TE Vfgh Beschluss 1985/9/27 WI-2/85

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Veröffentlicht am 27.09.1985
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Index

10 Verfassungsrecht
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 (B-VG)

Norm

VfGG §68 Abs1

Beachte

in den Entscheidungsgründen ebenso WI-3/85 vom selben Tag

Leitsatz

Art141 B-VG; VerfGG §68 Abs1; Zurückweisung einer nicht unmittelbar beim VfGH einzubringenden Wahlanfechtung als verspätet; Beginn der Anfechtungsfrist vor dem VfGH

Spruch

Die Wahlanfechtung wird zurückgewiesen.

Kosten werden nicht zugesprochen.

Begründung

Begründung:

1.1.1. Am 17. März 1985 fand die mit V der Ktn. Landesregierung vom 4. Dezember 1984, LGBl. 75/1984, ausgeschriebene Wahl des Gemeinderates der Stadtgemeinde Villach statt.

1.1.2. Dieser Wahl lagen von der Sozialistischen Partei Österreichs (SPÖ), der Österreichischen Volkspartei (ÖVP), der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ), der Kommunistischen Partei Österreichs (KPÖ), den Villacher Grünen (VG) und den Grünen Österreichs (GRÜNE) eingebrachte und von der Gemeindewahlbehörde gemäß den Bestimmungen der §§38 bis 46 der Gemeindewahlordnung 1972, LGBl. 1/1973, idF LGBl. 4/1981 (GWO) überprüfte und kundgemachte Wahlvorschläge zugrunde.

1.1.3. Von den 28511 bei dieser Gemeinderatswahl abgegebenen gültigen Stimmen entfielen auf:

SPÖ        15335         (26 Gemeinderatssitze)

ÖVP         6398         (10 Gemeinderatssitze)

FPÖ         3096         ( 5 Gemeinderatssitze)

KPÖ         1157         ( 1 Gemeinderatssitz)

VG          1638         ( 2 Gemeinderatssitze)

GRÜNE        887         ( 1 Gemeinderatssitz)

1.2. Mit Bescheid der Landeswahlbehörde vom 3. April 1985, Z LAD 41/80/1985, wurde der von A R als zustellungsbevollmächtigter Vertreter der KPÖ am 25. März 1985 - wegen näher bezeichneter Rechtswidrigkeiten des Wahlverfahrens - gemäß §78 GWO erhobene Einspruch gegen das Wahlergebnis als unbegründet abgewiesen; dieser (letztinstanzliche) Bescheid wurde A R am 5. April 1985 zugestellt.

1.3.1. Mit der vorliegenden, am 15. Mai 1985 zur Post gegebenen und der Sache nach auf Art141 B-VG gestützten Eingabe beantragt die KPÖ die Nichtigerklärung der Wahl des Gemeinderates der Stadtgemeinde Villach wegen Rechtswidrigkeit des Wahlverfahrens.

Begründend wird dazu ua. ausgeführt, daß die von den Wahlbehörden angewendete Bestimmung des §40 Abs1 Z3 GWO (über die Bezeichnungspflicht des zustellungsbevollmächtigten Vertreters im Wahlvorschlag) verfassungswidrig und das Wahlverfahren infolge der von der Partei "Die Grünen Österreichs" verwendeten, gegen die Norm des §40 Abs1 Z1 GWO verstoßenden Kurzbezeichnung "GRÜNE" rechtswidrig sei.

1.3.2. Die Landeswahlbehörde legte die Wahlakten vor und erstattete eine auf kostenpflichtige Abweisung der Wahlanfechtung antragende Gegenschrift.

2. Über die Wahlanfechtung wurde erwogen:

2.1.1. Gemäß Art141 Abs1 lita B-VG erkennt der VfGH ua. über Anfechtungen von Wahlen zu den allgemeinen Vertretungskörpern, so auch über die Anfechtung einer Gemeinderatswahl (zB VfSlg. 8973/1980). Nach Art141 Abs1 Satz 2 B-VG kann eine solche Anfechtung auf die behauptete Rechtswidrigkeit des Wahlverfahrens gegründet werden.

2.1.2. Nach §68 Abs1 VerfGG 1953 muß die Wahlanfechtung binnen vier Wochen nach Beendigung des Wahlverfahrens, wenn aber in dem betreffenden Wahlgesetz ein Instanzenzug vorgesehen ist, binnen vier Wochen nach Zustellung des in letzter Instanz ergangenen Bescheides eingebracht werden.

2.1.3. Ein derartiger, die unmittelbare Anfechtung der Wahl des Gemeinderates der Stadtgemeinde Villach beim VfGH ausschließender Instanzenzug ist jedoch gemäß der Bestimmung des §78 GWO vorgesehen, wonach binnen einer Woche nach Kundmachung des Wahlergebnisses vom zustellungsbevollmächtigten Vertreter einer Partei, die in der Gemeinde einen Wahlvorschlag rechtzeitig vorgelegt hat, Einspruch gegen das Wahlergebnis erhoben werden kann, und zwar sowohl wegen rechnungsmäßiger Unrichtigkeit der Ermittlung des Wahlergebnisses als auch wegen (jeder) Rechtswidrigkeit des Wahlverfahrens, das auf das Wahlergebnis von Einfluß sein könnte.

Über den bei der Gemeindewahlbehörde schriftlich zu erhebenden Einspruch entscheidet in erster und letzter Instanz die Landeswahlbehörde (§78 Abs2 GWO).

2.2.1. Wie sich aus den Ausführungen zu Punkt 1.2. ergibt, wurde der von A R am 25. März 1985 gemäß §78 GWO wegen Rechtswidrigkeit des Wahlverfahrens erhobene Einspruch mit Bescheid der Landeswahlbehörde vom 3. April 1985 als unbegründet abgewiesen.

2.2.2. Maßgeblicher Zeitpunkt für den Beginn des Laufes der vierwöchigen Frist zur Anfechtung der in Rede stehenden Gemeinderatswahl vor dem VfGH ist somit der 5. April 1985, das ist der Tag der Zustellung des Bescheides der Landeswahlbehörde an A R.

2.2.3. Angesichts dieser Sach- und Rechtslage erweist sich die am 15. Mai 1985 (und somit nach Ablauf der vierwöchigen Frist iS des §68 Abs1 VerfGG 1953) zur Post gegebene Wahlanfechtung als verspätet.

2.3. Die Wahlanfechtung war daher als unzulässig zurückzuweisen. Das Vorbringen der Anfechtungswerberin in der Sache selbst mußte demgemäß - unerörtert - auf sich beruhen.

2.4. Kosten konnten nicht zugesprochen werden, weil ein Kostenersatz im Verfahren nach Art141 B-VG nur §71a Abs5 VerfGG 1953 idF BGBl. 311/1976 (vgl. dazu auch §27 VerfGG 1953) vorgesehen ist, welche Bestimmung im vorliegenden Fall nicht in Betracht kommt (vgl. VfSlg. 8848/1980, 9085/1981).

Schlagworte

VfGH / Fristen, VfGH / Wahlanfechtung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1985:WI2.1985

Dokumentnummer

JFT_10149073_85WI0002_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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