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L8 Boden- und VerkehrsrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerwaltungsaktLeitsatz
Nö. BauO 1976 §98 Abs2; Nö. ROG 1976 §16 Abs1 Z1 und Abs3; Versagung der Bewilligung zum Umbau einer Tankstelle wegen Widerspruchs zum vereinfachten Flächenwidmungsplan; keine Verletzung im Eigentums- und im Gleichheitsrecht; keine Rechtsverletzung wegen Anwendung einer gesetzwidrigen VSpruch
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Mit dem Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde Klosterneuburg als aufgrund eines Devolutionsantrages zuständiger Baubehörde vom 14. Juli 1981 wurde ein Ansuchen der bf. Gesellschaft um Erteilung der baubehördlichen Bewilligung zum Umbau der auf den Grundstücken Nr. ... und ..., KG Klosterneuburg, befindlichen Tankstelle gemäß §98 Abs2 der Nö. Bauordnung 1976, LGBl. 8200-0, abgewiesen, da das Bauvorhaben dem Flächenwidmungsplan widerspreche. Für die angeführten Grundstücke sei nach dem geltenden vereinfachten Flächenwidmungsplan die Widmung "Bauland - Reines Wohngebiet" festgelegt; die in diesem Flächenwidmungsplan enthaltenen Verbauungsvorschriften ordneten in ihrem §24 Abs1 an, daß das "Reine Wohngebiet" der störungsfreien Unterbringung von Wohngebäuden sowie Erziehungs- und Bildungsstätten, Heil- und Pflegeanstalten und ähnlichen Einrichtungen diene. Nach Abs2 dieser Bestimmung seien Handels- und Gewerbebetriebe in diesem Gebiet nur aufgrund eines Beschl. des Gemeinderates zulässig, der in jedem Einzelfall besondere Bedingungen vorschreibe. Weiters wurde in der Begründung des Bescheides ausgeführt, daß ein derartiger Gemeinderatsbeschl. nicht vorliege und demnach zweifelsfrei feststehe, daß das Bauvorhaben im "Reinen Wohngebiet" dem geltenden Flächenwidmungsplan bzw. den hiezu ergangenen Verbauungsvorschriften widerspreche.
2. Die von der bf. Gesellschaft gegen den Bescheid des Gemeinderates vom 14. Juli 1981 erhobene Vorstellung hat die Nö. Landesregierung mit dem Bescheid vom 13. April 1982 gemäß §61 Abs4 der Nö. Gemeindeordnung 1973, LGBl. 1000-4, als unbegründet abgewiesen.
Der Bescheid ist wie folgt begründet:
"Die Festlegung von 'Reinem Wohngebiet' im vereinfachten Flächenwidmungsplan der Stadtgemeinde Klosterneuburg weicht nach Auffassung der Aufsichtsbehörde nicht so eindeutig von den Bestimmungen des Nö Raumordnungsgesetzes 1976 ab, daß sie mit dem Inkrafttreten des letzteren zweifellos außer Kraft getreten wäre. Der Zusatz 'Reines' zur Bezeichnung der Nutzungsart Wohngebiet bildet keine wesentliche Abweichung von der nunmehr gesetzlichen Bezeichnung 'Wohngebiet'.
Die Regelung des Inhaltes dieser Festlegung in §24 Abs2 der Verbauungsvorschriften, daß der Gemeinderat Handels- und Gewerbebetriebe in diesem Gebiet mit jeweils besonderen Bedingungen zulassen kann, kann durchaus übereinstimmend mit §16 Abs1 Z1 des NÖ ROG 1976 angewendet werden, wenn nämlich der Gemeinderat solche Bewilligungen im Sinne der jüngeren Gesetzesbestimmungen nur mehr für solche Betriebe erteilt, welche in Wohngebäuden untergebracht werden können und keine das örtlich zumutbare Ausmaß übersteigende Lärm- und Geruchsbelästigungen sowie sonstige schädliche Einwirkungen auf die Umgebung verursachen können.
Die weitere Bestimmung des §24 Abs1 der erwähnten Verbauungsvorschriften, daß im 'Reinen Wohngebiet' auch Erziehungs- und Bildungsanstalten, Heil- und Pflegeanstalten und ähnliche Anstalten zulässig sind, stimmt mit §16 Abs4 des NÖ ROG 1976 überein.
Die Auffassung, daß die Festlegung der Nutzungsart 'Reines' Wohngebiet im vereinfachten Flächenwidmungsplan mit dem Inkrafttreten des NÖ Raumordnungsgesetzes außer Kraft getreten sei, weil ihr Inhalt mit dem der Nutzungsart Wohngebiet in §16 Abs1 Z1 NÖ ROG 1976 nicht übereinstimmt und daher für die umfangreichen Flächen des Stadtgebietes von Klosterneuburg, für welche im vereinfachten Flächenwidmungsplan die Nutzungsart 'Reines Wohngebiet' festgelegt wurde, jetzt nur mehr die Widmungsart Bauland gelte, würde im Bauland-Wohngebiet die Zulässigkeit der Erteilung baubehördlicher Bewilligungen zur Errichtung aller in §16 Abs1 Z2 bis 6 angeführten Baulichkeiten und damit eine wesentliche Beeinträchtigung der Lebensqualität der Bevölkerung zur Folge haben. Eine derartige Auslegung des Raumordnungsgesetzes würde jedoch dessen Zielsetzungen völlig widersprechen und erscheint daher denkunmöglich.
Die in der Vorstellung angeführte Bestimmung des §30 Abs4 des NÖ ROG 1976 war vielmehr auf die Außerkraftsetzung der früher gebräuchlichen Nutzungsart 'gemischtes Baugebiet' gerichtet, welche tatsächlich keine Abgrenzung der Zulässigkeit von Baulichkeiten im Sinne des §16 Abs1 Z1 bis 6 des NÖ ROG 1976 ermöglicht.
Bei der Beurteilung des eingereichten Bauvorhabens der Einschreiterin ist daher der Gemeinderat der Stadtgemeinde Klosterneuburg völlig zu Recht davon ausgegangen, daß die gegenständliche Liegenschaft nach dem geltenden Flächenwidmungsplan im Bauland-Wohngebiet gelegen ist.
Gemäß §16 Abs1 Z1 des NÖ ROG 1976 sind Wohngebiete für Wohngebäude und dem täglichen Bedarf der dort wohnenden Bevölkerung dienende Gebäude sowie für Betriebe bestimmt, welche in Wohngebäuden untergebracht werden können und hiezu (richtig wohl: keine) das örtlich zumutbare Ausmaß übersteigende Lärm- und Geruchsbelästigung sowie sonstige schädliche Einwirkungen auf die Umgebung verursachen können.
Gemäß §16 Abs3 dieses Gesetzes dürfen im Bauland Gebäude, Bauwerke und Anlagen für Betriebe und Anlagen für Betriebe zur Versorgung der Bevölkerung mit Gütern und Dienstleistungen des täglichen Bedarfs errichtet werden.
Nach Ansicht der Aufsichtsbehörde kann die Vorstellung mit ihrer Behauptung, eine Tankstelle diene infolge der Abgabe von Benzin und Heizöl bzw. der Serviceleistungen der Versorgung der Bevölkerung mit Gütern und Dienstleistungen des täglichen Bedarfs im vorliegenden Fall nichts gewinnen, da vor allem die Einordnung dieses Betriebes unter die Kriterien der vorstehend zitierten Bestimmung des §16 Abs1 Z1 NÖ ROG erforderlich ist.
Hiezu muß abgesehen davon, daß ein auf die Bestimmung des §24 Abs2 der Verbauungsvorschriften gestützter Beschluß des Gemeinderates der Stadtgemeinde Klosterneuburg nicht vorliegt, die Aufsichtsbehörde nach Prüfung der Einreichunterlagen feststellen, daß die Tankstellenbetriebsanlage sich weder im vorhandenen Bestand noch unter Berücksichtigung der geplanten Ausbaumaßnahmen so darstellt, daß sie in einem Wohngebäude untergebracht werden könnte.
Der vorliegenden Tankstellenbetriebsanlage fehlt daher eine wesentliche Voraussetzung ihrer Zulässigkeit im Bauland-Wohngebiet und ist auch dadurch der Widerspruch des Bauvorhabens zum geltenden Flächenwidmungsplan gegeben.
Das weitere Vorbringen hinsichtlich der Zulässigkeit nach §16 Abs3 des NÖ ROG 1976 (Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen des täglichen Bedarfes) sowie der sonstigen Kriterien nach §16 Abs1 Z1 dieses Gesetzes war keiner weiteren Überprüfung zu unterziehen.
Nach Ansicht der Aufsichtsbehörde entspricht daher der angefochtene Bescheid durchaus der bestehenden Rechtslage und wurde zu Recht dem Vorhaben der Einschreiterin wegen Widerspruches zum geltenden Flächenwidmungsplan die Bewilligung versagt. Bei dieser Sach- und Rechtslage ist daher durch diesen Bescheid eine Verletzung von Rechten der Einschreiterin nicht eingetreten, weshalb der Vorstellung der Erfolg zu versagen und spruchgemäß zu entscheiden ist".
3. Gegen den Bescheid der Nö. Landesregierung vom 13. April 1982 richtet sich die unter Berufung auf Art144 B-VG erhobene Beschwerde.
Die bf. Gesellschaft behauptet, durch den angefochtenen Bescheid sowohl durch Anwendung einer gesetzwidrigen V in ihren Rechten als auch in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Unversehrtheit des Eigentums und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden zu sein.
Es wird die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.
II. Der VfGH hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
1. a) Der Gemeinderat der Stadtgemeinde Klosterneuburg hat in seiner Sitzung vom 2. Dezember 1966 "die Festsetzung des Flächenwidmungsplanes" sowie der "Verbauungsvorschriften zum 1. Abschnitt des Regulierungsplanes (Flächenwidmungsplan) für das gesamte Gemeindegebiet der Stadtgemeinde Klosterneuburg (Katastralgemeinden Höflein, Gugging, Kierling, Klosterneuburg, Kritzendorf, Weidling, Weidlingbach)" beschlossen. Nach seinem Einleitungssatz ist dieser Beschl. "im §5 Abs1, 3 und 5 der Bauordnung für Niederösterreich begründet" (Nö Bauordnung, LGBl. 36/1883).
Die Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung erteilte dem Gemeinderatsbeschl. gemäß §5 Abs5 der Nö. Bauordnung, LGBl. 36/1883, mit dem Bescheid vom 21. Dezember 1966, Z X-K-130-166, die Zustimmung. Im zitierten Beschl. des Gemeinderates heißt es ferner, daß die Verbauungsvorschriften "somit im Bauverfahren ebenso rechtverbindlich wie die Bauordnung für Niederösterreich" sind.
b) In dem aufgrund des §5 der Nö. Bauordnung, LGBl. 36/1883, erlassenen Flächenwidmungsplan (Regulierungsplan), der nach §30 Abs4 Nö. ROG 1976 als vereinfachter Flächenwidmungsplan weiter gilt, war für die Grundstücke ... und ..., auf denen sich die Tankstelle der bf. Gesellschaft befindet, die Widmung "Reines Wohngebiet" ausgewiesen.
Der mit "Reines Wohngebiet (Vgl. §20 Abs3)" überschriebene §24 der Verbauungsvorschriften, dessen Bestimmungen nach §120 Abs1 der Nö. Bauordnung 1976 soweit sie Regelungen der Bauordnung zum Gegenstand haben, als Bestimmungen eines vereinfachten Bebauungsplanes gelten, lautet:
"(1) Das Reine Wohngebiet dient der störungsfreien Unterbringung von Wohngebäuden sowie Erziehungs- und Bildungsstätten, Heil- und Pflegeanstalten und ähnlichen Einrichtungen.
(2) Handels- und Gewerbebetriebe sind in diesem Gebiet nur auf Grund eines Beschlusses des Gemeinderates zulässig, der in jedem einzelnen Fall besondere Bedingungen vorschreiben wird."
c) Nach dem zweiten Satz des §30 Abs4 Nö. ROG 1976 gelten die in den Regulierungsplänen ausgewiesenen Nutzungen, die nach ihrer Bezeichnung und ihrem Inhalt nicht mit den Nutzungen des Nö. ROG 1976 übereinstimmen, als nicht ausgewiesen.
d) Der Inhalt der übrigen, die Begründung des angefochtenen Bescheides tragenden Rechtsvorschriften (§16 Abs1 Z1 und Abs3 Nö. ROG 1976) ist in der Begründung des angefochtenen Bescheides wiedergegeben.
2. Wie sich aus der Begründung des angefochtenen Bescheides ergibt, ist die bel. Beh. - wie der Gemeinderat bei der Erlassung des Bescheides vom 14. Juli 1981 - davon ausgegangen, daß zufolge der Bestimmung des §30 Abs4 Nö. ROG 1976 für die Grundstücke, auf denen sich die Tankstelle der bf Gesellschaft befindet und für die in dem 1966 beschlossenen Flächenwidmungsplan die Widmung "Reines Wohngebiet" festgelegt worden war, die Widmung "Bauland-Wohngebiet" nach §16 Abs1 Z1 Nö. ROG 1976 zu gelten hat. Da nach dieser Vorschrift das Wohngebiet ua. nur für Betriebe bestimmt ist, die in Wohngebäuden untergebracht werden können, eine Unterbringung der Tankstelle der bf. Gesellschaft in einem Wohngebäude jedoch ausgeschlossen war, hat die bel. Beh. die Voraussetzungen für die Erteilung der von der bf. Gesellschaft begehrten Baubewilligung als nicht gegeben angesehen. Aus diesem Grunde konnte die Erteilung einer Bewilligung iS des §16 Abs3 Nö. ROG 1976 (Versorgung der Bevölkerung mit Gütern und Dienstleistungen des täglichen Bedarfes) nicht mehr in Betracht kommen.
Der VfGH vermag im Vorgehen der bel. Beh. eine - einen Eingriff in die Verfassungssphäre der bf. Gesellschaft bewirkende Fehlerhaftigkeit - nicht zu erkennen. Ob das Ergebnis auch der richtigen Anwendung des Gesetzes entspricht, hat nicht der VfGH, sondern der VwGH zu prüfen.
Im Hinblick darauf, daß die Begründung des angefochtenen Bescheides im wesentlichen auf §16 Abs1 Z1 und Abs3 Nö. ROG 1976 beruht, ist auf den in der Begründung enthaltenen Hinweis, daß für die Erteilung der Bewilligung ein auf die Bestimmung des §24 Abs2 der Verbauungsvorschriften gestützter Beschl. des Gemeinderates nicht vorliegt, nicht weiter einzugehen.
Die Behauptung der bf. Gesellschaft in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Unversehrtheit des Eigentums und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz sowie wegen Anwendung einer gesetzwidrigen V in ihren Rechten verletzt worden zu sein, trifft nicht zu.
3. Daß die sonstigen bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides angewendeten Rechtsvorschriften verfassungswidrig wären, ist in der Beschwerde nicht behauptet worden und im Verfahren vor dem VfGH nicht hervorgekommen. Die bf. Gesellschaft ist daher nicht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden. Im Verfahren vor dem VfGH ist auch nicht hervorgekommen, daß die bf. Gesellschaft in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt worden wäre, deren Verletzung sie nicht behauptet hat.
Die Beschwerde war daher abzuweisen und antragsgemäß dem VwGH zur Entscheidung darüber abzutreten, ob die bf. Gesellschaft durch den angefochtenen Bescheid in einem sonstigen Recht verletzt worden ist.
Von einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG abgesehen werden.
Schlagworte
Baurecht, Raumordnung, FlächenwidmungsplanEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1985:B302.1982Dokumentnummer
JFT_10148990_82B00302_00