TE Vfgh Beschluss 2006/9/25 A15/06

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Veröffentlicht am 25.09.2006
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Index

L3 Finanzrecht
L3400 Abgabenordnung

Norm

B-VG Art137 / Bescheid
Stmk BauG §15
Stmk LAO §1 lita
VfGG §87 Abs2

Leitsatz

Zurückweisung einer Klage auf Rückzahlung der geleisteten Bauabgabe nach Aufhebung der rechtskräftigen Baubewilligung infolge eines aufhebenden Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes; bescheidmäßiger Abspruch über die Frage der Rückzahlung eines zu viel bezahlten Betrages gemäß Stmk Landesabgabenordnung vorgesehen

Spruch

Die Klage wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

1. a) Mit der auf Art137 B-VG gestützten, gegen die Stadt Graz erhobenen Klage beantragt die Einschreiterin, die beklagte Partei für schuldig zu erkennen, ihr binnen 14 Tagen den Betrag von € 23.620,40 samt 4% Zinsen seit 20. Dezember 2003 sowie die Kosten des Rechtsstreites bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

b) Die Klägerin führt begründend aus, dass ihr der Stadtsenat der Landeshauptstadt Graz mit Bescheid vom 12. Juli 2002, GZ A17-4.171/2002-3, die Bewilligung zur plan- und beschreibungsgemäßen Errichtung einer Wohnanlage mit 24 Wohneinheiten auf dem Grundstück Nr. 610, KG Waltendorf (Graz) unter Festsetzung von Auflagen erteilt habe. Mehrere Nachbarn hätten diesen Bescheid mit Berufung bei der Berufungskommission der Landeshauptstadt Graz bekämpft, die dieser mit Bescheid vom 10. Juni 2003, GZ A17-4.171/2006-6, keine Folge gegeben habe. Gegen diesen Bescheid wiederum hätten die Nachbarn Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof erhoben, der mit Erkenntnis vom 14. Dezember 2005, B1026/03-15, erkannt habe, dass die Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid aufgrund der Anwendung gesetzwidriger Verordnungen (3.0 Flächenwidmungsplan 2002 der Landeshauptstadt Graz und 09.08 Bebauungsplan) in ihren Rechten verletzt worden seien. Die Berufungskommission der Stadt Graz habe mit Bescheid vom 29. März 2006 in Befolgung des §87 Abs2 VfGG den Bescheid vom 12. Juli 2002 behoben und das Ansuchen der Klägerin hinsichtlich der Baubewilligung abgewiesen.

Mit Bescheid vom 10. November 2003, GZ A8/2-K11-88/2003-1, sei der Klägerin für die damals rechtskräftige Baubewilligung die Bauabgabe gemäß §15 Stmk BauG in der Höhe von € 23.620,40 vorgeschrieben worden, welche am 19. Dezember 2003 von ihr bezahlt worden sei.

Voraussetzung für die Vorschreibung der Bauabgabe gemäß §15 Stmk BauG sei das Vorliegen einer rechtskräftigen Baubewilligung, was somit Tatbestandswirkung für die Berechtigung zur Vorschreibung der Bauabgabe habe. Da dieses Tatbestandsmerkmal jedoch rückwirkend weggefallen sei, sei die Stadt Graz durch die eingehobene Bauabgabe, die eine ausschließliche Gemeindeabgabe darstelle, bereichert.

Die Klägerin habe bereits am 4. April 2006 die beklagte Partei zur Rückzahlung der Bauabgabe aufgefordert. Am 28. April 2006 sei der beklagten Partei seitens der klagenden Partei eine Frist bis zum 8. Mai 2006 für die Rückzahlung gesetzt worden. Eine Zahlung sei binnen dieser gesetzten Frist nicht erfolgt, weshalb sich die klagende Partei zur Klagsführung gezwungen sehe.

Zur Klagslegitimation führt die Klägerin aus, dass sie einen Bereicherungsanspruch geltend mache, für den die ordentlichen Gerichte nicht zuständig seien, weil der Vermögenszuwachs der Stadt Graz auf einem öffentlich-rechtlichen Titel beruhe. Auch der OGH habe mehrfach ausgesprochen (unter Hinweis auf SZ 12/296), dass ein Bereicherungsanspruch nicht auf den ordentlichen Rechtsweg "gehöre", wenn er aus einem Rechtsverhältnis abgeleitet werde, in dem ein Teil als Träger hoheitlicher Gewalt aufgetreten sei. Ein Verwaltungsweg sei nicht vorgesehen, um eine Bauabgabe, der nachträglich die Grundlage ihrer Berechtigung entzogen werde, zurückzufordern.

Die Vorschreibung der Bauabgabe sei im Zeitpunkt ihrer Vorschreibung und auch in dem ihrer Entrichtung rechtmäßig gewesen, da damals eine rechtskräftige Baubewilligung vorgelegen sei. Durch den Wegfall der Baubewilligung werde jedoch der einbezahlten Bauabgabe die Grundlage ihrer Berechtigung entzogen. Ein automatischer Wegfall des Bescheides, der auf einem vom Verfassungs- oder Verwaltungsgerichtshof aufgehobenen Bescheid aufbaue, sei jedoch nicht vorgesehen. Trotzdem bestehe eine Verpflichtung der Verwaltungsbehörden, wenn der Verfassungsgerichtshof einer Beschwerde stattgegeben habe, mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln den der Rechtsanschauung des Verfassungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustand herzustellen. Dazu gehöre auch die Rückzahlung einer Bauabgabe, da durch Wegfall der rechtskräftigen Baubewilligung, welche eine Voraussetzung für die Bauabgabe darstelle, eine ungerechtfertigte Bereicherung der Stadt Graz eingetreten sei. Aufgrund dieser Bereicherung sei die beklagte Partei zur Rückzahlung verpflichtet.

2. Die Klage ist unzulässig:

a) Gemäß Art137 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über vermögensrechtliche Ansprüche gegen den Bund, die Länder, die Gemeinden und Gemeindeverbände, die weder auf dem ordentlichen Rechtsweg auszutragen noch durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen sind.

b) Die Klägerin stützt ihr Begehren auf die Rechtsfolgen, die gemäß §87 Abs2 VfGG aus dem aufhebenden Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes resultieren; sie macht damit einen Anspruch geltend, über den nicht die ordentlichen Gerichte zu entscheiden haben, weil dieser vom Ursprung her ausschließlich dem öffentlichen Recht zuzuordnen ist (vgl. VfSlg. 8836/1980).

Die Klagsberechtigung nach Art137 B-VG setzt jedoch weiters voraus, dass eine bescheidmäßige Erledigung des Anspruches durch die Verwaltungsbehörde nicht in Betracht kommt. Diese Voraussetzung des Art137 B-VG trifft im vorliegenden Fall nicht zu:

c) Die Bauabgabe gemäß §15 Stmk BauG ist eine ausschließliche Gemeindeabgabe, für die gemäß §1 lita Stmk LAO die Landesabgabenordnung gilt. Das hat zur Folge, dass über die Frage der Rückzahlung eines zu viel bezahlten Betrages bescheidmäßig abzusprechen ist.

d) Da somit über den in der Klage geltend gemachten Anspruch mit Bescheid einer Verwaltungsbehörde abzusprechen ist, erweist sich die Klage als unzulässig. Sie ist daher zurückzuweisen.

3. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lita VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

VfGH / Klagen, VfGH / Aufhebung Wirkung, Baurecht, Abgaben Gemeinde-, Finanzverfahren, Bindung (der Verwaltungsbehörden an VfGH)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2006:A15.2006

Dokumentnummer

JFT_09939075_06A00015_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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