Index
27 RechtspflegeNorm
B-VG Art139 Abs1 / PrüfungsgegenstandLeitsatz
GO für die Sbg. Rechtsanwaltskammer 1979; Befreiungsregelung des §31 dritter Satz (Befreiung von der Bestellung zur Verfahrenshilfe) - Abstellen ausschließlich auf Altersgrenze entspricht nicht §46 Abs2 RAO; Feststellung der GesetzwidrigkeitSpruch
Der dritte Satz des §31 der Geschäftsordnung für die Sbg. Rechtsanwaltskammer und ihren Ausschuß, beschlossen in der Plenarversammlung der Sbg. Rechtsanwaltskammer vom 24. April 1979, genehmigt mit Bescheid des Bundesministers für Justiz vom 19. Juli 1979, Z 16.103/7-I 6/79, war gesetzwidrig.
Der Bundesminister für Justiz ist zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruches im BGBl. verpflichtet.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1. Beim VfGH ist zu B57/83 die Beschwerde eines Rechtsanwaltes gegen einen Bescheid des Ausschusses der Sbg. Rechtsanwaltskammer vom 3. Jänner 1983 anhängig, mit dem sein Ansuchen, ihn unter Berücksichtigung seines schlechten Gesundheitszustandes von Bestellungen zum Verfahrenshelfer zu befreien, mit der Begründung abgewiesen wurde, Vertretungen im Rahmen der Verfahrenshilfe seien einem Rechtsanwalt zumutbar, solange er in der Lage sei, seinem Beruf nachzugehen.
2. Bei der Beratung über diese Beschwerde sind beim VfGH Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit des dritten Satzes des §31 der Geschäftsordnung für die Sbg. Rechtsanwaltskammer und ihren Ausschuß, beschlossen in der Plenarversammlung der Sbg. Rechtsanwaltskammer vom 24. April 1979, genehmigt mit Bescheid des Bundesministers für Justiz vom 19. Juli 1979, Z 16.103/7-I 6/79, (künftig: GO 1979) entstanden. Aus Anlaß dieser Bedenken hat der VfGH beschlossen, von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit der genannten Bestimmung einzuleiten (Beschl. vom 7. Oktober 1983, B57/83-16).
Der in Prüfung gezogene dritte Satz des §31 GO 1979 lautet:
"Rechtsanwälte nach Vollendung des 65. Lebensjahres, weiters der Präsident sowie der Präsident-Stellvertreter der Kammer, alle Ausschußmitglieder sowie der Präsident und Präsident-Stellvertreter des Disziplinarrates als auch die Mitglieder und Ersatzmitglieder des Disziplinarrates, der Kammeranwalt, der Kammeranwalt-Stellvertreter und der Anwaltsrichter werden weder zur Verfahrenshilfe noch zu sonstigen Bestellungen im Sinne vorstehenden Absatzes herangezogen."
3. Der VfGH äußerte im Einleitungsbeschluß in formeller Hinsicht das Bedenken, daß eine gesetzmäßige Kundmachung nicht erfolgt sei, und hatte weiters das Bedenken, daß die in Prüfung gezogene Bestimmung auch in materiell-rechtlicher Hinsicht mit dem Gesetz im Widerspruch stehe. Er führte aus:
"In Fällen wie dem vorliegenden - in denen eine besondere Kundmachungsvorschrift nicht besteht - entspricht es der ständigen Rechtsprechung des VfGH, daß die Kundmachung in einer Weise zu erfolgen hat, die geeignet ist, die Normadressaten vom Inhalt der Norm in Kenntnis zu setzen (vgl. VfSlg. 2828/1955). Die vom Ausschuß der Salzburger Rechtsanwaltskammer gewählte Vorgangsweise, die GO 1979 jedem ihrer Kammermitglieder individuell zu übermitteln - also gleich einem individuellen Verwaltungsakt den Normadressaten zur Kenntnis zu bringen - scheint jedoch mit dem Wesen der Kundmachung einer generellen Norm unvereinbar zu sein, zumal damit der generelle Akt auf einen bestimmten Kundmachungstag nicht mehr zurückgeführt werden kann und damit auch nicht feststellbar ist, wann er allgemein verbindlich in Kraft getreten ist.
...
Aus dem ersten Satz (des §46 Abs2 RAO) scheint hervorzugehen, daß es den Ausschüssen der Rechtsanwaltskammern an sich freisteht, die im Gesetz vorgesehene Regelung in der Geschäftsordnung festzulegen. Der zweite Satz umschreibt sodann, was als wichtiger Grund vorzusehen ist. Aus dessen Formulierung scheint hervorzugehen, daß es nicht im Belieben der Kammer steht, auf welche der beiden im zweiten Satz umschriebenen Fallgruppen von ihr Bedacht genommen wird; dem Gesetzestext scheint vielmehr nur dann entsprochen zu werden, wenn eine Geschäftsordnung, in der von der Verordnungsermächtigung des Abs2 Gebrauch gemacht wird, beiden Regeln voll Rechnung trägt.
Der VfGH geht vorläufig davon aus, daß aufgrund der oben dargelegten Interpretation des §46 Abs2 RAO der dritte Satz des §31 GO nur in seiner Gesamtheit einer Prüfung unterzogen werden kann.
Diese Gesetzesstelle scheint wohl der ersten Regel zu entsprechen, die auf Tätigkeiten im Dienste der Rechtsanwaltschaft, mit denen ein erheblicher Zeitaufwand verbunden ist, abstellt. Die Befreiung von Rechtsanwälten nach Vollendung des 65. Lebensjahres dürfte der zweiten Regel zuzurechnen sein; der VfGH hegt jedoch das Bedenken, daß damit dem Gesetzesinhalt nicht (voll) entsprochen wird. Zunächst ist nicht einsichtig, warum die Vollendung des 65. Lebensjahres in jedem Falle dazu führen soll, daß dieser persönliche Umstand die Bestellung als besondere Härte erscheinen ließe. Dazu kommt, daß evidentermaßen sonstige persönliche Umstände auch bei Rechtsanwälten, die jünger als 65 Jahre sind, zu einer weit gewichtigeren Härte für den Bestellten führen können. Der VfGH vermeint, daß in einer Geschäftsordnung der zweiten Regel des §46 Abs2 zweiter Satz nur dann entsprochen ist, wenn vom Verordnungsgeber nicht schematisch (altersbezogen) vorgegangen wird, sondern nach Kriterien, die Härten berücksichten, die auf Standesangehörige jeden Alters zutreffen können."
4.1. Der Bundesminister für Justiz gab mit Schriftsatz vom 2. Feber 1984 bekannt, daß er von der Erstattung einer Äußerung absehe.
4.2. Die Sbg. Rechtsanwaltskammer erstattete am 27. Feber 1984 eine Äußerung, in der sie zunächst darauf hinweist, daß die Sbg. Rechtsanwaltskammer die formellen Bedenken des VfGH, daß die in Prüfung gezogene Geschäftsordnung nicht ordnungsgemäß kundgemacht sei, aufgegriffen und die Kundmachung derselben im Österreichischen Anwaltsblatt Nr. 8/1983, S 459 f., veranlaßt hat.
4.3. Während des Prüfungsverfahrens gab der Ausschuß der Sbg. Rechtsanwaltskammer im Anlaßverfahren B57/83 weiters bekannt, daß die Vollversammlung der Sbg. Rechtsanwaltskammer vom 10. Mai 1984 gemäß §27 Abs1 lita RAO eine neue Geschäftsordnung der Sbg. Rechtsanwaltskammer beschlossen hat, daß diese Geschäftsordnung mit Bescheid des Bundesministers für Justiz vom 13. Juli 1984, GZ 16.103/14-I 6/84, genehmigt und daß sie im Österreichischen Anwaltsblatt Nr. 10/1984 kundgemacht wurde (GO 1984).
Die Befreiung von der Bestellung als Verfahrenshelfer ist in der GO 1984 wie folgt geregelt:
"§18. Der Präsident, der Präsident-Stellvertreter, der Präsident des Disziplinarrates, der Kammeranwalt, der Kammeranwalt-Stellvertreter, alle Ausschußmitglieder, die Mitglieder und Ersatzmitglieder des Disziplinarrates und der Anwaltsrichter werden zu Bestellungen im Sinne des §45 RAO nicht herangezogen.
Der Ausschuß kann einzelne Rechtsanwälte über begründetes Ansuchen dauernd oder vorübergehend zur Gänze oder zum Teil von der Bestellung zur Verfahrenshilfe befreien, wenn persönliche Umstände vorliegen, die die Heranziehung als besondere Härte erscheinen lassen, insbesondere aus Gesundheitsgründen oder aus Gründen des fortgeschrittenen Alters."
4.4. Zu den materiellen Bedenken führte die Sbg. Rechtsanwaltskammer in der Äußerung vom 27. Feber 1984 wörtlich aus:
"Die Bescheide, mit denen die Rechtsanwaltskammer Rechtsanwälte zur Verfahrenshilfe bestellt, werden ohne vorausgegangenes Ermittlungsverfahren, insbesondere ohne Parteiengehör erlassen. Die Unaufschiebbarkeit der Bescheiderlassung liegt in der Natur der Sache, weil eine hohe Wahrscheinlichkeit eines unmittelbaren Schadens für die Partei bei Unterlassung der Bestellung eines Rechtsanwaltes in der Regel unterstellt werden kann. Die Durchführung eines Ermittlungsverfahrens in jedem Fall der Bestellung eines Rechtsanwaltes zur Verfahrenshilfe würde das Instrument der Verfahrenshilfe in der Regel, insbesondere in Strafsachen ad absurdum führen, wenm im Rahmen des Ermittlungsverfahrens in jedem Einzelfall konkret festgestellt werden muß, ob persönliche Umstände vorliegen, die die Heranziehung eines Rechtsanwaltes zur Verfahrenshilfe als besondere Härte erscheinen ließen. Nur wenn von der Verordnungsermächtigung gemäß §46 RAO in der Form Gebrauch gemacht wird, daß schematisch Kriterien aufgestellt werden, die Härten berücksichtigen, kann die Bestellung eines Rechtsanwaltes zur Verfahrenshilfe zeitgerecht erfolgen. Würde auch nur in einem Bruchteil der Fälle, in dem ein Rechtsanwalt zur Verfahrenshilfe bestellt wird, von der Möglichkeit einer Vorstellung an den Ausschuß mit der Begründung Gebrauch gemacht werden, daß persönliche Umstände vorliegen, die die Heranziehung als besondere Härte erscheinen lassen, wäre die Verfahrenshilfe nicht mehr vollziehbar, weil das Ermittlungsverfahren kaum ohne Schaden für die Partei, die Anspruch auf Beigebung eines Rechtsanwaltes im Rahmen der Verfahrenshilfe hat, abgeschlossen werden könnte."
5. Der VfGH hat erwogen:
5.1. Mit der GO 1979 wurde - wie im Einleitungsbeschl. erwähnt - der Änderung der Rechtsanwaltsordnung (RAO) mit BG vom 30. November 1976, BGBl. 673, Rechnung getragen. Sie wurde in der Plenarversammlung der Sbg. Rechtsanwaltskammer vom 24. April 1979 beschlossen, nach Genehmigung durch den Bundesminister für Justiz gedruckt und den Kammermitgliedern zugesandt, bzw. neuen Kammermitgliedern bei ihrer Eintragung ausgefolgt. Der VfGH sprach im Einleitungsbeschluß die Ansicht aus, daß durch diese Vorgangsweise die GO 1979 als RechtsV Bestandteil der Rechtsordnung geworden sein dürfte, da das hiefür erforderliche Mindestmaß an Publizität erfüllt sein dürfte.
Den Ausführungen des VfGH wurde von keiner Seite entgegengetreten; auch der VfGH hegt keinen Zweifel, daß die in Prüfung gezogene V in den Rechtsbestand eingegangen ist.
Es ist auch offenkundig, daß die bel. Beh. die in Prüfung gezogene Regelung bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides angewendet hat und daß der VfGH diese bei Prüfung der Beschwerde anzuwenden hätte.
Da auch die sonstigen Prozeßvoraussetzungen nicht in Frage stehen, ist das Verordnungsprüfungsverfahren zulässig.
5.2. Die Ausführungen der Sbg. Rechtsanwaltskammer zielen offensichtlich nicht darauf ab, die Bedenken des Einleitungsbeschluß zu entkräften; sie wollen dem VfGH vielmehr nur vor Augen führen, welche technischen Probleme sich bei der Bestellung von Verfahrenshelfern für die Ausschüsse der Rechtsanwaltskammer ergeben.
Der VfGH sieht sich aber auch durch sonstige Umstände nicht veranlaßt, seine Bedenken gegen die in Prüfung gezogene Regelung fallen zu lassen.
§46 Abs2 RAO, auf den sich die in Prüfung gezogene Regelung stützt, lautet:
"(2) Die Geschäftsordnungen können jedoch allgemeine Gesichtspunkte festlegen, nach denen Rechtsanwälte aus wichtigen Gründen von der Heranziehung ganz oder teilweise befreit sind. Als wichtige Gründe sind besonders die Ausübung einen mit erheblichem Zeitaufwand verbundenen Tätigkeit im Dienst der Rechtsanwaltschaft oder persönliche Umstände anzusehen, die die Heranziehung als besondere Härte erscheinen ließen."
Ein Blick in die Geschäftsordnungen der anderen Rechtsanwaltskammern erweist, daß auch diese dem §46 Abs2 RAO einen Inhalt beimessen, wie er im Einleitungsbeschluß angenommen wurde.
Die Geschäftsordnungen der anderen Kammern enthalten folgende einschlägige Regelungen:
§8 Abs7 der Ktn. Geschäftsordnung, beschlossen in den Plenarversammlungen vom 18. Mai 1974 und vom 2. April 1977, kundgemacht im AnwBl. 11/74 und 10/77, lautet:
"Die Abteilung (des Ausschusses) kann über begründeten Antrag in Härtefällen einzelne Rechtsanwälte von der Bestellung im Rahmen der Verfahrenshilfe für bestimmte Zeit zur Gänze oder zum Teil befreien; dies insbesondere bei Rechtsanwälten, die das 68. Lebensjahr und bei Rechtsanwältinnen, die das 65. Lebensjahr überschritten haben."
Zusätzlich sind Kammerfunktionäre von der Verfahrenshilfe zur Gänze befreit.
§34 Abs2 der Oö. Geschäftsordnung, beschlossen in der Plenarversammlung vom 26. September 1974, kundgemacht im AnwBl. 11/74, lautet:
"Der Ausschuß kann einzelne Rechtsanwälte über begründetes Ansuchen dauernd oder vorübergehend von der Bestellung zur Verfahrenshilfe befreien, wenn die Bestellung zur Verfahrenshilfe mit Rücksicht auf das Alter oder den Gesundheitszustand des Rechtsanwaltes unzumutbar erscheint."
Zusätzlich sind Kammerfunktionäre befreit.
§43 Satz 2 der Stmk. Geschäftsordnung, beschlossen in der Plenarversammlung vom 11. Mai 1977, kundgemacht im AnwBl. 7/77, lautet:
"Der Ausschuß hat auf Antrag Kammermitglieder, die das 70. Lebensjahr vollendet haben, ganz und Kammermitglieder, die an einer schweren, die Berufsausübung auch sonst behindernden Krankheit leiden, für die Dauer dieser Behinderung von der Bestellung nach den §§39 und 43 zu befreien."
Zusätzlich sind Kammerfunktionäre befreit.
§15 der Vbg. Geschäftsordnung, beschlossen in den Plenarversammlungen vom 5. Juli 1974 und vom 28. November 1974, kundgemacht im AnwBl. 4/81, lautet:
"Der Ausschuß kann über begründeten Antrag in Härtefällen einzelne Rechtsanwälte von der Bestellung im Rahmen der Verfahrenshilfe für bestimmte Zeit zur Gänze oder zum Teil befreien, dies insbesondere bei Rechtsanwälten, die das 68. Lebensjahr überschritten haben."
Zusätzlich sind Kammerfunktionäre befreit.
§49 Abs2 und 3 der Geschäftsordnung des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer für Wien, NÖ und Bgld., beschlossen in den Plenarversammlungen vom 21. Mai 1977, vom 20. Juni 1977 und vom 10. Juni 1981, kundgemacht im AnwBl. 7/74, 8, 9/77 und 7/80, lauten:
"(2) Desgleichen sind weibliche Kammermitglieder, die das 65. Lebensjahr vollendet haben, und alle Kammermitglieder, die das 68. Lebensjahr vollendet haben, befreit.
(3) Der Ausschuß kann über Antrag Kammermitglieder, die durch Krankheit, Gebrechlichkeit oder aus anderen erheblichen Gründen bei der Berufsausübung ernstlich behindert sind, für die Dauer dieser Behinderung oder für den Einzelfall von der Bestellung in Verfahrenshilfesachen befreien."
Des weiteren sind Kammerfunktionäre befreit.
Die geltende Geschäftsordnung des Ausschusses der Tir. Rechtsanwaltskammer enthält eine Befreiungsregelung derzeit überhaupt nicht, die Praxis ist aber ungefähr die gleiche wie in allen anderen Rechtsanwaltskammern (ausgenommen Sbg. vor der GO 1984). Eine Novellierung der Geschäftsordnung, die ebenfalls dem üblichen Schema entsprechen soll, ist in Ausarbeitung.
Daraus ergibt sich, daß ausschließlich die in Prüfung gezogene Geschäftsordnung des Ausschusses der Sbg. Rechtsanwaltskammer eine Befreiung im Falle von Krankheit oder aus anderen erheblichen Gründen nicht kennt.
Auch die Sbg. Rechtsanwaltskammer hat sich in der GO 1984 ein gleichartiges Verständnis des §46 Abs2 RAO zu eigen gemacht (s. Punkt 4.3) wie die anderen Rechtsanwaltskammern.
Sicher kann den Rechtsanwaltskammern bei Erlassung ihrer Geschäftsordnungen - wie dies im Einleitungsbeschluß abschließend bereits angedeutet wurde - ein Entscheidungsspielraum, wie für den jeweiligen Kammerbereich dem §46 Abs2 RAO entsprechend vorzugehen ist, nicht abgesprochen werden. Die in Prüfung gezogene Bestimmung hat den gesetzlich zulässigen Rahmen jedoch evident überschritten; sie hat wohl für Rechtsanwälte nach Vollendung des 65. Lebensjahres eine Befreiung vorgesehen, zum anderen aber bei Rechtsanwälten jüngeren Alters persönliche Umstände, die die Heranziehung zru Verfahrenshilfe als besondere Härte erscheinen lassen (zB Gesundheitsschäden) in die Befreiungsregelung nicht einbezogen. §46 Abs2 RAO erlaubt nun wohl den Rechtsanwaltskammern, in ihren Geschäftsordnungen den Rahmen der Befreiungstatbestände etwas breiter oder enger zu ziehen, immer muß es sich aber um Regelungen handeln, die dem System des Gesetzes inhaltlich entsprechen. Für sich gesehen trifft dies auf eine Regelung, die Rechtsanwälte ab Erreichung eines höheren Alters von der Heranziehung der Verfahrenshilfe befreit, sicher zu; darauf darf sich die Regelung jedoch nicht beschränken. Es ist vielmehr offenkundig zu verneinen, daß es dem Gesetz entspricht, wenn - wie hier - Härtefälle unter einer gewissen Altersgrenze völlig außer Betracht bleiben und nur ab Erreichung der Altersgrenze die Befreiung erfolgt.
5.3. Schon die materiell-rechtlichen Bedenken des VfGH haben sich demnach als richtig erwiesen. Bei diesem Ergebnis war es nicht mehr erforderlich, auf die im Einleitungsbeschluß geäußerten formellen Bedenken weiter einzugehen.
5.4. Da der in Prüfung gezogenen Regelung mit der GO 1984 derogiert wurde, war gemäß Art139 B-VG auszusprechen, daß der dritte Satz des §31 GO 1979 gesetzwidrig war.
5.5. Die Verpflichtung des Bundesministers für Justiz zur Kundmachung erfließt aus Art139 Abs5 B-VG.
Schlagworte
VfGH / Prüfungsgegenstand, Verordnung Kundmachung, Rechtsanwälte Pflichtverteidigung, PflichtverteidigungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1985:V63.1983Dokumentnummer
JFT_10148996_83V00063_00