c) Wie der VfGH in ständiger Judikatur (zB VfSlg. 7580/1975, 7898/1976, 8718/1979) dargetan hat, ist allein aus der Widmung einer Grundfläche unter raumplanerischen und baurechtlichen Gesichtspunkten nichts zur Beantwortung der Frage zu gewinnen, ob ein Grundstück als land- und forstwirtschaftliches Grundstück iS des Grundverkehrsgesetzes zu gelten hat. Es ist daher unerheblich, daß hier die Liegenschaft als Bauland gewidmet ist. Wesentlich ist nur, ob es ein "land- und forstwirtschaftliches Grundstück" iS des §1 Abs1 lita Vbg. GVG ist; und diese Frage ist zu bejahen (s. oben II. 1.). Es kommt also nur darauf an, ob die Genehmigung zum Eigentumserwerb nach den §§5 bis 7 GVG zu versagen war. Der Behörde kann nicht vorgeworfen werden, sie habe das Gesetz denkunmöglich oder (objektiv) willkürlich angewendet, wenn sie angenommen hat, der beabsichtigte Eigentumserwerb widerstreite dem allgemeinen Interesse an der Erhaltung eines leistungsfähigen Bauernstandes deshalb, weil das Grundstück ohne wichtigen Grund der landwirtschaftlichen Nutzung entzogen würde. Insbesondere ist die Annahme vertretbar, daß infolge des beabsichtigten Verkaufes die bisherige Nutzung des Grundstückes als Acker verlorenginge und daß das Interesse an der Erhaltung dieser Nutzung das Interesse an der Errichtung eines Wohngebäudes überwiege, da diese beabsichtigte Verwendung - auch wenn man den Ausführungen der Bf. folgt - im Hinblick auf das Alter der Kinder (wenn überhaupt) erst in etwa 20 Jahren in Betracht käme. Konkrete Hinweise darauf, daß die Behörde die Bf. aus in ihrer Person gelegenen oder sonstigen unsachlichen Gründen benachteiligte, hat das Verfahren nicht ergeben.
Zu der in der Beschwerde aufgestellten Behauptung, die Vbg. Grundverkehrsbehörde sei in ähnlich gelagerten Fällen anders (nämlich mit Genehmigung des Eigentumserwerbes) vorgegangen, ist auf die ständige Rechtsprechung des VfGH (zB VfSlg. 8238/1978, 10338/1985) hinzuweisen, wonach die Rechtmäßigkeit einer Maßnahme nicht dadurch in Frage gestellt werden kann, daß in anderen Fällen nicht gesetzmäßig vorgegangen worden ist; ein Fehlverhalten der Behörde gibt anderen Personen kein Recht auf ein gleichartiges Fehlverhalten.
d) Im Hinblick darauf, daß der VfGH gegen die bei Erlassung des bekämpften Bescheides angewendeten Rechtsvorschriften unter dem Gesichtspunkt des vorliegenden Beschwerdefalles keine verfassungsrechtlichen Bedenken hegt, ist nach dem Gesagten die Bf. weder im Gleichheitsrecht noch im Eigentumsrecht verletzt worden.
3. Die Bf. macht auch geltend, durch den angefochtenen Bescheid in dem durch Art6 StGG verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit des Liegenschaftserwerbes verletzt worden zu sein.
Nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH (zB VfSlg. 9682/1983) sind durch Art6 StGG allgemeine Einschränkungen des Liegenschaftserwerbes, wie sie in den Grundverkehrsgesetzen der Länder enthalten sind, nicht ausgeschlossen.
Die Bf. ist durch den bekämpften Bescheid auch nicht im zuletzt erwähnten Grundrecht verletzt worden.
4. Das Verfahren hat auch nicht ergeben, daß die Bf. in sonstigen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde. Angesichts der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen ist es auch ausgeschlossen, daß sie in ihren Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt wurde.
Die Beschwerde war infolgedessen abzuweisen.
5. Der Grundverkehrssenat ist eine gemäß Art133 Z4 B-VG eingerichtete Behörde (s. §15 Vbg. GVG). Angelegenheiten, über die die Entscheidung dem Grundverkehrssenat zusteht, sind also von der Zuständigkeit des VwGH ausgeschlossen, da die Anrufung des VwGH nicht ausdrücklich für zulässig erklärt worden ist.
Der Antrag, die Beschwerde dem VwGH abzutreten, war daher gemäß Art144 Abs3 B-VG abzuweisen.
Schlagworte
Grundverkehrsrecht, Grundstück land- oder forstwirtschaftliches, Behördenzuständigkeit, Liegenschaftserwerbsfreiheit, VfGH / AbtretungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1985:B545.1984Dokumentnummer
JFT_10149074_84B00545_00