TE Vfgh Beschluss 1985/9/30 B306/80

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Veröffentlicht am 30.09.1985
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Index

63 Allgemeines Dienst- und Besoldungsrecht
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Legitimation
Dienstpragmatik §114 Abs1
§114 Abs2
VfGG §19 Abs3 Z2 lite idF BGBl 1981/353

Leitsatz

Art144 Abs1 B-VG; Beschluß der Disziplinarbehörde, eine Disziplinaruntersuchung nicht einzuleiten - Rechtsstellung des Bf. als Beamter nicht berührt; keine Beschwerdelegitimation

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1. Der Bf. ist Landesbeamter des Landes Stmk. Am 7. Mai 1980 faßte die Disziplinarkommission beim Amt der Stmk. Landesregierung unter Berufung auf §113 Abs1 und §145 Abs5 der Dienstpragmatik iVm. §2 des Stmk. Landesbeamtengesetzes, LGBl. 124/1974, den Beschluß, eine Disziplinaruntersuchung gegen den Bf. aus Anlaß der Disziplinaranzeige der Dienstbehörde vom 18. März 1980 nicht einzuleiten und die mit Verfügung vom 5. März 1980 ausgesprochene vorläufige Suspendierung vom Dienst aufzuheben. Dieser unter dem Datum der Beschlußfassung schriftlich ausgefertigte und (auch) dem Bf. zugestellte Beschluß wurde nach einer zusammenfassenden Wiedergabe der Disziplinaranzeige und unter Bezugnahme auf eine gutachtliche Äußerung des Landessanitätsdirektors im wesentlichen damit begründet, daß die dem Bf. angelasteten Verstöße gegen die Dienstpflichten auf zustandsbedingten Einstellungen und Verhaltensweisen beruhten, die ihm infolge des gutachtlich festgestellten Krankheitsbildes für den entscheidungswesentlichen Zeitraum in disziplinarrechtlicher Hinsicht nicht zur Last gelegt werden könnten.

2. Gegen den die Nichteinleitung einer Disziplinaruntersuchung betreffenden Teil dieses Beschlusses der Disziplinarkommission richtet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, mit welcher die Aufhebung des angefochtenen Teiles der Erledigung begehrt wird.

II. Die Beschwerde ist nicht zulässig.

1. Der Bf. erkennt selbst, daß seine Berechtigung zur Beschwerdeführung von vornherein Zweifeln ausgesetzt ist, und bringt in diesem Zusammenhang folgendes vor:

"Im §112 Abs2 DP geht der Gesetzgeber davon aus, daß der Beamte die Einleitung einer Disziplinaruntersuchung gegen sich selbst beantragen kann. Da sicher kein Recht auf die Herbeiführung einer Strafe gegen sich selbst vorausgesetzt wird, kann dies nichts anderes bedeuten, als die Anerkennung des rechtlichen Interesses an der Klärung eines Sachverhaltes und seiner rechtlichen Wertung. Das rechtliche Interesse entsteht aus der Rechtsstellung des Beamten in seinem Dienstverhältnis. Es sind insbesondere die freien Beförderungen von einem weder rechtlich nachprüfbar noch klar umgrenzbaren Kreis von Erwägungen bestimmt, wozu - mit negativem Gewicht - unausgeräumte Verdachtsmomente, Verdächtigungen, Anschuldigungen gehören können. Ebenso aber auch Fragen des Gesundheitszustandes, vor allem der psychischen Gesundheit. Anerkannt wird das rechtliche Interesse an intakten Laufbahnaussichten ausdrücklich in §67 Abs4 lita DP (Versetzungsschutz gegen Verwendungsänderung mit Verschlechterung der Laufbahnaussichten).

Bei sinnvoller Betrachtung muß weiters außer Zweifel stehen, daß sich das rechtliche Interesse nicht in der disziplinären Selbstanzeige erschöpft, sondern diese nur das Mittel zum Zwecke der Herbeiführung einer Entscheidung auf der Grundlage klären der Untersuchungen, also eines geeigneten Ermittlungsverfahrens ist. Wird dem nicht entsprochen, so ist der Beamte in seinen rechtlichen Interessen verletzt. Daß ihm der Gesetzgeber gegen die Ablehnung der Einleitung der Disziplinaruntersuchung dennoch kein ordentliches Rechtsmittel einräumt, bedeutet eine Beschränkung der diesbezüglichen Rechtsverfolgungsmöglichkeit, kann aber nicht die Rechtsverletzung annullieren und nicht die verfassungsgesetzlich garantierte Anrufung der Höchstgerichte öffentlichen Rechtes verhindern. Die Beschwer als Beschwerdevoraussetzung ist durch das Weiterbestehen der Beeinträchtigung meiner Rechtsstellung als Beamter und der daraus fließenden rechtlichen Interessen gegeben."

2. Der VfGH kann der Rechtsauffassung des Bf. jedoch nicht beipflichten.

Wie der Gerichtshof wiederholt aussprach, ist die Beschwerdelegitimation nach Art144 Abs1 B-VG nur dann gegeben, wenn durch den bekämpften Bescheid irgendein subjektives Recht der bf. Partei verletzt worden sein kann, dh. wenn die bescheidmäßigen Anordnungen oder Feststellungen die subjektive Rechtssphäre des Bf. berühren, der Bescheid demgemäß subjektive Rechte begründet (verändert) oder feststellt (s. zB VfSlg. 3455/1958, 4305/1962, 4434/1963, 5544/1967, 5583/1967, 5712/1968, 6716/1972, 7226/1973, 9107/1981 und 9354/1982). Durch einen Bescheid, der Pflichten weder bestehen läßt noch (neu) auferlegt, kann ein Bf. in seinen Rechten nicht verletzt werden (s. VfSlg. 6683/1972 und 9771/1983).

Ein solcher Fall ist hier gegeben. Durch den Beschluß der Disziplinarbehörde, (aus Anlaß der von der Dienstbehörde erstatteten Disziplinaranzeige) eine Disziplinaruntersuchung nicht einzuleiten, wird die Rechtsstellung des Beamten nicht berührt; seine Rechte und Pflichten aus dem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis erfahren (anders als bei der Einleitung einer Disziplinaruntersuchung - s. dazu etwa VfSlg. 8686/1979 S 287 f.) keine wie immer geartete Änderung. Die Bezugnahme des Bf. auf §112 Abs2 DP, demzufolge ein Beamter die Einleitung einer Disziplinaruntersuchung gegen sich beantragen kann, geht schon deshalb fehl, weil hier ein solches Begehren durch den Beamten überhaupt nicht gestellt wurde. Im übrigen ist es insgesamt verfehlt, aus dieser ausdrücklich anerkannten Befugnis des Beamten die vom Bf. dargestellten Schlußfolgerungen zu ziehen. Diese verbieten sich einerseits schon vom Zweck der Vorschrift her, dem Beamten bloß die Nachweismöglichkeit zu bieten, daß ihm ein disziplinarrechtlich ahndbares (schuldhaftes) Verhalten nicht zur Last fällt. Andererseits ist die Absicht des Gesetzgebers, keine weiterreichenden Befugnisse (etwa ein vom Bf. angenommenes Recht auf eine bestimmte Begründung einer negativen Entscheidung über die Disziplinaruntersuchung) einzuräumen, aus der prozeßrechtlichen Normierung deutlich zu erkennen. §114 Abs1 DP sieht bloß vor, daß dem beschuldigten Beamten der Beschluß auf Einleitung der Disziplinaruntersuchung (im Dienstweg) zuzustellen ist, enthält aber keine analoge Anordnung für die konträre Entscheidung der Disziplinarbehörde Dementsprechend räumt Abs2 dieses Pragraphen eine (Administrativ-)Beschwerde gegen den Beschluß der Disziplinarkommission, mit dem die Einleitung der Disziplinaruntersuchung abgelehnt wird, (ausschließlich) dem Disziplinaranwalt ein und trifft damit eine Regelung, die nur von der vorausgesetzten Auffassung her zu verstehen ist, daß dem Beamten subjektive Rechte, welche über die (negative) Beschlußfassung hinsichtlich der Einleitung einer Disziplinaruntersuchung hinausreichen, nicht gegeben sind.

3. Die wegen der fehlenden Legitimation nicht zulässige Beschwerde war sohin zurückzuweisen.

Schlagworte

VfGH / Legitimation, Dienstrecht, Disziplinarrecht Beamte

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1985:B306.1980

Dokumentnummer

JFT_10149070_80B00306_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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