TE Vfgh Beschluss 1985/10/8 V21/84

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Veröffentlicht am 08.10.1985
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Index

L8 Boden- und Verkehrsrecht
L8000 Raumordnung

Norm

B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag
Stmk BauO 1968 §2
Stmk RaumOG 1974 §32 Abs1
Verordnung des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom 24.03.82. ZA 17-28/14-1983, mit der der Flächenwidmungsplan 1982 der Landeshauptstadt Graz beschlossen wird §4 Abs2

Leitsatz

Art139 Abs1 B-VG; Individualantrag auf teilweise Aufhebung des §4 Abs2 Grazer Flächenwidmungsplan 1982; keine Legitimation; Zumutbarkeit des Antrages auf Widmungsbewilligung

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1. Die Antragsteller sind Eigentümer von Grundstücken der KG III Geidorf in Graz. Für diese Grundstücke war zuletzt am 30. Oktober 1975 die Widmung als Bauplatz zum Zweck der Errichtung von Wohnhäusern bewilligt und eine Reihe von Auflagen erteilt worden. Kurz darauf war jedoch der Flächennutzungsplan 1975 in Kraft getreten, der die Bebauung entgegen der erteilten Widmungsbewilligung ausschloß. Hierauf begehrten die Antragsteller eine Entschädigung nach §34 Stmk. RaumordnungsG 1974; nachdem dieser Anspruch von der Landesregierung dem Grunde nach bejaht und eine gütliche Vereinbarung mit der Stadt über die Höhe der Entschädigung getroffen worden war, wurde den Antragstellern 1979 ein Betrag von 723450 S ausbezahlt.

1982 wurde der Flächenwidmungsplan nach dem RaumordnungsG 1974 erlassen. Darin sind die Grundstücke der Antragsteller ebenso wie das umgebende Gelände nördlich der Grabenstraße als Freiland gewidmet, allein dieses Grundstück jedoch mit dem Buchstaben "A" besonders gekennzeichnet. Auf diese Kennzeichnung nimmt §4 der V über die Erlassung des Flächenwidmungsplanes vom 24. März 1982 in folgendem Zusammenhang bezug:

"(1) Flächen, für die bescheidmäßig eine liquide Widmungsbewilligung vorliegt und die im Planwerk nicht als Bauland dargestellt sind, dürfen nach Maßgabe dieser Widmungsbewilligung bebaut werden und gelten in diesem Rahmen während der Wirksamkeit dieses Flächenwidmungsplanes als Bauland der der Widmungsbewilligung entsprechenden Baulandkategorie. Ist das Ausmaß der Bebauung im Widmungsbescheid nicht näher festgelegt, so gilt als Höchstmaß die Mindestbebauungsdichte der jeweiligen Baulandkategorie nach der Bebauungsdichte-Verordnung.

(2) Auf folgende im Flächenwidmungsplan mit Buchstaben gekennzeichnete Flächen findet Abs1 keine Anwendung:

A KG Geidorf,

B KG Wenisbuch."

2. Der vorliegende Antrag begehrt die Aufhebung der Wendung "A KG Geidorf" (soweit der ursprüngliche Antrag mehr umfaßte, wurde er in der mündlichen Verhandlung fallen gelassen). Dieser Teil der V sei für die Antragsteller unmittelbar wirksam geworden, weil er die Verbauung entgegen erfolgter Widmung verhindere. Schon Abs1 sei gesetzwidrig, weil er Ausnahmen für liquide Widmungen schlechthin enthalte, obwohl §25 RaumordnungsG im Freiland nur die Errichtung bestimmter Gebäude gestatte. Der (Gegen-)Ausnahmeregelung des §2 mangle überhaupt jede sachliche Rechtfertigung. Nicht einmal jenes benachbarte Grundstück, für das 1975 (wegen des früheren Zusammenhanges der Grundstücke) die Widmungsbewilligung zugleich erteilt worden war, sei vom Geltungsbereich des Abs1 ausgeschlossen. Daß die Antragsteller eine Entschädigung erhalten haben, die Nachbarn oder andere Eigentümer aber nicht, könne die unterschiedliche Behandlung nicht tragen; sollte die Bebauung innerhalb von 15 Jahren dennoch zugelassen werden, müßten sie ohnedies die Entschädigung zurückzahlen. Außerdem seien auf zwei weiteren benachbarten Grundstücken schon Bauwerke errichtet. Die Antragsteller hätten nur deshalb keine Einwendungen gegen den Entwurf des Flächenwidmungsplanes erhoben, weil sie die Bedeutung des Buchstabens "A" zu diesem Zeitpunkt nicht hätten erkennen können.

Der Gemeinderat hält dem entgegen, die Antragsteller hätten um eine Widmung für eine freilandkonforme Nutzung ansuchen und damit ein zumutbares Verwaltungsverfahren anstrengen können, das den Eingriff iS des Erk. VfSlg. 8404/1978 nicht unmittelbar erscheinen lasse. Was Buchstabe B anlange, seien sie keinesfalls betroffen. Im übrigen sei es gerade im Lichte des Gleichheitsgebotes besonders stoßend, wenn ein für die Freilandwidmung entschädigter Eigentümer sich durch die Zuordnung seiner Liegenschaft zum Freiland beschwert erachte. Die Planungsbehörde sei bemüht, einer punktuellen Zersiedelung im Freiland innerhalb des fiskalisch zu bewältigenden Rahmens entgegenzuwirken. Die städteplanerisch-raumordnungspolitischen Erwägungen ergäben sich aus der (beigelegten) Stellungnahme des Stadtplanungsamtes.

Die Landesregierung hält Abs1 des §4 Flächenwidmungsplan 1982 durch das Gesetz gedeckt. Der Wortlaut der V gehe der zeichnerischen Darstellung vor (§22 Abs9 RaumordnungsG). Die ausgezahlte Entschädigung hält sie gleichfalls für einen ausreichenden Unterscheidungsgrund.

II. Der Antrag ist zulässig.

Nach §2 Stmk. BauO 1968 bedarf die Widmung von Grundstücken zu einem oder mehreren Bauplätzen der Bewilligung der Baubehörde; vor Rechtskraft der Widmungsbewilligung darf eine Baubewilligung nicht erteilt werden. Bescheide der Gemeinde aufgrund von Landesgesetzen dürfen nach §32 Abs1 RaumordnungsG einem Flächenwidmungsplan nicht widersprechen. Wie der VfGH schon im Beschl. VfSlg. 8404/1978 dargetan hat, ist es dem Eigentümer regelmäßig zumutbar, im Verfahren über einen Antrag auf Widmungsbewilligung einen Bescheid zu erwirken, der ua. auf den Flächenwidmungsplan zu gründen ist, und nach Erschöpfung des Instanzenzuges die amtswegige Einleitung eines Verordnungsprüfungsverfahrens anzuregen.

Diesen Weg zu beschreiten steht den Antragstellern auch hier frei. Die 1975 erteilte Widmungsbewilligung steht schon im Hinblick auf die Erlassung des Flächenwidmungsplanes einem neuen Ansuchen um Bauplatzwidmung nicht entgegen. Der Vertreter des Gemeinderates selbst hat in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, ein solcher Antrag würde in der Sache erledigt werden. Daß eine negative Entscheidung zu erwarten ist, ändert nichts daran, daß die V auf diese Weise angegriffen werden kann.

Der Antrag ist daher mangels Legitimation der Einschreiter zurückzuweisen.

Bei diesem Ergebnis kann dahingestellt bleiben, ob diese überhaupt noch eine liquide Widmungsbewilligung besitzen und daher durch die angegriffene Vorschrift beschwert sind oder die bekämpfte Wirkung nicht vielmehr von der Widmung ihres Grundstückes als Freiland ausgeht.

Schlagworte

VfGH / Individualantrag, Baurecht, Raumordnung, Flächenwidmungsplan, Widmungsbewilligung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1985:V21.1984

Dokumentnummer

JFT_10148992_84V00021_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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